L 5 KR 6198/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 2617/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 6198/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. September 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe der Beiträge zur freiwilligen Versicherung der Klägerin für die Zeit vom 1. 7. 2003 bis 30. 4. 2005.

Die Klägerin betreibt als hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige ein Fotostudio. Sie ist bei der Beklagten freiwillig versichert, auch ihr Ehemann ist freiwilliges Mitglied bei der Beklagten. Zuletzt wurde sie (wohl auf Grund des Einkommensteuerbescheids für das Jahr 2000) mit dem Mindestbeitrag eingestuft.

Mit Schreiben vom 7. 4. 2003, 13. 5. 2003 und 5. 6. 2003 übersandte ihr die Beklagte einen Einkommensfragebogen und wies (jedenfalls im Schreiben vom 5. 6. 2003) darauf hin, falls bis 20. 6. 2003 keine Antwort erfolge, müsse ab Juli 2003 für ihre freiwillige Mitgliedschaft der Höchstbeitrag festgesetzt werden. Weil die Klägerin alle Anfragen nicht beantwortete, setzte die Beklagte mit Bescheid vom 2. Juli 2003 die Beiträge für die freiwillige Krankenversicherung und Pflegeversicherung wie folgt fest:

Krankenversicherung: (13,6 % aus 3.450,00 EUR) 469,20 EUR Pflegeversicherung: (1,7 % aus 3450,00 EUR) 58,65 EUR insgesamt: 527,85 EUR.

Die Klägerin erhob hiergegen am 24. 7. 2003 Widerspruch und wies zur Begründung darauf hin, ihr Einkommen betrage lediglich ca. 1.800,- EUR monatlich. Noch am gleichen Tag bat die Beklagte per Fax die Klägerin um umgehende Vorlage des Einkommensteuerbescheids für das Jahr 2001. Eine entsprechende Vorlage unterblieb, obwohl die Beklagte im Laufe der folgenden Korrespondenz mehrfach (Schreiben vom 28.11.2003 und 5.2.2004) ihre dringende Bitte um Vorlage des Steuerbescheides wiederholt hatte.

Am 15. 4. 2005 legte die Klägerin den Einkommensteuerbescheid des Finanzamts Heilbronn für 2002 vom 18. 6. 2004 sowie den Einkommensteuerbescheid für 2003 vom 11. 3. 2005 vor. Ergänzend bat sie darum, die zuviel gezahlten Beiträge ab Januar 2003 umgehend zurück zu überweisen (Fax vom 12. 5. 2005). Mit Bescheid vom 22. 4. 2005 nahm die Beklagte eine Neuberechnung der Beiträge zur freiwilligen Versicherung auf der Basis einer Berechnungsgrundlage von 1.811,25 EUR vor und setzte die Beitragshöhe für die Zeit ab Monat Mai 2005 mit 271,69 EUR monatlich fest.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. 7. 2005 wies die Beklagte den nicht weiter begründeten Widerspruch gegen den Bescheid vom 2. 7. 2003 zurück. Für hauptberuflich selbstständig Tätige gelten als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze, bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der vierzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Der Nachweis sei vom Mitglied zu führen. Veränderungen könnten nur zum ersten Tag des auf die Vorlage des Nachweises folgenden Monats wirksam werden. Reduzierungen der Beitragsbemessung auf Grund eines vom Versicherten verspätet geführten Nachweises wirkten nach § 11 Abs. 2b und Abs. 3 ihrer Satzung erst zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats. Die Klägerin habe in ihrem Widerspruchsschreiben lediglich mitgeteilt, dass ihr Einkommen 1.800,- EUR betragen habe. Sie sei aufgefordert worden, umgehend ihren Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 einzureichen, habe hierauf jedoch nicht reagiert. Da sie erst einen Steuerbescheid verspätet am 15. 4. 2005 vorgelegt habe, habe die Beitragsanpassung erst zum Folgemonat ab 1. 5. 2005 vorgenommen werden können.

