Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 2164/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2495/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Der Adressat eines Verwaltungsaktes ist feststellbar, wenn er anhand der den Betroffenen bekannten Umstände hinreichend sicher bestimmt werden kann.
2. Das eine Sozialversicherungspflicht begründende Weisungsrecht des Arbeitgebers kann sich aus einem außerhalb des Beschäftigungsvertrages bestehenden Regelwerk ergeben, wenn im Beschäftigungsvertrag in Form einer dynamischen Verweisung auf dieses Regelwerk Bezug genommen wird.
2. Das eine Sozialversicherungspflicht begründende Weisungsrecht des Arbeitgebers kann sich aus einem außerhalb des Beschäftigungsvertrages bestehenden Regelwerk ergeben, wenn im Beschäftigungsvertrag in Form einer dynamischen Verweisung auf dieses Regelwerk Bezug genommen wird.
Die Berufungen der Klägerinnen gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Mai 2005 werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen der Beigeladenen zu 1 im Berufungsverfahren tragen die Klägerinnen als Gesamtschuldnerinnen. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Der Streitwert für das Klage- und Berufungsverfahren wird endgültig auf je 3.240,27 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin zu 1 Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung für eine Beschäftigung der Beigeladenen zu 1 im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 1997 in Höhe von 3.240,27 EUR an die Beklagte zu entrichten hat.
Die Klägerinnen waren im streitgegenständlichen Zeitraum Dienstleistungsunternehmen, die den Telefonservice für andere Firmen übernahmen. Die Klägerin zu 1 wurde und wird in der Rechtsform der GmbH & Co. KG geführt, die Klägerin zu 2 war und ist eine GmbH. Die Klägerinnen stellten ihren Firmenkunden sog. Call-Center mit Bildschirmarbeitsplätzen zur Verfügung, in denen die Aufträge der Firmen erledigt wurden. Zu den Aufgaben, die in diesen Call-Centern erledigt werden mussten, gehörte neben der telefonischen Annahme von Aufträgen für die Firmen je nach dem mit der betreuten Firma geschlossenen Vertrag auch die telefonische Beratung von Kunden dieser Firmen (u. a. Möbel- und Finanzberatung, Bearbeitung von Reklamationen usw.). Die Klägerinnen schlossen mit denjenigen Personen, die in den Call-Centern die Arbeit verrichteten, Vereinbarungen und führten außerdem für diese in den Vereinbarungen als "Auftragnehmer" bezeichneten Personen Schulungen durch, da viele der in den Call-Centern zu erledigende Aufgaben eine bestimmte Qualifikation erforderten. Die Durchführung einer Grundschulung war Voraussetzung für ein Tätigwerden im Call-Center, die Teilnahme an zusätzlichen Qualifizierungsschulungen war nach Angaben der Klägerinnen freiwillig. Die Bezahlung der "Auftragnehmer" erfolgte durch die Klägerinnen, nicht durch die von ihnen betreuten Firmen.
Im Zeitraum vom 29. September bis 23. Oktober 1997 führten die (ehemalige) Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und die (ehemalige) Landesversicherungsanstalt B. eine Betriebsprüfung bei den Klägerinnen durch. Die Prüfung umfasste den Zeitraum vom 1. Dezember 1992 bis 31. Dezember 1997. Über das Ergebnis dieser Betriebsprüfung schlossen sie und die Klägerinnen im Oktober 1998 einen Vergleich, der mit Vereinbarung vom November/Dezember 1998 ergänzt wurde. Darin kamen sie überein, dass ab 1. Januar 1998 bei den Klägerinnen alle Tätigkeiten aufgrund der gegenwärtigen Arbeits- und Ablauforganisation in Form von Beschäftigungen gemäß § 7 Abs. 1 SGB IV ausgeübt werden und alle Mitarbeiter der Klägerinnen ab diesem Zeitpunkt der Sozialversicherung unterliegen, soweit nicht Versicherungsfreiheit aufgrund des § 8 SGB IV gegeben ist (Nr. 1 des Vergleichs); wegen weiterer Einzelheiten wird auf Bl. 3 bis 5 der Verwaltungsakten der Beklagten und Bl 148a der Senatsakten verwiesen.
Die 1943 geborene Beigeladene zu 1 ist seit 15. Oktober 1980 bei der Beklagten krankenversichert. Sie war ab 12. September 1996 bei der Klägerin zu 1 als Auftragnehmerin tätig und bei der Beklagten freiwillig versichert, da die Beklagte zunächst von einer hauptberuflich durchgeführten selbständigen Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 ausging. Zwischen der Beigeladenen zu 1 und der Klägerin zu 1 wurde ein Vertrag geschlossen, der u. a. folgende Vereinbarungen enthielt:
"§ 1 Gegenstand
1. Der Auftragnehmer übernimmt die Vertretung der Absatzinteressen der W. T. & V. GmbH & Co.
2. Ausschließliche Grundlage zu Beginn, Dauer und Umfang der Aktionssätze ist die Vereinbarung, die zwischen der W. T. & V. GmbH & Co. und dem jeweiligen Kunden abgeschlossen wurde. Ein Anspruch auf Dauer oder wiederholten Einsatz wird durch diesen Vertrag nicht begründet. Die W. T. & V. GmbH & Co. behält sich insbesondere vor, vereinbarte Aktionen im Kundeninteresse abzukürzen, aufzugeben oder zeitlich zu verändern.
3. Erklärt sich der Auftragnehmer zur Teilnahme an einer von der W. T. & V. GmbH & Co. durchzuführenden Aktion bereit, so gelten die nachfolgenden Vereinbarungen.
§ 2 Honorarvereinbarung
1. Das Honorar für die Tätigkeit des Auftragnehmers richtet sich nach den jeweils angebotenen Aktionen und den hierfür separat abgeschlossenen Aktionsvereinbarungen.
2. Die Rechnungsstellung hat auf genormten Formularen zu erfolgen, wobei die Honorarauszahlung erst nach ordnungsgemäßer Rechnungsstellung erfolgt, oder sie erfolgt durch Gutschrift.
§ 3 Pflichten der Auftragnehmer
1. Der Auftragnehmer ist als Selbständiger für die qualitative Durchführung seiner Aufgabe verantwortlich.
2. Er verpflichtet sich aber, bei der Ausführung der Tätigkeit die ihm bekannten Auftragsregeln der W. T. & V. GmbH & Co. zu beachten, sowie die Hausordnung und Gepflogenheiten der Tätigkeitsorte.
3. Der Auftragnehmer verpflichtet sich, über alle Vorkommnisse innerhalb und außerhalb der Firma des Auftraggebers - insbesondere Mitbewerbern gegenüber - Stillschweigen zu bewahren. Diese Verschwiegenheit erstreckt sich auch auf die Sachverhalte, die den W.-Kunden oder Tätigkeitsort betreffen.
4. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, jeden Verhinderungsfall der W.-Zentrale unverzüglich fernmündlich anzuzeigen.
5. Der Auftragnehmer hat die ihm anvertrauten Aktionsunterlagen in ordentlichem Zustand zu halten. Fordert die W. T. & V. GmbH & Co. bei dem Auftragnehmer Unterlagen und sonstiges an, sind diese unverzüglich herauszugeben. Ein Zurückbehaltungsrecht kann aus keinem Rechtsgrund geltend gemacht werden.
