Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AL 03035/99
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 2307/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 20. April 2001 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Urteil des Sozialgerichts wie folgt neu gefasst wird: Es wird festgestellt, dass das Klageverfahren S 3 AL 2197/98 durch den gerichtlichen Vergleich vom 06. Oktober 1999 beendet ist.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Rechtsstreit wird geführt über den Umfang des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) wegen Eintritts einer Sperrzeit. Vorrangig ist zu entscheiden, ob ein Prozessvergleich das Klageverfahren beendet hat. Der 1966 geborene Kläger war zuletzt seit 7. März 1995 bei der H. GmbH & Co. KG in R. (H.) als Hilfsarbeiter beschäftigt. Mit Abmahnungen vom 25. April 1996 bzw. 23. Juni 1997 wurde dem Kläger, dessen Arbeitszeit von 14.30 Uhr bis 24.00 Uhr ging, folgendes Verhalten vorgeworfen: Er sei um 23.45 Uhr bzw. 23.40 Uhr von Herrn H. nicht am Arbeitsplatz angetroffen worden, da er sich bereits unter der Dusche befunden habe. Er habe jeweils erst nach dem Duschen abgestempelt. In der Abmahnung vom 23. Juni 1997 behielt sich der Arbeitgeber vor, im Wiederholungsfall das Arbeitsverhältnis zu lösen. Mit Schreiben vom 30. Juni 1997 kündigte die H. dem Kläger zum 31. Juli 1997. Dem Kläger wurde dabei zur Last gelegt, am 24. Juni 1997, also einen Tag nach der zweiten Abmahnung, sich nicht an die vertraglich geschuldete Arbeitszeit ab 14.30 Uhr gehalten zu haben, sondern bereits um 08.28 Uhr die Arbeit angetreten zu haben, wobei er noch einen Kollegen, U. dazu veranlasst habe, ebenfalls - entgegen der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit - bereits um 08.28 Uhr die Arbeit anzutreten. Ab 5. Juni 1997 war der Kläger krankgeschrieben. Er wurde bis zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses unter Anrechnung des noch zustehenden Jahresurlaubs von der Arbeit freigestellt. Sowohl gegen die Abmahnung vom 23. Juni 1997 als auch gegen die Kündigung vom 30. Juni 1997 erhob der Kläger beim Arbeitsgericht Klage (Aktenzeichen: 5 Ca 494/97 bzw. 5 Ca 423/97). Das Arbeitsgericht Freiburg hat die beiden Verfahren mit Beschluss vom 01. Oktober 1997 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27. März 1998 schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich dahingehend, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher Kündigung vom 30. Juni 1997 zum 31. Juli 1997 geendet habe und sich die H. verpflichtete, dem Kläger für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Sozialabfindung in Höhe von 5.000,- DM brutto gleich netto zu zahlen. Am 29. Juli 1997 meldete sich der Kläger beim Arbeitsamt (ArbA) arbeitslos und beantragte Alg. Mit Bescheid vom 3. September 1997 gewährte das Landratsamt dem Kläger ab 26. August 1997 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) als Darlehen. Mit vom Kläger nicht angegriffenem Bescheid vom 30. September 1997 lehnte das ArbA die Gewährung von Alg wegen Eintritts einer Sperrzeit vom 01. August bis 23. Oktober 1997 ab. Mit Bescheid vom 28. August 1997 bewilligte das ArbA Alg ab 24. Oktober 1997 in Höhe von 373,20 DM wöchentlich (Bemessungsentgelt 730,- DM, Leistungsgruppe C, Kindermerkmal 1). Alg wurde gewährt bis 15. November 1997; die Bewilligung der Leistung wurde wegen Arbeitsaufnahme ab (Montag) 17. November 1997 aufgehoben. Mit Bescheid vom 08. Dezember 1997 hob das ArbA wegen Anrechnung eines Nebenverdienstes im Zeitraum 24. Oktober bis 15. November 1997 die Bewilligung von Alg in Höhe von 305,18 DM teilweise auf und forderte die Erstattung des Betrages. Am 11. Mai 1998 beantragte der Kläger im Wege eines Zweitbescheides die Aufhebung des Bescheides vom 30. September 1997 und Gewährung von Alg. Mit Bescheid vom 19. Mai 1998 entschied das ArbA erneut, dass der Kläger für den Zeitraum 01. August bis 23. Oktober 1997 wegen Eintritts einer Sperrzeit von zwölf Wochen keinen Anspruch auf Alg habe, denn er habe gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen, was Anlass für die Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses gewesen sei. Hiergegen erhob der Kläger am 02. Juni 1998 Widerspruch. Auf Befragung des ArbA teilte die Arbeitgeberin unter Vorlage eines Schriftsatzes vom 25. September 1997 aus dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht mit Schreiben vom 25. Juni 1998 mit, der Kläger habe sich auch nach der zweiten Abmahnung arbeitsvertragswidrig verhalten; er habe versucht, seine Arbeitskollegen dahingehend zu beeinflussen, dass diese künftig keine Nachtschicht mehr verrichteten. Der Kläger selbst habe erklärt, künftig nicht mehr bereit zu sein, seine Arbeitsvertragspflichten hinsichtlich der Erbringung von Arbeitsleistung in der Nachtschicht zu erfüllen. Mit Widerspruchsbescheid vom 07. Juli 1998 wies das ArbA den Widerspruch zurück. Dagegen erhob der Kläger am 27. Juli 1998 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Auf Befragung teilte die H. mit Schreiben vom 19. November 1998 folgendes mit: Der Kläger habe eine Arbeitszeit von 14.30 Uhr bis 24.00 Uhr geschuldet. Am 23. April 1996 habe er seinen Arbeitsplatz vorzeitig verlassen, geduscht und erst