L 1 P 15/08

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 6 P 89/07
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 P 15/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zum Anspruch eines dialysepflichtigen Kleinkindes auf Gewährung eines Zuschusses der Pflegekasse für den Umbau eines Zimmers im elterlichen Haus zu einem Behandlungsraum, in dem die 12 Stunden täglich dauernde Peritonealdialyse durchgeführt wird.
I. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 9. April 2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklage unter Aufhebung ihres Bescheides vom 1. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2007 verpflichtet wird, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats über den Antrag des Klägers vom 7. März 2007 auf Gewährung eines finanziellen Zuschusses für ein Dialysezimmer im elterlichen Haus erneut zu entscheiden.
II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch für das Berufungsverfahren zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten einen Zuschuss für den – mittlerweile erfolgten – Umbau eines Zimmers im elterlichen Haus zum Dialysezimmer.

Der am ...2006 geborene Kläger ist bei der Beklagten sozial pflegeversichert. Er bezieht seit Oktober 2006 Leistungen nach der Pflegestufe I. Der Bewilligungsentscheidung der Beklagten ging das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 15.01.2007 voraus. Danach leidet der Kläger unter körperlicher Schwäche bei bekannter Nierenhypoplasie beidseits mit präterminaler Niereninsuffizienz; ferner unter Ernährungsproblemen, weshalb Nahrung über eine Nasensonde zugeführt werden muss. Zur ambulanten Wohnsituation hatte der MDK in dem Gutachten wie folgt ausgeführt: "EFH, Schlafzimmer der Eltern, wo Kinderbett aufgestellt wurde, befindet sich im Obergeschoss, im Umbau Dialysezimmer Parterre Küche, Bad mit Duschkabine, ca. 20 cm hoher Einstieg, Waschbecken, Toilette, im Obergeschoss Kinderzimmer." Mit Schreiben vom 07.03.2007 beantragte die Mutter des Klägers bei der Beklagten die Übernahme der Umbaukosten des Hauses zur Einrichtung des Dialysezimmers. Der im Pflegegutachten von Januar 2007 erwähnte Umbau sei mittlerweile abgeschlossen. Wegen der langfristig notwendig werdenden Dialyse sei es erforderlich gewesen, für den Kläger ein eigenes Zimmer einzurichten, weshalb das gesamte Erdgeschoss umgebaut worden sei. Um das "Extrazimmer" überhaupt möglich zu machen, habe das Wohnzimmer aufgegeben werden müssen. Da die Bauchfelldialyse über Nacht zu Hause erfolgen solle, benötige der Kläger ein steriles Zimmer. Dementsprechend hoch seien die Anforderungen. Der Umbau habe erhebliche Ausmaße angenommen, namentlich auf Grund des Legens der neuen Wasserleitungen, wodurch das angrenzende Badezimmer auf Grund der Bohrungen durch die Wände und durch das Aufhacken des Fußbodens enorm beschädigt worden sei. Da der Vater des Klägers seit 27 Jahren auf dem Bau arbeite, habe er die Umbaumaßnahmen selbst ausgeführt, da es viel zu teuer gewesen wäre, eine Baufirma zu beauftragen. Der Umbau habe Ende November 2006 begonnen und sei im März 2007 abgeschlossen worden. Die Kosten hätten sich insgesamt auf 4.195,14 EUR belaufen. Die Beklagte bat den MDK daraufhin um eine gutachtliche Stellungnahme. Dieser legte sein Gutachten vom 27.03.2007 vor. Danach sei die häusliche Pflege seinerzeit auch ohne Umbaumaßnahme realisierbar gewesen. Sie sei auch nicht durch die Umbaumaßnahme erleichtert worden. Eine selbstständigere Lebensführung sei bei einem fast 11 Monate alten Kleinkind noch nicht zu erwarten. Eine Hilfsmittelversorgung sei medizinisch nicht notwendig. Allerdings empfahl der MDK, unabhängig von der Beantwortung der von der Beklagten aufgeworfenen Fragen für den Kläger eine Einzelfallprüfung vorzunehmen. Denn laut der Epikrise des Städtischen Klinikums " ..." L. sei mittelfristig der Beginn einer Peritonealdialysetherapie medizinisch indiziert. Somit sei die Einrichtung eines Dialysezimmers mittelfristig nicht zu umgehen. Bei bereits vorhandenem Dialysezimmer könne bei sich ergebender medizinischer Indikation sofort mit der Behandlung im Wohnhaus begonnen werden. Bei bekannter renaler Osteopathie sei trotz adäquater medizinischer Versorgung mit einem retardierten Körperwachstum des Klägers zu rechnen. Dieser werde langfristig auf grundpflegerische Hilfeleistungen angewiesen bleiben. Mit steigendem Lebensalter und zunehmendem Körpergewicht sei perspektivisch durch den Einbau einer ebenerdigen Dusche eine Pflegeerleichterung für die Pflegeperson (die Mutter des Klägers) zu erwarten. Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers ab (Bescheid vom 01.06.2007, Widerspruchsbescheid vom 10.10.2007), da die häusliche Pflege gegenwärtig auch ohne den durchgeführten Umbau sichergestellt sei und daraus keine Erleichterung für die Pflege resultiere.