6. Die W. T. & V. GmbH & Co. behält sich vor, den Auftragnehmer in den Fällen zu Schadensersatz heranzuziehen, wo er durch sein Handeln oder Auftreten die Interessen der W.-Kunden bzw. der W. T. & V. GmbH & Co. direkt oder indirekt geschädigt haben sollte, insbesondere in Fällen der Verletzung der Anzeigepflicht gemäß § 3 Ziffer 5.
7. Der Auftragnehmer verpflichtet sich, falls erforderlich, an Besprechungen und Trainings im W.-Haus K. teilzunehmen. Der erforderliche Zeitaufwand wird gemäß gesonderter Honorarvereinbarung vergütet. Es besteht Einvernehmen darüber, daß der Auftragnehmer zur Rückerstattung der genannten Beträge verpflichtet ist, wenn er die vertraglich vereinbarte Tätigkeit nicht ausübt, nicht aufnimmt oder er aufgrund ihres schuldhaften Verhaltens fristlos von der Auftragstätigkeit innerhalb dieses Zeitraumes entbunden werden muß. Die Fristsetzung beginnt am ersten Tag der Tätigkeitsaufnahme in der vereinbarten Aktion.
8. Hat der Auftragnehmer zur Mehrwertsteuer optiert, ist dies dem Auftraggeber nachzuweisen.
9. Der Auftragnehmer erklärt sich einverstanden, daß die W. T. & V. GmbH & Co., falls sie gemäß § 93 AO der Finanzbehörde auskunftspflichtig ist, die entsprechenden Auskünfte erteilen darf.
10. Für den Fall eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses oder Offenlegung einer Verpfändung und Abtretung berechnet die W. T. & V. GmbH & Co. dem Auftragnehmer einen Selbstkostenanteil von DM 50,-, unabhängig davon, wieviele Zahlungen dabei notwendig werden.
§ 4 Pflichten des Auftraggebers
1. Die W. T. & V. GmbH & Co. verpflichtet sich, dem Auftragnehmer die erforderliche Unterstützung für die erfolgreiche Tätigkeit zu gewähren. Hierzu zählen spezielle Trainings, Tagungen, Verkaufsunterlagen und die Betreuung durch Führungskräfte in den vereinbarten Aktionen.
2. Der Rechnungsbetrag bzw. Gutschriftsbetrag ist entsprechend der Vereinbarung bargeldlos innerhalb von 14 Tagen nach dem Ende des mit dem Berichtswesen belegten Arbeitsmonats zu zahlen. Der Auftragnehmer verpflichtet sich, ein Bankkonto einzurichten
3. Die W. T. & V. GmbH & Co. ist in folgenden Fällen zur Kürzung bzw. Zurückhaltung des Honorares berechtigt: a) bei Verstoß gegen § 3 Absatz 1 b) wenn die Rechnungsstellung nicht ordnungsgemäß erfolgt ist c) wenn unklares und unvollständiges Berichtswesen vorliegt, mit ungeklärten Differenzen, oder wenn das Berichtswesen überhaupt nicht erfolgt d) wenn fahrlässig oder unsachgemäß mit Telefonarbeitsplatz-Ausrüstungs¬gegenständen umgegangen wird.
4. Unabhängig davon verpflichtet sich der Auftragnehmer zur Zahlung einer Vertragsstrafe für jeden Einzelfall eines Vertragsverstoßes unter folgenden Voraussetzungen: a)vertragswidrig nicht mit der Tätigkeit beginnen nach WST DM 300 b)vertragswidrig vor Ablauf von drei Monaten Tätigkeit beenden DM 300 c)vertragswidrig nicht mit der Tätigkeit beginnen nach PT DM 150 d)Verhinderungen nicht unverzüglich fernmündlich anzuzeigen DM 50"
Zu den Vereinbarungen in den §§ 5 bis 7 der Vertrages wird auf Bl. 8-9 der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Die Beigeladene zu 1 war bis Oktober 1998 für die Klägerin zu 1 tätig.
In einem an die "T. W. T. & V. GmbH & CO" adressierten Schreiben vom 2. Mai 2001 teilte die Beklagte mit, dass sie beabsichtige für die Beigeladene zu 1 sowie für weitere zwei Personen aufgrund der von diesen im Jahr 1997 ausgeübten Tätigkeit als Telefonverkaufsberater Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung festzusetzen. Hierzu äußerte sich die Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen mit Schriftsatz vom 12.06.2001 namens und in Vollmacht "ihrer Mandantin", machte aber nur Ausführungen zur Geschäftstätigkeit der Klägerin zu 2. Mit Bescheid vom 27. Dezember 2001 stellte die Beklagte für 11 namentlich genannte Personen, darunter auch die Beigeladene zu 1, Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1997 fest und forderte Beiträge in Höhe von insgesamt 47.147,80 DM. Die Beitragsforderung für die Beigeladene zu 1 belief sich auf 6.337,42 DM. Der Bescheid wurde den Bevollmächtigten der Klägerinnen noch am 27. Dezember 2001 vorab per Fax übermittelt; das mit der Post versandte Original ging am 2. Januar 2002 zu.
Gegen diesen Bescheid legte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin neu am 29. Januar 2002 Widerspruch ein und führte dabei u.a. aus, dass sie die "T. W. T. und V. GmbH & Co" vertrete. Mit weiterem Schriftsatz vom 28. Mai 2002 (Bl. 43/45 der Verwaltungsakte der Beklagten) begründete sie den Widerspruch. Im Verlauf des Widerspruchsverfahrens wurde auch die Frage erörtert, wer von den 11 im Bescheid vom 27. Dezember 2001 aufgeführten Personen bei welcher Firma tätig war. Dabei stellte sich heraus, dass die Beigeladene zu 1 bei der Klägerin zu 1, die anderen Personen aber bei der Klägerin zu 2 tätig waren. Mit Schriftsatz vom 13.01.2004 machte die Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen geltend, dass keine der im Bescheid vom 27. Dezember 2001 genannten Personen bei der Empfängerin dieses Bescheides beschäftigt sei. Eine derartige Firma existiere nicht. Es existierten lediglich die Unternehmen "T. T. S. GmbH" und "W. T. & V. GmbH & Co."
Mit Schreiben vom 13. Januar 2004 nahm die Beklagte den Bescheid vom 27. Dezember 2001 teilweise zurück und hielt die darin getroffene Regelung nur noch für die Beigeladene zu 1 aufrecht. Mit dem an die Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen adressierten Widerspruchsbescheid vom 30. April 2004, in dessen Betreff es u. a. heißt: Ihre Mandantin: W. T. & V. GmbH & Co.", wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch zurück und stellte fest, dass die von der Beigeladenen zu 1 ausgeübte Tätigkeit als Telefonverkäuferin auch in der Zeit vom 12. September 1996 bis 31. Dezember 1997 im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung verrichtet wurde und deshalb der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie der Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung unterlag. Die W. T. & V. GmbH & CO ("Ihre Mandantin") sei verpflichtet, für die Zeit vom 1. Januar 1997 bis 31. Dezember 1997 Gesamtsozialversicherungsbeiträge (Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung) in Höhe von 3.240,27 EUR (6.337,42 DM) zu entrichten. Der Widerspruchsbescheid ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen am 30. Mai 2004 zugegangen.
Am 3. Juni 2004 haben die Klägerinnen Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Sie haben zunächst ihre Ausführungen im Widerspruchsverfahren auch zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht und ferner darauf hingewiesen, dass der Bescheid vom 27. Dezember 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides nichtig sei. Ein Verwaltungsakt müsse inhaltlich hinreichend bestimmt sein und den Adressaten erkennen lassen. Diesen Anforderungen werde der angefochtene Bescheid nicht gerecht, da nicht klar sei, welche der beiden Klägerinnen Adressat des Verwaltungsakts sein solle. Deshalb seien auch beide Klägerinnen klagebefugt. Die Klägerin zu 2 firmiere nach außen unter der Bezeichnung T ... Diese Buchstaben stellten sozusagen ihre Marke dar. Die Klägerin zu 1 firmiere hingegen ohne diese Buchstaben.
Das SG hat mit Beschluss vom 17. Januar 2005 die Auftragnehmerin, die Bundesagentur für Arbeit und die Pflegekasse zum Verfahren beigeladen und mit Gerichtsbescheid vom 17. Mai 2005 die Klage abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, dass die Klage der Klägerin zu 2 unzulässig sei, weil es dieser an der erforderlichen Klagebefugnis fehle. Die Klägerin zu 2 habe jedenfalls unter Berücksichtigung der Ausführungen im Widerspruchsbescheid davon ausgehen müssen, dass sich die Beitragsforderung ausschließlich gegen die Klägerin zu 1 richte. Die Klage der Klägerin zu 1 sei dagegen zwar zulässig, aber unbegründet. Die Beitragsforderung der Beklagten bestehe zu Recht. Der Gerichtsbescheid ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen mittels Empfangsbekenntnis am 20. Mai 2005 zugestellt worden.
Am 20. Juni 2005 haben die Klägerinnen Berufung eingelegt. Sie sind weiterhin der Ansicht, dass der angefochtene Bescheid nichtig ist, weil nicht klar sei, welche der Klägerinnen Adressat des angefochtenen Verwaltungsakts sein sollte. Im Übrigen sind sie der Auffassung, dass die Beigeladene zu 1 nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Auch stehe der mit dem Rentenversicherungsträger geschlossene Vergleich der Beitragsforderung entgegen.
Die Klägerinnen beantragen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Mai 2005 sowie die Bescheide der Beklagten vom 27. Dezember 2001 und 13. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. April 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen der Klägerinnen zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend und weist u. a. darauf hin, dass die Bevollmächtigte der Klägerinnen die von der Beklagten verwendete Firmenbezeichnung selbst benutzt habe. Weshalb die Klägerin zu 2 überhaupt Klage erhoben habe, sei für sie nicht nachvollziehbar. Selbst wenn man hinsichtlich des Ausgangsbescheides vom 27. Dezember 2001 der Meinung der Klägerin zu 1 folgen wollte, so habe jedenfalls aufgrund der nachfolgenden Klarstellungen kein Zweifel daran bestanden, dass für die Beigeladene zu 1 keinerlei Beitragsansprüche gegenüber der Klägerin zu 2 geltend gemacht werden.
Die Beigeladene zu 1 schließt sich dem Antrag und der Rechtsauffassung der Beklagten an. Die übrigen Beteiligten haben sich nicht zur Sache geäußert.
Die (frühere) Berichterstatterin des Berufungsverfahrens hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten in einem Termin am 30. August 2007 erörtert; auf die hierüber gefertigte Niederschrift (Bl. 36/39) wird verwiesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen der Klägerinnen, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, sind gemäß den §§ 143 ff SGG statthaft und zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist auch die mit Schreiben der Beklagten vom 13. Januar 2004 getroffene Regelung. Dabei handelt es sich um einen Verwaltungsakt, der nach § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens geworden ist. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte ihre im Bescheid vom 27. Dezember 2001 getroffene Regelung teilweise aufgehoben. Sie hat eine Versicherungs- und Beitragpflicht nur noch für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 festgesetzt.
Der Senat stimmt mit dem SG darin überein, dass die Klage der Klägerin zu 2 bereits unzulässig ist. Es fehlt an der Klagebefugnis (Beschwer) und damit an einer Sachurteilsvoraussetzung für die von der Klägerin zu 2 erhobene Anfechtungsklage. Der Bescheid vom 27. Dezember 2001 beinhaltet in der Gestalt, die er durch den Bescheid vom 13. Januar 2004 und den Widerspruchsbescheid vom 30. April 2004 erhalten hat, keine die Klägerin zu 2 belastende Regelung. Mit diesem Bescheid wird vielmehr ausschließlich eine Regelung gegenüber der Klägerin zu 1 getroffen. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen ist der Adressat des Bescheides feststellbar.
Entscheidend ist, ob der Inhaltsadressat durch Auslegung anhand der den Betroffenen bekannten Umstände hinreichend sicher bestimmt werden kann (so auch BFH Urteil vom 17.11.2005 - III R 8/03 - unter Hinweis darauf, dass nach der neueren Rechtsprechung des BFH die Steuerschuldner nicht mehr zwingend aus dem Bescheid selbst oder den dem Bescheid beigefügten Unterlagen für einen Dritten erkennbar sein müssen; Bay. VGH, Beschluss vom 15.11.2005 - 23 CS 05.2667 - wonach entscheidend sei, wie der Betroffene den materiellen Gehalt des Bescheides unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste). Unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes hat der Senat keinen Zweifel daran, dass für die Klägerin zu 1 ohne Weiteres erkennbar war, dass sich die im Bescheid vom 27. Dezember 2001 in Bezug auf die Beigeladene zu 1 getroffene Regelung auf sie bezog. Dies ergibt sich einerseits unproblematisch aus dem Inhalt der Regelung (Beitragspflicht für eine Beschäftigte der Klägerin zu 1). Andererseits hat die Beklagte, nachdem im Vorverfahren die Frage erörtert worden war, welche der im Bescheid vom 27. Dezember 2001 genannten Personen bei welcher der Klägerinnen beschäftigt war, den Bescheid vom 27. Dezember 2001 durch den Bescheid vom 13. Januar 2004 abgeändert und die Regelung nur noch für die Beigeladene zu 1 aufrechterhalten. Ab diesem Zeitpunkt richtete sich der Bescheid vom 27. Dezember 2001 in der Gestalt, die er durch den Bescheid vom 13. Januar 2004 erhalten hat, sogar ausschließlich an die Klägerin zu 1. Sie ist daher auch (und ab Januar 2004 sogar alleiniger) Adressat des Bescheides. Nach Erlass des Bescheides vom 13. Januar 2004 und des Widerspruchsbescheides vom 30. April 2004 liegt keine Regelung iS des § 31 Satz 1 SGB X (Verwaltungsakt) gegenüber der Klägerin zu 2 mehr vor.
