S 14 AS 55/09 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 14 AS 55/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Zustimmung zum Umzug der Antragsteller in die Wohnung ... in L. zu erteilen. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens.

Gründe:

I.

Die Antragsteller (Eltern und drei Kinder) leben in einem Übergangswohnheim der Gemeinde L. Alle Antragsteller haben die serbisch-montenegrinische Staatsangehörigkeit. Die Antragsteller zu 1) und zu 2) (Eltern) sind 1999 nach Deutschland eingereist. Ein Asylantrag wurde abgelehnt. Die Antragsteller hatten ausländerrechtlich jahrelang eine Aufenthaltsgestattung. Wegen eines ministeriellen Abschiebestops ist die Familie nicht zur Ausreise verpflichtet. Seit dem 15. November 2007 besitzen die Antragsteller eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a Abs. 1 S. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).

Die Antragsteller erhalten seit November 2007 von der Antragsgegnerin Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zuvor erhielten sie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Seit der Erwerbstätigkeit der Antragstellerin zu 2), ab 01.07.2008, werden Leistungen nach dem SGB II an die Familie nur noch aufstockend erbracht. Als Kosten der Unterkunft wurden von der Antragsgegnerin seit Beginn der Leistungsbewilligungen für alle Antragsteller insgesamt 339,57 EUR monatlich berücksichtigt. Diese Nutzungsgebühr für die Wohnung im Übergangsheim wurde von der Stadt bestätigt für eine Wohnungsgröße von 32,99 m² mit einem Wohnflächenanteil von 24,30 m².

Nach Aktenlage erkundigten sich die Antragsteller mehrfach bei der Antragsgegnerin nach den Möglichkeiten eines Wohnungswechsels. Von der Antragsgegnerin wurde die Erforderlichkeit eines Umzugs jeweils verneint. Ein im Juli 2008 schriftlich gestellter Antrag auf Zustimmung zu einem Umzug wurde durch Bescheid vom 22.07.2008 in Gestalt eines Widerspruchsbescheides vom 01.08.2008 abgelehnt. Klage wurde dagegen nicht erhoben.

Im November 2008 beantragte der Bevollmächtigte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Zustimmung zu einem Umzug unter Hinweis auf die beengten Wohnverhältnisse der Familie. Die Antragsgegnerin übersandte ein ablehnendes Schreiben (ohne Rechtsbehelfsbelehrung). Sie verwies auf Richtlinien des zuständigen ...-Kreises für die Beurteilung der Erforderlichkeit eines Umzugs bei einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a AufenthG. In diesen Richtlinien werde davon ausgegangen, dass die Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft die Voraussetzung des ausreichenden Wohnraumes im Sinne der Regelung des § 104 a AufenthG erfülle. Es sei davon auszugehen, dass eine Bedarfsgemeinschaft, die über einen solchen ausreichenden Wohnraum verfüge, nicht umziehen müsse, auch wenn es sich dabei nicht um eine abgeschlossene Wohnung handele.

Am 10. März 2009 beantragte der Bevollmächtigte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Zustimmung zum Umzug der Antragsteller in eine insgesamt 87 m² große Wohnung mit einer Warmmiete von 725,00 EUR monatlich. Vorgelegt wurde eine Mietbescheinigung des Vermieters für die konkret benannte Wohnung sowie ein Schreiben der Stadt L. In dem Schreiben der Stadt wird die Wohnsituation der Familie erläutert. Danach bewohne die Familie mit der Großmutter des Antragstellers zu 1) eine Wohnung mit einer Gesamtfläche von 60,07 m² im städtischen Übergangswohnheim. Diese Wohnung sei unterteilt in drei Wohnräume (2 x 10,33 m², 1 x 13,97 m²) und die Gemeinschaftsräume Küche, Flur und Bad. Ein Raum von 10,33 m² werde von der Großmutter des Antragstellers zu 1) genutzt. Die andern beiden Wohnräume nutzen die Antragsteller zu 1) und 2) (Eltern) mit ihren beiden 10 und 9 Jahre alten Söhnen und der 7-Jahre alten Tochter (Antragsteller zu 3) bis 5)). Die Gemeinschaftsflächen nutze die Familie gemeinsam mit der Großmutter. Die Stadt bestätigte, dass eine andere, die Familie entlastende Möglichkeit der Unterbringung innerhalb der zur Verfügung stehenden Übergangsheime derzeit nicht bestehe.

