Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
5
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 V 205/71
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1.) Ist die Zulassung der Berufung den Entscheidungsgründen zu entnehmen, so beweist das unwiderlegbar, daß die Zulassung zur Zeit der Urteilsverkündung beschlossen war.
2) Die nachträgliche Änderung der Zulassung der Berufung würde zu einer untragbaren Rechtsunsicherheit führen.
3.) Eine Berichtigung nach § 138 SGG kommt nur in Frage, wenn der Anspruch der Zulassung der Berufung offenbar, d.h. für jeden Außenstehenden erkennbar, unrichtig ist.
4.) Wird bei Ermessensleistungen, ohne daß nur eine bestimmte Entscheidung denkbar wäre, dennoch zur Leistung verurteilt, liegt ein Verstoß gegen § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG vor, der einen wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne des § 150 Nr. 2 SGG darstellt.
5.) Der Kreis der Anspruchsberechtigten ist in § 5 der VO zu §§ 11, 13, 15 BVG erschöpfend geregelt. Er ist nicht auf solche Beschädigte auszudehnen, die unter anderen Gesundheitsstörungen als einer schweren Gehbehinderung leiden.
2) Die nachträgliche Änderung der Zulassung der Berufung würde zu einer untragbaren Rechtsunsicherheit führen.
3.) Eine Berichtigung nach § 138 SGG kommt nur in Frage, wenn der Anspruch der Zulassung der Berufung offenbar, d.h. für jeden Außenstehenden erkennbar, unrichtig ist.
4.) Wird bei Ermessensleistungen, ohne daß nur eine bestimmte Entscheidung denkbar wäre, dennoch zur Leistung verurteilt, liegt ein Verstoß gegen § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG vor, der einen wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne des § 150 Nr. 2 SGG darstellt.
5.) Der Kreis der Anspruchsberechtigten ist in § 5 der VO zu §§ 11, 13, 15 BVG erschöpfend geregelt. Er ist nicht auf solche Beschädigte auszudehnen, die unter anderen Gesundheitsstörungen als einer schweren Gehbehinderung leiden.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 21. Dezember 1970 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Bei dem 1912 geborenen Kläger, der als Bankkaufmann in der Filiale in M. der Genossenschaftlichen Zentralbank F. tätig ist, waren mit Umanerkennungsbescheid vom 28. Juni 1951 mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 60 v.H. als Schädigungsfolgen anerkannt gewesen:
"Restzustand einer Querschnittlähmung nach Granatsplitterverletzung am 5. Lendenwirbel mit Schwäche im rechten Bein und Blasen-Mastdarmbeschwerden”.
Die auf seine Anträge ergangenen Bescheide vom 25. Februar 1952 und 10. Juli 1958 hatten sowohl eine wesentliche Änderung der Verhältnisse als auch ein berufliches Betroffensein gemäß § 30 Abs. 2 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) verneint.
Erst der am 27. November 1963 gestellte Erhöhungsantrag, der mit dem Gutachten des Dr. D. vom 1. Februar 1964 begründet worden ist, führte nach der innerfachärztlichen Äußerung des Facharztes für innere Krankheiten Dr. W. vom 7. Juli 1964 zu dem Bescheid vom 14. September 1964, mit dem der Grad der MdE auf 80 v.H. ab 1. November 1963 festgesetzt worden ist. Die Schädigungsfolgen sind darin mit
"Teillähmung und sensible Reizerscheinungen an den Beinen, Störung der Blasen-, Mastdarm- und Geschlechtsfunktion nach Verwundung im Bereich des 5. Lendenwirbels mit anschließender Knocheneiterung (4. und 5. Lendenwirbel) und deformierenden Veränderungen an der mittleren und unteren Lendenwirbelsäule”
bezeichnet worden.
Gleichseitig wurde die Erteilung eines Zugunstenbescheides abgelehnt.
Auf den Widerspruch des Klägers stellte der ablehnende Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 1965 fest, es läge kein Bescheid vor, dessen Bindung gem. § 40 VerwVG zu durchbrechen wäre. Die bindenden Bescheide vom 28. Juni 1951 und 25. Februar 1952 wären von einer zutreffenden Bewertung des Grades der MdE mit 60 v.H. ausgegangen.
Mit weiterem Bescheid vom 3. April 1968 und Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 1969 ist die Erteilung eines Zugunstenbescheides gem. § 40 VerwVG abgelehnt worden, da sich die Potenzstörung erst in den vergangenen Jahren verschlimmert hätte.
Der Kläger bezieht mit Bescheid vom 27. Juli 1973 ab 1. Oktober 1973 eine Kleiderverschleißzulage von monatlich 42,– DM, der die Bewertungszahl von 38 nach § 1 der DVO zu § 15 BVG Nr. 17 zugrunde liegt. Vorausgegangen waren die Bescheide vom 22. März 1960, 21. Mai 1962 und 22. März 1965.
Er beantragte am 24. August 1965 bei der Orthopädischen Versorgungsstelle des Versorgungsamtes Frankfurt/Main die Gewährung eines Zuschusses zur Beschaffung eines Motorfahrzeuges, da er unter erheblicher Gehbehinderung und schweren Verdauungsstörungen leide. Die unkontrollierbare Stuhlentleerung gestatte es nicht, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.
Dazu vertrat mit der gutachtlichen Äußerung vom 31. Januar 1966 Oberreg. Medizinalrat Dr. R. die Ansicht, die Einschränkung der Gehfähigkeit sei nicht so stark, daß dadurch die Voraussetzungen für die Benutzung eines handbetriebenen Krankenfahrzeuges erfüllt würden.
Der hiernach erteilte Bescheid vom 11. Juni 1969 stellte fest, der Kläger sei hinsichtlich der Art und Schwere der Behinderung oder hinsichtlich des Ausmaßes der Gehbehinderung den in § 5 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung zu §§ 11 und 13 BVG genannten Beschädigten nicht gleichzuachten. Es bestünde daher keine Möglichkeit, einen Zuschuß zu den Beschaffungskosten eines Motorfahrzeuges zu gewähren.
Mit dem Widerspruch machte er geltend, er sei Querschnittgelähmter, so daß ohne weitere Prüfung der Zuschuß zu gewähren sei. Sollte das nicht angenommen werden verlangten die anerkannten Schädigungsfolgen jedoch, daß er einem Beschädigten gleichzuachten sei, der Hüftamputierter oder dauernd außerstande sei, ein Kunstbein zu tragen.