Dagegen hat sich die am 12.11.2007 vor dem Sozialgericht Leipzig (SG) erhobene Klage gerichtet. Die Mutter des Klägers hat vorgetragen, dass dieser mit einer hochgradigen Niereninsuffizienz geboren worden sei. Deshalb werde er seit dem 19.07.2006 im Kinderdialysezentrum am Städtischen Klinikum "." L. behandelt. Da er gut gediehen sei, hätten es die behandelnden Ärzte seinerzeit für vertretbar gehalten, noch mit der Dialyse abzuwarten. Allerdings seien die Eltern des Klägers darüber informiert worden, dass ein steriles Dialysezimmer eingerichtet werden müsse, um die Peritonealdialyse (Bauchfelldialyse) in der häuslichen Umgebung vornehmen zu können. Da die Blutwerte des Klägers von Beginn an im Grenzbereich gelegen hätten, sei täglich mit dem Beginn der lebensnotwendigen Dialyse zu rechnen gewesen. Bereits im Arztbrief vom 22.07.2006 sei bei Verschlechterung die Einleitung der Dialysebehandlung erwähnt worden. Im Schreiben der Ärzte vom 13.09.2006 an die Krankenkasse sei ein stationärer Krankenhausaufenthalt des Klägers mit Dialysebeginn vorgesehen gewesen. Da nach Anlage einer Magensonde die Ernährung des Klägers optimiert worden sei und sich in der Folge seine Nierenwerte nicht weiter verschlechtert hätten, sei es möglich gewesen, den Beginn der Dialysebehandlung hinauszuzögern. Da ständig mit dem Beginn dieser Behandlung zu rechnen gewesen sei, sei der Umbau Ende November 2006 begonnen worden; zumal sich diese Maßnahme auf Grund der Wohnverhältnisse sowie der wenigen Zeit des vollberufstätigen Vaters des Klägers erwartbar langwierig gestaltet habe. Die ablehnenden Entscheidungen der Beklagten seien auch deshalb nicht nachvollziehbar, da der MDK in seinem Gutachten vom 27.03.2007 die Gewährung des beantragten Zuschusses befürwortet habe.

Das SG hat sodann Befundberichte und Krankenunterlagen der behandelnden Ärzte des Klägers angefordert. Nach dem Arztbrief von Dr. N1 vom 15.06.2006 sei der Kläger zunächst im Universitätsklinikum D. behandelt worden. Seine Mutter sei über die Prognose, Dialysemöglichkeiten und -alternativen sowie die Nierentransplantation ausführlich aufgeklärt worden. Anschließend sei die Überweisung des Klägers an das Städtische Klinikum " " L. erfolgt. Die dortige Oberärztin Dr. W1 , die als Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunkt Kindernephrologie auch für das K ... e. V. – Nierenzentrum für Kinder und Jugendliche am Klinikum " gGmbH" – tätig ist, hat in ihrem Befundbericht vom 06.12.2007 mitgeteilt, dass der Kläger unter einer Niereninsuffizienz an der Grenze zur Dialysepflichtigkeit leide. Es bestehe ferner eine schwere Ernährungsstörung, die die Nahrungsaufnahme mit Spezialnahrung über eine PEG-Sonde notwendig mache. Eine Verbesserung der Niereninsuffizienz sei nicht zu erwarten. Es könne nicht genau gesagt werden, wann die "mit 100 % Wahrscheinlichkeit" zu erwartende Dialysebehandlung erforderlich werde, wahrscheinlich sei dies jedoch in den nächsten drei bis sechs Monaten der Fall. Dann müsse die Dialysebehandlung täglich über 12 Stunden erfolgen – bis zu einer erfolgreichen Nierentransplantation. Bei Säuglingen und Kleinkindern sei die häusliche Peritonealdialyse der Standard. Notwendig sei dazu ein Einzelzimmer mit wischbarem Bodenbelag als Dialysezimmer, Waschbeckenanschluss zur Händereinigung und Desinfektion sowie Lagermöglichkeiten für das Dialysematerial mit Zimmertemperatur. Sollte die Dialyse nicht zu Hause stattfinden können, müsse der Kläger im Städtischen Klinikum "." L. – dem einzigen Kinderdialysezentrum in Sachsen – versorgt werden. Nach dem Befundbericht von Dr. S1 (die behandelnde Kinderärztin des Klägers) vom 10.12.2007 besteht bei dem Kläger eine schwerste Nierenschädigung, die mit Sicherheit eine Dialyse nach sich ziehe. Die Dauerernährung über eine PEG-Sonde sei erforderlich, weil die Gewichtszunahme sehr zögerlich erfolge. Voraussetzung für die Dialysebehandlung sei jedoch ein Mindestgewicht von etwa 15 kg. Die Dialyse könne im Wohnbereich erfolgen, da die Eltern des Klägers bereits ein Zimmer dialysegerecht nach den Vorgaben des Dialysezentrums L. eingerichtet hätten. Wegen der weiteren medizinischen Unterlagen wird auf Blatt 50 bis 196 der SG-Akte verwiesen.

Die Beklagte hat daraufhin erwidert, dass die Herstellung eines eigenen Zimmers in der Wohnung der Eltern für den Kläger nicht Aufgabe der sozialen Pflegeversicherung sei (Schriftsatz vom 05.02.2008). Dies nunmehr damit zu begründen, dass demnächst eine Heimdialyse erforderlich sei, könne zu keiner anderen Beurteilung führen. Die Umbaumaßnahmen wären aus Sicht der Beklagten nicht erforderlich gewesen, sofern für den Kläger in der Wohnung der Eltern ein eigenes Zimmer vorhanden gewesen wäre. Der Einbau eines Dialysezimmers entspreche nicht der Zielsetzung des § 40 Abs. 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), da dadurch weder die häusliche Pflege erst ermöglicht noch diese erheblich erleichtert werde. Zudem hat die Beklagte auf die im Internet zugängliche Homepage des K ... hingewiesen. Danach lasse das Kuratorium die dort notwendigen technischen Installationen durch Fachpersonal ausführen und übernehme die dadurch anfallenden Kosten.