Mit Telefax vom 19.03.2009 teilte die Antragsgegnerin dem Bevollmächtigten der Antragsteller mit, dass durch die Zusendung der konkreten Wohnsituationsbeschreibung kein anderer Sachverhalt gegeben sei. Es könne daher nicht zu einer anderen Entscheidung kommen, wie sie bereits zuvor getroffen worden sei. Dieses Schreiben enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung.

Am 20.03.2009 haben die Antragsteller beim Gericht den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt mit dem Ziel, die Antragsgegnerin zur Zustimmung zum Umzug in die konkret benannte Wohnung in L. zu verpflichten. Sie tragen vor, dass sich die Auseinandersetzungen innerhalb der Familie aufgrund der mehr als beengten Wohnverhältnisse weiter zuspitzen. Dies beeinträchtigte auch die Erwerbstätigkeit der Antragstellerin zu 2). Diese habe bereits eine Abmahnung von ihrem Arbeitgeber erhalten, weil sie erneut verspätet zur Arbeit erschienen sei und seit geraumer Zeit einen sehr müden Eindruck erwecke. Die Bemühungen der Antragsteller, von der Stadt L. eine andere, in der Größe angemessene Unterkunft zugewiesen zu bekommen, seien gescheitert. Deshalb hätten sich die Antragsteller auf dem freien Wohnungsmarkt um eine Wohnung in angemessener Größe bemüht. Der fünfköpfigen Familie sei das Zusammenleben auf so engem Raum nicht mehr zuzumuten. Die Kinder müssten auf Matratzen auf dem Fußboden schlafen.

Auf Nachfrage des Gerichts hat der Vermieter bestätigt, dass er den Antragstellern die Wohnung "vorläufig ab 01.05.2009 reserviert habe".

Die Antragsteller beantragen,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweilige Anordnung zu verpflichten, die Zustimmung zu ihrem Umzug in die Wohnung ... in L. zu erteilen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie ist der Auffassung, dass weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund bestehe. Die Familie lebe nicht nur auf 26 m² großem Wohnraum, sondern es handele sich um eine 60 m² große Dreizimmerwohnung. Ein Umzug sei nicht erforderlich. Der Aufenthaltsstatus der Antragsteller sei nicht gefestigt. Die Familie müsse damit rechnen, dass sie ihren derzeitigen Aufenthaltsstatus wieder verliere. Damit sei fraglich, ob die Familie dauerhaft in der neuen Wohnung bleiben könne. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Sinne von § 104 a AufenthG setze voraus, dass ausreichender Wohnraum vorhanden sei. Diese Voraussetzung sei nach Auffassung der Ausländerbehörde erfüllt. Dies müsse auch für die Regelungen über die Unterkunftskosten in § 22 SGB II gelten. Ein Umzug sei nur ausnahmsweise dann erforderlich, wenn er für eine Arbeitsaufnahme erforderlich wäre. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall. Die Antragsgegnerin sei an die entsprechenden Arbeitshinweise des kommunalen Trägers gebunden. Es komme nicht darauf an, dass die anzumietende Wohnung tatsächlich innerhalb der Angemessenheitsgrenzen für Kosten der Unterkunft für die Bedarfsgemeinschaft der Antragsteller liege.