Der Widerspruchsbescheid vom 5. August 1969 führte dazu nach Anhörung des Dr. M. aus, bei dem Kläger handele es sich nur um eine Teillähmung des rechten Beines. Der Gang könne lediglich als nur leicht behindert angesehen werden. Die Störungen der Mastdarmfunktion, die im Vordergrund der Beschwerden stünden, seien nicht Folge einer Querschnittslähmung, sondern der Verletzung der zuführenden peripheren Nerven zu diesem Darmteil. Die Ablehnung des Antrags auf Gewährung eines Zuschusses zur Beschaffung eines Motorfahrzeuges sei damit keine fehlerhafte Ermessensentscheidung.
In dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Darmstadt hat der Kläger unter Bezugnahme auf den ärztlichen Befund des Dr. D. vorgetragen, die bei ihm bestehende Querschnittslähmung gestatte die Gewährung eines Zuschusses zur Beschaffung eines Notarfahrzeuges. Es sei ihm wegen der Entleerungsstörung von Blase und Mastdarm als Folge einer partiellen Querschnittlähmung nicht möglich, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.
Demgegenüber hat der Beklagte geltend gemacht, die Gewährung des Zuschusses zur Beschaffung eines Motorfahrzeuges setze u.a. eine starke Gehbehinderung voraus, die die Benutzung eines handbetriebenen Krankenfahrzeuges erfordere. Der Kläger sei jedoch nicht auf die Benutzung eines derartigen Fahrzeuges angewiesen. Sein Gang sei nur leicht behindert.
Mit Urteil vom 21. Dezember 1970 hat das Sozialgericht unter Aufhebung der Bescheide vom 11. Juni und 5. August 1969 den Beklagten verurteilt, Zuschuß zur Beschaffung eines Personenkraftwagens in Höhe von 2.000,– DM zu gewähren. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, wenn der Kläger auch nicht aufgrund der anerkannten Schädigungsfolgen als Querschnittgelähmter anzusehen sei, so sei es doch gerechtfertigt, ihn den unter Ziff. 1 des § 5 VO zu §§ 11 und 13, 15 BVG genannten Personen gleichzustellen. Das sei deshalb gerechtfertigt, weil die Blasen- und Mastdarmfunktion so behindert sei, daß er keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen könne. Der Beklagte habe daher sein Ermessen hinsichtlich der Gewährung des Zuschusses zur Beschaffung eines Motorfahrzeuges unrichtig ausgeübt. Da bei richtiger Anwendung des Ermessens ein Zuschuß zu gewähren gewesen sei, sei die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung auszusprechen gewesen. Die Berufung sei gem. § 150 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, denn es handele sich um eine einmalige Leistung (§ 144 SGG).
Die vom Kläger beantragte Urteilsberichtigung hat das Sozialgericht durch auf § 138 SGG gestützten. Beschluss vom 1. April 1971 dahingehend vollzogen, daß die Berufung gem. § 150 Abs. 2 SGG zulässig sei, denn es handele sich um eine einmalige Leistung (§ 144 SGG).
Gegen das dem Beklagten am 27. Januar 1971 zugestellte Urteil ist seine Berufung am 25. Februar 1971 bei dem Hessischen Landessozialgericht eingegangen, zu deren Begründung er ausführt, bei der im Streit stehenden Gewährung eines Zuschusses zur Beschaffung eines Motorfahrzeuges handele es sich um eine Kannleistung, auf die kein Rechtsanspruch bestehe und deren Gewährung in das Ermessen der Versorgungsverwaltung gestellt sei. Das Sozialgericht sei daher nicht befugt gewesen, ein Leistungsurteil zu erlassen. Damit habe es unzulässigerweise sein Ermessen an die Stelle desjenigen der Versorgungsbehörde gesetzt. Diese Verletzung stelle einen wesentlichen Verfahrensmangel dar. Ein weiterer wesentlicher Verfahrensmangel liege darin, daß es das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausreichend gewürdigt habe. Es wäre die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich gewesen, da das Sozialgericht die Geruchsbelästigung als allein entscheidungserheblichen Punkt angesehen habe. § 5 Abs. 1 DVO habe den Kreis der besonders schwer gehbehinderten Beschädigten festgelegt, bei dem die Notwendigkeit der Beschaffung eines Motorfahrzeuges nicht zweifelhaft sein könne. Die Voraussetzungen zur Bewilligung eines Zuschusses seien abschließend in § 5 Abs. 1 der VO festgelegt worden. Die Frage der Zumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei dort nicht als Voraussetzung der Bewilligung genannt. Das bedeute, daß die Frage der Zumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel nicht zu prüfen sei, da die Bezuschussung eines Personenkraftwagens völlig unabhängig davon erfolge. Dr. R. habe den Kläger keinesfalls hinsichtlich sämtlicher allgemeiner Verletzungsfolgen einem Querschnittsgelähmten gleichgestellt. Lediglich wegen der nichtkontrollierten Stuhlentleerung sei die Verordnung der Schaumgummimatratze vorgenommen worden.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 21. Dezember 1970 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen,
hilfsweise,
zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und macht ergänzend geltend, die Berufung sei nicht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache ausdrücklich zugelassen worden. Wesentliche Verfahrensmängel seien nicht ersichtlich. Das gelte besonders hinsichtlich der gerügten unzureichenden Sachaufklärung.