danach seine Arbeitszeit abgestempelt. Hierfür sei er mit Datum vom 25. April 1996 abgemahnt worden. Am 19. Juni 1997 habe er ebenfalls seinen Arbeitsplatz vorzeitig verlassen und erst nach dem Duschen um 00.19 Uhr abgestempelt. Hierfür sei er mit Datum vom 23. Juni 1997 abgemahnt worden. Am 24. Juni 1997 habe er seine Arbeit um 08.28 Uhr angetreten; ab dem 25. Juni 1997 sei er arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Am 24. Juni 1997 habe der Kläger den U. veranlasst, mit ihm zusammen um 08.28 Uhr die Arbeit antreten zu wollen; auch U. habe die Arbeit erst um 14.30 Uhr antreten müssen. Der Kläger schilderte den Vorfall am 19. Juni 1997 anders. Er habe am 23. Juni 1997 mit Herrn H. vereinbart, am nächsten Tag um 08.30 Uhr die Arbeit anzutreten. Den U. habe er lediglich mit seinem Fahrzeug zum Arbeitsplatz mitgenommen. In der mündlichen Verhandlung am 06. Oktober 1999 schlossen die Beteiligten einen Vergleich dahingehend, dass die Sperrzeit auf sechs Wochen, beginnend ab 01. August 1997 verkürzt wird; für die übrigen sechs Wochen habe die Beklagte Alg zu bewilligen. Mit Bescheid vom 18. Oktober 1999 bewilligte das ArbA Alg für die Zeit vom 12. September bis 23. Oktober 1997 in Höhe von 373,20 DM. Ebenfalls mit Bescheid vom 18. Oktober 1999 hob das ArbA die Bewilligung von Alg für den Zeitraum 15. September bis 26. Oktober 1997 wegen Anrechnung von Nebenverdienst in Höhe von 693,31 DM auf und forderte die Erstattung dieses Betrages. Die Erstattungsforderung wurde von der Nachzahlung einbehalten, sodass lediglich 1545,89 DM zur Auszahlung gelangten. Gegen den Aufhebungsbescheid erhob der Kläger am 08. November 1999 Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 03. Februar 2000 wies das ArbA den Widerspruch zurück. Hiergegen erhob der Kläger am 02. März 2000 Klage zum SG (Az.: S 3 AL 689/00). Mit Beschluss vom 21. März 2000 setzte das SG das Verfahren aus. Am 13. Oktober 1999 hatte der Kläger den gerichtlichen Vergleich vom 06. Oktober 1999 wegen "Irrtums" nach § 119 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) angefochten und beantragt, das Verfahren fortzusetzen. Vor Zustimmung zum Vergleich habe sich der Bevollmächtigte des Klägers, ein zugelassener Rechtsanwalt, beim Vertreter der Beklagten nach den Auswirkungen des Vergleichs auf die bezogene Sozialhilfe erkundigt. Der Vertreter der Beklagten habe zurückgefragt, ob dem Kläger Sozialhilfe auf Darlehensbasis gewährt worden sei, was bejaht worden sei. Daraufhin habe der Bevollmächtigte der Beklagten mitgeteilt, dass der Kläger dann vom Darlehen nichts zurückzahlen müsse. Für die sechs Wochen, für die die Sperrzeit nicht mehr bestehe, bekäme er hingegen den die Sozialhilfe übersteigenden Betrag. Aufgrund dieser Erklärungen des Bevollmächtigten der Beklagten sei der Kläger davon ausgegangen, dass sich die Sperrzeit nur auf das Alg, nicht aber auf die Sozialhilfe beziehe, daher insgesamt keine Sozialhilfe zurückzuzahlen sei, sondern er die Differenz zwischen Sozialhilfe und Alg für sechs Wochen erhalte. Dies sei für den Kläger ausschlaggebend gewesen, dem Vergleich zuzustimmen. Mit Schreiben vom 08. November 1999 habe jedoch das Landratsamt die für den Zeitraum 26. August bis 12. September 1997 gewährte Sozialhilfe im Betrag von 1.108,20 DM zurückgefordert. Mit Urteil vom 20. April 2001 hat das SG zum einen festgestellt, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 06. Oktober 1999 nicht rechtswirksam abgeschlossen worden sei, zum anderen hat es die Klage gegen den Bescheid vom 19. Mai 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Juni 1998 abgewiesen. Zur Begründung hat es dargelegt, der Kläger habe sich in einem für den Vergleichsabschluss wichtig gewesenen Umstand in einem rechtlich beachtlichen Motivirrtum befunden. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 1998 sei rechtmäßig. Der Kläger habe sich arbeitsvertragswidrig verhalten und damit grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Gegen das seinem Bevollmächtigten gegen Empfangsbekenntnis am 09. Mai 2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 31. Mai 2001 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, die zeitliche Wirkung der Abmahnung vom 25. April 1996 habe sich nach Ablauf eines Jahres erschöpft und könne für die Kündigung vom 30. Juni 1997 nicht mehr herangezogen werden. Bezüglich des Vorfalls am 19. Juni 1997 sei richtigzustellen, dass er seinen Arbeitsplatz nicht zwanzig Minuten, sondern lediglich fünf Minuten vor Ablauf der Arbeitszeit zum Duschen verlassen habe. Dieser Sachverhalt sei mit der Abmahnung vom 23. Juni 1997 arbeitsrechtlich geahndet worden und könne somit vom Arbeitgeber nicht mehr zum Anlass einer Kündigung herangezogen werden. Nach dem 19. Juni 1997 habe er sich strikt vertragsgemäß verhalten. Im Übrigen sei mit der Berufung lediglich die Ziff. 2 des Tenors des Urteils des SG vom 20. April 2001 angefochten, nicht jedoch die Feststellung, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 06. Oktober 1999 nicht rechtswirksam beendet worden sei. Das Urteil des ersten Rechtszuges dürfe nur insoweit abgeändert werden, als er eine Abänderung begehre. Der Kläger beantragt, unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Freiburg vom 20. April 2001 und des Bescheides vom 19. Mai 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Juli 1998 die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01. August bis 23. Oktober 1997 Arbeitslosengeld unter Anrechnung der bereits bewilligten und gezahlten Leistungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, den früheren Arbeitgeber H. zu den beiden der Abmahnung zugrunde liegenden Sachverhalten zu hören.