Die Klage der Klägerin zu 1 ist zwar zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid lässt - wie dargelegt - nicht nur die Klägerin zu 1 als Adressat des Bescheides erkennen, er ist auch inhaltlich richtig. Die Beklagte hat zu Recht entschieden, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 bei der Klägerin zu 1 eine abhängige, der Sozialversicherungspflicht unterliegende Beschäftigung ist.
Die Beklagte stellt als Einzugsstelle die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- (seit 1. Januar 2005) Renten- und Arbeitslosenversicherung fest (§ 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV). Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen u. a. in der Kranken-, Pflege-, und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB XI, § 168 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz - AFG - in der vom 1. Januar 1996 bis 31. Dezember 1997 geltenden Fassung). Der Zuständigkeit der Beklagten als Einzugsstelle steht nicht entgegen, dass die nach § 28p SGB IV durchzuführende Prüfung bei den Arbeitgebern seit 1. Januar 1996 den Rentenversicherungsträgern übertragen ist. Betriebsprüfungen durch den Rentenversicherungsträger haben nach der Rechtsprechung des BSG nur eine Kontrollfunktion. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern, andererseits die Sozialversicherungsträger davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Sie sollen jedoch nicht eine Schutzfunktion gegenüber Arbeitgebern erfüllen oder diesen gar "Entlastung" erteilen (Urteil des Senats vom 20. September 2005, L 11 KR 1766/05, juris unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 14. September 2004, B 12 KR 1/04, SozR 4-2400 § 22 Nr. 2). Daraus folgt, dass die Einzugsstelle nicht gehindert ist, trotz durchgeführter Betriebsprüfung einen Beitragsbescheid zu erlassen, wenn die Betriebsprüfung ohne Beanstandung geblieben ist.
Dem steht im vorliegenden Fall nicht entgegen, dass die Betriebsprüfung mit einem Vergleich abgeschlossen worden ist. Mit Urteil vom 29. Juli 2003 (B 12 AL 1/02 R, SozR 4-2400 § 27 Nr. 1) hat das BSG entscheiden, dass Beschäftigte aus den Ergebnissen früherer Prüfungen nur Rechte für sich herleiten können, wenn bei der Betriebsprüfung die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe personenbezogen bestimmten Zeiträumen durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt worden ist. Daran fehlt es hier. Eine solche personenbezogene Feststellung ist auch in dem Vergleichsvertrag nicht getroffen worden. Im Gegenteil waren sich die Klägerin zu 1 und der Rentenversicherungsträger nach dem Inhalt des Vergleichs darüber einig, dass für die Zeit vor dem 1. Januar 1998 keine Feststellungen getroffen werden (Nr. 1 des Vergleichs, letzter Satz). Hinzu kommt, dass die Beklagte an dem Vergleichsabschluss gar nicht beteiligt war. Der Vergleichsvertrag hatte deshalb nicht zur Folge, dass gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV eine Zuständigkeit der Einzugsstelle nicht mehr gegeben war.
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl. Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (st. Rspr. BSG, vgl. u.a. BSG, Urteil vom 28. Mai 2005, B 12 KR 13/07 R, zit. nach juris).
Ausgangspunkt der Prüfung ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 7; Urteil vom 25. Januar 2006, B 12 KR 30/04 R, Die Beiträge, Beil 2006, 149; jeweils mwN ) zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt und sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht aber der formellen Vereinbarung regelmäßig vor. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (vgl. Urteil vom 24. Januar 2007, aaO, mwN).
Im vorliegenden Fall ergibt sich bereits aus der zwischen der Beigeladenen zu 1 und der Klägerin zu 1 geschlossenen Vereinbarung vom September 1996, dass es sich bei der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 als Telefonberaterin um eine abhängige Beschäftigung gehandelt hat. Das für ein solches Beschäftigungsverhältnis in erster Linie ausschlaggebende Weisungsrecht des Arbeitgebers folgt aus mehreren vertraglichen Bestimmungen. So war die als Auftragnehmerin bezeichnete Beigeladene zu 1 nach § 3 Abs. 2 der genannten Vereinbarung verpflichtet, bei der Ausführung der Tätigkeit die "ihr bekannten Auftragsregeln" der Klägerin zu 1 zu beachten. Mit dieser in der Form einer dynamischen Verweisung auf ein außerhalb des Vertrags bestehendes Regelwerk verweisenden Vertragsbestimmung hat die Klägerin zu 1 sich die Rechtsmacht gesichert, die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 durch Schaffung oder Änderung der "Auftragsregeln" exakt zu leiten. Diese Rechtsmacht rechnet (auch) zu den tatsächlichen Verhältnissen, so dass es unerheblich ist, ob und in welchem Umfang die Klägerin hiervon in der Praxis Gebrauch gemacht hat. Nach § 3 Abs. 7 des Vertrags war die Beigeladene zu 1 ferner verpflichtet, falls erforderlich, an Besprechungen im W.-Haus in K. teilzunehmen. Die Klägerin zu 1 konnte die Beigeladene zu 1 also wie eine Arbeitnehmerin jederzeit zu einem Gespräch bitten und sie z. B. über die derzeit geltenden Auftragsregeln informieren. Der Sache nach handelt es sich bei diesen Bestimmungen um die Vereinbarung eines Weisungsrechts. Auch eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin zu 1 folgt aus den vertraglichen Bestimmungen. Nach § 1 Abs. 2 des Vertrages war ausschließliche Grundlage für Beginn, Dauer und Umfang einer Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 die von der Klägerin zu 1 mit ihren Kunden getroffene Vereinbarung. Mit dieser Bestimmung erfolgt eine - wiederum nach Art einer dynamischen Verweisung vorgenommene - Eingliederung der sog. Auftragnehmer in die Arbeitsorganisation der Klägerin zu 1. Zudem stellten die vereinbarten Vertragsstrafen sicher, dass die Klägerin zu 1 den Beginn der Tätigkeit ihrer "Auftragnehmer" indirekt erzwingen und eine aus ihrer Sicht vorzeitige Beendigung der Tätigkeit wenn nicht verhindern, so doch erheblich erschweren konnte. Auch mit dieser Konstruktion erfolgt eine enge Einbindung in die von der Klägerin zu 1 vorgegebenen Arbeitsabläufe.
Der Umstand, dass bestimmte Merkmale, die für eine Arbeitnehmereigenschaft sprechen könnten, wie z. B. ein festes Gehalt, ein bezahlter Erholungsurlaub oder eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall fehlen, spricht nicht gegen die Wertung als abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Denn das Fehlen solcher Arbeitgeberleistungen ist nicht nur bei Selbständigen oder freiberuflich Tätigen festzustellen. Es kann sich in solchen Fällen auch um ein Beschäftigungsverhältnis handeln, dessen Ausgestaltung für den Arbeitnehmer bloß nicht besonders vorteilhaft ist.