Die Versorgungsakten mit der Grundlisten Nr. und die Fahrzeugakte der Orthopädischen Versorgungsstelle F. haben vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakte beider Rechtszüge, der in der mündlichen Verhandlung auszugsweise vorgetragen worden ist, wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 SGG frist- und formgerecht eingelegte Berufung wäre an sich nach § 144 Nr. 1 SGG wegen des Anspruchs auf einmalige Leistung ausgeschlossen, ist aber aufgrund der Zulassung der Berufung nach § 150 Nr. 1 SGG im Urteil zulässig. Daß die Zulassung nicht in der Urteilsformel sondern in den Entscheidungsgründen enthalten ist, stellt kein prozessual fehlerhaftes Verhalten dar (BBG 2, 121 ff.). Denn das SGG schreibt nicht vor, in welcher Form und an welcher Stelle die Zulassung einer an sich nach den §§ 144 bis 149 SGG ausgeschlossenen Berufung auszusprechen ist. Sie muß sich nur eindeutig aus dem Urteil ergeben (BSG 4, 261 ff.). Das ist vorliegend der Fall. Im letzten Absatz der Entscheidungsgründe ist nämlich niedergelegt, daß die Berufung gemäß "§ 150 Abs. 1 SGG” zulässig sei, denn es handele sich um eine einmalige Leistung (§ 144 SGG). Mit dieser bestimmten Formulierung ist eine wirksame Zulassung der Berufung nach § 150 Nr. 1 SGG ausgesprochen, die auch nicht durch die dem Urteil beigefügte Rechtsmittelbelehrung mit dem Hinweis auf § 150 Nr. 2 SGG in Zweifel gestellt wird. Wann die Zulassung, wie hier, den Gründen zu entnehmen ist, so beweist das unwiderleglich, daß die Zulassung zur Zeit der Urteilsverkündung beschlossen war (BSG, Urteil vom 5. September 1958 Az.: 9 RV 892/56; BGB in NJW 1956, 831). Davon hatte der Senat auszugehen, so daß der Berichtigungsbeschluß vom 1. April 1971 hinsichtlich der Zulassung der Berufung rechtlich nicht erheblich sein kann. Der Senat ist insoweit der Ansicht, daß eine nachträgliche Änderung des Ausspruchs der Zulassung zu einer untragbaren Rechtsunsicherheit führt und deshalb nur dann wirksam durch einen Berichtigungsbeschluß vollzogen werden kann, wenn das Urteil hinsichtlich des Ausspruchs offenbar, d.h. für jeden Außenstehenden erkennbar, unrichtig ist. Das ist hier nicht der Fall, weil die Beteiligten wegen des Ausspruchs in den Entscheidungsgründen davon ausgehen konnten, daß die Zulassung der Berufung zur Zeit der Urteilsverkündung beschlossen war.
Selbst wenn man der Ansicht sein sollte, daß das Sozialgericht die Berufung nicht gemäß § 150 Nr. 1 SGG zugelassen hat, wäre sie gleichwohl wegen begründeter wesentlicher Verfahrensmängel nach § 150 Nr. 2 SGG zulässig.
Zutreffend hat der Beklagte solche Mängel gerügt. Sein Vorbringen, das Sozialgericht hätte bei der im Streit stehenden Ermessensentscheidung kein Leistungsurteil erlassen dürfen, ist berechtigt. Nach §§ 11 Abs. 3 BVG, 5 VO zu §§ 11, 13, 15 BVG können Zuschüsse zur Beschaffung eines Motorfahrzeuges (§ 2 Nr. 1) gewährt werden. Die Versorgungsbehörde ist insoweit ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln. In solchen Fällen dürfen die Gerichte, auch wenn sie den ablehnenden Bescheid nicht für begründet halten, die Verwaltung in der Regel nicht zur Leistung verurteilen. Sie dürfen nicht ihr eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens der Verwaltung setzen (BSG 2, 142 ff., 277 ff.; 4, 140 ff.). Gleiches gilt in Falle des § 40 VerwVG, auch hier ist das eingeräumte Ermessen ein Handlungsermessen, nach welchem die Verwaltungsbehörde einen neuen Bescheid erteilen kann. Lediglich wenn der Sachverhalt so liegt, daß bei richtiger Ausübung des Ermessens nur eine Entscheidung möglich ist und jede andere Entscheidung ein Ermessensfehler im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG wäre, ist es möglich, die Kannleistung zuzuerkennen (BSG 7, 46 ff.). Das ist hier nicht der Fall. Daß der Kläger eine Leistung im Sinne von § 54 Abs. 4 SGG begehrt hat, ist dabei ohne Bedeutung, da die Sozialgerichte nicht an die Fassung der Anträge gebunden sind (§ 123 SGG). In entsprechender Anwendung des § 131 Abs. 2 SGG hätte das Sozialgericht den Beklagten nur verurteilen dürfen, dem Kläger über die Gewährung eines Zuschusses zur Beschaffung eines Motorfahrzeuges einen Bescheid zu erteilen. Dabei wäre der Beklagte an die Rechtsauffassung des Gerichte gebunden (BSG 7, 46 ff.). Somit liegt ein Verstoß gegen § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG vor. Da es sich bei dieser Vorschrift um eine solche handelt, die das Verfahren, nämlich die Zulässigkeit der gerichtlichen Nachprüfung von Ermessensentscheidungen betrifft, beinhaltet ihre Verletzung einen wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne des § 150 Nr. 2 SGG (BSG, Urt. vom 20. August 1963 Az.: 8 RV 901/60; Hess. LSG, Urteil vom 14. März 1973 Az.: L-5/V-429/72). Ein solcher liegt auch darin, daß bei einer Anfechtungs- und Aufhebungsklage, wie sie zwar vorlag, nicht eine Umdeutung in eine Leistungsklage erfolgen darf, wenn es sich um eine Kannleistung handelt, es sei denn, daß eine andere Entscheidung denkbar wäre.
Ein weiterer wesentlicher Verfahrensmangel, dessen Vorliegen der Beklagte ebenfalls gerügt hat ist darin zu sehen, daß das Vordergericht es unterlassen hat, notwendige Beweise von Amts wegen zu erheben (§§ 103, 106 SGG). Hierzu hätte es sich bei seiner die Entscheidungsgründe tragenden Argumentation gedrängt fühlen müssen, worauf der Beklagte mit Recht hingewiesen hat. Das gilt um so mehr, als die Behauptung des Klägers, er könne wegen der Unkontrollierbarkeit der Blasen- und Mastdarmfunktionen keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen, mit dem tatsächlichen Inhalt der Akten nicht im Einklang steht. Ein solcher Zustand mag vielleicht in den früheren Jahren bestanden haben, war jedoch im Jahre 1966 schon nicht mehr in diesem von ihm behaupteten Ausmaß gegeben. Aus dem Gutachten betreffend die Kapitalabfindung vom 17. Mai 1966 folgt vielmehr, daß die Störungen im Blasen- und Mastdarmbereich sich im Laufe der Jahre etwas zurückgebildet hatten. Das diese Rückbildung und Besserung des Befundes sich fortgesetzt hat, hätte der Vorderrichter dem Kurgutachten der Versorgungskuranstalt W. vom April 1969 entnehmen können, zu dessen Vorgeschichte der Kläger keine diesbezüglichen Beschwerden angegeben hat. Der dort erhobene ärztliche Befund enthält insoweit ebenfalls keine Feststellungen. Das läßt den Schluß zu, daß damals Störungen im Blasen- und Mastdarmbereich nicht vordergründig waren und auch nicht so gravierend von dem Kläger empfunden worden sind, wie das das Sozialgericht ohne weitere Prüfung angenommen hat. Über das Ausmaß der nach seiner Ansicht entscheidungserheblichen Geruchsbelästigung hätte es ferner durch Anhörung von Zeugen oder durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis erheben müssen und hätte sich nicht auf seine eigene Sachkunde verlassen dürfen. Insoweit hat es sein Urteil nicht aus dem Gesamtinhalt der ihm vorliegenden Akten geschöpft (§ 128 SGG), worauf der Beklagte zutreffend mit seiner Rüge hingewiesen hat.