Sie hält an ihrer Auffassung fest, dass der Kläger durch vertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Arbeitsverhältnisses gegeben und dadurch grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt habe. Als vertragswidriges Verhalten seien nicht die Vorgänge, die den Abmahnungen zugrunde lägen, sondern auch die eigenmächtige Vorverlegung der Arbeitszeit am 24. Juni 1997 zu berücksichtigen. Hinzu komme, dass er einen Kollegen dazu angestiftet habe, seinem Beispiel zu folgen. Der Berichterstatter hat im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 25. September 2001 mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage erörtert. Wegen der weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die beigezogene Akte des Arbeitsgerichts, die Klageakten des SG Freiburg (S 3 AL 2197/98, S 3 AL 3035/99, S 3 AL 689/00) sowie die Berufungsakte des Senats (L 13 AL 2307/01) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Die Berufung des Klägers ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 SGG) sowie statthaft (§ 143 SGG). Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Begehren des Klägers, in Fortsetzung des Verfahrens des SG (S 3 AL 2197/98) dessen Urteil vom 20. April 2001 abzuändern und nach dem Klageantrag zu entscheiden, muss ohne Erfolg bleiben. Der geltend gemachte Anspruch auf Alg für den Zeitraum 1. August bis 23. Oktober 1997 konnte vom Senat nicht überprüft werden, weil der Rechtsstreit durch den Prozessvergleich vom 6. Oktober 1999 erledigt ist. Zunächst steht es nicht in der Macht des Klägers, seine Berufung auf die Ziff. 2 des Urteilstenors zu beschränken mit dem Ziel, den Senat an einer Überprüfung der Ziff. 1 des Urteilstenors zu hindern; darin hat das SG festgestellt, dass das Verfahren S 3 AL 2197/98 durch den Vergleich vom 6. Oktober 1999 nicht rechtswirksam abgeschlossen worden ist. Ob der Prozessvergleich den im Klageverfahren verfolgten prozessualen Anspruch vollständig erledigt hat (§ 101 Abs. 1 SGG) und die Rechtshängigkeit der Klage entfallen ist, ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung, die nicht der Disposition der Beteiligten im Wege einer Rechtsmittelbeschränkung unterliegt. Die Entscheidung über die Ziff. 2 des Urteilstenors setzt denknotwendig voraus, dass der Rechtsstreit insoweit noch rechtshängig ist. Eine Feststellung des vom SG verkündeten Inhalts wäre allenfalls als Zwischenurteil in Betracht gekommen; durch Endurteil kann lediglich die Feststellung getroffen werden, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich erledigt ist, andernfalls muß ohne gesonderten Ausspruch zur Nichterledigung über den noch rechtshängigen Anspruch entschieden werden. Zu Unrecht geht das SG im Urteil vom 20. April 2001 davon aus, dass der Prozessvergleich vom 06. Oktober 1999 gemäß § 119 Abs. 2 BGB wegen eines "beachtlichen Motivirrtums" mit Erklärung vom 11. Oktober 1999 wirksam angefochten worden sei. Ein Vergleich, den die Beteiligten zur Erledigung des geltend gemachten Anspruches - wie hier - ordnungsgemäß zur Niederschrift des Gerichts schließen, beendet den Rechtsstreit (§§ 101 Abs. 1, 185, 195, 199 SGG). Bei dem Vergleich vom 06. Oktober 1999 handelt es sich um einen Prozessvergleich im Sinne des § 101 Abs. 1 SGG. Das SGG enthält keine Definition des Vergleichs. Es setzt diese als bekannt voraus. Eine solche findet sich in §§ 779 Abs. 1 BGB. Danach ist ein Vergleich ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (vgl. auch § 54 Abs. 1 Zehntes Sozialgesetzbuch - SGB X -). So war es hier. Die Beklagte beschränkte die mit Bescheid vom 19. Mai 1998 "bestätigte" Sperrzeit von zwölf Wochen auf die Hälfte beginnend ab 01. August 1997; sie verpflichtete sich weiter, für die folgenden sechs Wochen dem Kläger Alg zu bewilligen. Der Kläger wiederum beschränkte sein Begehren auf die Gewährung von Alg auf den Zeitraum von sechs Wochen beginnend mit Ablauf der sechswöchigen Sperrzeit. Sodann haben die Beteiligten sich über die Kostenerstattung geeinigt und den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Nach der herrschenden Meinung in Rechtsprechung (RGZ 161, 253, 255; BGHZ 28, 171, 172; BSGE 19, 112, 115; BSG SozR 1500 § 101 Nr. 8; BVerwG Buchholz 310 § 106 VwGO Nr. 17) und Schrifttum (z.B. Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 6. Aufl., § 101 Rdnr. 4) hat der Vergleich eine Doppelnatur. Er ist einerseits ein materiell-rechtlicher Vertrag und andererseits Prozesshandlung. Die Unwirksamkeit eines gerichtlichen Vergleichs kann daher darauf beruhen, dass entweder der materiell-rechtliche Vertrag nichtig oder wirksam angefochten ist oder die zum Abschluss des Vergleichs notwendigen Prozesshandlungen nicht wirksam vorgenommen worden sind. Anhaltspunkte dafür, dass die Prozesshandlungen der Beteiligten - die jeweilige Annahme des Vergleichsvorschlags des Gerichts vom 06. Oktober 1999 - nicht wirksam vorgenommen worden sein könnten, liegen nicht vor. Die Unwirksamkeit des abgeschlossenen Prozessvergleichs folgt nicht bereits aus § 779 BGB. Gemäß diesem Unwirksamkeitstatbestand ist ein Prozessvergleich von vornherein nichtig, wenn der nach dessen Inhalt als feststehend zu Grunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und Streit oder Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden wäre. Dem liegt die Annahme zu Grunde, dass die Verfahrensbeteiligten für eine vergleichsweise Regelung einen Rahmen nicht streitiger Umstände schaffen, die sie zur wesentlichen Grundlage der Streitbeilegung erheben. Vorliegend fehlt es aber schon an objektiven, übereinstimmenden Beteiligtenerklärungen dahingehend, dass ein bestimmtes arbeitsvertragswidriges Verhalten des Klägers zur festen Grundlage der Vereinbarung gemacht werden sollte; der der Kündigung zu Grunde liegende Sachverhalt blieb zwischen den Beteiligten umstritten. Der Vergleich ist auch nicht durch eine erfolgreiche Anfechtung wegen Irrtums unwirksam geworden. Ob die Prozesserklärungen, die ihn begründen, aus diesem Grund überhaupt angefochten werden können (BSG SozR Nr. 3 zu § 119 BGB; BSG 1500 § 101 Nr. 2), braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden. Der materiell-rechtliche Vergleich kann grundsätzlich entsprechend den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über die Anfechtung einer Willenserklärung mit Auswirkungen auf den gesamten Prozessvergleich beseitigt werden (BSGE 7, 280; 19, 114, 115, 116; BSG, Urteil vom 01. April 1981 - 9 RV 43/80 -, SozVers 1981, 243 ff.). Der Kläger hat sich nach seiner Darstellung über die Folgen des Vergleichs geirrt. Er sei bei Zustimmung zu diesem Vergleich davon ausgegangen, dass die darlehensweise gewährte Sozialhilfe von diesem Vergleich unberührt bliebe und nicht zurückgezahlt werden müsse. Ein solcher Irrtum lag jedoch zur Überzeugung des Senats nicht vor. Mit Bescheid des Landratsamts Ortenaukreis - Kreissozialamt - vom 03. September 1997 wurde ihm, seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG als Darlehen ab 26. August 1997 gewährt. Mit Bewilligungsbescheid vom 08. September 1997 bewilligte das Landratsamt Ortenaukreis - Kreissozialamt - dem Kläger und seiner Familie laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG ab 24. Oktober 1997 als Beihilfe. Dieser Bescheid enthielt unter "Bemerkungen" den Hinweis, dass das Kreissozialamt beim ArbA Erstattung nach § 104 SGB X ab 26. August 1997 bis 23. Oktober 1997 geltend gemacht hat und dass, sofern dieser Zeitraum in eine Sperrzeit fiel, der als Darlehen gewährte Aufwand des Kreissozialamtes bis 23. Oktober 1997, zurückgefordert werde. Dementsprechend hat das Landratsamt Ortenaukreis - Kreissozialamt - dann auch mit Schreiben vom 08. November 1999 die in dem Zeitraum 26. August bis 12. September 1997 als Darlehen gewährte Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG in Höhe von 1.108,20 DM zurückgefordert. Nach dem eindeutigen Hinweis in dem Bewilligungsbescheid des Landratsamts Ortenaukreis vom 08. September 1997 musste schon dem Kläger, erst recht aber dem rechtskundigen Bevollmächtigten des Klägers – auf ihn ist gemäß § 166 Abs. 1 BGB abzustellen - klar sein, dass der Vergleich vom 06. Oktober 1999, der zum Inhalt hatte, dass der Anspruch auf Alg in dem vom Kreissozialamt genannten Zeitraum 26. August bis 23. Oktober 1997, nämlich vom 01. August bis 12. September 1997, wegen einer Sperrzeit ruhte, zur Folge haben würde, dass das Kreissozialamt die auf diesen Zeitraum entfallende und als Darlehen gewährte Sozialhilfe zurückfordern würde. Aber selbst wenn man davon ausgeht, dass sich der Kläger und sogar sein rechtskundiger Bevollmächtigter bei Vergleichsabschluss über diese Folgen des Vergleichs geirrt hätte und bei ihnen die Vorstellung vorlag, Nachteile bezüglich der bezogenen Sozialhilfe entstünden nicht, würde dieser Irrtum nicht zur Anfechtung des Vergleichs nach § 119 BGB berechtigen. Keineswegs stellt diese irrige Vorstellung einen Irrtum im Erklärungsakt im Sinne des § 119 Abs. 1 2. Alternative BGB dar, d.h. im Sinne des Versagens beim Umsetzen des Erklärungswillens, ebensowenig einen Irrtum über den Inhalt der Erklärung im Sinne des § 119 Abs. 1, 1. Alternative BGB, d.h. einen Irrtum der Art, dass die Erklärung des Inhalts, wie er objektiv zu verstehen ist, überhaupt nicht gewollt war. Er ist aber auch kein Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften einer Sache oder Person im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB. Hätte sich der Kläger bei Vergleichsabschluss über die Folgen des Vergleichs in dem von ihm dargelegten Sinne geirrt, beträfe dies vielmehr allein den Beweggrad für die Vergleichsbereitschaft und damit den Vorgang der Willensbildung. Damit hat allenfalls ein im Rahmen des § 119 BGB unbeachtlicher Motivirrtum vorgelegen. Ebensowenig kann der Kläger den Vergleich nach § 123 Abs. 1 BGB anfechten. Denn es spricht nichts dafür, dass er zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden wäre. Nach alledem ist, was durch die Neufassung des angegriffenen Urteils zum Ausdruck gebracht wird, der Prozessvergleich vom 06. Oktober 