Gegen den nach eigenen Angaben ihr am 30. 7. 2005 zugegangenen Widerspruchsbescheid erhob die Klägerin am 18. 8. 2005 Klage bei dem Sozialgericht Heilbronn. Sie machte geltend, die Anfragen der Beklagten vom 7. 4. 2003, 13. 5. 2003 und 5. 6. 2003 beantwortet und der Beklagten dabei mitgeteilt zu haben, dass ihr ein Steuerbescheid noch nicht vorliege. Für den Veranlagungszeitraum 2002 sei dieser im Übrigen ihr erst am 18. 6. 2004 zugegangen. Sie habe im Veranlagungszeitraum 2003 über Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von Brutto 11.306 EUR verfügt, wie aus dem Einkommensteuerbescheid für 2003 hervorgehe. Dem gemäß habe sie lediglich über ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 942,- EUR verfügen können. Die Beklagte, die von ihr monatliche Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 527,85 EUR fordere, verlange somit 56,04 % ihres Einkommens aus Gewerbebetrieb. Dies sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten aus Art. 14 Grundgesetz (GG).

Die Beklagte trat der Klage entgegen und wies darauf hin, dass die Klägerin entgegen ihrer Ankündigung den Nachweis, dass sie die Beitragsanfragen vom 7. 4. 2003, 13. 5. 2003 und 5. 6. 2003 beantwortet habe, bislang nicht erbracht habe. Dieser Vortrag sei auch unzutreffend. Sie habe deshalb erst nach Vorlage der Einkommensteuerbescheide für das Jahr 2003 und 2004 am 15. 4. 2005 eine Neuberechnung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung vornehmen können. Allerdings habe das Finanzamt den Bescheid des Jahres 2003 bereits am 18. 6. 2004 erstellt; wenn die Klägerin sie erst zehn Monate später hierüber informiere, gehe dies zu ihren Lasten.

Durch Urteil vom 19.9. 2006 wies das SG die Klage unter Bezugnahme auf die zutreffenden Ausführungen des Widerspruchsbescheides ab.

Gegen das ihr am 13. 11. 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12. 12. 2006 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren mit der im wesentlichen selben Begründung weiter verfolgt. Ergänzend bringt sie vor, entgegen der Tatbestandsvoraussetzung des Gesetzes sei sie nicht hauptberuflich selbstständig tätig, sondern lediglich in nebenberuflichem Umfang. Auch gehe die Beklagte irrtümlich davon aus, dass nur bei der Vorlage des Einkommensteuerbescheides eine Änderung der Beitragseinstufung möglich wäre. Dies sei nicht der Fall, es genüge jeder geeignete Nachweis. Außerdem sei zu beachten, dass das Einkommen ihres Mannes bereits über der Beitragsmessungsgrenze liege, das Familieneinkommen aber zusammenzuzählen sei, sodass ihr eigenes Einkommen beitragsfrei bleibe. Um die tatsächlich von ihr geforderten Beiträge finanzieren zu können, habe sie Kredit aufnehmen müssen und fühle sich dadurch in ihrem Persönlichkeitsrecht und dem Recht auf freie Berufsausübung verletzt.

Im Erörterungstermin vom 16. 7. 2008 hat sie eingeräumt, sie sei davon ausgegangen, auch im Falle eines verspäteten Nachweises rückwirkend für die Vergangenheit eine Korrektur des Beitragsbescheids vom 2. 7. 2003 erreichen zu können. In diesem Sinne habe das LSG Berlin (Urteil vom 27. 3. 2002 - L 15 KR 286/01 entschieden. Zudem beantrage sie die Reduzierung der Beiträge gemäß § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X).

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. September 2006 aufzuheben sowie unter Abänderung des Bescheides vom 2. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 15. Juli 2005 der Bemessung ihrer Beiträge für die Zeit vom 1. 7. 2003 bis 30. 4. 2005 den Mindestbeitrag zu Grunde zu legen und zu viel gezahlte Beiträge zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG im Ergebnis und in der Begründung für zutreffend. Es gehe nicht um die Art des vorzulegenden Einkommensnachweises oder die Beurteilung einer hauptberuflich selbstständigen Tätigkeit, maßgebend sei hier einzig und allein, dass die Klägerin keinen Einkommensnachweis vorgelegt habe, obwohl sie hierzu mehrfach aufgefordert worden sei.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft. Berufungsausschlussgründe gem. § 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor. Die Klägerin verlangt eine Einstufung mit den Mindestbeiträgen für die Zeit vom 1. 7. 2003 bis 30. 4. 2005, mithin für mehr als 12 Monate. Bei einem monatlich um 256,16 EUR geringeren Beitragssatz geht der Rechtsstreit für 22 Monate um ca. 5.635,52 EUR.