Die Eltern des Klägers haben mit Schriftsatz vom 14.02.2008 dargelegt, dass für den Kläger kein eigenes Kinderzimmer eingerichtet worden sei. Auch wenn noch keine Dialysebehandlung erfolgen müsse, werde durch die Einrichtung des Dialysezimmers die Pflege erheblich erleichtert. An "schlechten" Tagen erbreche sich der Kläger bis zu fünfmal über den Tag und die Nacht verteilt. Als er noch im elterlichen Schlafzimmer übernachtet und sich nachts erbrochen habe, sei es notwendig gewesen, den Kläger ins im Erdgeschoss befindliche Badezimmer zu tragen, ihn dort auszuziehen, zu waschen und neu einzukleiden. Seine im Obergeschoss befindlichen Kleidungsstücke hätten von dort geholt werden müssen. Dann habe die Mutter des Klägers ihn wieder hochgetragen, sein Bett abgezogen, alles gesäubert und die verschmutzte Bettwäsche wieder ins im Erdgeschoss befindliche Bad gebracht. Durch das Dialysezimmer sei dies leichter geworden. Die Mutter des Klägers müsse nun nicht etwa zehnmal zwischen Erd- und Obergeschoss hin- und herlaufen. Der Kläger könne nunmehr im Dialysezimmer gewaschen werden. Wäsche und Badezimmer seien im Erdgeschoss in unmittelbarer Umgebung. Der Kläger müsse nun nicht mehr so oft durch das ganze Haus getragen werden und komme dadurch wesentlich früher wieder zur Ruhe und zum Einschlafen. Da er inzwischen im Dialysezimmer schlafe – mit dem Ziel, ihn an die Umstände der nächtlich erfolgenden Dialysebehandlung zu gewöhnen – sei insgesamt eine erhebliche Erleichterung auch für die Mutter des Klägers zu verzeichnen. Die Mutter des Klägers habe sich vor dem Umbau bei vielen Stellen danach erkundigt, ob die Kosten für den Umbau bezuschusst werden würden, da sie und ihr Ehemann zusätzlich Arbeitslosengeld II erhielten. Sie sei jedoch stets an die Krankenkasse verwiesen worden. Diese habe ihr mitgeteilt, dass sie nach Abschluss des Umbaus die Rechnungen einreichen möge.

Das SG hat darauf die Auskunft des K ... e. V. vom 22.02.2008 eingeholt. Danach übernimmt diese Einrichtung auf Nachweis Kosten für notwendige Installationen und Einrichtungen beim Beginn einer Heimdialysebehandlung. Das SG hat sodann der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, über den Antrag des Klägers erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden (Gerichtsbescheid vom 09.04.2008). Das SG hat zunächst ausgeführt, dem Anspruch auf Zuschussgewährung stehe nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht entgegen, dass mit der Umbaumaßnahme bereits vor Antragstellung begonnen worden sei. Ein vorrangiger Anspruch gegen andere Leistungsträger komme nicht in Betracht. Das K ... e. V. übernehme lediglich die Kosten für die technische Installation. Die Ausgaben für das Ausschachten des Zimmerbodens, den Aufbau eines neuen wischbaren Bodenbelages, die Wandverkleidung, das Fliesen von Wand und Boden, das Verlegen neuer elektrischer Leitungen einschließlich der Steckdosen, die Malerarbeiten, das Verlegen von Wasserleitungen, den Einbau des Waschbeckens und der ebenerdigen Dusche seien von keinem anderen Kostenträger übernommen worden. Bei dem Umbau des Wohnzimmers zu einem Dialysezimmer handele es sich um eine Maßnahme zur Verbesserung des Wohnumfeldes im Sinne des § 40 Abs. 4 SGB XI. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei ein solches Zimmer zur Durchführung der Dialysebehandlung notwendig. Den Befundberichten von Dr. W1 und Dr. S1 sei zu entnehmen, dass ein "normales Kinderzimmer" dafür nicht ausreiche, da für eine solche Behandlung ein wischbarer Bodenbelag, ein Waschbecken sowie die Möglichkeit zur Händereinigung und Desinfektion vorhanden sein müsse. Zudem müsse eine ausreichende Lagerungsmöglichkeit für das Dialysematerial bei Zimmertemperatur, Platz für das Aufstellen der Geräte sowie eine Schlafmöglichkeit für das Kind vorhanden sein, da die Dialyse über 12 Stunden, bevorzugt nachts, durchgeführt werde. Es könne deshalb dahinstehen, ob und über wie viele Wohn-, Schlaf- oder Kinderzimmer die Familie des Klägers verfüge. Insgesamt diene die Maßnahme dazu, dem Kläger das Verbleiben in seinem häuslichen Umfeld zu ermöglichen, und erleichtere seine Pflege zu Hause wesentlich. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sich der Kläger anderenfalls täglich in das einzige sächsische Kinderdialysezentrum nach L. begeben müsste, um dort mindestens 12 Stunden pro Tag bzw. Nacht behandelt zu werden. Es entspreche dem elementaren Bedürfnis eines Kindes, nicht jede Nacht und einen Teil des Tages außer Haus verbringen zu müssen. Zudem werde durch die Umbaumaßnahme die Pflege zu Hause wesentlich erleichtert. Es entfalle nicht nur die tägliche Hin- und Rückfahrt nach L. sowie das Hin- und Herschaffen der notwendigen Pflegeutensilien. Die Dialysebehandlung außer Haus bedeute eine derartige Beanspruchung der Pflegepersonen, dass sogar an eine dauerhafte stationäre Unterbringung des Klägers zu denken sei. Da die Dialysepflicht nach den eingeholten Befundberichten mit Sicherheit in nächster Zukunft eintreten werde, sei die Umbaumaßnahme auch erforderlich gewesen, um dem Kläger und seinen Angehörigen die Belastungen durch eine auch nur übergangsweise Dialyse außer Haus zu ersparen. Hinsichtlich der Höhe des Zuschusses habe die Beklagte ihr Ermessen auszuüben, wobei sie einerseits die Kosten der Maßnahme und andererseits das Einkommen des Pflegebedürftigen zu berücksichtigen habe. Dabei sei auch zu bedenken, dass der Vater des Klägers sämtliche Arbeiten selbst ausgeführt und lediglich die Erstattung der Materialkosten beantragt habe, weshalb der Umbau aus Sicht des SG besonders kostengünstig durchgeführt worden sei.