Eine Eilbedürftigkeit für eine gerichtliche Entscheidung bestehe bereits deshalb nicht, weil die Antragsteller nicht daran gehindert seien, auch ohne Zusicherung der Antragsgegnerin umzuziehen. Die fehlende Zusicherung habe lediglich die Konsequenz, dass weder Umzugs- noch Renovierungskosten übernommen würden. Kosten der Unterkunft würden lediglich in der bisherigen Höhe (339,57 EUR) gezahlt.

II. Der zulässige Antrag ist begründet.

Das Gericht kann auf Antrag gem. § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes im Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, voraus sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 3 S. 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO).

Ein Anordnungsanspruch besteht. Die Antragsteller haben gemäß § 22 Abs. 2 SGB II einen Anspruch auf Zustimmung der Antragsgegnerin zum Umzug in die 87 m² große Wohnung in der ...straße ... in L. Nach der genannten Vorschrift soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige die Zusicherung des für die Leistungserbringung zuständigen örtlichen kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft vor Abschluss eines Vertrages über diese Unterkunft einholen. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Die Antragsgegnerin hat die Angemessenheit der Kosten für die neue Wohnung bestätigt. Die Wohnungsgröße und die Höhe des Mietzinses und der Nebenkosten entsprechen den Angemessenheitskriterien der Antragsgegnerin. Für eine fünfköpfige Familie wäre eine 105 m² große Wohnung zu einer Kaltmiete von 688 EUR (inklusive Betriebskosten) angemessen. Die Antragsteller beabsichtigen in eine 87 m² große Wohnung mit vier Zimmern zu ziehen mit einer Warmmiete von 725 EUR. Unter Verzicht auf zusätzlichen Wohnraum gelingt es ihnen, die Gesamtkosten einer angemessenen Wohnung zu unterschreiten. Dies ist nach der sogenannten Produkttheorie zulässig (vgl BSGE 97,217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1 RdNr 33).

Der Umzug der Antragsteller ist erforderlich im Sinne von § 22 Abs. 2 S. 2 SGB II. Innerhalb des Übergangswohnheims kann der Familie kein weiterer Raum zugewiesen werden. Dies hat die Stadt bestätigt. Auch in anderen Übergangswohnheimen gibt es keine größeren Unterkunftsmöglichkeiten für die Antragsteller. Es bleibt daher nur der Bezug einer Mietwohnung auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt.

Die Erforderlichkeit des Wohnungswechsels beruht auf der Größe der bisher genutzten Unterkunft. Nach Aktenlage lebt die Familie seit dem Jahr 2001 in den Räumen des Übergangswohnheimes. Die Stadt bestätigt, dass abgesehen von den Gemeinschaftsräumen (Küche, Bad, Flur) den fünf Familienmitgliedern zwei Räume zur Verfügung stehen mit insgesamt 24,30 m². Diese Angaben hat die Antragsgegnerin bisher auch bei der Berechnung von Unterkunftskosten zugrunde gelegt. Selbst wenn man die Gesamtgröße der Räumlichkeiten von 60 m² berücksichtigt, handelt es sich um unangemessenen Wohnraum für eine Haushaltsgemeinschaft von sechs Personen (mit der Großmutter des Antragstellers zu 1)).

Die Arbeitshinweise, an die sich die Antragsgegnerin gebunden fühlt, sind rechtswidrig. Es entspricht nicht der Rechtsgrundlage des § 22 Abs. 2 S. 2 SGB II, die Erforderlichkeit eines Umzugs ausschließlich auf den Gesichtspunkt einer Arbeitsaufnahme zu beschränken und sonstige Gründe außer Acht zu lassen. Nach der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende (BT - Drucks 16/1410, S 23) können außer der Eingliederung in Arbeit auch gesundheitliche und soziale Gründe einen Wohnungswechsel erforderlich machen. Solche sozialen Gründe liegen hinsichtlich der Antragsteller vor.