II.

Die zulässige Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte verlangt von ihr zu Recht für die Zeit nach dem 1. 7. 2003 die Entrichtung von Höchstbeiträgen unter Zugrundelegung der jeweils gültigen Beitragsbemessungsgrundlage. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bemessung ihrer Beiträge nach dem Mindestbeitrag.

1.) Die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung richtet sich nach § 240 SGB V. Diese Vorschrift ist für die Bemessung des Beitrags zur Pflegeversicherung gem. § 57 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) entsprechend anzuwenden. Danach wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch die Satzung der Krankenkasse geregelt, wobei sicherzustellen ist, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigt (§ 240 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V). Abweichend hiervon trifft das Gesetz in § 240 Abs. 4 Satz 2 bis 5 Sonderregeln für hauptberuflich selbstständige Erwerbstätige. Für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind, gilt als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der vierzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße (§ 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V in der von 1. 1. 2003 bis 31. 7. 2006 gültigen und hier maßgeblichen Fassung). Veränderungen der Beitragsbemessung auf Grund eines vom Versicherten geführten Nachweises nach Satz 2 können gem. § 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden.

Mit den Regelungen in § 240 Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB V werden zunächst für hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige grundsätzlich kalendertägliche Einnahmen in Höhe von 1/30 der Beitragsbemessungsgrenze und damit monatliche Einnahmen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze fingiert. Das führt zu Höchstbeiträgen als Regel (Peters in KassKomm § 240 SGB V Rdnr. 34). Der Nachweis niedrigerer Einnahmen ist jedoch bei einem Selbstständigen nach Maßgabe des Satzes 2 zulässig und zwar bis zu einer Untergrenze von kalendertäglich 1/40 der monatlichen Bezugsgröße. Neben diesen Regeln zur Höchst- und Mindestbemessung der Beiträge enthält Abs. 4 Satz 2 noch eine Beweisregelung. Danach können Veränderungen der Beitragsbemessung auf Grund eines Nachweises nur für die Zukunft erfolgen, weil sie nur vom folgenden Monat an wirksam werden können. Insoweit ergibt der Wortlaut eindeutig, dass der Nachweis niedrigerer Einnahmen als der Beitragsbemessungsgrenze vom Versicherten zu führen ist (so Peters a.a.O. Rdnr. 35 b); der Versicherte trägt im Zweifel die Feststellungslast (Beweislast).

Hiernach erweist sich der Bescheid vom 2. 7. 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. 7. 2005 als rechtmäßig. Die Klägerin hat seit der letzten Vorlage des der bisherigen Einstufung zum Mindestbeitrag zu Grunde liegenden Einkommensteuerbescheides (wohl des Jahres 2000) keine weiteren Nachweise im Bezug auf ihr Einkommen geführt, obwohl sie von der Beklagten hierzu mehrfach aufgefordert worden war. Zwar hat die Klägerin dem noch im Klageverfahren entgegen gehalten, sie habe entsprechende Nachweise erbracht, sie hat dies aber nicht (etwa durch Kopien ihrer Schreiben oder durch erneute Einreichung der entsprechenden Unterlagen) in irgendeiner Weise auch nur glaubhaft machen können. Dieses Vorbringen der Klägerin muss deshalb als bloße Schutzbehauptung unbeachtet bleiben.

