Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 1141 AS 22293/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 B 2135/08 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 21. Oktober 2008 aufgehoben. Dem Kläger wird für das Verfahren erster Instanz ab dem 29. September 2008 Prozesskostenhilfe ohne Festsetzung von Raten oder aus dem Vermögen zu zahlenden Beträgen unter Beiordnung von Rechtsanwalt H bewilligt. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die nach §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Beschwerde ist begründet.
Die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe liegen nach den hierfür einschlägigen §§ 73a SGG, 114 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) vor.
Nach § 114 S. 1 ZPO erhält ein Prozessbeteiligter auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Nach § 73a Abs. 1 S. 1 SGG gelten die Vorschriften der ZPO über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe entsprechend für das sozialgerichtliche Verfahren.
Die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzlich Verfahren liegen beim Kläger vor. Das Sozialgericht hat im angefochtenen Beschluss insbesondere zu Unrecht eine hinreichende Erfolgsaussicht im vorstehenden Sinn verneint.
Der unbestimmte Rechtsbegriff der hinreichenden Erfolgsaussicht ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) verfassungskonform auszulegen. Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gebietet in Verbindung mit dem unter anderem in Art. 20 Abs. 3 GG zum Ausdruck gebrachten Rechtsstaatsprinzip und dem aus Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG folgenden Gebot effektiven Rechtsschutzes eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Hierbei braucht der Unbemittelte allerdings nur einem solchen Bemittelten gleichgestellt zu werden, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Dementsprechend darf die Prüfung der Erfolgsaussichten jedenfalls nicht dazu führen, über die Vorverlagerung der Rechtsverfolgung oder -verteidigung ins Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe eben dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 28. November 2007 – 1 BvR 68/07, 1BvR 70/07, 1 BvR 71/07 -, rech. bei juris Rn. 8 ff.). Deshalb dürfen insbesondere schwierige, bislang nicht geklärte Rechts- und Tatfragen im Prozesskostenhilfeverfahren nicht entschieden werden, sondern müssen über die Gewährung von Prozesskostenhilfe auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung im Hauptsacheverfahren zugeführt werden können (BVerfG a.a.O. und Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Juli 1993 - 1 BvR 1523/92 -, NJW 1994, 241, 242). Demnach ist ausgehend vom für das Hauptsacheverfahren zugrunde zu legenden Sachantrag eine hinreichende Erfolgsaussicht bereits dann gegeben, wenn das Gericht den klägerischen Rechtsstandpunkt aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder für zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht gegebenenfalls von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG - Kommentar, 9. Auflage 2008, § 73 a Rn. 7a).
Dies zugrunde gelegt ergeben sich vorliegend hinreichende Erfolgsaussichten. Fraglich ist im vorliegenden Rechtsstreit, in welchem der Kläger um höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der Kosten für Unterkunft und Heizung nach den Vorschriften des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB II) streitet, ob bei den nach § 22 Abs. 1 SGB II zu erbringenden Leistungen für Unterkunft und Heizung diejenigen Warmwasserkosten vollständig in Abzug zu bringen sind, welche dem Kläger für April und Juli bis September 2008 mit der Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung vom 13. Juli 2007 in Rechnung gestellt wurden und welche sich zu 30 % aus Grundkosten und zu 70 % aus Verbrauchkosten zusammensetzen. Das von den Beteiligten im erstinstanzlichen Verfahren in Bezug genommene Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 27. Februar 2008 – B 14/ 11b AS 15/07 R – gibt zumindest keinen endgültigen Aufschluss über die hier streitentscheidende Frage. Das BSG hat in der vorgenannten Entscheidung lediglich ausgeführt, dass, wenn es über die Einrichtung getrennter Zähler oder sonstiger Vorrichtungen technisch möglich sei, die Kosten für Warmwasserbereitung konkret zu erfassen, auch diese konkreten Kosten von den geltend gemachten Kosten der Unterkunft gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II abzuziehen seien (zitiert nach juris Rn. 27). Hieraus folgt indes nicht zwangsläufig, dass neben dem individuell erfassten Verbrauch auch die Grundkosten, welche nach der vorgenannten Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung 30 % der Warmwassergesamtkosten ausmachen und gerade nicht über getrennte Zähler oder sonstige Vorrichtungen individuell erfasst werden, als konkrete Warmwasserbereitungskosten im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung abgezogen werden dürften. Jedenfalls ist die Klärung dieser Frage dem Verfahren in der Hauptsache vorzubehalten.