Gegen das ihr am 17.04.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 13.05.2008 Berufung zum Sächsischen Landessozialgericht eingelegt. Sie meint, der Umbau erfülle die Voraussetzungen des § 40 Abs. 4 SGB XI nicht. Es genüge nicht, dass sich die Pflegeperson durch eine solche Maßnahme subjektiv entlastet fühle. Hätte der Kläger bereits ein Zimmer gehabt, so hätte dieses nach Auffassung der Beklagten angepasst werden können, wobei eine Kostenübernahme dafür ihrer Ansicht nach ausgeschlossen gewesen sei, da der Austausch eines Bodenbelages zur Optimierung der Hygiene sich nicht auf die Pflege des Klägers ausgewirkt hätte. Zudem sei für die weiteren technischen Änderungen das K ... e. V. zuständig gewesen.

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 09. April 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Seine Mutter hat mit Schriftsatz vom 16.08.2008 nochmals hervorgehoben, dass für den Kläger kein Kinderzimmer, sondern ein Dialysezimmer eingerichtet worden sei. Bis zum Schulbeginn solle sich der Kläger ein Kinderzimmer mit seiner knapp 23 Monate älteren Schwester teilen. Da es sich um das eigene Wohnhaus handele, müsse man aus den baulichen Gegebenheiten das Beste machen. Anders als bei einer Mietwohnung sei es nicht möglich, ohne Weiteres in eine größere, behindertengerechte Wohnung umzuziehen. Ihr bereits seit September 2006 seitens der behandelnden Ärzte dazu geraten worden, alles vorzubereiten, um die Dialysebehandlung zu Hause zu ermöglichen, da nach Behandlungsbeginn kaum noch Zeit für Umbauarbeiten bliebe. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Vater des Klägers vollzeitberufstätig sei und sich während der Zeiten, in denen der Kläger stationär im Krankenhaus behandelt werden müsse, um die gemeinsame Tochter kümmern müsse, da die Mutter des Klägers stets ebenfalls stationär aufgenommen werde, um dem Kläger beizustehen.

Ausweislich des von der Mutter des Klägers übermittelten Berichts des K ... e. V. (Dr. W1 ) vom 19.04.2008 sei bei dem Kläger eine deutliche Verschlechterung des Allgemeinzustands mit rezidivierenden Infekten, Mangelgedeihen trotz Ernährung über PEG-Sonde zu verzeichnen gewesen, sodass mittlerweile die Einleitung einer Nierenersatztherapie zwingend erforderlich geworden sei. Seit Mai 2008 sei der Kläger dialysepflichtig, wobei die täglich 12-stündige Behandlung im Wohnhaus der Eltern erfolgen könne.

Der Senat hat ein Gutachten eingeholt, welches der Pflegesachverständige S2 am 23.09.2008 erstellt hat. Wegen des Inhalts dieses Gutachtens sowie wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass die Einrichtung eines Dialysezimmers für den Kläger eine zuschussfähige Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes ist, die Beklagte im Wege der Neubescheidung aber noch – unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens – über die Gewährung eines Zuschusses der Höhe nach zu entscheiden hat. Unerheblich ist, dass der Antrag erst nach ausgeführtem Umbau gestellt wurde (1). Auch handelt es sich bei dem erfolgten Umbau der Art nach um eine Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes (2). Dadurch wird die häusliche Pflege des Klägers ermöglicht und erleichtert (3). Die Kosten dieser Maßnahme sind nicht durch einen anderen Sozialleistungsträger zu übernehmen (4). Die Beklagte hat bezüglich der Höhe des Zuschusses ihr Ermessen auszuüben (5).

1. Dem erhobenen Anspruch steht nicht entgegen, dass der Kläger die Gewährung eines Zuschusses erst nach abgeschlossenem Umbau beantragt hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG genügt in solchen Fällen auch die nachträgliche Antragstellung (Urteil vom 30.10.2001 – B 3 P 3/01 RSozR 3-3300 § 40 Nr. 8 S. 41; grundlegend Urteil vom 28.06.2001 – B 3 P 3/00 RSozR 3-3300 § 40 Nr. 6 S. 33; Urteil vom 14.12.2000 – B 3 P 1/00 RSozR 3-3300 § 40 Nr. 3 S. 16 ff. – dort zur privaten Pflegepflichtversicherung). Rechtsgrundlage für Zuschüsse zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes in der sozialen Pflegeversicherung ist § 40 Abs. 4 SGB XI. Dort heißt es: "Die Pflegekassen können subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbstständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Die Höhe der Zuschüsse ist unter Berücksichtigung der Kosten der Maßnahme sowie eines angemessenen Eigenanteils in Abhängigkeit von dem Einkommen des Pflegebedürftigen zu bemessen. Die Zuschüsse dürfen einen Betrag in Höhe von 2.557,00 EUR je Maßnahme nicht übersteigen." Die Norm ist Teil des Gesetzesprogramms, der häuslichen Pflege den Vorrang vor der stationären Pflege zu geben (§ 3 Satz 1 SGB XI). Sie berücksichtigt, dass Leistungen zur Anpassung des Wohnumfeldes an die Bedürfnisse kranker und behinderter Menschen im Sozialleistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung seit jeher nicht vorgesehen waren und deshalb ein in die Zuständigkeit der Pflegeversicherung fallender Leistungsbedarf bestehen kann, soweit nicht andere Träger für die behindertengerechte Gestaltung des Wohnumfeldes einzustehen haben. Hat kein anderer Leistungsträger vorrangig einzutreten, soll deshalb die soziale Pflegeversicherung – allerdings beschränkt auf den finanziellen Rahmen des § 40 Abs. 4 Satz 3 SGB XI – die behindertengerechte Umgestaltung der Wohnung des Pflegebedürftigen fördern, wenn dadurch die häusliche Pflege überhaupt erst ermöglicht oder erheblich erleichtert wird oder ein Verbleiben des Pflegebedürftigen in seiner häuslichen Umgebung und damit eine möglichst selbstständige Lebensführung sichergestellt werden kann (vgl. BT-Drucksache 12/5262 S. 114 zu Art. 1 § 36 Abs. 4 des Gesetzesentwurfs von CDU/CSU und FDP zum Pflege-Versicherungsgesetz).