Die Berufung ist auch begründet.
Der Bescheid vom 11. Juni 1969, der in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 1969 Gegenstand der Klage geworden ist (§ 95 SGG), ist zu Recht ergangen.
Rechtsgrundlage ist vorliegend die Verordnung zur Durchführung des § 11 Abs. 3 und der §§ 13 und 15 des BVG vom 18. Dezember 1967, deren § 2 Ziff. 1 bestimmt, daß als Ersatzleistungen ein Zuschuß bis zu 2.000,– DM zur Beschaffung eines Motorfahrzeuges gewährt werden können. Die Voraussetzungen für derartige Ersatzleistungen sind dagegen im § 5 normiert. Danach können nach Abs. 1 Nr. 1 Zuschüsse zur Beschaffung eines Motorfahrzeuges Querschnittgelähmten, 3- und 4-fach Amputierten, Doppel-Beinamputierten Hüftexartikulierten und einseitig Beinamputierten, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich Armamputiert sind sowie anderen Beschädigten gewährt werden, die diesen Personen hinsichtlich der Art und der Schwere der Behinderung gleichzuachten sind. Beschädigte, bei denen diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, die aber hinsichtlich des Ausmaßes der Gehbehinderung den zuvor bezeichneten Personengruppen gleichzuachten sind, können die Zuschüsse nur erhalten, wenn sie ein Krankenfahrzeug mit Handhebelantrieb für den Straßengebrauch wegen Gesundheitsstörungen, Körperschwäche, übergroßen Körpergewichts, oder aus anderen zwingenden gesundheitlichen Gründen nicht benutzen können; dasselbe gilt, wenn wegen bergiger Wohngegend oder wegen außergewöhnlich gefährlicher Verkehrsverhältnisse die Benutzung eines solchen Fahrzeugs nicht möglich ist. Abs. 2 des § 5 VO zu §§ 11, 13, 15 BVG schreibt weiterhin vor, daß Beschädigte, die nicht Empfänger einer Pflegezulage mindestens nach Stufe III sind, die Zuschüsse nach § 2 Nr. 1 nur an Stelle eines handbetriebenen Krankenfahrzeugs für den Straßengebrauch erhalten können.
Von diesen Vorschriften ausgehend war festzustellen, daß der Beklagte zu Recht im Rahmen seines Ermessens den Anspruch des Klägers auf Ersatzleistungen in der Form eines Zuschusses zur Beschaffung eines Motorfahrzeuges abgelehnt hat, weil er nicht zu dem in § 5 VO aufgeführten Personenkreis gehört. Die Art seiner Schädigungsfolgen mit "Teillähmung und sensibler Reizerscheinungen an den Beinen, Störung der Blasen-, Mastdarm- und Geschlechtsfunktion nach Verwundung im Bereich des 5. Lendenwirbels mit anschließender Knocheneiterung (4. und 5. Lendenwirbel) und deformierenden Veränderungen an der mittleren und unteren Lendenwirbelsäule” mit einem Grad der MdE um 80 v.H. gestatten es nicht, die in § 5 Abs. 1 Nr. 1 VO normierten Tatbestandsmerkmale, die einen unbestimmten Rechtsbegriff beinhalten, als erfüllt anzusehen Zutreffend hat insoweit Oberreg. Medizinalrat Dr. R. aufgrund der Befunde angenommen, daß die Einschränkung der Gehfähigkeit nicht so stark sei, um den Kläger mit einem besonders schwer gehbehinderten Beschädigten gleichzustellen. Eine Feststellung, von deren Richtigkeit sich der Senat durch die Anwesenheit des Klägers im Termin überzeugen konnte, und die im übrigen bereits auch die Vorderinstanz getroffen hat. Damit hat sie ebenso wie der Beklagte verneint, daß die Voraussetzungen für Ersatzleistungen gem. § 5 der VO vorliegen. Bei dieser richtigen Annahme war es damit nicht angängig, den begehrten Zuschuß zuzusprechen, da nur bei Vorliegen der beschriebenen Tatbestandsmerkmale der Anspruch gegeben ist. Darunter fällt jedoch nicht, worauf der Beklagte zu Recht hingewiesen hat, die Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen der durch eine Schädigungsfolge verursachten Geruchsbelästigung. Ein solches Tatbestandsmerkmal führt der Katalog des § 5 Abs. 1 VO nicht auf. Er beschränkt vielmehr den Personenkreis für einen derartigen Zuschuß allein auf schwer gehbehinderte Beschädigte. Dabei steht im Vordergrund, daß die Schwere der Schädigungsfolgen die Notwendigkeit, ein handbetriebenes Krankenfahrzeug in Anspruch zu nehmen, erforderlich macht. Darüber hat sich das Vordergericht hinweggesetzt und die Vorschrift unzutreffend ausgelegt. Dem Gesetzgeber obliegt es allein, durch Erweiterung der gesetzlichen Bestimmungen den Kreis der Anspruchsberechtigten auch auf solche Personen auszudehnen, die wie der Kläger unter Störungen der Blasen- und Mastdarmfunktion leiden. Solange das nicht geschehen ist, muß der Anspruch versagt bleiben. Ferner hat das Vordergericht eine unzutreffende Bewertung der Schädigungsfolgen vorgenommen, wenn es von einer kompletten Querschnittslähmung ausgegangen ist. Zu Recht wird von Dr. S. insoweit darauf hingewiesen, das die Störung der Blasen- und Mastdarmfunktion mit der Gefahr des unwillkürlichen Stuhl- und Urinabgangs lediglich gestatte, ihn bei der Art und Schwere dieser Behinderung hinsichtlich der Lieferung einem Schaumgummimatratze als einen gleichzuachtenden Berechtigten anzusehen, ohne ihn selbst damit als Querschnittgelähmten einzustufen. Wenn er damit im Rahmen des § 4 Ziff. 20 a.F. oder Ziff. 19 n.F. der VO zu § 13 BVG wegen der Art und der Schwere der Behinderung einem Querschnittgelähmten gleichzuachten ist, führt das jedoch nicht zwangsläufig dazu, ihn auch im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 VO zu §§ 11, 13, 15 BVG als einen solchen anzusehen. Im ersteren Fall ist es die Blasen- und Mastdarmfunktion mit der Gefahr des unwillkürlichen Stuhl- und Urinabganges, der im Liegen zu einer laufenden Schädigung der Haut und der Weichteile am Gesäß und am Rücken führen kann und eine solche Gleichstellung erforderlich macht, während es in § 5 Abs. 1 Nr. 1 allein auf die Gehfähigkeit ankommt, die so stark eingeschränkt sein muß, daß die Voraussetzungen für die Benutzung eines handbetriebenen Krankenfahrzeuges erfüllt sind.