Der größere Wohnraumbedarf der Antragsteller beruht auf dem Alter der drei Kinder (sieben bis elf Jahre). Als die Familie in das Übergangswohnheim einzog, waren die Kinder noch klein bzw. ein Kind gerade erst geboren. Je älter die Kinder werden, umso unzumutbarer wird eine beengte Wohnsituation. Allein die Schlafgelegenheiten für die größer werdenden Kinder nehmen so viel Raum ein, dass kaum eine weitere Nutzungs-möglickeit der Zimmer besteht. Die Antragsteller scheinen dieses Problem derart gelöst zu haben, dass für die Kinder keine Betten vorhanden sind. Es wird vorgetragen, dass die Kinder auf Matratzen auf dem Fußboden schlafen. Aufgrund der Zahl von fünf Personen, die zwei Zimmer nutzen, ist eine Trennung in Wohn- und Schlafräume nicht möglich. Für einen vorübergehenden Zeitraum ist eine solche Unterbringung einer Familie ausreichend. Mit zunehmender Dauer des Aufenthalts, dem höheren Alter der Kinder und der Verfestigung des ausländerrechtlichen Aufenthaltsstatus ist eine so beengte Wohnsituation nicht mehr zumutbar.

Die soziale Integration der Antragsteller in Deutschland wird durch die Art und die Größe der Unterkunft beeinträchtigt. Die Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland führt dazu, dass die Antragsteller voraussichtlich in Deutschland bleiben und ein dauerndes Aufenthaltsrecht erhalten. Zugunsten der Antragsteller besteht ein ministerieller Abschiebestop. Nach telefonischer Auskunft des Ausländeramtes kann den Antragstellern ab Januar 2010 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG erteilt werden, wenn bis dahin der Lebensunterhalt überwiegend selbst gesichert wird. Im Jahr 2012 käme dann die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis in Betracht. Es ist insbesondere für die weitere Entwicklung der Kinder, der Antragsteller zu 3) bis 5), wichtig, dass die beengte Wohnsituation beendet wird. Diesen Aspekt hat die Antragsgegnerin nicht berücksichtigt.

Die Antragsgegnerin kann sich nicht darauf berufen, dass nach Auffassung der Ausländerbehörde ausreichender Wohnraum für die Antragsteller vorhanden ist. Ob ein Umzug erforderlich ist, ist nach den Maßstäben des SGB II zu beurteilen und nicht danach, ob die Voraussetzungen des § 104 a AufenthG erfüllt sind. Der unbestimmte Rechtsbegriff des ausreichenden oder des angemessenen Wohnraums ist nach dem jeweiligen Gesetzeszweck zu bestimmen. Es ist kein Grund ersichtlich, warum für den Personenkreis von Ausländern mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG andere Maßstäbe für die Beurteilung angemessenen Wohnraumes gelten sollten, als für andere Leistungsempfänger nach dem SGB II. Eine Unterkunft ist dann angemessen im Sinne des Leistungsanspruchs einer Grundsicherung für Arbeitssuchende (§ 22 Abs 1 SGB II), wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstanddard aufweist ( vgl BSG Urteil vom 16.12.2009, Az: B 4 AS 1/08 R, Kurzwiedergabe SGb 2009, 92-93; BSG SozR 4 - 4200 § 22 Nr 3 RdNr 20). Es soll den Berechtigten ein menschenwürdiges Leben ermöglicht werden, indem die Kosten für eine Wohnung als Bestandteil des soziokulturellen Existenzminimums übernommen werden ( BSG Urteil vom 16.12.2008 aaO). Ein Umzug ist erforderlich, wenn die Unterkunft den grundlegenden Wohnbedürfnisse nicht (mehr) genügt. Es besteht kein Anspruch auf eine Wohnung mit der maximalen angemessenen Wohnungsgröße (hier 105 m² für fünf Personen). Auch kleinere Wohnungen sind zumutbar. Wenn aber der Wohnraum zur Nacht mit Matratzen ausgelegt wird, weil kein Platz für Betten vorhanden ist, genügt die Unterkunft nicht grundlegenden Wohnbedürfnissen. Eine solche Unterkunft ist über einen längeren Zeitraum kein ausreichender Wohnraum für eine Familie mit Kindern.

