L 1 AS 5019/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AS 5351/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 5019/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. August 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit steht die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Oktober 2006 bis 31. Januar 2007.

Die seit unbekanntem Zeitpunkt wohnsitzlose Klägerin bezog nach Aktenlage seit 1997 Leistungen vom Sozialamt S ... Seit Dezember 2004 bemühte sich die Klägerin, ab 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II) zu erhalten, zunächst vom Job Center S. und, nachdem sie ihren Aufenthaltsort nach K. verlegt hatte, von der Beklagten.

Die Klägerin beantragte am 12. Oktober 2005 Leistungen nach dem SGB II, die die Beklagte mit Bescheid vom 17. Oktober 2005 mangels Erwerbsfähigkeit ablehnte. Die Beklagte hatte zuvor das Gutachten der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte im Rahmen eines Ersuchens nach § 5 Abs. 2 Grundsicherungsgesetz vom 26. Januar 2004 vorgelegt, wonach die Klägerin zumindest seit 1. Dezember 2003 auf Dauer voll erwerbsgemindert sei. Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, voll erwerbsfähig zu sein. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2005 zurückgewiesen. Der am 18. Oktober 2005 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin Leistungen nach dem SGB II zu gewähren, wurde mit Beschluss vom 10. November 2005 abgelehnt (Az.: L 14 AS 4088/05 ER).

Am 8. Dezember 2005 beantragte die Klägerin erneut Leistungen nach dem SGB II, die mit Bescheid vom 13. Dezember 2005 abgelehnt wurden. Der durch ihre damalige Bevollmächtigte dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2005 zurückgewiesen. Das dagegen geführte Klageverfahren vor dem SG war erfolglos (Az.: S 14 AS 351/06; Berufungsverfahren vor dem LSG L 1 AS 3846/07).

Die Beklagte bewilligte der Klägerin zunächst mit Bescheid vom 15. August 2006 für die Zeit vom 17. Juli 2006 bis 31. Januar 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe des Regelsatzes. Nachdem die Einigungsstelle nach § 45 SGB II die Zuständigkeit der Stadt Karlsruhe als Träger der Sozialhilfe festgestellt hatte, nahm sie den Bewilligungsbescheid mit Bescheid vom 28. September 2006 ab 1. Oktober 2006 zurück. Dieser Bescheid wurde der Klägerin am 28. September 2006 persönlich ausgehändigt. Am selben Tag legte die Klägerin Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2006 zurückgewiesen wurde.

Dagegen hat die Klägerin am 14. November 2006 Klage zum SG erhoben, ohne diese näher zu begründen.

Mit Gerichtsbescheid vom 24. August 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Voraussetzungen für die Rücknahme der Leistungsbewilligung nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) lägen vor. Die Leistungsbewilligung habe allein auf § 44a Satz 3 SGB II beruht, sei also vorläufig bis zur Entscheidung der Einigungsstelle gewesen. Diese Entscheidung stelle eine wesentliche Änderung der Verhältnisse dar.

Die öffentliche Zustellung des Gerichtsbescheids ist mit Beschluss vom 27. August 2007 verfügt worden; die Benachrichtigung hing vom 27. August bis 1. Oktober 2007 an der Gerichtstafel des SG aus. Mit Verfügung vom 17. Oktober hat das SG sodann die Übersendung des Gerichtsbescheids an eine zwischenzeitlich bekannt gewordene Anschrift der Klägerin (Schlafstelle für Obdachlose) in M. verfügt.

Mit Schreiben vom 19. Oktober 2007, eingegangen beim LSG am gleichen Tag, hat die Klägerin Berufung eingelegt, die sie damit begründet hat, den Gerichtsbescheid des SG nicht erhalten zu haben. Mit Schreiben vom 27. Dezember 2007 hat die Klägerin mitgeteilt, das Verfahren wegen Obdachlosigkeit und Mittellosigkeit nicht betreiben zu können; darüber hinaus belege der Befundbericht der P.-Klinik K. vom 8. Dezember 2005 einen guten Allgemeinzustand. Dies lasse sich nicht mit der Annahme fehlender Erwerbsfähigkeit vereinbaren.

Die Klägerin beantragt, sinngemäß gefasst,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. August 2007 sowie den Bescheid vom 28. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Oktober 2006 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und auch im Übrigen statthaft (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz). Insbesondere hat die Klägerin die Frist für die Einlegung der Berufung gewahrt, unabhängig davon, ob auf den Fristablauf nach öffentlicher Zustellung des Gerichtsbescheids oder auf die Zustellung an die zuletzt bekannte Adresse abgestellt wird. Da eine wirksame öffentliche Zustellung verfügt worden ist, kann sich die Klägerin jedenfalls nicht darauf berufen, den Gerichtsbescheid nicht erhalten zu haben.

Die Berufung ist jedoch schon deshalb unbegründet, weil die Klage mangels ladungsfähiger Anschrift unzulässig geworden ist. Die Klägerin verfügt seit Längerem nicht über eine ladungsfähige Anschrift (§ 92 Abs. 1 Satz 1 SGG; vgl. dazu auch Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 92 Rn. 4 mwN). Mangels jeglichen Kontakts zur Klägerin konnte diese auch nicht aufgefordert werden, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, so dass durch eine Ergänzung der Angaben durch die Klägerin der Zulässigkeitsmangel nicht beseitigt werden konnte.

Darüber hinaus hat das SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids unter zutreffender Zitierung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen schlüssig und ohne Rechtsfehler ausgeführt, weshalb die Entscheidung der Beklagten, die Leistungsbewilligung gegenüber der Klägerin nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) aufzuheben, nicht zu beanstanden ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat zur Begründung auf die Ausführungen des SG insoweit Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG ) und schließt sich diesen nach eigener Prüfung an.

Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren den Entlassungsbericht der P.klinik K. vorgelegt hat, kann darauf eine abweichende Beurteilung ihrer Erwerbsfähigkeit nicht gestützt werden.

Berechtigte nach dem SGB II sind nur Personen, die u.a. erwerbsfähig sind (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB II), d.h. nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbsfähig zu sein (§ 8 Abs. 1 SGB II).

Diesen Nachweis hat die Klägerin bislang nicht erbracht. Die Klägerin wurde nach dem Inhalt des Arztbriefes der P.-Klinik K. zwar in gutem Allgemeinzustand aus der Klinik entlassen, wo sie wegen eines Stauungsödems behandelt worden war. Über ihre Erwerbsfähigkeit kann dem Arztbrief jedoch keine für die Klägerin positive Beurteilung entnommen werden, die zudem auch nicht Gegenstand der Behandlung der Klägerin war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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