Der Beklagte hat nach alledem den Bescheid vom 11. Juni 1969 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 1969 unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorschriften erlassen, so daß ein Ermessensfehler nicht nachzuweisen ist. Damit war der Berufung stattzugeben.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Bei dem 1912 geborenen Kläger, der als Bankkaufmann in der Filiale in M. der Genossenschaftlichen Zentralbank F. tätig ist, waren mit Umanerkennungsbescheid vom 28. Juni 1951 mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 60 v.H. als Schädigungsfolgen anerkannt gewesen:
"Restzustand einer Querschnittlähmung nach Granatsplitterverletzung am 5. Lendenwirbel mit Schwäche im rechten Bein und Blasen-Mastdarmbeschwerden”.
Die auf seine Anträge ergangenen Bescheide vom 25. Februar 1952 und 10. Juli 1958 hatten sowohl eine wesentliche Änderung der Verhältnisse als auch ein berufliches Betroffensein gemäß § 30 Abs. 2 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) verneint.
Erst der am 27. November 1963 gestellte Erhöhungsantrag, der mit dem Gutachten des Dr. D. vom 1. Februar 1964 begründet worden ist, führte nach der innerfachärztlichen Äußerung des Facharztes für innere Krankheiten Dr. W. vom 7. Juli 1964 zu dem Bescheid vom 14. September 1964, mit dem der Grad der MdE auf 80 v.H. ab 1. November 1963 festgesetzt worden ist. Die Schädigungsfolgen sind darin mit
"Teillähmung und sensible Reizerscheinungen an den Beinen, Störung der Blasen-, Mastdarm- und Geschlechtsfunktion nach Verwundung im Bereich des 5. Lendenwirbels mit anschließender Knocheneiterung (4. und 5. Lendenwirbel) und deformierenden Veränderungen an der mittleren und unteren Lendenwirbelsäule”
bezeichnet worden.
Gleichseitig wurde die Erteilung eines Zugunstenbescheides abgelehnt.
Auf den Widerspruch des Klägers stellte der ablehnende Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 1965 fest, es läge kein Bescheid vor, dessen Bindung gem. § 40 VerwVG zu durchbrechen wäre. Die bindenden Bescheide vom 28. Juni 1951 und 25. Februar 1952 wären von einer zutreffenden Bewertung des Grades der MdE mit 60 v.H. ausgegangen.
Mit weiterem Bescheid vom 3. April 1968 und Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 1969 ist die Erteilung eines Zugunstenbescheides gem. § 40 VerwVG abgelehnt worden, da sich die Potenzstörung erst in den vergangenen Jahren verschlimmert hätte.
Der Kläger bezieht mit Bescheid vom 27. Juli 1973 ab 1. Oktober 1973 eine Kleiderverschleißzulage von monatlich 42,– DM, der die Bewertungszahl von 38 nach § 1 der DVO zu § 15 BVG Nr. 17 zugrunde liegt. Vorausgegangen waren die Bescheide vom 22. März 1960, 21. Mai 1962 und 22. März 1965.
Er beantragte am 24. August 1965 bei der Orthopädischen Versorgungsstelle des Versorgungsamtes Frankfurt/Main die Gewährung eines Zuschusses zur Beschaffung eines Motorfahrzeuges, da er unter erheblicher Gehbehinderung und schweren Verdauungsstörungen leide. Die unkontrollierbare Stuhlentleerung gestatte es nicht, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.
Dazu vertrat mit der gutachtlichen Äußerung vom 31. Januar 1966 Oberreg. Medizinalrat Dr. R. die Ansicht, die Einschränkung der Gehfähigkeit sei nicht so stark, daß dadurch die Voraussetzungen für die Benutzung eines handbetriebenen Krankenfahrzeuges erfüllt würden.
Der hiernach erteilte Bescheid vom 11. Juni 1969 stellte fest, der Kläger sei hinsichtlich der Art und Schwere der Behinderung oder hinsichtlich des Ausmaßes der Gehbehinderung den in § 5 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung zu §§ 11 und 13 BVG genannten Beschädigten nicht gleichzuachten. Es bestünde daher keine Möglichkeit, einen Zuschuß zu den Beschaffungskosten eines Motorfahrzeuges zu gewähren.
Mit dem Widerspruch machte er geltend, er sei Querschnittgelähmter, so daß ohne weitere Prüfung der Zuschuß zu gewähren sei. Sollte das nicht angenommen werden verlangten die anerkannten Schädigungsfolgen jedoch, daß er einem Beschädigten gleichzuachten sei, der Hüftamputierter oder dauernd außerstande sei, ein Kunstbein zu tragen.
Der Widerspruchsbescheid vom 5. August 1969 führte dazu nach Anhörung des Dr. M. aus, bei dem Kläger handele es sich nur um eine Teillähmung des rechten Beines. Der Gang könne lediglich als nur leicht behindert angesehen werden. Die Störungen der Mastdarmfunktion, die im Vordergrund der Beschwerden stünden, seien nicht Folge einer Querschnittslähmung, sondern der Verletzung der zuführenden peripheren Nerven zu diesem Darmteil. Die Ablehnung des Antrags auf Gewährung eines Zuschusses zur Beschaffung eines Motorfahrzeuges sei damit keine fehlerhafte Ermessensentscheidung.
In dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Darmstadt hat der Kläger unter Bezugnahme auf den ärztlichen Befund des Dr. D. vorgetragen, die bei ihm bestehende Querschnittslähmung gestatte die Gewährung eines Zuschusses zur Beschaffung eines Notarfahrzeuges. Es sei ihm wegen der Entleerungsstörung von Blase und Mastdarm als Folge einer partiellen Querschnittlähmung nicht möglich, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.