2. Die von den Eltern des Klägers vorgenommenen Umbaumaßnahmen sind Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes. Mit dem Tatbestandsmerkmal "Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes" knüpft § 40 Abs 4 Satz 1 SGB XI an die seit langem eingeführte Unterscheidung zwischen der behindertengerechten Anpassung der Wohnsituation einerseits und der Versorgung mit Hilfsmitteln zur Bewältigung oder Minderung von Behinderungsfolgen andererseits an. In diesem Sinne war bereits in der Einweisungsnorm des § 29 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) in der insoweit bis zum 30.06.2001 geltenden Fassung vom 11.12.1975 (BGBl. I 3015) bei Leistungen zur Eingliederung behinderter Menschen unterschieden worden zwischen Leistungen zur allgemeinen sozialen Eingliederung mit Hilfen u. a. "zur Verbesserung der wohnungsmäßigen Unterbringung" (§ 29 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe h SGB I) auf der einen und medizinischen Leistungen unter Einschluss von Hilfsmitteln (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe d SGB I) auf der anderen Seite. Daran anschließend ist in dem am 01.01.1997 in Kraft getretenen Siebtes Buch Sozialgesetzbuch in seinem § 41 eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für Wohnungshilfe normiert worden, wonach diese erbracht wird, "wenn infolge Art oder Schwere des Gesundheitsschadens nicht nur vorübergehend die behindertengerechte Anpassung vorhandenen oder die Bereitstellung behindertengerechten Wohnraums erforderlich ist". Andererseits hat der Gesetzgeber in Abgrenzung dazu durch das zum 01.07.2001 in Kraft getretene Neunte Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) in seinem § 31 Abs. 1 explizit klargestellt, dass zur Hilfsmittelversorgung solche Hilfen nicht rechnen, die bei einem Wohnungswechsel "nicht mitgenommen werden können". Ähnlich ist in § 18 Abs. 1 Satz 4 der Verordnung über die Versorgung mit Hilfsmitteln und über Ersatzleistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz mit der am 01.01.1990 in Kraft getretenen Fassung (BGBl. I 1989, 1834) zur Hilfsmittelversorgung bestimmt: "Unbewegliche Gegenstände werden nicht geliefert."

Diese Grenzziehung zwischen der Hilfe zur Anpassung an die Wohnsituation einerseits und der Hilfsmittelversorgung andererseits ist seit langem auch für die Rechtsprechung des BSG zum Hilfsmittelbegriff der gesetzlichen Krankenversicherung leitend. In diesem Sinne ist bereits unter Geltung der Reichsversicherungsordnung entschieden worden, dass Hilfen bei der Beschaffung und Unterhaltung einer den Bedürfnissen behinderter Menschen entsprechenden Wohnung insbesondere dann über die Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung hinausreichen, wenn sie mit einer Veränderung der Wohnung selbst verbunden sind (BSG, Urteil vom 12.06.2008 – B 3 P 6/07 R – juris Rn. 13; Urteil vom 19.12.1978 – 3 RK 26/78 - SozR 2200 § 182b Nr. 10 S. 30 ff.; Urteil vom 04.08.1981 – 5a/5 RKn 16/80SozR 2200 § 182b Nr. 23 S. 59; Urteil vom 23.10.1984 – 8 RK 43/83 – KVRS A-2240/21 S. 68). Daran hat das BSG nach Inkrafttreten von § 40 SGB XI und § 31 SGB IX festgehalten und aus dem Hilfsmittelbegriff der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung die Hilfen ausgeschieden, die nunmehr im Sinne der Legaldefinition des § 31 Abs. 1 SGB IX bei einem Wohnungswechsel "nicht mitgenommen werden können" oder sonst der Anpassung des individuellen Umfeldes an die Bedürfnisse des behinderten Menschen dienen (vgl. BSG, Urteil vom 06.08.1998 – B 3 KR 14/97 R - SozR 3-2500 § 33 Nr. 30 S. 177 ff.; Urteil vom 28.06.2001 – B 3 P 3/00 R - SozR 3-3300 § 40 Nr. 6 S. 31).

Maßgebend für die Auslegung des Begriffs "Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes" ist eine Orientierung an dem Maßnahmezweck einerseits und der Dauerhaftigkeit des Wohnungseinbaus andererseits.