1999 wirksam und hat den Rechtsstreit beendet. Der Senat ist deshalb daran gehindert, materiell-rechtlich zu prüfen, ob der Bescheid vom 19. Mai 1998 rechtmäßig ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Rechtsstreit wird geführt über den Umfang des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) wegen Eintritts einer Sperrzeit. Vorrangig ist zu entscheiden, ob ein Prozessvergleich das Klageverfahren beendet hat. Der 1966 geborene Kläger war zuletzt seit 7. März 1995 bei der H. GmbH & Co. KG in R. (H.) als Hilfsarbeiter beschäftigt. Mit Abmahnungen vom 25. April 1996 bzw. 23. Juni 1997 wurde dem Kläger, dessen Arbeitszeit von 14.30 Uhr bis 24.00 Uhr ging, folgendes Verhalten vorgeworfen: Er sei um 23.45 Uhr bzw. 23.40 Uhr von Herrn H. nicht am Arbeitsplatz angetroffen worden, da er sich bereits unter der Dusche befunden habe. Er habe jeweils erst nach dem Duschen abgestempelt. In der Abmahnung vom 23. Juni 1997 behielt sich der Arbeitgeber vor, im Wiederholungsfall das Arbeitsverhältnis zu lösen. Mit Schreiben vom 30. Juni 1997 kündigte die H. dem Kläger zum 31. Juli 1997. Dem Kläger wurde dabei zur Last gelegt, am 24. Juni 1997, also einen Tag nach der zweiten Abmahnung, sich nicht an die vertraglich geschuldete Arbeitszeit ab 14.30 Uhr gehalten zu haben, sondern bereits um 08.28 Uhr die Arbeit angetreten zu haben, wobei er noch einen Kollegen, U. dazu veranlasst habe, ebenfalls - entgegen der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit - bereits um 08.28 Uhr die Arbeit anzutreten. Ab 5. Juni 1997 war der Kläger krankgeschrieben. Er wurde bis zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses unter Anrechnung des noch zustehenden Jahresurlaubs von der Arbeit freigestellt. Sowohl gegen die Abmahnung vom 23. Juni 1997 als auch gegen die Kündigung vom 30. Juni 1997 erhob der Kläger beim Arbeitsgericht Klage (Aktenzeichen: 5 Ca 494/97 bzw. 5 Ca 423/97). Das Arbeitsgericht Freiburg hat die beiden Verfahren mit Beschluss vom 01. Oktober 1997 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27. März 1998 schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich dahingehend, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher Kündigung vom 30. Juni 1997 zum 31. Juli 1997 geendet habe und sich die H. verpflichtete, dem Kläger für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Sozialabfindung in Höhe von 5.000,- DM brutto gleich netto zu zahlen. Am 29. Juli 1997 meldete sich der Kläger beim Arbeitsamt (ArbA) arbeitslos und beantragte Alg. Mit Bescheid vom 3. September 1997 gewährte das Landratsamt dem Kläger ab 26. August 1997 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) als Darlehen. Mit vom Kläger nicht angegriffenem Bescheid vom 30. September 1997 lehnte das ArbA die Gewährung von Alg wegen Eintritts einer Sperrzeit vom 01. August bis 23. Oktober 1997 ab. Mit Bescheid vom 28. August 1997 bewilligte das ArbA Alg ab 24. Oktober 1997 in Höhe von 373,20 DM wöchentlich (Bemessungsentgelt 730,- DM, Leistungsgruppe C, Kindermerkmal 1). Alg wurde gewährt bis 15. November 1997; die Bewilligung der Leistung wurde wegen Arbeitsaufnahme ab (Montag) 17. November 1997 aufgehoben. Mit Bescheid vom 08. Dezember 1997 hob das ArbA wegen Anrechnung eines Nebenverdienstes im Zeitraum 24. Oktober bis 15. November 1997 die Bewilligung von Alg in Höhe von 305,18 DM teilweise auf und forderte die Erstattung des Betrages. Am 11. Mai 1998 beantragte der Kläger im Wege eines Zweitbescheides die Aufhebung des Bescheides vom 30. September 1997 und Gewährung von Alg. Mit Bescheid vom 19. Mai 1998 entschied das ArbA erneut, dass der Kläger für den Zeitraum 01. August bis 23. Oktober 1997 wegen Eintritts einer Sperrzeit von zwölf Wochen keinen Anspruch auf Alg habe, denn er habe gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen, was Anlass für die Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses gewesen sei. Hiergegen erhob der Kläger am 02. Juni 1998 Widerspruch. Auf Befragung des ArbA teilte die Arbeitgeberin unter Vorlage eines Schriftsatzes vom 25. September 1997 aus dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht mit Schreiben vom 25. Juni 1998 mit, der Kläger habe sich auch nach der zweiten Abmahnung arbeitsvertragswidrig verhalten; er habe versucht, seine Arbeitskollegen dahingehend zu beeinflussen, dass diese künftig keine Nachtschicht mehr verrichteten. Der Kläger selbst habe erklärt, künftig nicht mehr bereit zu sein, seine Arbeitsvertragspflichten hinsichtlich der Erbringung von Arbeitsleistung in der Nachtschicht zu erfüllen. Mit Widerspruchsbescheid vom 07. Juli 1998 wies das ArbA den Widerspruch zurück. Dagegen erhob der Kläger am 27. Juli 1998 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Auf Befragung teilte die H. mit Schreiben vom 19. November 1998 folgendes mit: Der Kläger habe eine Arbeitszeit von 14.30 Uhr bis 24.00 Uhr geschuldet. Am 23. April 1996 habe er seinen Arbeitsplatz vorzeitig verlassen, geduscht und erst danach seine Arbeitszeit abgestempelt. Hierfür sei er mit Datum vom 25. April 1996 abgemahnt worden. Am 19. Juni 1997 habe er ebenfalls seinen Arbeitsplatz vorzeitig verlassen und erst nach dem Duschen um 00.19 Uhr abgestempelt. Hierfür sei er mit Datum vom 23. Juni 