Demgegenüber hat der Beklagte geltend gemacht, die Gewährung des Zuschusses zur Beschaffung eines Motorfahrzeuges setze u.a. eine starke Gehbehinderung voraus, die die Benutzung eines handbetriebenen Krankenfahrzeuges erfordere. Der Kläger sei jedoch nicht auf die Benutzung eines derartigen Fahrzeuges angewiesen. Sein Gang sei nur leicht behindert.
Mit Urteil vom 21. Dezember 1970 hat das Sozialgericht unter Aufhebung der Bescheide vom 11. Juni und 5. August 1969 den Beklagten verurteilt, Zuschuß zur Beschaffung eines Personenkraftwagens in Höhe von 2.000,– DM zu gewähren. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, wenn der Kläger auch nicht aufgrund der anerkannten Schädigungsfolgen als Querschnittgelähmter anzusehen sei, so sei es doch gerechtfertigt, ihn den unter Ziff. 1 des § 5 VO zu §§ 11 und 13, 15 BVG genannten Personen gleichzustellen. Das sei deshalb gerechtfertigt, weil die Blasen- und Mastdarmfunktion so behindert sei, daß er keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen könne. Der Beklagte habe daher sein Ermessen hinsichtlich der Gewährung des Zuschusses zur Beschaffung eines Motorfahrzeuges unrichtig ausgeübt. Da bei richtiger Anwendung des Ermessens ein Zuschuß zu gewähren gewesen sei, sei die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung auszusprechen gewesen. Die Berufung sei gem. § 150 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, denn es handele sich um eine einmalige Leistung (§ 144 SGG).
Die vom Kläger beantragte Urteilsberichtigung hat das Sozialgericht durch auf § 138 SGG gestützten. Beschluss vom 1. April 1971 dahingehend vollzogen, daß die Berufung gem. § 150 Abs. 2 SGG zulässig sei, denn es handele sich um eine einmalige Leistung (§ 144 SGG).
Gegen das dem Beklagten am 27. Januar 1971 zugestellte Urteil ist seine Berufung am 25. Februar 1971 bei dem Hessischen Landessozialgericht eingegangen, zu deren Begründung er ausführt, bei der im Streit stehenden Gewährung eines Zuschusses zur Beschaffung eines Motorfahrzeuges handele es sich um eine Kannleistung, auf die kein Rechtsanspruch bestehe und deren Gewährung in das Ermessen der Versorgungsverwaltung gestellt sei. Das Sozialgericht sei daher nicht befugt gewesen, ein Leistungsurteil zu erlassen. Damit habe es unzulässigerweise sein Ermessen an die Stelle desjenigen der Versorgungsbehörde gesetzt. Diese Verletzung stelle einen wesentlichen Verfahrensmangel dar. Ein weiterer wesentlicher Verfahrensmangel liege darin, daß es das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausreichend gewürdigt habe. Es wäre die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich gewesen, da das Sozialgericht die Geruchsbelästigung als allein entscheidungserheblichen Punkt angesehen habe. § 5 Abs. 1 DVO habe den Kreis der besonders schwer gehbehinderten Beschädigten festgelegt, bei dem die Notwendigkeit der Beschaffung eines Motorfahrzeuges nicht zweifelhaft sein könne. Die Voraussetzungen zur Bewilligung eines Zuschusses seien abschließend in § 5 Abs. 1 der VO festgelegt worden. Die Frage der Zumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei dort nicht als Voraussetzung der Bewilligung genannt. Das bedeute, daß die Frage der Zumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel nicht zu prüfen sei, da die Bezuschussung eines Personenkraftwagens völlig unabhängig davon erfolge. Dr. R. habe den Kläger keinesfalls hinsichtlich sämtlicher allgemeiner Verletzungsfolgen einem Querschnittsgelähmten gleichgestellt. Lediglich wegen der nichtkontrollierten Stuhlentleerung sei die Verordnung der Schaumgummimatratze vorgenommen worden.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 21. Dezember 1970 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen,
hilfsweise,
zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und macht ergänzend geltend, die Berufung sei nicht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache ausdrücklich zugelassen worden. Wesentliche Verfahrensmängel seien nicht ersichtlich. Das gelte besonders hinsichtlich der gerügten unzureichenden Sachaufklärung.
Die Versorgungsakten mit der Grundlisten Nr. und die Fahrzeugakte der Orthopädischen Versorgungsstelle F. haben vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakte beider Rechtszüge, der in der mündlichen Verhandlung auszugsweise vorgetragen worden ist, wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 SGG frist- und formgerecht eingelegte Berufung wäre an sich nach § 144 Nr. 1 SGG wegen des Anspruchs auf einmalige Leistung ausgeschlossen, ist aber aufgrund der Zulassung der Berufung nach § 150 Nr. 1 SGG im Urteil zulässig. Daß die Zulassung nicht in der Urteilsformel sondern in den Entscheidungsgründen enthalten ist, stellt kein prozessual fehlerhaftes Verhalten dar (BBG 2, 121 ff.). Denn das SGG schreibt nicht vor, in welcher Form und an welcher Stelle die Zulassung einer an sich nach den §§ 144 bis 149 SGG ausgeschlossenen Berufung auszusprechen ist. Sie muß sich nur eindeutig aus dem Urteil ergeben (BSG 4, 261 ff.). Das ist vorliegend der Fall. Im letzten Absatz der Entscheidungsgründe ist nämlich niedergelegt, daß die Berufung gemäß "§ 150 Abs. 1 SGG” zulässig sei, denn es handele sich um eine einmalige Leistung (§ 144 SGG). Mit dieser bestimmten Formulierung ist eine wirksame Zulassung der Berufung nach § 150 Nr. 1 SGG ausgesprochen, die auch nicht durch die dem Urteil beigefügte Rechtsmittelbelehrung mit dem Hinweis auf § 150 Nr. 2 SGG in Zweifel gestellt wird. Wann die Zulassung, wie hier, den Gründen zu entnehmen ist, so beweist das unwiderleglich, daß die Zulassung zur Zeit der Urteilsverkündung beschlossen war (BSG, Urteil vom 5. September 1958 Az.: 9 RV 892/56; BGB in NJW 1956, 831). Davon hatte der Senat auszugehen, so daß der Berichtigungsbeschluß vom 1. April 1971 hinsichtlich der Zulassung der Berufung rechtlich nicht erheblich sein kann. Der Senat ist insoweit der Ansicht, daß eine nachträgliche Änderung des Ausspruchs der Zulassung zu einer untragbaren Rechtsunsicherheit führt und deshalb nur dann wirksam durch einen Berichtigungsbeschluß vollzogen werden kann, wenn das Urteil hinsichtlich des Ausspruchs offenbar, d.h. für jeden Außenstehenden erkennbar, unrichtig ist. Das ist hier nicht der Fall, weil die Beteiligten wegen des Ausspruchs in den Entscheidungsgründen davon ausgehen konnten, daß die Zulassung der Berufung zur Zeit der Urteilsverkündung beschlossen war.
