L 16 AS 320/08 NZB

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
16
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 53 AS 444/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 AS 320/08 NZB
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts München vom 29. Juli 2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.



Gründe:

I.
Zwischen den Beteiligten ist die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 01.10.2005 bis zum 28.02.2006 und die Rückforderung überzahlter Leistungen wegen Erzielung von Einkommen, zuletzt in Höhe von 627,72 Euro, streitig.
Der 1965 geborene Kläger steht seit dem 02.08.2005 im Bezug von Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 987,42 Euro (Regelleistung in Höhe von 345,00 Euro, Kosten der Unterkunft in Höhe von 642,42 Euro).
Der Kläger legte mit dem Fortzahlungsantrag vom 17.04.2006 Kontoauszüge vor, aus denen sich eine Gutschrift in Höhe von 492,34 Euro am 31.10.2005 und eine Gutschrift in Höhe von 583,39 Euro am 28.12.2005 ergab. Bei der Gutschrift in Höhe von 492,34 Euro handelte es sich um Rückzahlung des Hausgeldes für die vom Kläger selbst genutzte Eigentumswohnung; bei der Gutschrift in Höhe von 583,39 Euro handelte es um Einkommensteuerrückerstattungen für die Jahre 2003 und 2004.
Nach Anhörung des Klägers hob die Beklagte die Bewilligungsbescheide vom 20.12.2005 und 17.01.2006 mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 22.06.2006 gemäß § 48 SGB X teilweise auf und forderte vom Kläger für die Zeit vom 01.10.2005 bis zum 28.02.2006 insgesamt 1.115,78 Euro zurück. Zur Begründung des Bescheids führte die Beklagte aus, dass sowohl die Einkommensteuererstattung als auch die Rückzahlung der Nebenkostenabrechnung einmalige Einnahmen seien, die als Einkommen abzurechnen sei.
In seinem hiergegen eingelegten Widerspruch führte der Kläger aus, dass es sich bei der Einkommensteuerrückerstattung um Guthaben aus dem Jahre 2003 und 2004 handele, also Gutschriften, die die Zeit vor dem Leistungsbezug beträfe. Dies sei allenfalls Vermögen, aber kein Einkommen. Die "Nebenkostennachzahlung" sei im Übrigen nur dadurch zustande gekommen, dass er krankheitsbedingt nicht ganzjährig in seiner Wohnung gewohnt habe. Die Wohngelderstattung betreffe deshalb ebenfalls Zeiträume vor dem Leistungsbezug nach dem SGB II.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 13.02.2007 zurück.
Am 02.03.2007 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht München gegen den Widerspruchsbescheid vom 13.02.2007 und nahm zur Begründung auf seinen Widerspruch Bezug. Zur Ergänzung trug er vor, dass die Einkommensteuererstattung aus den Jahren 2003 und 2004 kein Einkommen sei, sondern Vermögen aus den Jahren 2003 und 2004. Zur Wohngelderstattung erklärte der Kläger, dass die geleisteten Zahlungen der Beklagten für Wohnen für ihn unübersichtlich seien. Tatsache sei, dass durch seine Klinikaufenthalte im Jahr 2004 und 2005 die Wohnung hauptsächlich unbewohnt gewesen wäre und es dadurch zu einer Rückzahlung und zu einer Senkung der künftigen Abschlagszahlungen gekommen sei, wodurch vermutlich die Beklagte senkte. Die Wohngelderstattung betreffe aber den Zeitraum 2004/2005 vor dem von der Beklagten genannten erstmaligen Leistungsbeginn am 02.08.2007 (richtig wohl 02.08.2005).
Der Kläger teilte dem Sozialgericht mit, dass er sich aufgrund seiner psychischen Erkrankung nicht dazu in der Lage sehe, zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen. Daraufhin wurde er darauf hingewiesen, dass das Gericht auch ohne sein persönliches Erscheinen die Streitsache verhandeln und entscheiden könne. Das Sozialgericht änderte mit Urteil vom 29.07.2008 den Bescheid der Beklagten vom 22.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.02.2007 insoweit ab, als dass vom Kläger nur 627,72 Euro zurückgefordert werden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, dass für den Monat Oktober 2005 der Leistungsbewilligungsbescheid vom 20.12.2005 in Höhe von 460,74 Euro gemäß der §§ 40 Abs. 2 SGB II, 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, 3. Buch (SGB III), 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Sozialgesetzbuch, 10. Buch (SGB X) aufzuheben sei. Bezüglich der Anrechnung der Einkommensteuererstattung führte das Sozialgericht aus, dass die Beklagte übersehen habe, dass sich die Anrechnung der Einkommensteuerrückerstattung bereits nach der Arbeitslosengeld II-Verordnung (Alg II-V) in der ab dem 22.08.2005 gültigen Fassung richte. Daher sei die im Dezember 2005 zugeflossene Einkommensteuerrückerstattung auf die Monate Dezember 2005 bis Mai 2006 aufzuteilen, so dass sich ein monatliches Einkommen von 97,23 Euro ergäbe. Daher müsse der Kläger für den Monat Dezember 2005 lediglich 67,23 Euro erstatten, da nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V die Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 Euro abzuziehen sei. Insgesamt müsse daher der Kläger 627,72 Euro an die Beklagte erstatten. Die Berufung wurde nicht zugelassen.
Gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts hat der Kläger Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass das Sozialgericht behaupte, dass er sinngemäß beantragt habe, den Bescheid der Beklagten vom 22.06.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.02.2007 aufzuheben, soweit die Einkommensteuerrückerstattung und die Hausgeldnachzahlung als Einkommen angerechnet werden. Vielmehr begehre er in der Begründung seines Widerspruchs und seiner Klage, dass überprüft werde, ob die Rückerstattung und die Nachzahlung Vermögen darstellten, für das Freibeträge bestünden. Dies sei vom Sozialgericht nicht geklärt worden.
Die Beklagte hat sich inhaltlich nicht zur erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde geäußert.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die vom Kläger frist- und formgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 145 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG in der ab dem 01.04.2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die - wie hier - eine Geldleistung betrifft, 750,00 Euro nicht übersteigt. Nachdem der Beschwerdewert für den Kläger 627,72 Euro beträgt, wird dieser Gegenstandswert nicht erreicht. Der Rechtsstreit betrifft aber auch nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr, so dass die Berufung ebenfalls nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthaft ist.
Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist allein die Frage, ob ein Zulassungsgrund vorliegt, der nach § 144 Abs. 2 SGG die Zulassung der Berufung rechtfertigt, nicht aber die Frage, ob das Sozialgericht in der Sache falsch entschieden hat. Unerheblich ist auch, ob das Landessozialgericht in der Sache anders als das Sozialgericht entscheiden müsste, wenn die Berufung statthaft wäre.
Da keiner der in § 144 Abs. 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe vorliegt, ist die Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn
1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht
3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf den die Entscheidung beruhen kann.
Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 SGG sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Kläger rügt lediglich, dass nach seiner Ansicht das Sozialgericht zu Unrecht nicht geprüft habe, ob die Einkommensteuerrückerstattung und die Hausgeldnachzahlung Vermögen i. S. d. § 12 SGB II darstellen und damit nicht als Einkommen angerechnet werden müssten, da für Vermögen in dieser Höhe Freibeträge bestehen würde. Damit rügt der Kläger, dass das Sozialgericht inhaltlich falsch entschieden habe. Dies stellt keinen Verfahrensmangel nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG dar. Ein Verfahrensmangel ist nämlich ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren betrifft. Der Mangel bezieht sich nicht auf den sachlichen Inhalt des Urteils, d. h. es geht nicht um die Richtigkeit der Entscheidung, sondern um das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem Weg zum Urteil (vgl. hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, 9. Auflage 2008, § 144 Rdnr. 32). Der Kläger rügt aber ausdrücklich den sachlichen Inhalt des Urteils und macht geltend, dass das Sozialgericht nicht über die von ihm gerügte Rechtsfrage entschieden habe. Dies stellt zum einen keinen Verfahrensmangel nach § 144 Abs.2 SGG dar, wenn die vom Kläger gestellte Rechtsfrage für den Rechtsstreit keine Bedeutung hat, zum anderen ist der Vortrag des Klägers nicht korrekt. Das Sozialgericht hat sowohl die Nebenkostennachzahlung als auch die Einkommensteuerrückerstattung im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. z. B. BSG vom 08.10.2007, Az.: B 4 AS 16/06) als Einkommen i. S. d. § 11 Abs. 1 SGB II qualifiziert. Damit ist begrifflich ausgeschlossen, dass diese Einnahmen Vermögen im Sinne von § 12 SGB II darstellen. Dies wurde vom Sozialgericht inzident mit geprüft.
Da Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG nicht vorliegen, ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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