L 5 R 314/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 1591/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 314/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. November 2006 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Im Streit steht der sozialversicherungsrechtliche Status des Beigeladenen Ziff. 1, K.-H. Sch. in der Zeit vom 3.8.1998 bis 10.8.2000

Der 1955 geborene Beigeladene Ziff. 1 war zunächst selbständig erwerbstätig. Nach der Gewerbeanmeldung vom 27. Dezember 1990 (Bl. 85 Verwaltungsakte - VA -) betrieb er ab dem 2. Januar 1991 in Sulz die Firma Spedition Sch. mit Transporten aller Art, International, Containerdienst und Kfz-Handel. Er gab darin an, dass er eine Erlaubnis zum allgemeinen Güternahverkehr vom 7. Januar 1991 habe. Am 20. Mai 1997 erfolgte die Gewerbeummeldung mit der hinzu kommenden Tätigkeit des Handels mit Fahrrädern, weiter des Reifendienstes (Bl. 86 VA). Am 19. Mai bzw. 10. Juni 1997 wurde das Gewerbe (Reifendienst bzw. Transporte aller Art) abgemeldet. Als Gründe für die Betriebsaufgabe gab der Beigeladene Ziff. 1 wirtschaftliche Schwierigkeiten bzw. private Gründe an (Bl. 88 VA).

Ab dem 10. Juni 1997 erfolgte die Anmeldung der Firma SVG Spedition International Ch. W. (Bl. 89 VA). Darin wurde zum Tätigkeitsfeld angegeben, der Handel mit und die Montage von Reifen, der Handel mit und die Reparatur von Fahrrädern, ferner Frachtvermittlung und Fahrzeugpflegedienst (ohne Einsatz von eigenen und angemieteten Fahrzeugen). Die Frage, ob eine Erlaubnis für die angemeldete Tätigkeit vorliege wurde mit "entfällt" beantwortet. Am 6. März 1998 änderte Ch. W. die Firmierung auf Speditionsfrachtvermittlung - Vertrieb und Güter, Ch. W. (Bl. 90 VA). Zum 11. Dezember bzw. 23. November 1998 erfolgte die Gewerbeabmeldung wegen Unrentabilität (Bl. 91 VA).

In der Folge meldete der Zeuge He. W. D. am 7. Juni 2000 das Gewerbe bezüglich der Firma Sch. Trans beschränkt haftende KG mit der Tätigkeit des Handels mit Waren aller Art an (Bl. 92 VA). Laut Handelsregisterauszug des Amtsgerichts R. wurde die Firma Sch. Trans KG, die Klägerin, am 12. Januar 1999 eingetragen. Als persönlich haftender Gesellschafter wurde die Firma Sch. Trans Limited (Ltd.), B./England, als Kommanditist mit einer Einlage von 500,- DM, K.-Heinz Sch., eingetragen. Die Einlage wurde im Wege der Sonderrechtsnachfolge auf J. Sch., geb. 30. November 1961, übertragen. Dieser schied am 17. Juli 2000 als Kommanditist aus. Die Einlage ging im Wege der Sonderrechtsnachfolge an He. D., geb. 7. Oktober 1959, der in die Gesellschaft eintrat, über (Bl. 95 VA). In der Anmeldung zur Eintragung ins Handelsregister vom 5. Oktober 1998 gab der Beigeladene Ziff. 1 zur persönlich haftenden Gesellschaft darin an, diese sei im Handelsregister von C. eingetragen und habe ihren Sitz in B ... Er sei allein vertretungsberechtigter Direktor. Das Stammkapital, das voll einbezahlt sei, betrage 100 £. Der persönlich haftende Gesellschafter sei vom Verbot des Selbstkontrahierens nach § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit. Die KG habe ihren Sitz in Sulz, Balinger Str. 32 (siehe hierzu Bl. 117 f. VA).

Am 31. Mai 2001 führte die Beklagte bei der Klägerin bezüglich des Zeitraumes 3. August 1998 bis 30. April 2001 eine Betriebsprüfung durch. Die Versicherungspflicht des als Kraftfahrer angestellten Beigeladenen Ziff. 1, der zugleich Direktor der englischen Fa. Sch. Trans Ltd. ist, wurde beanstandet. Die Beklagte führte im Weiteren Ermittlungen durch und zog u. a. auch Unterlagen des Arbeitsamtes R. zur Arbeitslosmeldung des Beigeladenen Ziff. 1 ab dem 4. August 2000 und zur durchgeführten Prüfung bei vorliegenden Bedenken hinsichtlich der abhängigen Beschäftigung, nachdem der Beigeladene früher Firmeninhaber war, bei. Ferner wurden Unterlagen des Amts für öffentliche Ordnung der Stadt Ba. beigezogen. Das Amt für öffentliche Ordnung hatte eine Gewerbeanzeige der Firma Sch. Trans Ltd. vom 10. August 1998 mit Bescheid vom 27. August 1998 (Bl. 83 VA) zurückgewiesen und zur Begründung u. a. ausgeführt, dass vieles dafür spreche, dass alle Geschäftsaktivitäten in Deutschland getätigt werden sollten. Von der Beklagten wurden ferner Unterlagen der Polizeidirektion R./Polizeirevier O. wegen Ermittlungen bezüglich illegalen Güternahverkehrs und unerlaubter Ausübung des Transportgewerbes durch den Beigeladenen Ziff. 1 vom Mai 1998 beigezogen (mit Zeugenvernehmungen von N. R., M. Schu., dem Bericht von POM L. vom 10. Mai 1998 sowie einer Befragung von Ch. W. - Bl. 96 ff. VA). Mit verschiedenen Schreiben vom November und Dezember 2000 gab der Beigeladene Ziff. 1 u. a. gegenüber dem Arbeitsamt R. an, seit 11. August 2000 habe er keinerlei Funktionen mehr in der Firma, die Geschäfte würden von He. D. geführt (siehe hierzu auch Kündigung Bl. 29 VA). Die Firma sei nicht bereit gewesen, ihn weiter zu beschäftigen. Seine Position als Fahrer habe A. L. eingenommen. Die Firma habe zwei LKWs (vor und nach seinem Ausscheiden). Zur Kündigung im August 2000 sei es gekommen, weil das Landratsamt R. den Entzug seiner Fahrerlaubnis angekündigt habe. Dieser Entzug sei in der Folge jedoch nicht durchgeführt worden, da er an einem psychologischen Test habe teilnehmen können. Seit November 2000 arbeite er gelegentlich bei der Firma Sch. Trans KG als Aushilfe (siehe hierzu u. a. Bl. 100, 110, 112 der Akte des Arbeitsamtes R. bzw. Bl. 112 VA).

Mit Schreiben vom 4. Februar 2002 hörte die Beklagte die Klägerin zur sozialversicherungsrechtlichen Feststellung bezüglich des Beigeladenen Ziff. 1 an. Mit Schreiben vom 26. März 2002 (Bl. 131 VA) führte die Klägerin über ihren Bevollmächtigten aus, es habe ein normales Arbeitsverhältnis zwischen dem Beigeladenen Ziff. 1 und der Klägerin bestanden. Ein Arbeitsentgelt von 2.900,- DM brutto sei vereinbart worden, ferner eine Probezeit, es sei auch ein Urlaubsanspruch auf 24 Tage pro Jahr festgelegt worden. Der Beigeladene Ziff. 1 habe seine normale Verpflichtung als LKW-Fahrer zu erfüllen gehabt und könne nicht als Selbständiger angesehen werden. Er sei auch nicht der einzige Fahrer gewesen. Er habe auch keine übergeordnete Dispositions- und Direktionsbefugnis gegenüber den Fahrern gehabt. Dies könne er als Fahrer, der selbst unterwegs sei, nicht ausführen. Versicherungsbeiträge seien erbracht worden. Das Risiko des Unternehmens habe die persönlich haftende Gesellschafterin (die Trans Ltd.) getragen. In dem Zusammenhang wurde der Arbeitsvertrag vom 3. August 1998 sowie Lohnkonten für die Jahre 1999 bis 2001 vorgelegt. Mit Schreiben vom April 2002 teilte die Klägerin ferner noch die Auftraggeber mit, danach seien die Fahrzeuge von den jeweiligen Firmen disponiert worden.

Mit Bescheid vom 5. Juni 2002 (Bl. II 3 VA) stellte die Beklagte fest, ein Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen Ziff. 1 als abhängig beschäftigter Kraftfahrer habe bei der Klägerin nicht bestanden. Der Beigeladene Ziff. 1 sei Geschäftsführer der englischen Firma. Er trage als eingetragener alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin das unternehmerische Risiko der KG. Teilweise habe er wohl als Kraftfahrer Aufträge ausgeführt. Unterlagen des Arbeitsamtes R. belegten jedoch eine übergeordnete Dispositions- und Direktionsbefugnis gegenüber anderen Fahrern. Die Unterlagen belegten weiterhin Weisungsbefugnis gegenüber der Einstellung von Arbeitnehmern und bezüglich des Akquirierens von Aufträgen. Der Arbeitsvertrag spiegele nicht die tatsächlichen Verhältnisse wider. Die Tätigkeitsbezeichnung Fahrer sei unzutreffend. U. a. habe auch der Umschüler Andreas Link, der seit dem 11. September 2000 ein Praktikum bei der Klägerin ausgeübt habe, bei einer Kontrolle durch die Autobahnpolizei am 1. Dezember 2000 angegeben, dass der Beigeladene Ziff. 1 sein Chef sei, obwohl dieser seit dem 11. August 2000, laut seiner eigenen schriftlichen Erklärung vom 18. Dezember 2000 keinerlei Funktionen mehr in der Firma ausgeübt habe. Dies bestätige im Übrigen auch eine Praktikumsliste der DEKRA R., in der der Beigeladene Ziff. 1 als Ansprechpartner für die zu vergebenden Praktikumsplätze genannt werde (siehe hierzu Bl. 108/110 VA). Die Sozialversicherungsbeiträge im Rahmen der Tätigkeit vom 3. August 1998 bis zum 30. April 2001 seien daher zu Unrecht gezahlt worden.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, der Zeuge D. sei der Firmenchef gewesen. Der Beigeladene Ziff. 1 sei nicht für Einstellungen und Entlassungen, nur in Vertretung des Chefs einmal für Praktikumsplätze, zuständig gewesen. Er habe ein unternehmerisches Risiko nicht getragen, Kunden auch nicht akquiriert. Er sei ausschließlich im Kundenauftrag gefahren.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20. April 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde erneut auf die persönlich haftende Gesellschafterin Firma Sch. Trans Ltd. und die Position des Beigeladenen Ziff. 1 als deren Direktor hingewiesen. Durch seine beruflichen Kenntnisse sei er allein für die Geschicke der KG verantwortlich gewesen. Die Ltd. sei vom Verbot der Selbstkontrahierung nach § 181 BGB befreit gewesen und trage allein das Unternehmerrisiko. Die vom Beigeladenen Ziff. 1 in der Firma ausgeübten Tätigkeiten stünden der Selbständigkeit nicht entgegen.

Dagegen hat die Klägerin am 19. Mai 2004 Klage vor dem Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung hat der Bevollmächtigte ausgeführt, dem Beigeladenen Ziff. 1 sei wegen Insolvenz vor sieben Jahren Berufsverbot erteilt worden. Er könne deshalb anders denn als abhängig Beschäftigter gar nicht tätig werden. Geschäftsführender Gesellschafter mit eigenem Kapital sei der Beigeladene Ziff. 1 nicht. Die Fahrzeuge der Firma seien auf den Inhaber D. zugelassen.

In einer vom SG eingeholten Auskunft der Unteren Straßenverkehrsbehörde des Landratsamtes R. vom 20. Dezember 2004 ist mitgeteilt worden, laut Gewerbeabteilung sei dem Beigeladenen Ziff. 1 kein Berufsverbot erteilt worden. Vielmehr sei an die Klägerin die Gemeinschaftslizenz-EWG erteilt worden, wonach der Beigeladene Ziff. 1 weder Inhaber bzw. Gesellschafter, noch die zur Führung der Güterkraftverkehrsgeschäfte bestellte Person sei. Letztere sei He. D ... In dem Zusammenhang wurden noch Kopien der Gemeinschaftslizenz-EWG (wurde am 29. September 2000 an die KG erteilt) sowie des seinerzeitigen Auszuges aus dem Handelsregister vorgelegt. Ferner vorgelegt wurde die Bescheinigung über die Prüfung zum Nachweis der fachlichen Eignung zur Führung eines Güterkraftverkehrsunternehmens, erteilt an He. D., vom 15. August 2000. Die Klägerin hat hierzu ergänzend ausgeführt, der Beigeladene Ziff. 1 würde wegen Schulden beim Finanzamt und Eintragungen keine Konzession erhalten. Außer der Tätigkeit als Fahrer habe keinerlei Funktion für die Firma bestanden.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat darauf verwiesen, dass nach den Unterlagen und Aussagen von Mitarbeitern der Beigeladene Ziff. 1 nicht nur als Fahrer tätig gewesen sei, sondern auch als Geschäftführer und damit selbständig. Die Kenntnisse und Befähigungen hierzu hätten vorgelegen und seien nicht durch ein Berufsverbot ausgeschlossen worden. Falls die Fahrertätigkeit bereits 2000 beendet worden sei, sei nicht nachvollziehbar, wie darüber hinaus (bis April 2001) weiterhin Versicherungspflicht vorgelegen haben solle.

Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 28. November 2006 den Zeugen He. D. vernommen. Wegen des Inhalts der Angaben, auch des Beigeladenen Ziff. 1 wird auf das Protokoll (Bl. 56 f. SG-Akte) Bezug genommen.

Mit Urteil vom 28. November 2006 hat das SG sodann die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass ein Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen Ziff. 1 als abhängig beschäftigter Kraftfahrer bei der Klägerin nicht vorgelegen und die Beklagte zu Recht daher die Feststellung eines solchen versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses verneint habe. Auf der Grundlage der hier maßgeblichen gesetzlichen Normen zum Beschäftigungsverhältnis und der Versicherungspflicht sowie der hierzu ergangenen Rechtsprechung des BSG hinsichtlich der Kriterien zur Abgrenzung zwischen abhängiger sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung einerseits und selbständiger Tätigkeit andererseits sei letztlich die Tätigkeit des Beigeladenen Ziff. 1 als selbständige Tätigkeit zu bewerten. Zwar sei ein Arbeitsvertrag über die abhängige Beschäftigung des Beigeladenen Ziff. 1 als Kraftfahrer zwischen der KG und diesem geschlossen worden, der u. a. auch Vereinbarungen über Arbeitsaufnahme, Arbeitsumfang, Probezeit, Arbeitsentgelt etc. beinhalte. Auch sei eine feste Entlohnung vereinbart und auch ausweislich der Lohnkosten entsprechend ausgezahlt worden, dennoch spiegele dieser Arbeitsvertrag die tatsächlichen Gegebenheiten nicht wider. Zu berücksichtigen sei die Position des Beigeladenen Ziff. 1 als Direktor der englischen Ltd ... Der Beigeladene Ziff. 1 sei als Kraftfahrer tätig gewesen, zugleich jedoch auch als Direktor der Ltd., die wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der KG sei. Die Ltd. sei als persönlich haftende Gesellschafterin der KG maßgebend an den Geschicken dieser Gesellschaft beteiligt und trage das Risiko bezüglich Gewinn und Verlust. Zutreffend habe die Beklagte zugrunde gelegt, dass die Stellung des Beigeladenen Ziff. 1 als Kraftfahrer und zugleich als Direktor der Ltd. der eines Unternehmers weitgehend angenähert gewesen sei. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Beigeladene Ziff. 1 weder die Position eines Gesellschafters der KG noch die Position eines Gesellschafters der Ltd. inne gehabt habe. Der Geschäftsanteil von 100 £ und die Position als einziger Gesellschafter (shareholder) der Ltd. seien vor dem 16. Mai 2000 von J. Sch. und danach vom Zeugen D. gehalten worden. Ebenso sei der Zeuge D. ab 16. Mai 2000 als Kommanditist mit einer Einlage von 500,- DM an die Stelle des früheren Kommanditisten J. Sch. getreten. Es habe damit zwar eine formal-rechtliche Abhängigkeit des Beigeladenen Ziff. 1 als Direktor der Ltd. vom Gesellschafter J. Sch. bzw. ab Mai 2000 vom Gesellschafter D. bestanden. Nach den zu prüfenden faktischen Verhältnissen sehe das SG jedoch keine tatsächlich bestehende Abhängigkeit des Beigeladenen Ziff. 1 von Weisungen des jeweiligen Gesellschafters bzw. der Gesellschafterversammlung der KG. Es sei nicht ersichtlich, dass von Seiten der Ltd. oder KG Weisungen an ihren Direktor, den Beigeladenen Ziff. 1, erteilt worden seien. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Ltd. in England oder Deutschland eine eigene Firmentätigkeit unabhängig von ihrer Stellung als Gesellschafterin in der KG überhaupt entwickelt habe. Hinsichtlich des eingesetzten geringen Kapitals (100 £ Einlage der Ltd. bzw. 500,- DM Kommanditeinlage) hätten die Gesellschafter der Ltd. und zugleich der Kommanditist der KG, J. Sch. bzw. sein Nachfolger D., nur ein geringes unternehmerisches Risiko getragen. Zum großen Anteil habe stattdessen der Beigeladene Ziff. 1 selbst das Unternehmerrisiko mit dem Einsatz seiner Arbeit und dem Risiko des Verlustes getragen. Der Beigeladene Ziff. 1 sei auch aufgrund seiner Fachkenntnis und seiner Erfahrung nach Beurteilung des SG "Kopf" des Unternehmens. Er habe in der KG auch maßgeblichen Einfluss gehabt. So habe der Beigeladene Ziff. 1 bereits ab 1991 als selbständiger Unternehmer die Vorgängerfirma Spedition Sch. betrieben. Hinsichtlich der Nachfolgefirma SVG Spedition Ch. W. sei zwar Firmeninhaber nicht der Beigeladene Ziff. 1, sondern Ch. W. gewesen. Aussagen der Zeugen R. und Schu., aufgenommen vom Polizeirevier O. am 29. April 1998 bzw. 5. Mai 1998 sprächen jedoch auch für diesen Zeitraum für unveränderte Verhältnisse. Der Beigeladene Ziff.1 sei als "Chef" bezeichnet worden. Nach den Ausführungen des Zeugen Schu. habe der Beigeladene Ziff. 1 u. a. das Gehalt des Beschäftigten ausgehandelt und Aufträge zugeteilt. Auch ab August 1998, dem Zeitpunkt des Beginns der Tätigkeit des Beigeladenen Ziff. 1 bei der KG sehe das SG keine Änderung der tatsächlichen Situation. Der Beigeladene Ziff. 1 sei in der KG derjenige gewesen, der Fachkunde und Erfahrung bezüglich des Betreibens eines Speditionsunternehmens gehabt habe. So spreche u. a. vieles dafür, dass er Frau W. zur Weiterbeschäftigung in die KG übernommen und die Aufnahme des Zeugen D. in die Firma veranlasst habe. Er habe Anschaffungen für die Firmenfahrzeuge getätigt. Zwar sei Kundenakquirierung nicht erforderlich gewesen, da ein Vertrag mit der Firma T. für die als einziger Auftraggeber gefahren worden sei, bereits vorhanden gewesen sei. Aber der Beigeladene Ziff. 1 sei derjenige gewesen, der für die Abwicklung dieses Auftrages verantwortlich gewesen sei. Auch im Hinblick auf die Tätigkeit des Bruders des Beigeladenen Ziff. 1, J. Sch., für die KG sei keine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen Ziff. 1 herzuleiten. Der Bruder des Beigeladenen Ziff. 1, der bis Mai 2000 Gesellschafter und Sekretär der Ltd. gewesen sei, sei nach den Angaben des Beigeladenen Ziff. 1 in der KG nur begrenzt, vorwiegend zur Abwicklung des Schriftverkehrs bezüglich der Ltd., tätig gewesen. Zugleich habe er außerhalb der KG eine Vollzeittätigkeit ausgeübt. Von einer Firmenleitung durch ihn oder einem gleichberechtigten Nebeneinander des J. Sch. und des Beigeladenen Ziff. 1 sei danach nach Überzeugung des Gerichts nicht auszugehen. Eine wesentliche Änderung der dargelegten tatsächlichen Verhältnisse sei nicht bereits mit dem Eintritt und der Übernahme der Gesellschafter- und Geschäftsführerposition durch den Zeugen D. im Mai 2000 zugrunde zu legen, vielmehr erst mit dem Ausscheiden des Beigeladenen Ziff. 1 im August 2000. Insoweit sei auch erheblich, dass die Eintragung dieser Änderung bezüglich des Zeugen D. ins Handelsregister erst am 17. Juli 2000 erfolgt sei. Im Übrigen habe der Zeuge D. in der Vernehmung im Rahmen der mündlichen Verhandlung nur Angaben zum Zeitraum seiner Tätigkeit von 2000 bis 2004 im Wesentlichen also nach dem Ausscheiden des Beigeladenen Ziff. 1 machen können, nicht jedoch zum Zeitraum vor seinem Eintritt in die KG.

Die Klägerin hat gegen das ihrem Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 14. Dezember 2006 zugestellte Urteil am 10. Januar 2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht der Bevollmächtigte geltend, entscheidend sei, dass das SG auf Seite 11 der Entscheidungsgründe selbst davon ausgehe, dass ein Arbeitsvertrag geschlossen worden sei mit allen Konditionen, die vereinbart sein müssten, damit ein Arbeitsvertrag gegeben sei. Im Übrigen sei auch Lohnsteuer für den Beigeladenen Ziff. 1 u. a. abgeführt worden. Dies sei nach Auffassung des Bevollmächtigten maßgeblich für die tatsächliche Handhabung, die Entlohnungsabsprache habe nicht lediglich auf dem Papier gestanden. Denn weshalb hätte sonst Lohnsteuer abgeführt werden sollen, wenn die Beteiligten davon ausgegangen seien, dass in Wirklichkeit eine selbständige Tätigkeit vorgelegen habe. Tatsache sei auch, dass auch das SG davon ausgehe, dass dem Beigeladenen weder die Position eines Gesellschafters der KG noch die Position eines Gesellschafter der Ltd. zugekommen und er auch nicht mit einem Gesellschaftsanteil beteiligt gewesen sei. Letztlich seien es aber die Gesellschafter mit ihrer Einlage, die die Weisungen erteilten und das Geschick eines Betriebes bestimmten. Auch im deutschen GmbH-Recht werde unterschieden, ob der Geschäftsführer selbst Gesellschafter sei, dann werde eine selbständige Tätigkeit angenommen, oder ob der Geschäftsführer, vor allem auch was seine Bezahlung angehe, von den Einlagen eines oder mehrerer Gesellschafter abhängig sei, dann spreche alles dafür, dass ein normaler Arbeitsvertrag bestehe. Der Beigeladene Ziff. 1 sei während der streitgegenständlichen Zeit wirtschaftlich völlig abhängig gewesen und habe daher auch den Weisungen unterlegen. Ein Geschäftsführer, so gelte es für die Ltd. wie auch bei der GmbH nach deutschem Recht, der nicht abhängig beschäftigt sei, sondern selbständig tätig sei, sei normal auch am Gewinn beteiligt, so sei es hier aber nicht gewesen. Nach dem Protokoll der mündlichen Verhandlung auf Seite 5 oben habe der Beigeladene Ziff. 1 genau so auch bestätigt, dass kein Gewinn ausbezahlt worden sei, sondern nur der Lohn. Dies korrespondiere auch damit, dass über den Arbeitsumfang eine Vereinbarung bestanden habe. Vor allem habe der Beigeladene überhaupt kein eigenes Risiko getragen, auch bei Verlusten der Firma habe der Beigeladene Ziff. 1 die Entlohnung jeden Monat erhalten. Dies spreche für eine abhängige Beschäftigung, nicht eine selbständige Tätigkeit. Wäre der Beigeladene Ziff. 1 nicht abhängig beschäftigt gewesen, sondern selbständig, wäre der monatliche Entlohnungsbetrag, wenn die Firma Verluste schreibe, nach unten korrigiert worden, was allerdings im Arbeitsverhältnis nicht gehe. Dagegen spreche auch nicht, dass der Beigeladene Ziff. 1 in der KG derjenige gewesen sei, der über Fachkunde und Erfahrung verfügt habe. Dies sei bei einem Kraftfahrer immer der Fall. Dies bedeute noch lange nicht, dass dieser Kraftfahrer auch die Firmenleitung ausführe. Denn für die Abwicklung der Aufträge sei der Kraftfahrer immer verantwortlich, sonst verletze er seine Arbeitspflichten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. November 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. Juni 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2004 aufzuheben und festzustellen, dass zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen Ziff. 1 vom 3. August 1998 bis zum 10. August 2000 ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis gegen Entgelt bestanden habe,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die beigezogene Akte des Arbeitsamtes R., sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung liegt nicht vor, denn die Klage betrifft keine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt. II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen, da der Beigeladene Ziff. 1 bei der Klägerin nicht in einem sozialversicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigungsverhältnis in der hier streitigen Zeit von August 1998 bis August 2000 bzw. April 2001 gestanden hat.

Gem. § 28 p Abs. 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28 a ) mindestens alle 4 Jahre. Die Prüfung gem. § 28 p Abs. 1 Satz 4 SGB IV umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen gem. § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern, insoweit gelten § 28 h Abs. 2 sowie § 93 i.V.m. § 89 Abs. 5 des Zehnten Buches nicht.

Gem. § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI), § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V), §§ 24, 25 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) und § 20 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Renten -, Kranken -, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus.

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV in seiner bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung (aF., jetzt § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) bzw. § 7 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 und die §§ 7 a ff. SGB IV in der Fassung des Gesetzes zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20. Dezember 1999 (BGBl. I Seite 2) in Kraft getreten zum 1. Januar 1999 bzw. 1. April 2000 (so § 7 Abs. 4 Nr. 1 SGB IV) - vgl. Art. 3 Abs. 1 vom 20. Dezember 1999 - (§ 7 Abs. 4 SGB IV ist in der Zwischenzeit mit Gesetz vom 23. Dezember 2002, Bundesgesetzblatt I, Seite 4621 und Gesetz vom 24. Dezember 2003, Bundesgesetzblatt I, Seite 2954 wieder geändert). Nach § 7 Abs. 1 SGB IV aF (wobei allerdings auch der in § 7 Abs. 4 ab 1. Januar 1999 bis 31. März 2003 geltende Kriterienkatalog nach der Rechtsprechung des BSG nicht abschließend ist, sodass es im Übrigen auch bei der schon zuvor geltenden Rechtsprechung im Ergebnis verbleibt) ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der Begründung zum Entwurf eines SGB IV stellt die Vorschrift klar, dass eine Beschäftigung dann vorliegt, wenn eine Arbeit unselbstständig, dass bedeutet mit dem Weisungsrecht eines Arbeitgebers ausgeübt wird. Darüber hinaus bestimmt sie, dass eine Beschäftigung stets dann anzunehmen sei, wenn nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen ein Arbeitsverhältnis bestehe, dabei komme es nicht darauf an, ob ein wirksamer Arbeitsvertrag geschlossen worden sei oder ob es sich um ein sogenanntes faktisches Arbeitsverhältnis handele (siehe hierzu Urteil des BSG vom 10. August 2000 in BSGE 87, 53, 55). Wie nach geltendem Recht (d. h. vor dem SGB IV) sei jedoch das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses mit dem Beschäftigungsverhältnis nicht vollkommen identisch, eine Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung könne auch bei arbeitnehmerähnlichen Tätigkeiten z. B. des § 7 Abs. 2 oder des § 12 SGB Abs. 2 SGB IV vorliegen (so Urteil a.a.O. mit Hinweis auf BT-Drs. 7/4122 Seite 31 zu § 7).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18. Dezember 2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19. Juni 2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet. Letzteres besteht in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.

Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben; zu diesen gehört, unabhängig von ihrer Ausübung, auch die einem Beteiligten zustehende (nicht wirksam abbedungene) Rechtsmacht. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (zu alledem etwa BSG, Urt. v. 25. Januar 2006, - B 12 KR 30/04 R -; Urt. v. 19. Juni 2001, - B 12 KR 44/00 R - m.w.N.; vgl. auch Senatsurteile vom 13. Juni 2007, - L 5 KR 2782/06 -; vom 25. April 2007, - L 5 KR 2056/06 -, vom 14. Februar 2007, - L 5 R 3363/06 -, vom 1. Februar 2006, - L 5 KR 3432/05 - und vom 11. Oktober 2006, - L 5 KR 5117/04). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 25. Januar 2006, - B 12 KR 30/04 R -).

Hinsichtlich des Gesamtbilds der Arbeitsleistung kann es im Einzelfall auch darauf ankommen, ob der Betreffende im Unternehmen "schalten und walten" kann wie er will, weil er die Inhaber des Unternehmens (etwa die Gesellschafter einer GmbH) persönlich dominiert oder weil diese von ihm wirtschaftlich abhängig sind (vgl. auch BSG, Urt. v. 4. Juli 2007, - B 11a AL 5/06 R -). In diesem Fall ist in Wahrheit er der selbständig tätige Unternehmer. Dies hat das Bundessozialgericht insbesondere für den (Fremd-)Geschäftsführer einer GmbH angenommen, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden war (BSG, Urt. v. 18. Dezember 2001, - B 12 KR 10/01 R -; Urt. v. 17. Mai 2001, - B 12 KR 34/00 R -; Urt. v. 6. März 2003, - B 11 AL 25/02 R -; auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4. März 2004, - L 9 AL 150/02 -). Familiäre Bindungen können danach einerseits einen ansonsten nicht bestehenden Unternehmerstatus in Sonderfällen begründen. Andererseits schließen sie das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses aber nicht von vornherein aus. Unschädlich ist vor allem, dass die Abhängigkeit des Beschäftigten bei familiärer Verbundenheit im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist und Weisungsrechte deshalb möglicherweise (nur) mit gewissen Einschränkungen ausgeübt werden (BSG, Urt. v. 17. Dezember 2002, - B 7 AL 34/02 R - m.w.N.). Für die Abgrenzung des sozialversicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigungsverhältnisses mit Entgeltzahlung von der nicht versicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund familienhafter Zusammengehörigkeit sind alle Umstände des Einzelfalles maßgeblich (BSGE 3, 30, 39 ff.; 19, 1, 4 ff. = SozR Nr. 31 zu § 165 RVO; BSGE 74, 275, 278 ff. = SozR 3 - 2500 § 5 Nr. 17; BSG SozR 2200 § 165 Nr. 90; SozR 3 - 4100 § 168 Nr. 11 S. 30; und s. auch Urteil v. 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R -). Im einzelnen (so BSGE 74, 275) kann auf die Rechtsprechung zum Beschäftigungsverhältnis zwischen nahen Verwandten zurückgegriffen werden. Diese wurde mit dem Urteil des BSG vom 5. April 1956 (BSGE 3,30,40 "Meistersohn") eingeleitet und ist sodann fortgeführt worden (BSGE 12, 153, 156 = SozR Nr. 18 zu § 165 RVO; 17, 1, 3 ff. = SozR Nr. 41 zu § 165 RVO; SozR 2200 § 165 Nr. 90).

Danach setzt ein Beschäftigungsverhältnis neben der Eingliederung des Familienangehörigen in den Betrieb mit einem ggf. abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitgebers voraus, dass ein Entgelt gezahlt wird, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt. Es muss über freien Unterhalt, ein Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgehen. Abzustellen ist weiter darauf, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde, das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt. Ist all das der Fall, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Familienangehörige, auch der Ehegatte, auf das Entgelt wirtschaftlich angewiesen ist, wenngleich dies die Abhängigkeit des Beschäftigten indizieren kann (vgl. BSG SozR - 2200 § 165 Nr. 90; BSG, Urt. v. 23. Juni 1994, - 12 RK 50/93 -). Indizwirkung kann auch der Höhe des gezahlten Entgelts zukommen (BSG, Urt. v. 17. Dezember 2002 (- B 7 AL 34/02 R -). Allerdings schließt eine - auch erheblich - untertarifliche Bezahlung des Verwandten ein Beschäftigungsverhältnis nicht von vornherein aus (vgl. auch BSG, Urt. v. 12. September 1996 - 7 RAr 120/95 - ).

Auf der Grundlage dieser gesetzlichen Regelungen und der dazu ergangenen oben dargestellten Rechtsprechung hat das SG in nicht zu beanstandender Weise im Rahmen seiner Beweiswürdigung eine abhängige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung des Beigeladenen Ziff. 1 verneint. Der Senat nimmt insoweit auf die Entscheidungsgründe des SG Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend ist zum Berufungsvorbringen des Klägerbevollmächtigten noch Folgendes auszuführen:

Es ist keineswegs so, dass der Beigeladene Ziff. 1, auch wenn er als alleiniger Geschäftsführer der Ltd. keine Gesellschaftsanteile an der Ltd. und auch keine Kommanditeinlagen an der KG hält, nicht dennoch nach der oben zitierten BSG-Rechtsprechung selbständig tätig sein kann, und zwar dann, wenn er im Unternehmen "schalten und walten" kann wie er will, weil er den/die Inhaber des Unternehmens (hier den Gesellschafter der Ltd. bzw. Kommanditist der KG) persönlich dominiert. Wie bereits oben ausgeführt, sieht das BSG in diesem Fall in Wahrheit den Geschäftsführer als selbständig tätigen Unternehmer und hat dies insbesondere für den (Fremd-) Geschäftsführer einer GmbH angenommen, der mit dem Gesellschafter familiär verbunden war.

Bereits das SG hat in dem Zusammenhang zutreffend auf den Umstand hingewiesen, dass der Bruder des Beigeladenen Ziff. 1, der von 1998 bis Mai 2000/Juli 2000 (Zeitpunkt der Eintragung der Änderung ins Handelsregister 17. Juli 2000) alleiniger Gesellschafter der Ltd. und einziger Kommanditist der KG gewesen war, nach den Angaben des Beigeladenen Ziff. 1 offensichtlich nur eine begrenzte Tätigkeit im Betrieb ausübte, nämlich den für die Ltd. notwendigen Schriftverkehr. Angaben zum zeitlichen Umfang der Tätigkeit seines Bruders bei der Klägerin konnte der Beigeladene Ziff. 1 überhaupt nicht machen. Wenn der Bruder des Beigeladenen Ziff. 1 aber tatsächlich die Geschicke der Klägerin geleitet hätte, wäre zu erwarten gewesen, dass er dann auch zumindest täglich während der üblichen Geschäftszeiten anwesend gewesen wäre, also zumindest zwischen 40 und 60 Stunden pro Woche. Wenn aber der Beigeladene Ziff. 1 hierzu keine Angaben machen konnte, lässt dies nur den Schluss zu, dass der Umfang der Tätigkeit des Bruders des Beigeladenen Ziff. 1 deutlich geringer war, was letztlich auch zum Umfang der vom Beigeladenen Ziff. 1 selbst beschriebenen Tätigkeiten seines Bruders bei der Klägerin, die nur untergeordnete Bedeutung hatten, und dem Umstand, dass der Bruder des Beigeladenen Ziff. 1 auch in seiner Hauptbeschäftigung nach dessen Angaben bei Daimler-Benz in der Entwicklung tätig ist, passt. Hinzu kommt weiter, dass der Bruder des Beigeladenen Ziff. 1 von Beruf Schreiner ist, also von seiner Ausbildung her völlig fachfremd, während der Beigeladene Ziff. 1 derjenige ist, der über die notwendigen Fachkenntnisse einschließlich der entsprechenden Erlaubnis für den Güterverkehr verfügt. Damit aber stellt sich die Situation genau als das vom BSG beschriebene "schalten und walten" des Beigeladenen Ziff. 1 dar. Denn der Bruder des Beigeladenen Ziff. 1 wird damit aufgrund seiner fehlenden Fachkenntnisse und seines auch nur eingeschränkten tatsächlichen Engagements im Unternehmen vom Beigeladenen Ziff. 1 letztlich vollständig dominiert. Im Hinblick darauf tritt - um dies hier nochmals zu unterstreichen - die formale Ausgestaltung mit Arbeitsvertrag zwischen Klägerin und Beigeladenem Ziff. 1 einschließlich Anmeldung zur Sozialversicherung und der Abführung von Lohnsteuer zur Überzeugung des Senates aufgrund der hier entscheidend zu berücksichtigenden tatsächlichen Gegebenheiten zurück.

Im Übrigen gilt auch nichts anderes für die Zeit ab Mai 2000 bzw. Juli 2000 - Zeitpunkt der Eintragung der Änderung im Handelsregister - (anstelle des Bruders des Beigeladenen Ziff. 1 ist nunmehr der Zeuge D. alleiniger Gesellschafter der Ltd. und alleiniger Kommanditist der KG). Hierzu ist schon als erstes sehr bezeichnend, dass der Zeuge D. in seiner Vernehmung vor dem SG nicht einmal sagen konnte, ob er eine Einlage für die Ltd. erbracht hat oder nicht. Schon dies begründet beim Senat erhebliche Zweifel, ob und inwieweit nicht auch der Zeuge D. nur ein Strohmann ist, um die tatsächlichen Machtverhältnisse nach außen zu verdecken. Außerdem ist der Zeuge D. letztlich erst im Juli 2000 in die KG eingetreten, das "Beschäftigungsverhältnis" des Beigeladenen Ziff. 1 endete aber bereits zum 10. August 2000, sodass es letztlich auch auf die weiteren Ausgestaltungen und Verhältnisse bei der Klägerin zwischen dem Beigeladenen Ziff. 1 einerseits und dem Zeugen D. andererseits für die Zeit ab Juli/August 2000 ohnehin hier nicht mehr ankommt.

Sehr aufschlussreich ist in dem Zusammenhang auch die Zeugenaussage des früheren Kraftfahrers Schu. vom 5. Mai 1998 im Zusammenhang mit dessen Beschäftigung vom Juni 1997 bis November 1997 bei der damaligen Firma SVG, bei der formal Ch. W. Inhaber war, tatsächlich aber alleiniger Ansprechpartner sowohl hinsichtlich des ausgehandelten Gehaltes als auch anschließend der Beigeladene Ziff. 1 war (Bl. 100 VA).

Der Beigeladene Ziff. 1 hat auch im Ergebnis tatsächlich das Unternehmerrisiko getragen und nicht etwa sein Bruder bzw. ab Mai/Juli 2000 der Zeuge D ... Denn nicht für seinen Bruder (dieser hat einen völlig anderen Beruf und ist auch anderweitig beruflich tätig gewesen) war letztlich das Unternehmen Existenzgrundlage, sondern offenkundig für den Beigeladenen Ziff. 1. In dem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Beigeladene Ziff. 1 und nicht sein Bruder schon in der Vergangenheit (seit 1991) selbständig als Speditionsunternehmer tätig war, sich letztlich aber auch nach einer Änderung der Rechtsform an der Art der Tätigkeit des Beigeladenen Ziff. 1 auch seit 1998 nichts geändert hat.

Zur Überzeugung des Senates steht damit fest, dass der Beigeladene Ziff. 1 seit August 1998 bis zu seinem Ausscheiden aus dem "Beschäftigungsverhältnis" zum 10. August 2000 und erst recht in der Folgezeit noch bis April 2001 nicht sozialversicherungspflichtig bei der Klägerin beschäftigt war. Zur Überzeugung des Senates diente und dient die Konstruktion über die Ltd. (mit lediglich einer Einlage von 100 £) als Komplementär der KG einerseits der Risikominimierung (im Grunde ist für mögliche Gläubiger - sogar die beiden LKWs waren geleast- kein relevantes Vermögen vorhanden, auf das zurückgegriffen werden könnte) und andererseits dazu den Beigeladenen Ziff. 1 in den Schutz der Sozialversicherung zu bringen und damit das unternehmerische Risiko für den Beigeladenen Ziff. 1 gerade zu verringern.

Aus diesen Gründen ist die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Nach dem Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit 2006 Teil C VI Ziff. 2.2 ist hier letztlich der Regelstreitwert festzusetzen, da hier nicht im Rahmen einer Betriebsprüfung nachträglich Sozialversicherungsbeiträge geltend gemacht werden, deren Höhe dann maßgeblich für den Streitwert wäre, sondern umgekehrt hier um den Status als solchen Streit besteht (s.a. Urteil des BSG vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R-).

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved