L 7 AS 174/08 NZB

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 AS 470/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 174/08 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Wird im Absenkungsbescheid nach § 31 SGB II lediglich die prozentuale Höhe der Absenkung angegeben, so verletzt dies nicht den Bestimmheitsgrundsatz nach § 33 Abs. 1 SGB X.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des So-
zialgerichts Regensburg vom 8. April 2008, Az.: S 15 AS 470/07 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

I.
Der Kläger wendet sich gegen die Absenkung seiner Regelleistung.
Mit Bescheid vom 24.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2007 senkte die Beklagte die dem Kläger bereits bewilligten Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.06. bis 31.08.2007 um "30 % der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe der dem Hilfebedürftigen zustehenden Gesamtauszahlungsbetrages", d. h. um monatlich 104,00 Euro ab. Der Kläger habe gegen seine Mitwirkungspflicht aus der Eingliederungsvereinbarung verstoßen, indem er durch sein Verhalten gegenüber einem potentiellen Arbeitgeber das Nichtzustandekommen eines Arbeitsverhältnisses verursacht habe.
Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Regensburg (SG) mit Urteil vom 08.04.2008 als unbegründet ab. Der Kläger habe sich in einer derart unangemessenen Form beworben, dass diese Bewerbung einer Nichtbewerbung gleichzustellen sei, zum einen aufgrund der geäußerten Gehaltsvorstellungen in Höhe von 1.300,00 Euro netto, zum anderen der behaupteten und seiner eingeschränkten Verwendbarkeit sowohl hinsichtlich der einzelnen Tätigkeiten als auch hinsichtlich des Einsatzortes von dem künftigen Arbeitgeber. Wie der Kläger dies gegenüber dem Arbeitgeber dargestellt habe, sei der Kläger aus dem Kreis der möglichen Arbeitnehmer ausgeschieden. Der Kläger habe deutlich erkennen lassen, dass er nicht ernsthaft an einer Arbeitsaufnahme interessiert gewesen sei. Der Absenkungsbescheid sei auch hinreichend bestimmt, da ihm zweifelsfrei zu entnehmen sei, dass um 30 % der Regelleistung, also 104,00 Euro abgesenkt werde. Die Berufung wurde nicht zugelassen, da die Frage der Verletzung des Bestimmtheitsgrundsatzes vorliegend nicht von grundsätzlicher Bedeutung sei.
Hiergegen hat der Kläger am 24.04.2008 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, da bisher die mit dieser Frage befassten Sozialgerichte und Landessozialgerichte sowie auch das Bundessozialgericht bezüglich der Bestimmtheit von Verwaltungsakten eindeutig Stellung bezogen habe, nicht aber das BayLSG. Auch weiche das Urteil des SG von der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 13.07.2006, Az.: B 7a AL 24/05 R ab, worin entschieden worden sei, dass die genaue Höhe der Leistung bei der Absenkung anzugeben sei. Für den Bereich des SGB II hätten andere Landessozialgerichte in vergleichbaren Fällen einen Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz gesehen. Außerdem sei die Berufung zuzulassen, weil die
Amtsermittlungspflicht durch das SG verletzt worden sei. Das SG habe offen gelassen, ob es der Ansicht gewesen sei, dass der Kläger sich geweigert hätte, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen, oder eine angebotene Beschäftigung nicht angenommen hätte. Das SG hätte die Arbeitsvermittlerin der Firma O. als Zeugin hören müssen.
Gleichzeitig mit der Beschwerde hat der Kläger Prozesskostenhilfeantrag für das Beschwerdeverfahren gestellt und die Beiordnung von Rechtsanwalt T. beantragt.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 16.06.2008 auf den Widerspruchsbescheid vom 26.06.2007 verwiesen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die gerichtlichen Akten erster und zweiter Instanz.
II.
Die vom Kläger fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 145
Abs. 1 Satz 2 SGG zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Es gibt keinen Grund, die gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen.