Auch solche Hilfe stellen eine Maßnahme der Wohnumfeldverbesserung nach § 40 Abs. 4 SGB XI dar, die – ohne unmittelbar den Zweck des Behinderungsausgleiches zu verfolgen – der Wohn- oder Gebäudesubstanz auf Dauer hinzugefügt werden. Davon ist das BSG ausgegangen, wenn die Hilfe befestigungsbedingt zum dauerhaften Bestandteil von Wohnung oder Haus wurde (vgl. Urteil vom 03.11.1999 – B 3 P 6/99 RSozR 3-3300 § 40 Nr. 2 S. 9; Urteil vom 28.06.2001 – B 3 P 3/00 RSozR 3-3300 § 40 Nr. 6 S. 31) und bei Umzug nicht ohne Weiteres mitgenommen werden konnte (Urteil vom 13.05.2004 – B 3 P 5/03 RSozR 4-3300 § 40 Nr. 1 Rn. 3). Damit ist nicht auf die Festigkeit der Verbindung im statischen Sinn abgestellt worden, denn darauf kann es für die rechtliche Einordnung nicht ankommen. Die Abgrenzung zwischen Hilfsmittel und Maßnahme der Wohnumfeldverbesserung erfordert vielmehr eine wertende Betrachtung, die auf die Dauerhaftigkeit der Befestigung in zeitlicher Hinsicht abstellt. Danach scheidet die Zuordnung der Hilfsmittelversorgung nach Sinn und Zweck des Mitnahmekriteriums aus, wenn die Hilfe so in das Gebäude eingebaut ist, dass sie nach der Verkehrsauffassung bei einem Umzug regelmäßig dort verbleiben und nicht mitgenommen wird, der Einbau also von Dauer ist. Dies ist der Fall, wenn entweder der Einbau selbst mit einem wesentlichen Eingriff in die Bausubstanz verbunden ist (z. B. rollstuhlgerechte Türverbreiterung) oder der Ausbau der Hilfe mit so erheblichen Substanzeinbußen verbunden wäre, dass die Mitnahme nicht sinnvoll erscheint. Kann eine Hilfe hingegen bei einem Wohnungswechsel ohne wesentliche verbleibende Folgen ausgebaut und mit vertretbarem Anpassungsaufwand in eine neue Wohnung wieder eingebaut werden, steht die Verbindung mit dem Gebäude einer Qualifizierung als Hilfsmittel nicht entgegen.

Die von den Eltern des Klägers vorgenommenen Umbaumaßnahmen stellen sich vor diesem Hintergrund ihrer Art nach als Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes nach § 40 Abs. 4 SGB XI dar. Die Erneuerung einer Außenwand, der Einbau einer Trennwand, die Zuführung von Wasser- und Elektroleitungen, die Schaffung eines Abfluss-Systems sowie die Schaffung barrierefreier Zugänge zum Hausflur und zur Dusche sind ebenso bauliche Veränderungen, die dauerhafter Bestandteil des Wohnhauses geworden sind, wie das Anbringen der Fliesen und der Aufbau eines wischbaren, rutschhemmenden Bodenbelags. Für den Einbau der ebenerdige Nischendusche, des Waschbeckens und der Steckdosen gilt dasselbe. Diese Maßnahmen verbessern das Wohnumfeld des Klägers, da dieses nunmehr angesichts der notwendig gewordenen (Heim)-Dialyse behindertengerecht gestaltet ist.

3. Durch die erfolgten Umbaumaßnahmen wird die häusliche Pflege des Klägers seit Beginn der Dialysebehandlung ermöglicht. Die Umbaumaßnahmen stellen sich auch als pflegeversicherungsrechtlich relevante Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes nach § 40 Abs. 4 SGB XI dar.