Der angefochtene Bescheid ist auch in Bezug auf die festgesetzten Beiträge rechtmäßig. Die Höhe der von der Beklagten festgesetzten Beiträge ist von der Klägerin zu 1 zu keinem Zeitpunkt angegriffen worden. Aus den Akten und dem Vorbringen der übrigen Beteiligten ist auch nichts ersichtlich, was den Schluss zuließe, dass die Beiträge zu Lasten der Klägerin zu 1 zu hoch festgesetzt wurden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Klägerinnen auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 im Berufungsverfahren tragen. Diese war mit ihrem Antrag, mit dem sie sich der Beklagten angeschlossen hat, in der Sache erfolgreich.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 1 Nr. 4, 52 Abs. 3, 62 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen der Beigeladenen zu 1 im Berufungsverfahren tragen die Klägerinnen als Gesamtschuldnerinnen. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Der Streitwert für das Klage- und Berufungsverfahren wird endgültig auf je 3.240,27 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin zu 1 Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung für eine Beschäftigung der Beigeladenen zu 1 im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 1997 in Höhe von 3.240,27 EUR an die Beklagte zu entrichten hat.
Die Klägerinnen waren im streitgegenständlichen Zeitraum Dienstleistungsunternehmen, die den Telefonservice für andere Firmen übernahmen. Die Klägerin zu 1 wurde und wird in der Rechtsform der GmbH & Co. KG geführt, die Klägerin zu 2 war und ist eine GmbH. Die Klägerinnen stellten ihren Firmenkunden sog. Call-Center mit Bildschirmarbeitsplätzen zur Verfügung, in denen die Aufträge der Firmen erledigt wurden. Zu den Aufgaben, die in diesen Call-Centern erledigt werden mussten, gehörte neben der telefonischen Annahme von Aufträgen für die Firmen je nach dem mit der betreuten Firma geschlossenen Vertrag auch die telefonische Beratung von Kunden dieser Firmen (u. a. Möbel- und Finanzberatung, Bearbeitung von Reklamationen usw.). Die Klägerinnen schlossen mit denjenigen Personen, die in den Call-Centern die Arbeit verrichteten, Vereinbarungen und führten außerdem für diese in den Vereinbarungen als "Auftragnehmer" bezeichneten Personen Schulungen durch, da viele der in den Call-Centern zu erledigende Aufgaben eine bestimmte Qualifikation erforderten. Die Durchführung einer Grundschulung war Voraussetzung für ein Tätigwerden im Call-Center, die Teilnahme an zusätzlichen Qualifizierungsschulungen war nach Angaben der Klägerinnen freiwillig. Die Bezahlung der "Auftragnehmer" erfolgte durch die Klägerinnen, nicht durch die von ihnen betreuten Firmen.
Im Zeitraum vom 29. September bis 23. Oktober 1997 führten die (ehemalige) Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und die (ehemalige) Landesversicherungsanstalt B. eine Betriebsprüfung bei den Klägerinnen durch. Die Prüfung umfasste den Zeitraum vom 1. Dezember 1992 bis 31. Dezember 1997. Über das Ergebnis dieser Betriebsprüfung schlossen sie und die Klägerinnen im Oktober 1998 einen Vergleich, der mit Vereinbarung vom November/Dezember 1998 ergänzt wurde. Darin kamen sie überein, dass ab 1. Januar 1998 bei den Klägerinnen alle Tätigkeiten aufgrund der gegenwärtigen Arbeits- und Ablauforganisation in Form von Beschäftigungen gemäß § 7 Abs. 1 SGB IV ausgeübt werden und alle Mitarbeiter der Klägerinnen ab diesem Zeitpunkt der Sozialversicherung unterliegen, soweit nicht Versicherungsfreiheit aufgrund des § 8 SGB IV gegeben ist (Nr. 1 des Vergleichs); wegen weiterer Einzelheiten wird auf Bl. 3 bis 5 der Verwaltungsakten der Beklagten und Bl 148a der Senatsakten verwiesen.
Die 1943 geborene Beigeladene zu 1 ist seit 15. Oktober 1980 bei der Beklagten krankenversichert. Sie war ab 12. September 1996 bei der Klägerin zu 1 als Auftragnehmerin tätig und bei der Beklagten freiwillig versichert, da die Beklagte zunächst von einer hauptberuflich durchgeführten selbständigen Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 ausging. Zwischen der Beigeladenen zu 1 und der Klägerin zu 1 wurde ein Vertrag geschlossen, der u. a. folgende Vereinbarungen enthielt:
"§ 1 Gegenstand
1. Der Auftragnehmer übernimmt die Vertretung der Absatzinteressen der W. T. & V. GmbH & Co.
2. Ausschließliche Grundlage zu Beginn, Dauer und Umfang der Aktionssätze ist die Vereinbarung, die zwischen der W. T. & V. GmbH & Co. und dem jeweiligen Kunden abgeschlossen wurde. Ein Anspruch auf Dauer oder wiederholten Einsatz wird durch diesen Vertrag nicht begründet. Die W. T. & V. GmbH & Co. behält sich insbesondere vor, vereinbarte Aktionen im Kundeninteresse abzukürzen, aufzugeben oder zeitlich zu verändern.
3. Erklärt sich der Auftragnehmer zur Teilnahme an einer von der W. T. & V. GmbH & Co. durchzuführenden Aktion bereit, so gelten die nachfolgenden Vereinbarungen.
§ 2 Honorarvereinbarung
1. Das Honorar für die Tätigkeit des Auftragnehmers richtet sich nach den jeweils angebotenen Aktionen und den hierfür separat abgeschlossenen Aktionsvereinbarungen.
2. Die Rechnungsstellung hat auf genormten Formularen zu erfolgen, wobei die Honorarauszahlung erst nach ordnungsgemäßer Rechnungsstellung erfolgt, oder sie erfolgt durch Gutschrift.
§ 3 Pflichten der Auftragnehmer
1. Der Auftragnehmer ist als Selbständiger für die qualitative Durchführung seiner Aufgabe verantwortlich.
2. Er verpflichtet sich aber, bei der Ausführung der Tätigkeit die ihm bekannten Auftragsregeln der W. T. & V. GmbH & Co. zu beachten, sowie die Hausordnung und Gepflogenheiten der Tätigkeitsorte.
3. Der Auftragnehmer verpflichtet sich, über alle Vorkommnisse innerhalb und außerhalb der Firma des Auftraggebers - insbesondere Mitbewerbern gegenüber - Stillschweigen zu bewahren. Diese Verschwiegenheit erstreckt sich auch auf die Sachverhalte, die den W.-Kunden oder Tätigkeitsort betreffen.
4. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, jeden Verhinderungsfall der W.-Zentrale unverzüglich fernmündlich anzuzeigen.
5. Der Auftragnehmer hat die ihm anvertrauten Aktionsunterlagen in ordentlichem Zustand zu halten. Fordert die W. T. & V. GmbH & Co. bei dem Auftragnehmer Unterlagen und sonstiges an, sind diese unverzüglich herauszugeben. Ein Zurückbehaltungsrecht kann aus keinem Rechtsgrund geltend gemacht werden.
6. Die W. T. & V. GmbH & Co. behält sich vor, den Auftragnehmer in den Fällen zu Schadensersatz heranzuziehen, wo er durch sein Handeln oder Auftreten die Interessen der W.-Kunden bzw. der W. T. & V. GmbH & Co. direkt oder indirekt geschädigt haben sollte, insbesondere in Fällen der Verletzung der Anzeigepflicht gemäß § 3 Ziffer 5.