Für eine Mutwilligkeit im Sinne von §§ 73a SGG, 114 S. 1 ZPO liegt nichts vor.
Angesichts der schwierigen, von einem Laien wie dem Kläger kaum zu erfassenden Rechtslage ist es gemäß §§ 73a SGG, 121 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) zudem erforderlich, dem Kläger einen Rechtsanwalt beizuordnen.
Anders als das Sozialgericht im angefochtenen Beschluss vermag der Senat im vorliegenden Fall auch keinen Bagatellcharakter zu erkennen, welcher der Bewilligung der Prozesskostenhilfe beziehungsweise dem Erfordernis einer rechtsanwaltlichen Vertretung gemäß § 121 Abs. 2 ZPO entgegenstehen könnte. Indem der Kläger nämlich für vier Monate jeweils um 13,54 EUR höhere Leistungen begehrt, liegt der Beschwerdegegenstandswert bereits über 50 EUR und erscheint die klägerische Beschwer nicht mehr geringfügig.
Da Prozesskostenhilfe erst mit am 29. September 2008 beim Sozialgericht eingegangenem Schriftsatz nebst den nach § 117 Abs. 2 S. 1 ZPO erforderlichen Anlagen beantragt worden ist, hat erst ab eben diesem Zeitpunkt Bewilligungsreife vorgelegen und kommt eine Bewilligung der Prozesskostenhilfe für die Zeit davor nicht in Betracht. Raten oder aus dem Vermögen zu zahlende Beträge waren nicht festzusetzen, weil der Kläger weder über einzusetzendes Einkommen noch über Vermögen verfügt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 S. 1 SGG in Verbindung mit §§ 118 Abs. 1 S. 4, 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist für die Beteiligten unanfechtbar, § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 127 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ZPO, § 177 SGG.
Gründe:
Die nach §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Beschwerde ist begründet.
Die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe liegen nach den hierfür einschlägigen §§ 73a SGG, 114 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) vor.
Nach § 114 S. 1 ZPO erhält ein Prozessbeteiligter auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Nach § 73a Abs. 1 S. 1 SGG gelten die Vorschriften der ZPO über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe entsprechend für das sozialgerichtliche Verfahren.
Die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzlich Verfahren liegen beim Kläger vor. Das Sozialgericht hat im angefochtenen Beschluss insbesondere zu Unrecht eine hinreichende Erfolgsaussicht im vorstehenden Sinn verneint.
Der unbestimmte Rechtsbegriff der hinreichenden Erfolgsaussicht ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) verfassungskonform auszulegen. Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gebietet in Verbindung mit dem unter anderem in Art. 20 Abs. 3 GG zum Ausdruck gebrachten Rechtsstaatsprinzip und dem aus Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG folgenden Gebot effektiven Rechtsschutzes eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Hierbei braucht der Unbemittelte allerdings nur einem solchen Bemittelten gleichgestellt zu werden, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Dementsprechend darf die Prüfung der Erfolgsaussichten jedenfalls nicht dazu führen, über die Vorverlagerung der Rechtsverfolgung oder -verteidigung ins Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe eben dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 28. November 2007 – 1 BvR 68/07, 1BvR 70/07, 1 BvR 71/07 -, rech. bei juris Rn. 8 ff.). Deshalb dürfen insbesondere schwierige, bislang nicht geklärte Rechts- und Tatfragen im Prozesskostenhilfeverfahren nicht entschieden werden, sondern müssen über die Gewährung von Prozesskostenhilfe auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung im Hauptsacheverfahren zugeführt werden können (BVerfG a.a.O. und Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Juli 1993 - 1 BvR 1523/92 -, NJW 1994, 241, 242). Demnach ist ausgehend vom für das Hauptsacheverfahren zugrunde zu legenden Sachantrag eine hinreichende Erfolgsaussicht bereits dann gegeben, wenn das Gericht den klägerischen Rechtsstandpunkt aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder für zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht gegebenenfalls von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG - Kommentar, 9. Auflage 2008, § 73 a Rn. 7a).