Nach der Rechtsprechung des BSG sind Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes nicht auf die für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit maßgebenden Verrichtungen des täglichen Lebens beschränkt (Urteil vom 03.11.1999 – B 3 P 3/99 RSozR 3-3300 § 40 Nr. 1 S. 5, Urteil vom 26.04.2001 – B 3 P 15/00 RSozR 3-3300 § 40 Nr. 4 S. 21; Urteil vom 26.04.2001 – B 3 P 24/00 RSozR 3-3300 § 40 Nr. 5 S. 27). Die Einstandspflicht der Pflegekassen ist jedoch nach der Konzeption des § 40 Abs. 4 SGB XI – nicht zuletzt angesichts der restriktiv bemessenen Höchstbetragsregelung des Satzes 3 der Vorschrift – auf die Wahrung elementarer Bedürfnisse der Pflegebedürftigen beschränkt. In diesem Sinne zielt das Tatbestandsmerkmal "Ermöglichung oder erhebliche Erleichterung der häuslichen Pflege" darauf ab, die Pflegebedürftigen möglichst lange in der häuslichen Wohnumgebung belassen und eine Heimunterbringung abwenden zu können. Daher "ermöglicht" eine Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes die häusliche Pflege, wenn sie objektiv erforderlich ist, um die Pflege im häuslichen Umfeld erst durchführen zu können (vgl. BSG, Urteil vom 17.07.2008 – B 3 P 12/07 R – juris Rn. 11; Urteil vom 26.04.2001 – B 3 P 15/00 R -SozR 3-3300 § 40 Nr. 4 S. 22). "Erheblich erleichtert" wird sie, wenn ohne Durchführung der zu bezuschussenden Maßnahme eine Überforderung der Pflegeperson droht und deshalb eine stationäre Unterbringung des Pflegebedürftigen in Betracht zu ziehen ist (vgl. Udsching, SGB XI, 2. Aufl., § 40 Rn. 23). In entsprechender Weise sind Maßnahmen zur Wiederherstellung einer möglichst selbstständigen Lebensführung (§ 40 Abs. 4 Satz 1 2. Alt. SGB XI) nur bezuschussungsfähig, soweit elementare Belange der Lebensführung betroffen sind (vgl. BSG, Urteil vom 03.11.1999 – B 3 P 3/99 R - SozR 3-3300 § 40 Nr. 1 S. 6; Urteil vom 26.04.2001 – B 3 P 24/00 RSozR 3-3300 § 40 Nr. 5 S. 26; Urteil vom 28.06.2001 – B 3 P 3/00 RSozR 3-3300 § 40 Nr. 6 S. 33; Urteil vom 13.05.2004 – B 3 P 5/03 R - SozR 4-3300 § 40 Nr. 1 Rn. 5). Das ist ausgeschlossen, wenn das verfolgte Bedürfnis über die üblichen und durchschnittlichen Anforderungen des Wohnstandards und Wohnkomforts hinausgeht (vgl. BSG, Urteil vom 03.11.1999 – B 3 P 3/99 R - SozR 3-3300 § 40 Nr. 1 S. 6 f.; Urteil vom 26.04.2001 – B 3 P 15/00 RSozR 3-3300 § 40 Nr. 4 S. 22; Urteil vom 26.04.2001 – B 3 P 24/00 RSozR 3-3300 § 40 Nr. 5 S. 27; Urteil vom 13.05.2004 – B 3 P 5/03 R - SozR 4-3300 § 40 Nr. 1 Rn. 7). Die Zuschüsse nach § 40 Abs. 4 SGB XI haben sich primär vor dem Zweck zu rechtfertigen, das Verbleiben in häuslicher Pflege zu fördern und die Notwendigkeit der Heimpflege zu vermeiden (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2001 – B 3 P 3/01 R - SozR 3-3300 § 40 Nr. 8 S. 42 f.). Zuvorderst müssen sie deshalb zur Überwindung von Hindernissen beitragen, die dem Verbleib des Pflegebedürftigen in der häuslichen Umgebung und deren möglichst selbstständiger Nutzung entgegenstehen. Dabei hat die Pflegeversicherung bei einer Gewährung von Leistungen zur Pflege im Rahmen des Leistungsrechts des SGB XI dem besonderen Entwicklungsbedarf von behinderten Kindern und Jugendlichen Rechnung zu tragen. Denn auch die Träger der sozialen Pflegeversicherung sind nach § 1 Satz 2 SGB IX dazu verpflichtet, bei der Leistungsgewährung den besonderen Bedürfnissen behinderter und von Behinderung bedrohter Frauen und Kinder Rechnung zu tragen. Dieses Petitum beansprucht über die in § 7 Satz 1 SGB IX angeordnete Geltung für Leistungen zur Teilhabe, die von den Rehabilitationsträgern zu erbringen sind, zu denen die Pflegekassen nach § 6 Abs. 1 SGB IX nicht zählen, entsprechende Beachtung auch im Rahmen der sozialen Pflegeversicherung. Es ist Ausdruck einer allgemeinen Zielvorgabe, bei der Ausgestaltung von Leistungen für behinderte Menschen die Besonderheiten von Alter und Geschlecht angemessen zu berücksichtigen und vor allem der besonderen Benachteiligung von Kindern Rechnung zu tragen. Insoweit ist der Förderauftrag des § 1 Satz 2 SGB IX ein Ausschnitt der die Pflegekassen unmittelbar bindenden Zielvorgabe gemäß § 2 Abs. 1 SGB XI, wonach die Leistungen der Pflegeversicherung den Pflegebedürftigen helfen sollen, trotz ihres Hilfebedarfs ein möglichst selbstständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht; die Hilfen sind darauf auszurichten, die körperlichen, geistigen und seelischen Kräfte der Pflegebedürftigen wiederzugewinnen oder zu erhalten (BSG, Urteil vom 17.07.2008 – B 3 P 12/07 R – juris Rn. 17; dort zum Anspruch auf eine Rollstuhlrampe).

Aufgrund des Vortrags der Mutter des Klägers sowie der eingeholten Befundberichte der behandelnden Ärzte ist der Senat davon überzeugt, dass nur den Umbau die häusliche Pflege trotz Dialysebehandlung nach wie vor möglich ist. Soweit der vom Senat beauftragte Sachverständige S2 diesbezüglich ausführt, dass die häusliche Pflege auch ohne Umbau möglich sei, ist dem nicht voll umfänglich beizupflichten. Allerdings hat der Sachverständige die vom Senat aufgeworfene Frage zunächst auf die Erlangung einer Pflegestufe bezogen. Seinen weiteren Ausführungen ist zu entnehmen, dass auch aus seiner Sicht die häusliche Pflege nach begonnener Dialysebehandlung nur aufgrund des Umbaus realisierbar war. Die Dialysebehandlung würde – täglich – in L. erfolgen und zwölf Stunden dauern; zuzüglich der An- und Abfahrtszeiten vom Wohnort wären dies insgesamt 14 Stunden (die Fahrkosten müsste die Krankenkasse des Klägers gemäß § 60 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch in Verbindung mit § 8 der Krankentransport-Richtlinien erstatten, in weniger als zwei Monaten würden diese den Höchstbetrag von 2.557 Euro nach § 40 Abs. 4 SGB XI übersteigen). Damit nähme die häusliche Pflege einen deutlich geringeren Teil des Tages ein und entspräche nicht mehr der Vorstellung, die der Gesetzgeber dem § 3 SGB XI zugrunde gelegt hat: der Pflegebedürftige soll demnach möglichst lange in seiner häuslichen Umgebung verbleiben können. Angesichts der Anstrengungen, die ihm – auch angesichts seines Alters – durch eine Dialysebehandlung in L. abverlangt würden, bestünde die schon vom SG angenommene Gefahr, dass der Kläger mittelfristig stationär untergebracht werden müsste. Dies würde seinem Wunsch- und Wahlrecht aus § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB XI in Verbindung mit § 33 SGB I, das auch im Lichte des § 1 Abs. 2 SGB IX auszulegen ist, zuwiderlaufen, da es – worauf das SG zutreffend hingewiesen hat – zum Bedürfnis von Kindern im Alter des Klägers zählt, vornehmlich in der häuslichen Umgebung und von seinen Eltern gepflegt, versorgt und betreut zu werden.