1997 abgemahnt worden. Am 24. Juni 1997 habe er seine Arbeit um 08.28 Uhr angetreten; ab dem 25. Juni 1997 sei er arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Am 24. Juni 1997 habe der Kläger den U. veranlasst, mit ihm zusammen um 08.28 Uhr die Arbeit antreten zu wollen; auch U. habe die Arbeit erst um 14.30 Uhr antreten müssen. Der Kläger schilderte den Vorfall am 19. Juni 1997 anders. Er habe am 23. Juni 1997 mit Herrn H. vereinbart, am nächsten Tag um 08.30 Uhr die Arbeit anzutreten. Den U. habe er lediglich mit seinem Fahrzeug zum Arbeitsplatz mitgenommen. In der mündlichen Verhandlung am 06. Oktober 1999 schlossen die Beteiligten einen Vergleich dahingehend, dass die Sperrzeit auf sechs Wochen, beginnend ab 01. August 1997 verkürzt wird; für die übrigen sechs Wochen habe die Beklagte Alg zu bewilligen. Mit Bescheid vom 18. Oktober 1999 bewilligte das ArbA Alg für die Zeit vom 12. September bis 23. Oktober 1997 in Höhe von 373,20 DM. Ebenfalls mit Bescheid vom 18. Oktober 1999 hob das ArbA die Bewilligung von Alg für den Zeitraum 15. September bis 26. Oktober 1997 wegen Anrechnung von Nebenverdienst in Höhe von 693,31 DM auf und forderte die Erstattung dieses Betrages. Die Erstattungsforderung wurde von der Nachzahlung einbehalten, sodass lediglich 1545,89 DM zur Auszahlung gelangten. Gegen den Aufhebungsbescheid erhob der Kläger am 08. November 1999 Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 03. Februar 2000 wies das ArbA den Widerspruch zurück. Hiergegen erhob der Kläger am 02. März 2000 Klage zum SG (Az.: S 3 AL 689/00). Mit Beschluss vom 21. März 2000 setzte das SG das Verfahren aus. Am 13. Oktober 1999 hatte der Kläger den gerichtlichen Vergleich vom 06. Oktober 1999 wegen "Irrtums" nach § 119 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) angefochten und beantragt, das Verfahren fortzusetzen. Vor Zustimmung zum Vergleich habe sich der Bevollmächtigte des Klägers, ein zugelassener Rechtsanwalt, beim Vertreter der Beklagten nach den Auswirkungen des Vergleichs auf die bezogene Sozialhilfe erkundigt. Der Vertreter der Beklagten habe zurückgefragt, ob dem Kläger Sozialhilfe auf Darlehensbasis gewährt worden sei, was bejaht worden sei. Daraufhin habe der Bevollmächtigte der Beklagten mitgeteilt, dass der Kläger dann vom Darlehen nichts zurückzahlen müsse. Für die sechs Wochen, für die die Sperrzeit nicht mehr bestehe, bekäme er hingegen den die Sozialhilfe übersteigenden Betrag. Aufgrund dieser Erklärungen des Bevollmächtigten der Beklagten sei der Kläger davon ausgegangen, dass sich die Sperrzeit nur auf das Alg, nicht aber auf die Sozialhilfe beziehe, daher insgesamt keine Sozialhilfe zurückzuzahlen sei, sondern er die Differenz zwischen Sozialhilfe und Alg für sechs Wochen erhalte. Dies sei für den Kläger ausschlaggebend gewesen, dem Vergleich zuzustimmen. Mit Schreiben vom 08. November 1999 habe jedoch das Landratsamt die für den Zeitraum 26. August bis 12. September 1997 gewährte Sozialhilfe im Betrag von 1.108,20 DM zurückgefordert. Mit Urteil vom 20. April 2001 hat das SG zum einen festgestellt, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 06. Oktober 1999 nicht rechtswirksam abgeschlossen worden sei, zum anderen hat es die Klage gegen den Bescheid vom 19. Mai 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Juni 1998 abgewiesen. Zur Begründung hat es dargelegt, der Kläger habe sich in einem für den Vergleichsabschluss wichtig gewesenen Umstand in einem rechtlich beachtlichen Motivirrtum befunden. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 1998 sei rechtmäßig. Der Kläger habe sich arbeitsvertragswidrig verhalten und damit grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Gegen das seinem Bevollmächtigten gegen Empfangsbekenntnis am 09. Mai 2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 31. Mai 2001 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, die zeitliche Wirkung der Abmahnung vom 25. April 1996 habe sich nach Ablauf eines Jahres erschöpft und könne für die Kündigung vom 30. Juni 1997 nicht mehr herangezogen werden. Bezüglich des Vorfalls am 19. Juni 1997 sei richtigzustellen, dass er seinen Arbeitsplatz nicht zwanzig Minuten, sondern lediglich fünf Minuten vor Ablauf der Arbeitszeit zum Duschen verlassen habe. Dieser Sachverhalt sei mit der Abmahnung vom 23. Juni 1997 arbeitsrechtlich geahndet worden und könne somit vom Arbeitgeber nicht mehr zum Anlass einer Kündigung herangezogen werden. Nach dem 19. Juni 1997 habe er sich strikt vertragsgemäß verhalten. Im Übrigen sei mit der Berufung lediglich die Ziff. 2 des Tenors des Urteils des SG vom 20. April 2001 angefochten, nicht jedoch die Feststellung, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 06. Oktober 1999 nicht rechtswirksam beendet worden sei. Das Urteil des ersten Rechtszuges dürfe nur insoweit abgeändert werden, als er eine Abänderung begehre. Der Kläger beantragt, unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Freiburg vom 20. April 2001 und des Bescheides vom 19. Mai 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Juli 1998 die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01. August bis 23. Oktober 1997 Arbeitslosengeld unter Anrechnung der bereits bewilligten und gezahlten Leistungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, den früheren Arbeitgeber H. zu den beiden der Abmahnung zugrunde liegenden Sachverhalten zu hören.