Dies zugrunde gelegt ergeben sich vorliegend hinreichende Erfolgsaussichten. Fraglich ist im vorliegenden Rechtsstreit, in welchem der Kläger um höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der Kosten für Unterkunft und Heizung nach den Vorschriften des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB II) streitet, ob bei den nach § 22 Abs. 1 SGB II zu erbringenden Leistungen für Unterkunft und Heizung diejenigen Warmwasserkosten vollständig in Abzug zu bringen sind, welche dem Kläger für April und Juli bis September 2008 mit der Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung vom 13. Juli 2007 in Rechnung gestellt wurden und welche sich zu 30 % aus Grundkosten und zu 70 % aus Verbrauchkosten zusammensetzen. Das von den Beteiligten im erstinstanzlichen Verfahren in Bezug genommene Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 27. Februar 2008 – B 14/ 11b AS 15/07 R – gibt zumindest keinen endgültigen Aufschluss über die hier streitentscheidende Frage. Das BSG hat in der vorgenannten Entscheidung lediglich ausgeführt, dass, wenn es über die Einrichtung getrennter Zähler oder sonstiger Vorrichtungen technisch möglich sei, die Kosten für Warmwasserbereitung konkret zu erfassen, auch diese konkreten Kosten von den geltend gemachten Kosten der Unterkunft gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II abzuziehen seien (zitiert nach juris Rn. 27). Hieraus folgt indes nicht zwangsläufig, dass neben dem individuell erfassten Verbrauch auch die Grundkosten, welche nach der vorgenannten Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung 30 % der Warmwassergesamtkosten ausmachen und gerade nicht über getrennte Zähler oder sonstige Vorrichtungen individuell erfasst werden, als konkrete Warmwasserbereitungskosten im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung abgezogen werden dürften. Jedenfalls ist die Klärung dieser Frage dem Verfahren in der Hauptsache vorzubehalten.
Für eine Mutwilligkeit im Sinne von §§ 73a SGG, 114 S. 1 ZPO liegt nichts vor.
Angesichts der schwierigen, von einem Laien wie dem Kläger kaum zu erfassenden Rechtslage ist es gemäß §§ 73a SGG, 121 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) zudem erforderlich, dem Kläger einen Rechtsanwalt beizuordnen.
Anders als das Sozialgericht im angefochtenen Beschluss vermag der Senat im vorliegenden Fall auch keinen Bagatellcharakter zu erkennen, welcher der Bewilligung der Prozesskostenhilfe beziehungsweise dem Erfordernis einer rechtsanwaltlichen Vertretung gemäß § 121 Abs. 2 ZPO entgegenstehen könnte. Indem der Kläger nämlich für vier Monate jeweils um 13,54 EUR höhere Leistungen begehrt, liegt der Beschwerdegegenstandswert bereits über 50 EUR und erscheint die klägerische Beschwer nicht mehr geringfügig.
Da Prozesskostenhilfe erst mit am 29. September 2008 beim Sozialgericht eingegangenem Schriftsatz nebst den nach § 117 Abs. 2 S. 1 ZPO erforderlichen Anlagen beantragt worden ist, hat erst ab eben diesem Zeitpunkt Bewilligungsreife vorgelegen und kommt eine Bewilligung der Prozesskostenhilfe für die Zeit davor nicht in Betracht. Raten oder aus dem Vermögen zu zahlende Beträge waren nicht festzusetzen, weil der Kläger weder über einzusetzendes Einkommen noch über Vermögen verfügt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 S. 1 SGG in Verbindung mit §§ 118 Abs. 1 S. 4, 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist für die Beteiligten unanfechtbar, § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 127 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ZPO, § 177 SGG.
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