7. Der Auftragnehmer verpflichtet sich, falls erforderlich, an Besprechungen und Trainings im W.-Haus K. teilzunehmen. Der erforderliche Zeitaufwand wird gemäß gesonderter Honorarvereinbarung vergütet. Es besteht Einvernehmen darüber, daß der Auftragnehmer zur Rückerstattung der genannten Beträge verpflichtet ist, wenn er die vertraglich vereinbarte Tätigkeit nicht ausübt, nicht aufnimmt oder er aufgrund ihres schuldhaften Verhaltens fristlos von der Auftragstätigkeit innerhalb dieses Zeitraumes entbunden werden muß. Die Fristsetzung beginnt am ersten Tag der Tätigkeitsaufnahme in der vereinbarten Aktion.
8. Hat der Auftragnehmer zur Mehrwertsteuer optiert, ist dies dem Auftraggeber nachzuweisen.
9. Der Auftragnehmer erklärt sich einverstanden, daß die W. T. & V. GmbH & Co., falls sie gemäß § 93 AO der Finanzbehörde auskunftspflichtig ist, die entsprechenden Auskünfte erteilen darf.
10. Für den Fall eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses oder Offenlegung einer Verpfändung und Abtretung berechnet die W. T. & V. GmbH & Co. dem Auftragnehmer einen Selbstkostenanteil von DM 50,-, unabhängig davon, wieviele Zahlungen dabei notwendig werden.
§ 4 Pflichten des Auftraggebers
1. Die W. T. & V. GmbH & Co. verpflichtet sich, dem Auftragnehmer die erforderliche Unterstützung für die erfolgreiche Tätigkeit zu gewähren. Hierzu zählen spezielle Trainings, Tagungen, Verkaufsunterlagen und die Betreuung durch Führungskräfte in den vereinbarten Aktionen.
2. Der Rechnungsbetrag bzw. Gutschriftsbetrag ist entsprechend der Vereinbarung bargeldlos innerhalb von 14 Tagen nach dem Ende des mit dem Berichtswesen belegten Arbeitsmonats zu zahlen. Der Auftragnehmer verpflichtet sich, ein Bankkonto einzurichten
3. Die W. T. & V. GmbH & Co. ist in folgenden Fällen zur Kürzung bzw. Zurückhaltung des Honorares berechtigt: a) bei Verstoß gegen § 3 Absatz 1 b) wenn die Rechnungsstellung nicht ordnungsgemäß erfolgt ist c) wenn unklares und unvollständiges Berichtswesen vorliegt, mit ungeklärten Differenzen, oder wenn das Berichtswesen überhaupt nicht erfolgt d) wenn fahrlässig oder unsachgemäß mit Telefonarbeitsplatz-Ausrüstungs¬gegenständen umgegangen wird.
4. Unabhängig davon verpflichtet sich der Auftragnehmer zur Zahlung einer Vertragsstrafe für jeden Einzelfall eines Vertragsverstoßes unter folgenden Voraussetzungen: a)vertragswidrig nicht mit der Tätigkeit beginnen nach WST DM 300 b)vertragswidrig vor Ablauf von drei Monaten Tätigkeit beenden DM 300 c)vertragswidrig nicht mit der Tätigkeit beginnen nach PT DM 150 d)Verhinderungen nicht unverzüglich fernmündlich anzuzeigen DM 50"
Zu den Vereinbarungen in den §§ 5 bis 7 der Vertrages wird auf Bl. 8-9 der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Die Beigeladene zu 1 war bis Oktober 1998 für die Klägerin zu 1 tätig.
In einem an die "T. W. T. & V. GmbH & CO" adressierten Schreiben vom 2. Mai 2001 teilte die Beklagte mit, dass sie beabsichtige für die Beigeladene zu 1 sowie für weitere zwei Personen aufgrund der von diesen im Jahr 1997 ausgeübten Tätigkeit als Telefonverkaufsberater Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung festzusetzen. Hierzu äußerte sich die Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen mit Schriftsatz vom 12.06.2001 namens und in Vollmacht "ihrer Mandantin", machte aber nur Ausführungen zur Geschäftstätigkeit der Klägerin zu 2. Mit Bescheid vom 27. Dezember 2001 stellte die Beklagte für 11 namentlich genannte Personen, darunter auch die Beigeladene zu 1, Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1997 fest und forderte Beiträge in Höhe von insgesamt 47.147,80 DM. Die Beitragsforderung für die Beigeladene zu 1 belief sich auf 6.337,42 DM. Der Bescheid wurde den Bevollmächtigten der Klägerinnen noch am 27. Dezember 2001 vorab per Fax übermittelt; das mit der Post versandte Original ging am 2. Januar 2002 zu.
Gegen diesen Bescheid legte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin neu am 29. Januar 2002 Widerspruch ein und führte dabei u.a. aus, dass sie die "T. W. T. und V. GmbH & Co" vertrete. Mit weiterem Schriftsatz vom 28. Mai 2002 (Bl. 43/45 der Verwaltungsakte der Beklagten) begründete sie den Widerspruch. Im Verlauf des Widerspruchsverfahrens wurde auch die Frage erörtert, wer von den 11 im Bescheid vom 27. Dezember 2001 aufgeführten Personen bei welcher Firma tätig war. Dabei stellte sich heraus, dass die Beigeladene zu 1 bei der Klägerin zu 1, die anderen Personen aber bei der Klägerin zu 2 tätig waren. Mit Schriftsatz vom 13.01.2004 machte die Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen geltend, dass keine der im Bescheid vom 27. Dezember 2001 genannten Personen bei der Empfängerin dieses Bescheides beschäftigt sei. Eine derartige Firma existiere nicht. Es existierten lediglich die Unternehmen "T. T. S. GmbH" und "W. T. & V. GmbH & Co."
Mit Schreiben vom 13. Januar 2004 nahm die Beklagte den Bescheid vom 27. Dezember 2001 teilweise zurück und hielt die darin getroffene Regelung nur noch für die Beigeladene zu 1 aufrecht. Mit dem an die Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen adressierten Widerspruchsbescheid vom 30. April 2004, in dessen Betreff es u. a. heißt: Ihre Mandantin: W. T. & V. GmbH & Co.", wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch zurück und stellte fest, dass die von der Beigeladenen zu 1 ausgeübte Tätigkeit als Telefonverkäuferin auch in der Zeit vom 12. September 1996 bis 31. Dezember 1997 im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung verrichtet wurde und deshalb der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie der Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung unterlag. Die W. T. & V. GmbH & CO ("Ihre Mandantin") sei verpflichtet, für die Zeit vom 1. Januar 1997 bis 31. Dezember 1997 Gesamtsozialversicherungsbeiträge (Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung) in Höhe von 3.240,27 EUR (6.337,42 DM) zu entrichten. Der Widerspruchsbescheid ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen am 30. Mai 2004 zugegangen.