Sie hält an ihrer Auffassung fest, dass der Kläger durch vertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Arbeitsverhältnisses gegeben und dadurch grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt habe. Als vertragswidriges Verhalten seien nicht die Vorgänge, die den Abmahnungen zugrunde lägen, sondern auch die eigenmächtige Vorverlegung der Arbeitszeit am 24. Juni 1997 zu berücksichtigen. Hinzu komme, dass er einen Kollegen dazu angestiftet habe, seinem Beispiel zu folgen. Der Berichterstatter hat im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 25. September 2001 mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage erörtert. Wegen der weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die beigezogene Akte des Arbeitsgerichts, die Klageakten des SG Freiburg (S 3 AL 2197/98, S 3 AL 3035/99, S 3 AL 689/00) sowie die Berufungsakte des Senats (L 13 AL 2307/01) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Die Berufung des Klägers ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 SGG) sowie statthaft (§ 143 SGG). Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Begehren des Klägers, in Fortsetzung des Verfahrens des SG (S 3 AL 2197/98) dessen Urteil vom 20. April 2001 abzuändern und nach dem Klageantrag zu entscheiden, muss ohne Erfolg bleiben. Der geltend gemachte Anspruch auf Alg für den Zeitraum 1. August bis 23. Oktober 1997 konnte vom Senat nicht überprüft werden, weil der Rechtsstreit durch den Prozessvergleich vom 6. Oktober 1999 erledigt ist. Zunächst steht es nicht in der Macht des Klägers, seine Berufung auf die Ziff. 2 des Urteilstenors zu beschränken mit dem Ziel, den Senat an einer Überprüfung der Ziff. 1 des Urteilstenors zu hindern; darin hat das SG festgestellt, dass das Verfahren S 3 AL 2197/98 durch den Vergleich vom 6. Oktober 1999 nicht rechtswirksam abgeschlossen worden ist. Ob der Prozessvergleich den im Klageverfahren verfolgten prozessualen Anspruch vollständig erledigt hat (§ 101 Abs. 1 SGG) und die Rechtshängigkeit der Klage entfallen ist, ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung, die nicht der Disposition der Beteiligten im Wege einer Rechtsmittelbeschränkung unterliegt. Die Entscheidung über die Ziff. 2 des Urteilstenors setzt denknotwendig voraus, dass der Rechtsstreit insoweit noch rechtshängig ist. Eine Feststellung des vom SG verkündeten Inhalts wäre allenfalls als Zwischenurteil in Betracht gekommen; durch Endurteil kann lediglich die Feststellung getroffen werden, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich erledigt ist, andernfalls muß ohne gesonderten Ausspruch zur Nichterledigung über den noch rechtshängigen Anspruch entschieden werden. Zu Unrecht geht das SG im Urteil vom 20. April 2001 davon aus, dass der Prozessvergleich vom 06. Oktober 1999 gemäß § 119 Abs. 2 BGB wegen eines "beachtlichen Motivirrtums" mit Erklärung vom 11. Oktober 1999 wirksam angefochten worden sei. Ein Vergleich, den die Beteiligten zur Erledigung des geltend gemachten Anspruches - wie hier - ordnungsgemäß zur Niederschrift des Gerichts schließen, beendet den Rechtsstreit (§§ 101 Abs. 1, 185, 195, 199 SGG). Bei dem Vergleich vom 06. Oktober 1999 handelt es sich um einen Prozessvergleich im Sinne des § 101 Abs. 1 SGG. Das SGG enthält keine Definition des Vergleichs. Es setzt diese als bekannt voraus. Eine solche findet sich in §§ 779 Abs. 1 BGB. Danach ist ein Vergleich ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (vgl. auch § 54 Abs. 1 Zehntes Sozialgesetzbuch - SGB X -). So war es hier. Die Beklagte beschränkte die mit Bescheid vom 19. Mai 1998 "bestätigte" Sperrzeit von zwölf Wochen auf die Hälfte beginnend ab 01. August 1997; sie verpflichtete sich weiter, für die folgenden sechs Wochen dem Kläger Alg zu bewilligen. Der Kläger wiederum beschränkte sein Begehren auf die Gewährung von Alg auf den Zeitraum von sechs Wochen beginnend mit Ablauf der sechswöchigen Sperrzeit. Sodann haben die Beteiligten sich über die Kostenerstattung geeinigt und den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Nach der herrschenden Meinung in Rechtsprechung (RGZ 161, 253, 255; BGHZ 28, 171, 172; BSGE 19, 112, 115; BSG SozR 1500 § 101 Nr. 8; BVerwG Buchholz 310 § 106 VwGO Nr. 17) und Schrifttum (z.B. Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 6. Aufl., § 101 Rdnr. 4) hat der Vergleich eine Doppelnatur. Er ist einerseits ein materiell-rechtlicher Vertrag und andererseits Prozesshandlung. Die Unwirksamkeit eines gerichtlichen Vergleichs kann daher darauf beruhen, dass entweder der materiell-rechtliche Vertrag nichtig oder wirksam angefochten ist oder die zum Abschluss des Vergleichs notwendigen Prozesshandlungen nicht wirksam vorgenommen worden sind. Anhaltspunkte dafür, dass die Prozesshandlungen der Beteiligten - die jeweilige Annahme des Vergleichsvorschlags des Gerichts vom 06. Oktober 1999 - nicht wirksam vorgenommen worden sein könnten, liegen nicht vor. Die Unwirksamkeit des abgeschlossenen Prozessvergleichs folgt nicht bereits aus § 779 BGB. Gemäß diesem Unwirksamkeitstatbestand ist ein Prozessvergleich