Die Beklagte hat von der Klägerin auch zu Recht die Vorlage des entsprechenden Einkommensteuerbescheides des Finanzamts verlangt. Denn zur Beitragsbemessung ist auch bei hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen das Arbeitseinkommen im Sinne von § 15 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuches (SGB IV) und damit der Gewinn aus der selbstständigen Tätigkeit, ermittelt nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts, heranzuziehen (ständige Rechtssprechung des BSG vgl. Urteil vom 26. 9. 1996 - 12 RK 4695 sowie Urteil vom 22. 3. 2006 - B 12 KR 14/05 R-). Ob darüber hinaus - wie vom Senat im Urteil vom 30. 7. 2008 - L 5 KR 4645/07 angenommen - auch andere beweiskräftige Unterlagen wie etwa die von einem Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater aufgestellten Gewinn- und Verlustrechnungen oder Einkommensteuererklärungen gegenüber dem Finanzamt ausreichen würden, kann hier offen bleiben. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten vor der Vorlage der Einkommensteuerbescheide für das Jahr 2002 und 2003 am 15. 4. 2005 keinerlei Nachweise erbracht, sie hat nicht einmal die ihr übersandten Formulare über Einkommensnachweise ausgefüllt zurückgegeben. Ihre handschriftliche Kurzmitteilung, sie verdiene ca. 1.800,- EUR brutto je Monat, reicht ersichtlich zum Nachweis für das Einkommen nicht aus. Hierauf wurde die Klägerin im Übrigen mehrfach von der Beklagten hingewiesen, die Klägerin hat es insoweit noch nicht einmal für nötig gehalten, der Beklagten zu erklären, warum derzeit die Vorlage eines Einkommensteuerbescheides neueren Datums nicht möglich sei. Damit ist die Klägerin aber der ihr obliegenden Nachweispflicht trotz mehrfacher Hinweise nicht nachgekommen. Die Beklagte musste - nachdem der letzte Einkommensteuerbescheid wegen Zeitablaufs ersichtlich keine hinreichende Grundlage für die weitere Beitragsbemessung mehr abgeben konnte - nach der oben dargestellten, insoweit zwingenden Gesetzeslage der weiteren Beitragsbemessung, die Beitragsbemessungsgrundlage zu Grunde legen und von der Klägerin damit Höchstbeiträge verlangen.

2.) Einer besonderen Ausübung von Ermessen bedurfte es dabei nicht. Allerdings trifft die Satzung der Beklagten in § 11 Abs. 3 folgende Regelung:

"freiwillige Versicherte haben als Verpflichtung aus § 206 Abs. 1 Nr. 2 SGB V Änderungen ihres Einkommens der IKK unaufgefordert mitzuteilen; Nachteile aus der Verletzung dieser Pflicht treffen den Verpflichteten. Unabhängig davon führt die IKK regelmäßig für die Bemessung der Beiträge schriftliche Einkommensanfragen bei den freiwilligen Mitgliedern durch. Werden solche schriftliche Einkommensanfragen nicht oder verspätet beantwortet, kann die IKK die Bemessungsgrundlage gewissenhaft schätzen. Reduzierungen der Beitragsbemessung auf Grund eines vom Versicherten verspätet geführten Nachweises wirken zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats."

Diese Satzungsvorschrift kommt vorliegend nicht zu Gunsten der Klägerin zur Anwendung. Soweit die Beklagte zur gewissenhaften Schätzung der Einnahmen verpflichtet ist, betrifft dies freiwillig Versicherte, deren Einnahmen nach § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V zu bemessen sind. Im vorliegenden Fall ist bei Auslegung dieser Satzungsvorschrift aber zu beachten, dass für hauptberuflich selbstständig tätige freiwillige Versicherte das Gesetz in Abs. 4 dieser Vorschrift von dem Regelfall ausgeht, dass Höchstbeiträge auf der Basis der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten sind und anderes nur dann gilt, wenn ein entsprechender Nachweis geführt wird und dann auch nur mit Wirkung vom Folgemonat an. Bereits diese Regelung verbietet die Festsetzung der beitragspflichtigen Einnahmen auf Grund gewissenhafter Schätzung. Hinzu kommt im Falle der Klägerin, dass für eine niedrigere Schätzung überhaupt keinerlei Grundlagen vorhanden waren, nachdem sie sämtliche Anfragen der Beklagten unbeantwortet gelassen hat. Der angefochtene Bescheid vom 2. 7. 2003 ist auch unter diesen rechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden.