Am 3. Juni 2004 haben die Klägerinnen Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Sie haben zunächst ihre Ausführungen im Widerspruchsverfahren auch zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht und ferner darauf hingewiesen, dass der Bescheid vom 27. Dezember 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides nichtig sei. Ein Verwaltungsakt müsse inhaltlich hinreichend bestimmt sein und den Adressaten erkennen lassen. Diesen Anforderungen werde der angefochtene Bescheid nicht gerecht, da nicht klar sei, welche der beiden Klägerinnen Adressat des Verwaltungsakts sein solle. Deshalb seien auch beide Klägerinnen klagebefugt. Die Klägerin zu 2 firmiere nach außen unter der Bezeichnung T ... Diese Buchstaben stellten sozusagen ihre Marke dar. Die Klägerin zu 1 firmiere hingegen ohne diese Buchstaben.
Das SG hat mit Beschluss vom 17. Januar 2005 die Auftragnehmerin, die Bundesagentur für Arbeit und die Pflegekasse zum Verfahren beigeladen und mit Gerichtsbescheid vom 17. Mai 2005 die Klage abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, dass die Klage der Klägerin zu 2 unzulässig sei, weil es dieser an der erforderlichen Klagebefugnis fehle. Die Klägerin zu 2 habe jedenfalls unter Berücksichtigung der Ausführungen im Widerspruchsbescheid davon ausgehen müssen, dass sich die Beitragsforderung ausschließlich gegen die Klägerin zu 1 richte. Die Klage der Klägerin zu 1 sei dagegen zwar zulässig, aber unbegründet. Die Beitragsforderung der Beklagten bestehe zu Recht. Der Gerichtsbescheid ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen mittels Empfangsbekenntnis am 20. Mai 2005 zugestellt worden.
Am 20. Juni 2005 haben die Klägerinnen Berufung eingelegt. Sie sind weiterhin der Ansicht, dass der angefochtene Bescheid nichtig ist, weil nicht klar sei, welche der Klägerinnen Adressat des angefochtenen Verwaltungsakts sein sollte. Im Übrigen sind sie der Auffassung, dass die Beigeladene zu 1 nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Auch stehe der mit dem Rentenversicherungsträger geschlossene Vergleich der Beitragsforderung entgegen.
Die Klägerinnen beantragen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Mai 2005 sowie die Bescheide der Beklagten vom 27. Dezember 2001 und 13. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. April 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen der Klägerinnen zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend und weist u. a. darauf hin, dass die Bevollmächtigte der Klägerinnen die von der Beklagten verwendete Firmenbezeichnung selbst benutzt habe. Weshalb die Klägerin zu 2 überhaupt Klage erhoben habe, sei für sie nicht nachvollziehbar. Selbst wenn man hinsichtlich des Ausgangsbescheides vom 27. Dezember 2001 der Meinung der Klägerin zu 1 folgen wollte, so habe jedenfalls aufgrund der nachfolgenden Klarstellungen kein Zweifel daran bestanden, dass für die Beigeladene zu 1 keinerlei Beitragsansprüche gegenüber der Klägerin zu 2 geltend gemacht werden.
Die Beigeladene zu 1 schließt sich dem Antrag und der Rechtsauffassung der Beklagten an. Die übrigen Beteiligten haben sich nicht zur Sache geäußert.
Die (frühere) Berichterstatterin des Berufungsverfahrens hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten in einem Termin am 30. August 2007 erörtert; auf die hierüber gefertigte Niederschrift (Bl. 36/39) wird verwiesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen der Klägerinnen, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, sind gemäß den §§ 143 ff SGG statthaft und zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist auch die mit Schreiben der Beklagten vom 13. Januar 2004 getroffene Regelung. Dabei handelt es sich um einen Verwaltungsakt, der nach § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens geworden ist. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte ihre im Bescheid vom 27. Dezember 2001 getroffene Regelung teilweise aufgehoben. Sie hat eine Versicherungs- und Beitragpflicht nur noch für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 festgesetzt.
Der Senat stimmt mit dem SG darin überein, dass die Klage der Klägerin zu 2 bereits unzulässig ist. Es fehlt an der Klagebefugnis (Beschwer) und damit an einer Sachurteilsvoraussetzung für die von der Klägerin zu 2 erhobene Anfechtungsklage. Der Bescheid vom 27. Dezember 2001 beinhaltet in der Gestalt, die er durch den Bescheid vom 13. Januar 2004 und den Widerspruchsbescheid vom 30. April 2004 erhalten hat, keine die Klägerin zu 2 belastende Regelung. Mit diesem Bescheid wird vielmehr ausschließlich eine Regelung gegenüber der Klägerin zu 1 getroffen. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen ist der Adressat des Bescheides feststellbar.
Entscheidend ist, ob der Inhaltsadressat durch Auslegung anhand der den Betroffenen bekannten Umstände hinreichend sicher bestimmt werden kann (so auch BFH Urteil vom 17.11.2005 - III R 8/03 - unter Hinweis darauf, dass nach der neueren Rechtsprechung des BFH die Steuerschuldner nicht mehr zwingend aus dem Bescheid selbst oder den dem Bescheid beigefügten Unterlagen für einen Dritten erkennbar sein müssen; Bay. VGH, Beschluss vom 15.11.2005 - 23 CS 05.2667 - wonach entscheidend sei, wie der Betroffene den materiellen Gehalt des Bescheides unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste). Unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes hat der Senat keinen Zweifel daran, dass für die Klägerin zu 1 ohne Weiteres erkennbar war, dass sich die im Bescheid vom 27. Dezember 2001 in Bezug auf die Beigeladene zu 1 getroffene Regelung auf sie bezog. Dies ergibt sich einerseits unproblematisch aus dem Inhalt der Regelung (Beitragspflicht für eine Beschäftigte der Klägerin zu 1). Andererseits hat die Beklagte, nachdem im Vorverfahren die Frage erörtert worden war, welche der im Bescheid vom 27. Dezember 2001 genannten Personen bei welcher der Klägerinnen beschäftigt war, den Bescheid vom 27. Dezember 2001 durch den Bescheid vom 13. Januar 2004 abgeändert und die Regelung nur noch für die Beigeladene zu 1 aufrechterhalten. Ab diesem Zeitpunkt richtete sich der Bescheid vom 27. Dezember 2001 in der Gestalt, die er durch den Bescheid vom 13. Januar 2004 erhalten hat, sogar ausschließlich an die Klägerin zu 1. Sie ist daher auch (und ab Januar 2004 sogar alleiniger) Adressat des Bescheides. Nach Erlass des Bescheides vom 13. Januar 2004 und des Widerspruchsbescheides vom 30. April 2004 liegt keine Regelung iS des § 31 Satz 1 SGB X (Verwaltungsakt) gegenüber der Klägerin zu 2 mehr vor.
Die Klage der Klägerin zu 1 ist zwar zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid lässt - wie dargelegt - nicht nur die Klägerin zu 1 als Adressat des Bescheides erkennen, er ist auch inhaltlich richtig. Die Beklagte hat zu Recht entschieden, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 bei der Klägerin zu 1 eine abhängige, der Sozialversicherungspflicht unterliegende Beschäftigung ist.