Selbst wenn man der Ansicht sein sollte, daß das Sozialgericht die Berufung nicht gemäß § 150 Nr. 1 SGG zugelassen hat, wäre sie gleichwohl wegen begründeter wesentlicher Verfahrensmängel nach § 150 Nr. 2 SGG zulässig.
Zutreffend hat der Beklagte solche Mängel gerügt. Sein Vorbringen, das Sozialgericht hätte bei der im Streit stehenden Ermessensentscheidung kein Leistungsurteil erlassen dürfen, ist berechtigt. Nach §§ 11 Abs. 3 BVG, 5 VO zu §§ 11, 13, 15 BVG können Zuschüsse zur Beschaffung eines Motorfahrzeuges (§ 2 Nr. 1) gewährt werden. Die Versorgungsbehörde ist insoweit ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln. In solchen Fällen dürfen die Gerichte, auch wenn sie den ablehnenden Bescheid nicht für begründet halten, die Verwaltung in der Regel nicht zur Leistung verurteilen. Sie dürfen nicht ihr eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens der Verwaltung setzen (BSG 2, 142 ff., 277 ff.; 4, 140 ff.). Gleiches gilt in Falle des § 40 VerwVG, auch hier ist das eingeräumte Ermessen ein Handlungsermessen, nach welchem die Verwaltungsbehörde einen neuen Bescheid erteilen kann. Lediglich wenn der Sachverhalt so liegt, daß bei richtiger Ausübung des Ermessens nur eine Entscheidung möglich ist und jede andere Entscheidung ein Ermessensfehler im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG wäre, ist es möglich, die Kannleistung zuzuerkennen (BSG 7, 46 ff.). Das ist hier nicht der Fall. Daß der Kläger eine Leistung im Sinne von § 54 Abs. 4 SGG begehrt hat, ist dabei ohne Bedeutung, da die Sozialgerichte nicht an die Fassung der Anträge gebunden sind (§ 123 SGG). In entsprechender Anwendung des § 131 Abs. 2 SGG hätte das Sozialgericht den Beklagten nur verurteilen dürfen, dem Kläger über die Gewährung eines Zuschusses zur Beschaffung eines Motorfahrzeuges einen Bescheid zu erteilen. Dabei wäre der Beklagte an die Rechtsauffassung des Gerichte gebunden (BSG 7, 46 ff.). Somit liegt ein Verstoß gegen § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG vor. Da es sich bei dieser Vorschrift um eine solche handelt, die das Verfahren, nämlich die Zulässigkeit der gerichtlichen Nachprüfung von Ermessensentscheidungen betrifft, beinhaltet ihre Verletzung einen wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne des § 150 Nr. 2 SGG (BSG, Urt. vom 20. August 1963 Az.: 8 RV 901/60; Hess. LSG, Urteil vom 14. März 1973 Az.: L-5/V-429/72). Ein solcher liegt auch darin, daß bei einer Anfechtungs- und Aufhebungsklage, wie sie zwar vorlag, nicht eine Umdeutung in eine Leistungsklage erfolgen darf, wenn es sich um eine Kannleistung handelt, es sei denn, daß eine andere Entscheidung denkbar wäre.
Ein weiterer wesentlicher Verfahrensmangel, dessen Vorliegen der Beklagte ebenfalls gerügt hat ist darin zu sehen, daß das Vordergericht es unterlassen hat, notwendige Beweise von Amts wegen zu erheben (§§ 103, 106 SGG). Hierzu hätte es sich bei seiner die Entscheidungsgründe tragenden Argumentation gedrängt fühlen müssen, worauf der Beklagte mit Recht hingewiesen hat. Das gilt um so mehr, als die Behauptung des Klägers, er könne wegen der Unkontrollierbarkeit der Blasen- und Mastdarmfunktionen keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen, mit dem tatsächlichen Inhalt der Akten nicht im Einklang steht. Ein solcher Zustand mag vielleicht in den früheren Jahren bestanden haben, war jedoch im Jahre 1966 schon nicht mehr in diesem von ihm behaupteten Ausmaß gegeben. Aus dem Gutachten betreffend die Kapitalabfindung vom 17. Mai 1966 folgt vielmehr, daß die Störungen im Blasen- und Mastdarmbereich sich im Laufe der Jahre etwas zurückgebildet hatten. Das diese Rückbildung und Besserung des Befundes sich fortgesetzt hat, hätte der Vorderrichter dem Kurgutachten der Versorgungskuranstalt W. vom April 1969 entnehmen können, zu dessen Vorgeschichte der Kläger keine diesbezüglichen Beschwerden angegeben hat. Der dort erhobene ärztliche Befund enthält insoweit ebenfalls keine Feststellungen. Das läßt den Schluß zu, daß damals Störungen im Blasen- und Mastdarmbereich nicht vordergründig waren und auch nicht so gravierend von dem Kläger empfunden worden sind, wie das das Sozialgericht ohne weitere Prüfung angenommen hat. Über das Ausmaß der nach seiner Ansicht entscheidungserheblichen Geruchsbelästigung hätte es ferner durch Anhörung von Zeugen oder durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis erheben müssen und hätte sich nicht auf seine eigene Sachkunde verlassen dürfen. Insoweit hat es sein Urteil nicht aus dem Gesamtinhalt der ihm vorliegenden Akten geschöpft (§ 128 SGG), worauf der Beklagte zutreffend mit seiner Rüge hingewiesen hat.
Die Berufung ist auch begründet.
Der Bescheid vom 11. Juni 1969, der in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 1969 Gegenstand der Klage geworden ist (§ 95 SGG), ist zu Recht ergangen.