3.) Entgegen der Auffassung der Klägerin war die Beklagte auch nicht verpflichtet, in ihrem Falle eine vorläufige Regelung zu treffen. Aus dem Umstand, dass das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung die lediglich einstweilige Beitragsfestsetzung nicht regelt, hat das BSG in ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt Urteil vom 22. 3. 2006 - B 12 KR 14/05 R -) den Schluss gezogen, dass Beitragsbescheide in der Regel die Beiträge endgültig festsetzen müssen. Dem BSG zufolge setzen dies insbesondere die besonderen Vorschriften für die Beitragsbemessung bei hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen in § 240 Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB V voraus, weil der Nachweis geänderter Einnahmen nur zukunftsbezogen berücksichtigt werden darf. Da auf das steuerliche Einkommen abgestellt wird, können Einnahmen nur bereits vergangener Zeiträume nachgewiesen und der zukünftigen Beitragsbemessung zu Grunde gelegt werden. Ein vergangenheitsbezogener Einkommensnachweis wie der Steuerbescheid bildet die Grundlage für eine zukunftsbezogene Beitragsfestsetzung. Das BSG hat die damit verbundene lediglich zeitversetzt erfolgende Berücksichtigung der tatsächlichen Einnahmen der hauptberuflichen Selbstständigen nicht beanstandet. Auf einen längeren Zeitraum gesehen wird die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nämlich zutreffend berücksichtigt, denn es erfolgt ein Ausgleich der wechselnden Einnahmen, in denen sowohl die nachgewiesene Erhöhung der Einnahmen als auch deren nachgewiesene Verringerung für die zukünftige Beitragsfestsetzung jeweils bis zum Nachweis einer Änderung berücksichtigt wird. Mit dieser zeitversetzten Berücksichtigung tatsächlicher Einnahmen wäre es aber nicht vereinbar, wenn vorläufige Beitragsfestsetzungen getroffen werden könnten. Das BSG hat deswegen eine vorläufige Beitragsfestsetzung allein in den Fällen für zulässig erachtet, in denen der hauptberuflich selbstständig Tätige eine Erwerbstätigkeit aufnimmt. Sobald die ersten Steuerbescheide vorliegen, scheiden vorläufige Festsetzungen demnach aus (vgl. BSG Urteil vom 22. 3. 2006 - B 12 KR 14/05 R - mit ausführlicher Begründung, bestätigt zuletzt durch Beschluss vom 1. 8. 2007 - B 12 KR 34/07 B).

4.) Die Klägerin kann gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 2. 7. 2003 auch nicht einwenden, sie sei nur nebenberuflich tätig gewesen. Hierfür fehlt jeder weitere Beleg. Zwar dürften ihre Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit - wie aus den Einkommensteuerbescheiden für 2002 und 2003 hervorgeht - mit 11.306,- EUR bzw. 18. 020,- EUR teilweise noch unter der Bemessungsgrenze für die Mindestbeiträge liegen, indes setzt eine nebenberufliche Tätigkeit eine anderweitige hauptberufliche Tätigkeit voraus. Eine solche ergibt sich aus den Steuerbescheiden nicht und ist von der Klägerin auch nicht vorgetragen worden. Der Umstand, dass der Umfang ihrer Tätigkeiten in ihrem Fotostudio auch neben einer anderen hauptberuflichen Tätigkeit hätte ausgeübt werden können, macht aus dieser selbstständigen Tätigkeit im Fotostudio noch keine nebenberufliche Tätigkeit, wenn ein Hauptberuf nicht ausgeübt wird. Denn in diesem Fall wäre der Hauptberuf Grundlage entsprechender Beitragsbemessungen.

5.) Der Klägerin kann auch mit ihren Rügen, die Mindest- bzw. Höchstbemessungsgrenze für Selbstständige sei verfassungswidrig, nicht gefolgt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat sich im Beschluss vom 22. 5. 2001 - 1 BvL 4/96 - eingehend mit § 240 Abs. 4 SGB V auseinandergesetzt und ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Vorschrift verfassungsgemäß ist. Die für die Beitragsbemessung maßgeblichen Einnahmen Selbstständiger werden nämlich nach dem für die freiwillig Versicherten grundsätzlich günstigeren sogenannten Nettoprinzip als Bemessungsgrundlage berechnet, wo hingegen der Beitragsbemessung gesetzlich versicherter Arbeitnehmer der Bruttolohn zugrundezulegen ist. Dabei sei es ein legitimes Ziel des Gesetzgebers zu verhindern, dass das mit der Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit verbundene Unternehmerrisiko über die Beitragsbemessung partiell auf die Solidargemeinschaft überwälzt werden kann. Somit sei es verfassungsrechtlich auch nicht geboten gewesen, im Beitragsrecht eine Härteklausel vorzusehen, die hauptberuflich Selbstständigen mit geringem Arbeitseinkommen die weitere Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung wirtschaftlich ermöglicht. Der Gesetzgeber darf Personen, die zur Aufbringung von Mindestbeiträgen auf der Grundlage des § 240 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V nicht in der Lage sind, auf das subsidiäre System der Sicherung des notwendigen Lebensunterhalts durch Leistungen auf Grund des Bundessozialhilfegesetzes (heute SGB II bzw. SGB XII) verweisen. Festzuhalten bleibt somit, dass das Gesetz eine Härteklausel nicht enthält und eine solche auch von Verfassungs wegen nicht geboten ist, mithin auch eine verfassungskonforme Auslegung des § 240 SGB V nicht erforderlich ist.