Die Beklagte stellt als Einzugsstelle die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- (seit 1. Januar 2005) Renten- und Arbeitslosenversicherung fest (§ 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV). Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen u. a. in der Kranken-, Pflege-, und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB XI, § 168 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz - AFG - in der vom 1. Januar 1996 bis 31. Dezember 1997 geltenden Fassung). Der Zuständigkeit der Beklagten als Einzugsstelle steht nicht entgegen, dass die nach § 28p SGB IV durchzuführende Prüfung bei den Arbeitgebern seit 1. Januar 1996 den Rentenversicherungsträgern übertragen ist. Betriebsprüfungen durch den Rentenversicherungsträger haben nach der Rechtsprechung des BSG nur eine Kontrollfunktion. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern, andererseits die Sozialversicherungsträger davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Sie sollen jedoch nicht eine Schutzfunktion gegenüber Arbeitgebern erfüllen oder diesen gar "Entlastung" erteilen (Urteil des Senats vom 20. September 2005, L 11 KR 1766/05, juris unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 14. September 2004, B 12 KR 1/04, SozR 4-2400 § 22 Nr. 2). Daraus folgt, dass die Einzugsstelle nicht gehindert ist, trotz durchgeführter Betriebsprüfung einen Beitragsbescheid zu erlassen, wenn die Betriebsprüfung ohne Beanstandung geblieben ist.
Dem steht im vorliegenden Fall nicht entgegen, dass die Betriebsprüfung mit einem Vergleich abgeschlossen worden ist. Mit Urteil vom 29. Juli 2003 (B 12 AL 1/02 R, SozR 4-2400 § 27 Nr. 1) hat das BSG entscheiden, dass Beschäftigte aus den Ergebnissen früherer Prüfungen nur Rechte für sich herleiten können, wenn bei der Betriebsprüfung die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe personenbezogen bestimmten Zeiträumen durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt worden ist. Daran fehlt es hier. Eine solche personenbezogene Feststellung ist auch in dem Vergleichsvertrag nicht getroffen worden. Im Gegenteil waren sich die Klägerin zu 1 und der Rentenversicherungsträger nach dem Inhalt des Vergleichs darüber einig, dass für die Zeit vor dem 1. Januar 1998 keine Feststellungen getroffen werden (Nr. 1 des Vergleichs, letzter Satz). Hinzu kommt, dass die Beklagte an dem Vergleichsabschluss gar nicht beteiligt war. Der Vergleichsvertrag hatte deshalb nicht zur Folge, dass gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV eine Zuständigkeit der Einzugsstelle nicht mehr gegeben war.
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl. Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (st. Rspr. BSG, vgl. u.a. BSG, Urteil vom 28. Mai 2005, B 12 KR 13/07 R, zit. nach juris).
Ausgangspunkt der Prüfung ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 7; Urteil vom 25. Januar 2006, B 12 KR 30/04 R, Die Beiträge, Beil 2006, 149; jeweils mwN ) zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt und sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht aber der formellen Vereinbarung regelmäßig vor. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (vgl. Urteil vom 24. Januar 2007, aaO, mwN).
Im vorliegenden Fall ergibt sich bereits aus der zwischen der Beigeladenen zu 1 und der Klägerin zu 1 geschlossenen Vereinbarung vom September 1996, dass es sich bei der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 als Telefonberaterin um eine abhängige Beschäftigung gehandelt hat. Das für ein solches Beschäftigungsverhältnis in erster Linie ausschlaggebende Weisungsrecht des Arbeitgebers folgt aus mehreren vertraglichen Bestimmungen. So war die als Auftragnehmerin bezeichnete Beigeladene zu 1 nach § 3 Abs. 2 der genannten Vereinbarung verpflichtet, bei der Ausführung der Tätigkeit die "ihr bekannten Auftragsregeln" der Klägerin zu 1 zu beachten. Mit dieser in der Form einer dynamischen Verweisung auf ein außerhalb des Vertrags bestehendes Regelwerk verweisenden Vertragsbestimmung hat die Klägerin zu 1 sich die Rechtsmacht gesichert, die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 durch Schaffung oder Änderung der "Auftragsregeln" exakt zu leiten. Diese Rechtsmacht rechnet (auch) zu den tatsächlichen Verhältnissen, so dass es unerheblich ist, ob und in welchem Umfang die Klägerin hiervon in der Praxis Gebrauch gemacht hat. Nach § 3 Abs. 7 des Vertrags war die Beigeladene zu 1 ferner verpflichtet, falls erforderlich, an Besprechungen im W.-Haus in K. teilzunehmen. Die Klägerin zu 1 konnte die Beigeladene zu 1 also wie eine Arbeitnehmerin jederzeit zu einem Gespräch bitten und sie z. B. über die derzeit geltenden Auftragsregeln informieren. Der Sache nach handelt es sich bei diesen Bestimmungen um die Vereinbarung eines Weisungsrechts. Auch eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin zu 1 folgt aus den vertraglichen Bestimmungen. Nach § 1 Abs. 2 des Vertrages war ausschließliche Grundlage für Beginn, Dauer und Umfang einer Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 die von der Klägerin zu 1 mit ihren Kunden getroffene Vereinbarung. Mit dieser Bestimmung erfolgt eine - wiederum nach Art einer dynamischen Verweisung vorgenommene - Eingliederung der sog. Auftragnehmer in die Arbeitsorganisation der Klägerin zu 1. Zudem stellten die vereinbarten Vertragsstrafen sicher, dass die Klägerin zu 1 den Beginn der Tätigkeit ihrer "Auftragnehmer" indirekt erzwingen und eine aus ihrer Sicht vorzeitige Beendigung der Tätigkeit wenn nicht verhindern, so doch erheblich erschweren konnte. Auch mit dieser Konstruktion erfolgt eine enge Einbindung in die von der Klägerin zu 1 vorgegebenen Arbeitsabläufe.
Der Umstand, dass bestimmte Merkmale, die für eine Arbeitnehmereigenschaft sprechen könnten, wie z. B. ein festes Gehalt, ein bezahlter Erholungsurlaub oder eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall fehlen, spricht nicht gegen die Wertung als abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Denn das Fehlen solcher Arbeitgeberleistungen ist nicht nur bei Selbständigen oder freiberuflich Tätigen festzustellen. Es kann sich in solchen Fällen auch um ein Beschäftigungsverhältnis handeln, dessen Ausgestaltung für den Arbeitnehmer bloß nicht besonders vorteilhaft ist.
Der angefochtene Bescheid ist auch in Bezug auf die festgesetzten Beiträge rechtmäßig. Die Höhe der von der Beklagten festgesetzten Beiträge ist von der Klägerin zu 1 zu keinem Zeitpunkt angegriffen worden. Aus den Akten und dem Vorbringen der übrigen Beteiligten ist auch nichts ersichtlich, was den Schluss zuließe, dass die Beiträge zu Lasten der Klägerin zu 1 zu hoch festgesetzt wurden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Klägerinnen auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 im Berufungsverfahren tragen. Diese war mit ihrem Antrag, mit dem sie sich der Beklagten angeschlossen hat, in der Sache erfolgreich.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 1 Nr. 4, 52 Abs. 3, 62 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
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