von vornherein nichtig, wenn der nach dessen Inhalt als feststehend zu Grunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und Streit oder Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden wäre. Dem liegt die Annahme zu Grunde, dass die Verfahrensbeteiligten für eine vergleichsweise Regelung einen Rahmen nicht streitiger Umstände schaffen, die sie zur wesentlichen Grundlage der Streitbeilegung erheben. Vorliegend fehlt es aber schon an objektiven, übereinstimmenden Beteiligtenerklärungen dahingehend, dass ein bestimmtes arbeitsvertragswidriges Verhalten des Klägers zur festen Grundlage der Vereinbarung gemacht werden sollte; der der Kündigung zu Grunde liegende Sachverhalt blieb zwischen den Beteiligten umstritten. Der Vergleich ist auch nicht durch eine erfolgreiche Anfechtung wegen Irrtums unwirksam geworden. Ob die Prozesserklärungen, die ihn begründen, aus diesem Grund überhaupt angefochten werden können (BSG SozR Nr. 3 zu § 119 BGB; BSG 1500 § 101 Nr. 2), braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden. Der materiell-rechtliche Vergleich kann grundsätzlich entsprechend den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über die Anfechtung einer Willenserklärung mit Auswirkungen auf den gesamten Prozessvergleich beseitigt werden (BSGE 7, 280; 19, 114, 115, 116; BSG, Urteil vom 01. April 1981 - 9 RV 43/80 -, SozVers 1981, 243 ff.). Der Kläger hat sich nach seiner Darstellung über die Folgen des Vergleichs geirrt. Er sei bei Zustimmung zu diesem Vergleich davon ausgegangen, dass die darlehensweise gewährte Sozialhilfe von diesem Vergleich unberührt bliebe und nicht zurückgezahlt werden müsse. Ein solcher Irrtum lag jedoch zur Überzeugung des Senats nicht vor. Mit Bescheid des Landratsamts Ortenaukreis - Kreissozialamt - vom 03. September 1997 wurde ihm, seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG als Darlehen ab 26. August 1997 gewährt. Mit Bewilligungsbescheid vom 08. September 1997 bewilligte das Landratsamt Ortenaukreis - Kreissozialamt - dem Kläger und seiner Familie laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG ab 24. Oktober 1997 als Beihilfe. Dieser Bescheid enthielt unter "Bemerkungen" den Hinweis, dass das Kreissozialamt beim ArbA Erstattung nach § 104 SGB X ab 26. August 1997 bis 23. Oktober 1997 geltend gemacht hat und dass, sofern dieser Zeitraum in eine Sperrzeit fiel, der als Darlehen gewährte Aufwand des Kreissozialamtes bis 23. Oktober 1997, zurückgefordert werde. Dementsprechend hat das Landratsamt Ortenaukreis - Kreissozialamt - dann auch mit Schreiben vom 08. November 1999 die in dem Zeitraum 26. August bis 12. September 1997 als Darlehen gewährte Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG in Höhe von 1.108,20 DM zurückgefordert. Nach dem eindeutigen Hinweis in dem Bewilligungsbescheid des Landratsamts Ortenaukreis vom 08. September 1997 musste schon dem Kläger, erst recht aber dem rechtskundigen Bevollmächtigten des Klägers – auf ihn ist gemäß § 166 Abs. 1 BGB abzustellen - klar sein, dass der Vergleich vom 06. Oktober 1999, der zum Inhalt hatte, dass der Anspruch auf Alg in dem vom Kreissozialamt genannten Zeitraum 26. August bis 23. Oktober 1997, nämlich vom 01. August bis 12. September 1997, wegen einer Sperrzeit ruhte, zur Folge haben würde, dass das Kreissozialamt die auf diesen Zeitraum entfallende und als Darlehen gewährte Sozialhilfe zurückfordern würde. Aber selbst wenn man davon ausgeht, dass sich der Kläger und sogar sein rechtskundiger Bevollmächtigter bei Vergleichsabschluss über diese Folgen des Vergleichs geirrt hätte und bei ihnen die Vorstellung vorlag, Nachteile bezüglich der bezogenen Sozialhilfe entstünden nicht, würde dieser Irrtum nicht zur Anfechtung des Vergleichs nach § 119 BGB berechtigen. Keineswegs stellt diese irrige Vorstellung einen Irrtum im Erklärungsakt im Sinne des § 119 Abs. 1 2. Alternative BGB dar, d.h. im Sinne des Versagens beim Umsetzen des Erklärungswillens, ebensowenig einen Irrtum über den Inhalt der Erklärung im Sinne des § 119 Abs. 1, 1. Alternative BGB, d.h. einen Irrtum der Art, dass die Erklärung des Inhalts, wie er objektiv zu verstehen ist, überhaupt nicht gewollt war. Er ist aber auch kein Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften einer Sache oder Person im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB. Hätte sich der Kläger bei Vergleichsabschluss über die Folgen des Vergleichs in dem von ihm dargelegten Sinne geirrt, beträfe dies vielmehr allein den Beweggrad für die Vergleichsbereitschaft und damit den Vorgang der Willensbildung. Damit hat allenfalls ein im Rahmen des § 119 BGB unbeachtlicher Motivirrtum vorgelegen. Ebensowenig kann der Kläger den Vergleich nach § 123 Abs. 1 BGB anfechten. Denn es spricht nichts dafür, dass er zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden wäre. Nach alledem ist, was durch die Neufassung des angegriffenen Urteils zum Ausdruck gebracht wird, der Prozessvergleich vom 06. Oktober 1999 wirksam und hat den Rechtsstreit beendet. Der Senat ist deshalb daran gehindert, materiell-rechtlich zu prüfen, ob der Bescheid vom 19. Mai 1998 rechtmäßig ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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