6.) Soweit die Klägerin sich auf den Umstand beruft, dass ihr Ehegatte ebenfalls freiwilliges Mitglied der Beklagten ist, geht ihr Vorbringen von vornherein fehl. Als hauptberuflich selbstständige erwerbstätige Unternehmerin war sie gem. § 10 Abs. 1 Nr. 4 SGB V nicht über ihren Ehemann familienversichert. Besondere Regelungen hinsichtlich der Berücksichtigung von Ehegatten enthält § 240 Abs. 4 SGB V für hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige nicht. Entsprechende Regelungen enthält lediglich das Gesetz in Abs. 3 für freiwillig versicherte Rentner, die mit ihren Einnahmen die Grenze der beitragsfreien Familienversicherung überschreiten und bei denen deswegen einkommensproportionale Beiträge zu entrichten sind. Würde in ihrem Fall nur der Grundsatz gelten, dass auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds abzustellen ist, hätte dies zur Folge, dass das die Beitragsbemessungsgrenze überschreitende Einkommen ihres Ehegatten ihr als eigenes Einkommen zuzurechnen wäre. Ob sich daraus ein anderer Beitragssatz für die Klägerin als der Höchstbeitrag ergäbe, kann hier offen bleiben. Denn bei hauptberuflich selbstständigen Erwerbstätigen soll nach der Konzeption des Gesetzes, wie es in § 240 Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB V zum Ausdruck kommt, gerade nur auf das Einkommen des nach dieser Vorschrift versicherten freiwilligen Mitglieds abgestellt werden.

7.) Schließlich beruft sich die Klägerin auch zu Unrecht auf § 44 SGB X. Dadurch, dass das Gesetz eine Beitragsänderung erst mit dem Vorliegen entsprechender Nachweise zulässt, Beitragsänderungen also nur für die Zukunft wirksam werden dürfen, ist eine Rückabwicklung für die Vergangenheit Kraft Gesetzes ausgeschlossen. Der gesetzgeberische Grund liegt darin, dass die Krankenkassen die Einnahmen sonst nicht verlässlich schätzen könnten. Eine Ausnahme lässt die Rechtsprechung nur dann zu, wenn sich der Versicherte früher einer korrekten Beitragsbemessung dadurch entzogen hat, dass er die erforderlichen Angaben nicht oder nicht rechtzeitig gemacht hat. Dies bedeutet, dass die Krankenkasse zwar Beiträge nachfordern darf, dass aber eine Beitragsrückforderung des Versicherten für Zeiträume vor der Vorlage des Nachweises einer Änderung der der Beitragsbemessung zu Grunde liegenden Einkommensverhältnisse ausgeschlossen sein soll (vgl. Bernsdorff/JurisPK-SGB V § 240 Rdnr. 26 m.w.N.).

8.) Zuletzt vermag die Klägerin sich auch nicht mit Erfolg auf das Urteil des LSG Berlin vom 27. 3. 2002 - L 15 KR 286/01 - berufen. In jenem Fall lag ein völlig anderer Sachverhalt zu Grunde. Die Beklagte jenes Falles hatte im Rahmen einer Einzugsermächtigung (Lastschriftermächtigung) von dem kontoführenden Kreditinstitut des Versicherten Beiträge abgebucht. Die Kernaussage des LSG Berlin, dass dieser tatsächliche Beitragseinzug nicht der Erteilung von Beitragsbescheiden gleich stehe, betrifft den vorliegenden Fall der Klägerin nicht. Denn in ihrem Fall ist gerade mit dem Bescheid vom 2. 7. 2003 ein Beitragsbescheid erlassen worden, der - wie oben dargestellt - Rechtsgrundlage für die Erhebung von Beiträgen auf der Grundlage der Beitragsbemessungsgrundlage bildet.

Nach alledem konnte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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