Rechtsgrundlage ist vorliegend die Verordnung zur Durchführung des § 11 Abs. 3 und der §§ 13 und 15 des BVG vom 18. Dezember 1967, deren § 2 Ziff. 1 bestimmt, daß als Ersatzleistungen ein Zuschuß bis zu 2.000,– DM zur Beschaffung eines Motorfahrzeuges gewährt werden können. Die Voraussetzungen für derartige Ersatzleistungen sind dagegen im § 5 normiert. Danach können nach Abs. 1 Nr. 1 Zuschüsse zur Beschaffung eines Motorfahrzeuges Querschnittgelähmten, 3- und 4-fach Amputierten, Doppel-Beinamputierten Hüftexartikulierten und einseitig Beinamputierten, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich Armamputiert sind sowie anderen Beschädigten gewährt werden, die diesen Personen hinsichtlich der Art und der Schwere der Behinderung gleichzuachten sind. Beschädigte, bei denen diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, die aber hinsichtlich des Ausmaßes der Gehbehinderung den zuvor bezeichneten Personengruppen gleichzuachten sind, können die Zuschüsse nur erhalten, wenn sie ein Krankenfahrzeug mit Handhebelantrieb für den Straßengebrauch wegen Gesundheitsstörungen, Körperschwäche, übergroßen Körpergewichts, oder aus anderen zwingenden gesundheitlichen Gründen nicht benutzen können; dasselbe gilt, wenn wegen bergiger Wohngegend oder wegen außergewöhnlich gefährlicher Verkehrsverhältnisse die Benutzung eines solchen Fahrzeugs nicht möglich ist. Abs. 2 des § 5 VO zu §§ 11, 13, 15 BVG schreibt weiterhin vor, daß Beschädigte, die nicht Empfänger einer Pflegezulage mindestens nach Stufe III sind, die Zuschüsse nach § 2 Nr. 1 nur an Stelle eines handbetriebenen Krankenfahrzeugs für den Straßengebrauch erhalten können.
Von diesen Vorschriften ausgehend war festzustellen, daß der Beklagte zu Recht im Rahmen seines Ermessens den Anspruch des Klägers auf Ersatzleistungen in der Form eines Zuschusses zur Beschaffung eines Motorfahrzeuges abgelehnt hat, weil er nicht zu dem in § 5 VO aufgeführten Personenkreis gehört. Die Art seiner Schädigungsfolgen mit "Teillähmung und sensibler Reizerscheinungen an den Beinen, Störung der Blasen-, Mastdarm- und Geschlechtsfunktion nach Verwundung im Bereich des 5. Lendenwirbels mit anschließender Knocheneiterung (4. und 5. Lendenwirbel) und deformierenden Veränderungen an der mittleren und unteren Lendenwirbelsäule” mit einem Grad der MdE um 80 v.H. gestatten es nicht, die in § 5 Abs. 1 Nr. 1 VO normierten Tatbestandsmerkmale, die einen unbestimmten Rechtsbegriff beinhalten, als erfüllt anzusehen Zutreffend hat insoweit Oberreg. Medizinalrat Dr. R. aufgrund der Befunde angenommen, daß die Einschränkung der Gehfähigkeit nicht so stark sei, um den Kläger mit einem besonders schwer gehbehinderten Beschädigten gleichzustellen. Eine Feststellung, von deren Richtigkeit sich der Senat durch die Anwesenheit des Klägers im Termin überzeugen konnte, und die im übrigen bereits auch die Vorderinstanz getroffen hat. Damit hat sie ebenso wie der Beklagte verneint, daß die Voraussetzungen für Ersatzleistungen gem. § 5 der VO vorliegen. Bei dieser richtigen Annahme war es damit nicht angängig, den begehrten Zuschuß zuzusprechen, da nur bei Vorliegen der beschriebenen Tatbestandsmerkmale der Anspruch gegeben ist. Darunter fällt jedoch nicht, worauf der Beklagte zu Recht hingewiesen hat, die Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen der durch eine Schädigungsfolge verursachten Geruchsbelästigung. Ein solches Tatbestandsmerkmal führt der Katalog des § 5 Abs. 1 VO nicht auf. Er beschränkt vielmehr den Personenkreis für einen derartigen Zuschuß allein auf schwer gehbehinderte Beschädigte. Dabei steht im Vordergrund, daß die Schwere der Schädigungsfolgen die Notwendigkeit, ein handbetriebenes Krankenfahrzeug in Anspruch zu nehmen, erforderlich macht. Darüber hat sich das Vordergericht hinweggesetzt und die Vorschrift unzutreffend ausgelegt. Dem Gesetzgeber obliegt es allein, durch Erweiterung der gesetzlichen Bestimmungen den Kreis der Anspruchsberechtigten auch auf solche Personen auszudehnen, die wie der Kläger unter Störungen der Blasen- und Mastdarmfunktion leiden. Solange das nicht geschehen ist, muß der Anspruch versagt bleiben. Ferner hat das Vordergericht eine unzutreffende Bewertung der Schädigungsfolgen vorgenommen, wenn es von einer kompletten Querschnittslähmung ausgegangen ist. Zu Recht wird von Dr. S. insoweit darauf hingewiesen, das die Störung der Blasen- und Mastdarmfunktion mit der Gefahr des unwillkürlichen Stuhl- und Urinabgangs lediglich gestatte, ihn bei der Art und Schwere dieser Behinderung hinsichtlich der Lieferung einem Schaumgummimatratze als einen gleichzuachtenden Berechtigten anzusehen, ohne ihn selbst damit als Querschnittgelähmten einzustufen. Wenn er damit im Rahmen des § 4 Ziff. 20 a.F. oder Ziff. 19 n.F. der VO zu § 13 BVG wegen der Art und der Schwere der Behinderung einem Querschnittgelähmten gleichzuachten ist, führt das jedoch nicht zwangsläufig dazu, ihn auch im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 VO zu §§ 11, 13, 15 BVG als einen solchen anzusehen. Im ersteren Fall ist es die Blasen- und Mastdarmfunktion mit der Gefahr des unwillkürlichen Stuhl- und Urinabganges, der im Liegen zu einer laufenden Schädigung der Haut und der Weichteile am Gesäß und am Rücken führen kann und eine solche Gleichstellung erforderlich macht, während es in § 5 Abs. 1 Nr. 1 allein auf die Gehfähigkeit ankommt, die so stark eingeschränkt sein muß, daß die Voraussetzungen für die Benutzung eines handbetriebenen Krankenfahrzeuges erfüllt sind.
Der Beklagte hat nach alledem den Bescheid vom 11. Juni 1969 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 1969 unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorschriften erlassen, so daß ein Ermessensfehler nicht nachzuweisen ist. Damit war der Berufung stattzugeben.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
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