Die häusliche Pflege des Klägers wird durch den Umbau auch in rechtserheblicher Weise erleichtert. So wird auch seiner Mutter als Pflegeperson der erhebliche Zeitaufwand erspart, der mit der Begleitung zur Dialysebehandlung in L. verbunden ist. Der Aufwand, den sie allein mit dem Waschen des Klägers und der Reinigung seiner Wäsche nach Erbrechen zu tragen hat, ist mit der Einrichtung des Behandlungszimmers im Erdgeschoss erheblich reduziert worden, da sie nicht mehr zwischen Ober- und Erdgeschoss hin- und herlaufen muss. Bereits deshalb wird die Mutter als Pflegeperson – entgegen der Ansicht der Beklagten – nicht nur subjektiv, sondern auch objektiv bei der Pflege des Klägers entlastet. Darauf hat auch der Sachverständige S2 hingewiesen. Ob allein deswegen die häusliche Pflege erheblich erleichtert wird, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls wird sie dadurch erheblich erleichtert, dass die im Wohnhaus erfolgende Dialyse es der Mutter des Klägers ermöglicht, in deutlich höherem Maße die verbleibende Zeit auch für den Kontakt zu Ehemann und Tochter sowie Angehörigen aufzuwenden. Insgesamt wird damit der Überforderung der Mutter als Pflegeperson und damit zugleich der Notwendigkeit der stationären Pflege des Klägers entgegengewirkt; die Mutter wird dadurch in die Lage versetzt, über einen langen Zeitraum eine 24-stündige Pflegebereitschaft aufrechtzuerhalten.

Der Vortrag der Beklagten, wonach der Umbau nicht notwendig gewesen wäre, sofern der Kläger bereits ein eigenes Zimmer gehabt hätte, greift nicht durch. Denn § 40 Abs. 4 SGB XI zielt darauf ab, die behindertengerechte Umgestaltung der Wohnung zu fördern. Gegenstand dieser Leistung ist die Anpassung des individuellen Wohnumfeldes an die besonderen Bedürfnisse des behinderten Menschen. Bezugspunkt der Leistungsgewährung sind die Umstände des individuellen Wohnumfeldes und die sich daraus ergebenden Beeinträchtigungen für den Verbleib des oder der Pflegebedürftigen in der häuslichen Wohnumgebung (vgl. BSG, Urteil vom 17.07.2008 – B 3 P 12/07 R – juris Rn. 21). Im Falle des Klägers ist somit von dem Zustand auszugehen, wie er vor dem Umbau gewesen ist; seinerzeit war kein weiteres Zimmer im Wohnhaus verfügbar, welches zu einem dialysegerechten Behandlungsraum hätte umgestaltet werden können. Um die Schaffung eines Kinderzimmers im herkömmlichen Sinn ging es ohnehin zu keinem Zeitpunkt. Aber selbst wenn ein "normales" Zimmer zur Verfügung gestanden hätte, hätte es dialysegerecht umgebaut werden müssen.

4. Die Kosten des Umbaus sind von keinem anderen Sozialleistungsträger zu übernehmen. Zwar sieht § 40 Abs. 4 Satz 1 SGB XI lediglich die subsidiäre Einstandspflicht der Pflegekassen vor. Diese Vorschrift ist aber im Anschluss an die Rechtsprechung des BSG dahin auszulegen, dass sie sich auf die Leistungsverpflichtung von Sozialleistungsträgern bezieht (vgl. Urteil vom 28.06.2001 – B 3 P 3/00 RSozR 3-3300 § 40 Nr. 6 S. 31). Die subsidiäre Leistungspflicht der Pflegekassen bezieht sich dabei insbesondere auf die Einstandspflicht der Krankenkassen. Eine solche besteht indes in diesem Fall nicht, da Umbaumaßnahmen in der Wohnung oder der dauerhafte Einbau von Geräten, die dem Behinderten ein weitgehend selbständiges Wohnen ermöglichen sollen, nicht dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung unterfallen (BSG, Urteil vom 28.06.2001 – B 3 P 3/00 RSozR 3-3300 § 40 Nr. 6 S. 31). Ob die vom K ... e.V. übernommenen Kosten für Installationen und Einrichtungen beim Beginn einer Heimdialysebehandlung als vorrangig im Sinne des § 40 Abs. 4 Satz 1 SGB XI anzusehen wären, kann offen bleiben, da sich der vom Kläger beantragte Zuschuss darauf nicht bezieht.

5. Nach § 40 Abs. 4 Satz 1 SGB XI steht die Gewährung finanzieller Zuschüsse im Ermessen der Pflegekassen. Die Beklagte hat ihr Ermessen nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt, als sie den beantragten Zuschuss zu den Umbaukosten zu Unrecht wegen fehlender tatbestandlicher Voraussetzungen abgelehnt und infolgedessen von ihrem Ermessen keinen Gebrauch gemacht hat. Bei der Neubescheidung hat die Beklagte gemäß § 40 Abs. 4 Satz 2 SGB XI das Einkommen des Pflegebedürftigen, die Kosten der Maßnahme sowie einen angemessenen Eigenanteil zu berücksichtigen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 28.06.2001 – B 3 P 3/00 RSozR 3-3300 § 40 Nr. 6 S. 34 f.). Dabei dürfen Zuschüsse zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes nach § 40 Abs. 4 Satz 3 SGB XI einen Betrag in Höhe von 2.557,00 EUR je Maßnahme nicht übersteigen.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), die Nichtzulassung der Revision folgt aus § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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