Die Eilbedürftigkeit für eine gerichtliche Entscheidung rechtfertigt ausnahmsweise auch die Vorwegnahme der Hauptsache. Die Mietwohnung wird vom Vermieter nur wenige Wochen freigehalten. Die Antragsteller sind nicht in der Lage, ihren Lebensunterhalt und die Kosten der künftigen Mietwohnung ganz aus eigenem Einkommen zu finanzieren. Sie sind daher auch künftig auf aufstockende Leistungen der Antragsgegnerin angewiesen. Nur die Zusicherung der Antragsgegnerin nach § 22 Abs. 2 SGB II führt für die Antragsteller zur Rechtssicherheit, dass die Kosten der neuen Unterkunft getragen werden. Ohne diese Rechtssicherheit ist der Vermieter möglicherweise nicht bereit, einen Mietvertrag mit den Antragstellern abzuschließen. Es kann von den Antragstellern nicht verlangt werden, einen Mietvertrag und damit eine zivilrechtliche Verpflichtung gegenüber dem neuen Vermieter einzugehen, ohne Sicherheit, ob die Unterkunftskosten zu finanzieren sind.

Es entstehen den Antragstellern unzumutbare Nachteile, wenn sie erst ein Hauptsache-verfahren abwarten müssten, um einen Anspruch auf Zustimmung zum Umzug zu klären. Vor einem Klageverfahren müßte die Antragsgegnerin zunächst einen Widerspruchsbescheid erlassen. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beeinhaltet gleichzeitig einen Widerspruch gegen die ablehnende Entscheidung der Antragsgegenerin mittels Telefax vom 19.3.2009. Die Antragsgegnerin hat nicht realisiert, dass diese inhaltliche Entscheidung einen Verwaltungsakt darstellt, dem die Rechtsbehelfsbelehrung fehlt. Bis zum Abschluß eines Klageverfahrens wäre die jetzt in Aussicht gestellte Mietwohnung voraussichtlich vermietet und stände nicht mehr zur Verfügung. Es ist unwahrscheinlich, dass die Antragsteller zeitnah eine andere Wohnung fänden, die den Angemessenheitskriterien der Antragsgegnerin entspricht. Nach Kenntnis des Gerichts ist das Angebot an Wohnraum, der den Angemessenheitskriterien der örtlichen SGB II-Träger entspricht, gering. Daher ist es schwierig, eine solche Wohnung zu erhalten. Weitere Gründe erschweren gerade den Antragstellern die Wohnungssuche. Häufig lehnen Vermieter kinderreiche oder ausländische Familien als Mieter ab. Aufgrund ausländerrechtlicher Bestimmungen ist der Wohnsitz der Antragsteller in Deutschland auf die Stadt L. beschränkt. Die Antragsteller können somit keine Wohnung in umliegenden Gemeinden beziehen.

Die Situation auf dem Wohnungsmarkt führt dazu, dass den Antragstellern effektiver Rechtsschutz nur gewährt werden kann, wenn der Abschluß des in Aussicht gestellten Mietvertrages nicht aufgrund der Dauer eines Gerichtsverfahrens tatsächlich unmöglich wird. Das Gericht berücksichtigt bei der Beurteilung der Eilbedürftigkeit die sehr beengten Wohnverhältnisse, die insbesondere zugunsten der Kinder eine schnelle Änderung erfordern. Die Antragsgegnerin hat fast ein Jahr lang keinen Beitrag zur Lösung der Wohnsituation geleistet. Dieser Umstand und das fortschreitende Alter der Kinder begründen zusätzlich die Eilentscheidung des Gerichts.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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