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG ist schon deshalb nicht gegeben, weil - wie auch die Klägerseite in ihrer Beschwerdebegründung ausführt - durch die Rechtsprechung ausreichend geklärt ist, dass der Bestimmtheitsgrundsatz einzuhalten ist. Dies gilt erst recht, seitdem das Bundessozialgericht mit Urteil vom 16.12.2008, Az.: B 4 AS 60/07 R für den Bereich des SGB II entschieden hat, dass bei einer Absenkung der Bestimmtheitsgrundsatz zu beachten ist; für die Beurteilung der grundsätzlichen Bedeutung einer Sache ist diese nach Einlegung der Beschwerde ergangene Entscheidung des BSG mit heranzuziehen, da über die Nichtzulassungsbeschwerde aufgrund des Sach- und Rechtsstandes zum Zeitpunkt der Entscheidung zu entscheiden ist.
Auch ein Zulassungsgrund nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG wegen Divergenz ist nicht gegeben. Das BSG hat in der genannten Entscheidung vom 16.12.2008 entschieden, dass die Rechtsfolgenbelehrung konkret, verständlich, richtig und vollständig sein müsse. Es genüge nicht, dem Hilfebedürftigen ein Merkblatt in die Hand zu geben, aus dem er die für seinen Fall maßgebenden Voraussetzungen der Rechtsfolgen selbständig ermitteln müsse, sondern es sei eine konkrete Umsetzung nach dem jeweiligen Einzelfall erforderlich. Die Entscheidung des SG bewegt sich voll und ganz im Rahmen dieser vom BSG aufgestellten Grundsätze, wenn es den Bestimmtheitsgrundsatz prüft und zu dem Ergebnis kommt, dass die Angabe "30 % des Regelsatzes" hinreichend geklärt ist.
Eine Divergenz zu der von der Klägerseite angeführten Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 13.07.2007, Az.: B 7a AL 24/05 R ist nicht ersichtlich. Nach dieser Entscheidung genügt es nicht, lediglich einen Gesamtabzweigungsbetrag zu verfügen, wenn die Höhe des Abzweigungsbetrages bezüglich eines jeden Kindes dargelegt werden muss. Denn hier handelt es sich um zwei Betroffene, bei denen jeweils im Rahmen einer Ermessensentscheidung (BSG a.a.O.) über die Höhe einer Abzweigung zu entscheiden ist. Inwieweit sich hieraus Folgerungen für eine Absenkung nach § 31 SGB II ergeben sollten, ist nicht ersichtlich.
Eine Zulassung wegen Divergenz nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG ist nur im Hinblick auf Entscheidungen ein und desselben Landessozialgerichts beachtlich. Soweit die Klägerseite Entscheidungen anderer Landessozialgerichte anführt, kann dies folglich zu keiner Zulassung führen.
Ein Zulassungsgrund wegen Verfahrensmangels nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG ist nicht hinreichend belegt worden. Für das SG bestand kein Anlass zur Zeugeneinvernahme, nachdem sich aus der Stellungnahme des potentiellen Arbeitgebers für das SG ausreichend Anhaltspunkte für ein Verschulden des Klägers am Nichtzustandekommen des Arbeitsverhältnisses ergeben hatten. Die Klägerseite hat - soweit aus den Akten und Einlassungen der Klägerseite ersichtlich - auch zu keinem Zeitpunkt die Zeugeneinvernahme der Angestellten des potentiellen Arbeitgebers verlangt. Zudem hat die Klägerseite zu keinem Zeitpunkt das Verfahrens hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass das SG im Rahmen der Amtsermittlung über die ihm zur Verfügung stehenden Beweismittel hinaus zu weiteren Ermittlungen verpflichtet gewesen wäre.
Im Ergebnis ist die Beschwerde zurückzuweisen mit der Folge, dass das Urteil des SG gemäß § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG rechtskräftig ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und der Erwägung, dass der Kläger mit seinem Begehren erfolglos blieb.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe ist mangels Erfolgsaussicht als unbegründet abzulehnen (§ 73a SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved