Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 2745/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 386/09 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 9. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die Beschwerde des Klägers ist statthaft. Die Beschwerde ist nur ausgeschlossen gegen Beschlüsse der Sozialgerichte über die Ablehnung von Gerichtspersonen (§ 172 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG] in der Fassung vom 28. März 2008, in Kraft seit dem 1. April 2008). Gerichtliche Sachverständige sind keine Gerichtspersonen in diesem Sinne (§ 60 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 41, 42, 49 Zivilprozessordnung [ZPO] - vgl. hierzu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 172 RdNr. 6f und § 118 RdNr. 12o). Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Gem. § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 406 Abs. 1 Satz 1, 42 ZPO kann ein gerichtlich bestellter Sachverständiger aus den selben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Die Ablehnung des Sachverständigen setzt - ebenso wie die des Richters (vgl. hierzu etwas Bundesverfassungsgericht BVerfGE 73, 330, 335; Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-1500 § 60 Nr. 14) - voraus, dass ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Sachverständigen zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO). Für die Besorgnis der Befangenheit kommt es nicht darauf an, ob der Sachverständige tatsächlich parteiisch ist oder das Gericht Zweifel an seiner Unparteilichkeit hat. Es kommt ausschließlich darauf an, ob ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei vernünftigem Überlegen, d.h. bei objektivierter Betrachtungsweise Bedenken gegen die Unparteilichkeit haben kann. Rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen und Gedankengänge des Ablehnenden scheiden aus (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 27. Auflage § 42 RdNr. 9). Mangel an Sachkunde, Unzulänglichkeiten oder Fehlerhaftigkeit des Gutachtens reichen für sich allein zur Ablehnung des Sachverständigen nicht aus. Die Ablehnungsgründe müssen sich grundsätzlich aus dem Vortrag des Ablehnenden im Rahmen des jeweiligen Rechtsstreits ergeben. Der Ablehnungsantrag ist nach § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen 2 Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Ergeben sich Gründe, auf die die Ablehnung des Sachverständigen gestützt wird, erst zu einem späteren Zeitpunkt - etwa aus dem Inhalt des Gutachtens - ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen (§ 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
Aufgrund des Umstandes, dass sich die von dem Kläger vorgebrachten Ablehnungsgründe teilweise auf den Inhalt des Gutachtens beziehen, hält der Senat die genannte Frist für gewahrt.
In Anwendung der genannten rechtlichen Beurteilungskriterien greifen die geltend gemachten Ablehnungsgründe jedoch nicht durch, weil ein Fehlverhalten des Sachverständigen, aus dem auf eine Voreingenommenheit geschlossen werden kann, nicht gegeben ist. Der Ablehnungsantrag des Klägers ist nicht begründet. Soweit der Kläger sinngemäß vorbringt, das Gutachten sei inhaltlich unrichtig, ist dies nicht geeignet Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen zu begründen. Die inhaltliche Kritik an einem Sachverständigengutachten ist im Rahmen eines Sachvortrags an das Gericht zu richten, das die Beweiswürdigung vorzunehmen hat. Der Vortrag des Klägers im Beschwerdeverfahren, der Sachverständige habe ohne seine Erlaubnis seine persönlichen Notizen fotokopiert und dem Gericht als Beweismittel vorgelegt, führt ebenfalls nicht zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen. Der Kläger selbst hatte diese dem Sachverständigen zur Verfügung gestellt. Weshalb die Fertigung einer Kopie und die Vorlage im Rahmen des Ablehnungsgesuchs zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen führen soll, kann nicht nachvollzogen werden. Die Darstellung des Begutachtungsablaufs im Gutachten führt nach Auffassung des Senats nicht zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen. Dem Sachverständigen ist im Rahmen der Beantwortung der Beweisfragen aufgegeben, in dem zu erstellenden Gutachten auch zum Begutachtungsablauf Stellung zu nehmen. Dass diese Schilderung auch subjektive Elemente enthält, ist nachvollziehbar. Die Tatsache, dass der Kläger sich zunächst über die mögliche Wartezeit beschwert hat, geht aus der vom Sachverständigen vorgelegten Stellungnahme der Arzthelferin D. hervor, die in ihrem Gedächtnisprotokoll ausdrücklich das Auftreten des Klägers als "ungeduldig und unfreundlich" bewertet hatte. Der Vorhalt des Klägers, der Sachverständige habe zu Unrecht ausgeführt, er habe sich geweigert, sich Blut abnehmen zu lassen, wird einerseits durch die Stellungnahme der Arzthelferin F. belegt, andererseits ist dies aber auch unerheblich, weil der Sachverständige tatsächlich kein Blut abgenommen hat. Die Frage, ob dies auf einer Weigerung des Klägers beruht oder ob der Kläger im Einvernehmen mit dem Sachverständigen sich kein Blut hat abnehmen lassen, ist unerheblich und vermag unter Beachtung der oben genannten Kriterien nicht zu einer Voreingenommenheit des Sachverständigen führen. Die vom Kläger genannten Gesichtspunkte sind somit insgesamt nicht geeignet, Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen aufkommen zu lassen. Der Versuch des Klägers das Gutachten von einer Verwertung auszuschließen geht fehl.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde des Klägers ist statthaft. Die Beschwerde ist nur ausgeschlossen gegen Beschlüsse der Sozialgerichte über die Ablehnung von Gerichtspersonen (§ 172 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG] in der Fassung vom 28. März 2008, in Kraft seit dem 1. April 2008). Gerichtliche Sachverständige sind keine Gerichtspersonen in diesem Sinne (§ 60 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 41, 42, 49 Zivilprozessordnung [ZPO] - vgl. hierzu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 172 RdNr. 6f und § 118 RdNr. 12o). Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Gem. § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 406 Abs. 1 Satz 1, 42 ZPO kann ein gerichtlich bestellter Sachverständiger aus den selben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Die Ablehnung des Sachverständigen setzt - ebenso wie die des Richters (vgl. hierzu etwas Bundesverfassungsgericht BVerfGE 73, 330, 335; Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-1500 § 60 Nr. 14) - voraus, dass ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Sachverständigen zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO). Für die Besorgnis der Befangenheit kommt es nicht darauf an, ob der Sachverständige tatsächlich parteiisch ist oder das Gericht Zweifel an seiner Unparteilichkeit hat. Es kommt ausschließlich darauf an, ob ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei vernünftigem Überlegen, d.h. bei objektivierter Betrachtungsweise Bedenken gegen die Unparteilichkeit haben kann. Rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen und Gedankengänge des Ablehnenden scheiden aus (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 27. Auflage § 42 RdNr. 9). Mangel an Sachkunde, Unzulänglichkeiten oder Fehlerhaftigkeit des Gutachtens reichen für sich allein zur Ablehnung des Sachverständigen nicht aus. Die Ablehnungsgründe müssen sich grundsätzlich aus dem Vortrag des Ablehnenden im Rahmen des jeweiligen Rechtsstreits ergeben. Der Ablehnungsantrag ist nach § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen 2 Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Ergeben sich Gründe, auf die die Ablehnung des Sachverständigen gestützt wird, erst zu einem späteren Zeitpunkt - etwa aus dem Inhalt des Gutachtens - ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen (§ 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
Aufgrund des Umstandes, dass sich die von dem Kläger vorgebrachten Ablehnungsgründe teilweise auf den Inhalt des Gutachtens beziehen, hält der Senat die genannte Frist für gewahrt.
In Anwendung der genannten rechtlichen Beurteilungskriterien greifen die geltend gemachten Ablehnungsgründe jedoch nicht durch, weil ein Fehlverhalten des Sachverständigen, aus dem auf eine Voreingenommenheit geschlossen werden kann, nicht gegeben ist. Der Ablehnungsantrag des Klägers ist nicht begründet. Soweit der Kläger sinngemäß vorbringt, das Gutachten sei inhaltlich unrichtig, ist dies nicht geeignet Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen zu begründen. Die inhaltliche Kritik an einem Sachverständigengutachten ist im Rahmen eines Sachvortrags an das Gericht zu richten, das die Beweiswürdigung vorzunehmen hat. Der Vortrag des Klägers im Beschwerdeverfahren, der Sachverständige habe ohne seine Erlaubnis seine persönlichen Notizen fotokopiert und dem Gericht als Beweismittel vorgelegt, führt ebenfalls nicht zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen. Der Kläger selbst hatte diese dem Sachverständigen zur Verfügung gestellt. Weshalb die Fertigung einer Kopie und die Vorlage im Rahmen des Ablehnungsgesuchs zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen führen soll, kann nicht nachvollzogen werden. Die Darstellung des Begutachtungsablaufs im Gutachten führt nach Auffassung des Senats nicht zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen. Dem Sachverständigen ist im Rahmen der Beantwortung der Beweisfragen aufgegeben, in dem zu erstellenden Gutachten auch zum Begutachtungsablauf Stellung zu nehmen. Dass diese Schilderung auch subjektive Elemente enthält, ist nachvollziehbar. Die Tatsache, dass der Kläger sich zunächst über die mögliche Wartezeit beschwert hat, geht aus der vom Sachverständigen vorgelegten Stellungnahme der Arzthelferin D. hervor, die in ihrem Gedächtnisprotokoll ausdrücklich das Auftreten des Klägers als "ungeduldig und unfreundlich" bewertet hatte. Der Vorhalt des Klägers, der Sachverständige habe zu Unrecht ausgeführt, er habe sich geweigert, sich Blut abnehmen zu lassen, wird einerseits durch die Stellungnahme der Arzthelferin F. belegt, andererseits ist dies aber auch unerheblich, weil der Sachverständige tatsächlich kein Blut abgenommen hat. Die Frage, ob dies auf einer Weigerung des Klägers beruht oder ob der Kläger im Einvernehmen mit dem Sachverständigen sich kein Blut hat abnehmen lassen, ist unerheblich und vermag unter Beachtung der oben genannten Kriterien nicht zu einer Voreingenommenheit des Sachverständigen führen. Die vom Kläger genannten Gesichtspunkte sind somit insgesamt nicht geeignet, Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen aufkommen zu lassen. Der Versuch des Klägers das Gutachten von einer Verwertung auszuschließen geht fehl.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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