L 9 U 5786/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 5683/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 5786/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 05. November 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist die Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles vom 15. November 2005.

Der 1944 geborene Kläger betrieb als Selbstständiger ein Versicherungsbüro und war bei der Beklagten gegen Arbeitsunfälle versichert. Am 15. November 2005 erlitt er gegen 18:00 Uhr auf dem Rückweg in sein Büro, als er im Bereich des Übergangs von der Treppe in den Flur zu Fall kam und auf die linke Seite stürzte, einen Arbeitsunfall. Danach arbeitete er weiter und behandelte seine Schulterbeschwerden mit Salben selbst. Einen Arzt suchte er erst am 13. Januar 2006 auf, wodurch die Beklagte Kenntnis von dem Ereignis erlangte. Zu diesem gab er am 30. Januar 2006 an, er sei direkt seitlich auf die Schulter aufgeprallt und habe danach langgestreckt am Boden gelegen. Auf den Ellenbogen sei er nicht gestürzt. Ob er auf die nach vorne oder hinten ausgestreckte Hand gestürzt sei, in welcher Stellung diese sich befunden habe und wie die Haltung des Armes gewesen sei, könne er sich nicht erinnern. Er habe sich eine Verletzung an der linken Schulter zugezogen.

Am 13. Januar 2006 erhob der Praktische Arzt Dr. F. eine deutlich schmerzhafte Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenkes. Er bescheinigte ab 16. Januar 2006 Arbeitsunfähigkeit und stellte im Bericht vom 26. Januar 2006 die Diagnosen "oberer Kapseleinriss linkes Schultergelenk bei gleichzeitiger Insertionstendopathie der Supraspinatussehne links mit Peritendinitis und subakromialer Impingement-Situation, nebenbefundlich leichte Akromioklavikulargelenksarthrose". Dem fügte er Arztbriefe des Radiologen Seipp, der im Bericht vom 17. Januar 2006 zum Ergebnis gekommen war, es liege eine AC-Arthrose vor und nativ-radiographisch bestünden kein Anhalt für eine rezente knöcherne Verletzung und keine sekundären HinW. für eine Rotatorenmanschetten (RM)-Verletzung, ein MRT sei zu empfehlen, sowie des Radiologen Dr. Halt, der im Bericht vom 26. Januar 2006 über die Kernspintomographie die Diagnose "Insertionstendopathie der Supraspinatussehne mit Peritendinitis und leichter Fibroostitis bei subakromialer Impingementsituation, kleiner superiorer Kapseleinriss, leichte ACG-Arthrose" stellte, bei. Der Chirurg Dr. D. diagnostizierte im Durchgangsarztbericht vom 07. Februar 2006 eine "schwerste Distorsion der linken Schulter bei wahrscheinlich vorbestehenden degenerativen Veränderungen im Bereich der RM auf der linken Seite, welche jedoch nach MNR-Befund geringgradig ausgeprägt sich darstellen".

Die Beklagte zog Röntgen- und MRT-Bilder bei und veranlasste eine Untersuchung in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Tübingen. Prof. Dr. W. diagnostizierte in Bericht vom 11. April 2006 eine Insertionstendopathie der Supraspinatussehne, eine Peritendinitis bei sub-akromialer Impingementsituation bei stattgehabter Schulterprellung am 15. November 2005 und empfahl eine intensivierte Beübung unter physiotherapeutischer Anleitung.

In einem orthopädisch-chirurgischen Gutachten vom 01. Juni 2006 kamen Prof. Dr. H. und Dr. M. zum Ergebnis, an der linken Schulter finde sich ein degeneratives Engpasssyndrom unter dem Schulterdach durch Schultereckgelenksarthrose mit Begleitentzündungen und mit schmerzhaften Bewegungseinschränkungen des Schulterhauptgelenkes. Die Degenerationen des Schultereckgelenkes mit der dadurch bedingten Einengung des Unterschulterdachraumes W. auf Vorschäden zumindest im Sinne einer Schadensanlage hin, von der es aus ärztlicher Sicht erstaunlich sei, dass sie nicht schon deutlich länger Beschwerden bereitet habe. Es ergäben sich erhebliche Zweifel am vom Versicherten geschilderten Mechanismus (direkter Anprall der linken Schulter an den Türrahmen und sodann Sturz auf den Boden) und den daraus ableitbaren möglichen Situationen. Folge man aber dem dem Versicherten erinnerlichen Teil des Ablaufs, könne es sich aus der gehenden bzw. stolpernden Situation heraus nur um eine relativ leichte Prellung der vorderen Teile der linken Schulter gehandelt haben. Solche Prellungen heilten stets binnen weniger Tage bis allenfalls weniger Wochen aus, insbesondere dann, wenn auch keine äußeren Prellzeichen, wie eine lokale Schwellung oder wie ein lokales Hämatom bestanden hätten. Solche habe der Kläger ausgeschlossen. Auch die Tatsache, dass der Kläger an jenem Tage seine Arbeit eingestellt, ansonsten in der Folgezeit aber weitergearbeitet und sich selbst mit Salben behandelt habe, passe grundsätzlich zu einer leichteren Prellung. Dazu passe aber nicht, dass diese anhaltende Schmerzen bereitet haben sollte. Bei der ersten ärztlichen Untersuchung, etwa zwei Monate nach dem Ereignis, seien klinisch lediglich als schmerzhaft angegebene Bewegungseinschränkungen in der linken Schulter und radiologisch eine deutliche Arthrose des Schultereckgelenkes, kernspintomographisch sodann ein durch diese Arthrose bedingtes Engesyndrom unter dem Schulterdach mit entsprechenden Friktionen und Friktionszeichen der dort befindlichen Supraspinatussehne mit sekundären entzündlichen Zeichen festgestellt worden. All diese Zeichen seien Bestandteile und Folgen von Degenerationen mit sekundären Aktivierungen, nicht aber Folge von Traumen, insbesondere nicht von Prellungen. Auch die mögliche und vom Radiologen genannte teilW. Rissbildung der Supraspinatussehne im oberen Bereich könne nicht Traumafolge sein, da dieser Sehnenanteil unmittelbar unter dem Schulterdach gegenüber äußeren Krafteinwirkungen sehr geschützt sei. Eine erhöhte Beanspruchung dieser Sehne könne nur erfolgen, wenn der abgespreizte Arm bei starker muskulärer Anspannung gewaltsam und plötzlich wieder an den Körper herangeführt werde. Dies sei aber an der Schulter nicht nur ausgesprochen selten sondern führe auch in aller Regel zum Zerreißen von Muskelfasern. Partielle Einrisse von Kapsel- und Sehnengewebe seien nicht traumatisch bedingt. Es könne sich vorliegend nur um eine Prellung gehandelt haben, von der die Supraspinatussehne aus anatomischen Gründen nicht betroffen gewesen sein könne. Diese könne nur binnen weniger Tage oder allenfalls binnen weniger Wochen und inklusive einer Sicherheitsmarge von maximal vier Wochen abnehmende Beschwerden bereitet haben und müsse völlig folgenlos ausgeheilt sein. Die 2006 ärztlich festgestellten und diagnostisch genannten Gesundheitsstörungen seien nicht auf dieses Ereignis zurückzuführen, sondern degenerativ und schicksalhaft entstanden. Sollten die Beschwerden tatsächlich erst bei dem Unfall bzw. im Dezember 2005 nach dem Unfall entstanden sein, so seien sie gelegentlich und völlig unabhängig von der erlittenen Prellung, zu dieser zeitlich gesehen also zufällig entstanden. Sämtliche ärztlichen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen, die erstmals am 13. Januar 2006 durchgeführt worden seien, seien nicht durch den Unfall bedingt, ebenso auch nicht die Arbeitsunfähigkeit vom 16. Januar bis 26. März 2006. Der Unfall habe zu keiner Zeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von messbarem Ausmaß bedingt.

Mit Bescheid vom 21. Juni 2006 anerkannte die Beklagte das Ereignis vom 15. November 2005 als Arbeitsunfall sowie als Unfallfolgen "Prellung der linken Schulter, welche folgenlos verheilt ist". Nicht Folge des Versicherungsfalles sei ein degeneratives Engpasssyndrom an der linken Schulter unter dem Schulterdach durch Schultergelenksarthrose mit Begleitentzündungen und Bewegungseinschränkungen des Schultergelenkes. Ein Anspruch auf Verletztenrente bestehe nicht. Die nach dem 30. November 2005 aufgetretenen Beschwerden sowie die ggf. nach diesem Zeitpunkt bestehende Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit gehe nicht mehr zu Lasten der Unfallfolgen. Den Widerspruch des Klägers, mit welchem dieser geltend machte, es bestehe weiterhin eine erhebliche Bewegungseinschränkung der linken Schulter, insbesondere bei der aktiven Bewegung, vor dem Unfall hätten keinerlei Vorerkrankungen im Bereich der Schulter vorgelegen, eine Insertionstendopathie der Supraspinatussehne könne traumatisch bedingt sein und es bestehe auch ein zeitlicher Zusammenhang der Beschwerden mit dem Unfallereignis, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2006 zurück.

Deswegen hat der Kläger am 16. November 2006 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben, mit welcher er die Gewährung von Verletztenrente erstrebt hat. Er hat geltend gemacht, die nach wie vor bestehenden Beschwerden seien durch den Unfall bedingt, da er vor diesem beschwerdefrei gewesen sei. Auch Dr. F. habe sie als unfallbedingt erachtet. Die kernspintomographisch nachgewiesene Insertionstendopathie der Supraspinatussehne sei traumatisch bedingt, wofür auch der zeitliche Zusammenhang mit dem Unfallereignis spreche. Er habe mit starken Schmerzen nach dem Unfall weitergearbeitet.

Das SG hat Dr. D. und Prof. Dr. W. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dr. D., der den Kläger am 06. und 22. Februar sowie 22. März 2006 untersucht hat, hat über die erhobenen Befunde berichtet und ausgeführt, diese wichen nicht oder nur unwesentlich von denen im Gutachten vom 01. Juni 2006 ab. Dessen Schlussfolgerungen entsprächen auch seiner Einschätzung. Eine unfallbedingte MdE um mindestens 20 v.H. liege nicht vor. Prof. Dr. W. hat sich am 14. März 2007 dem Gutachten von Prof. Dr. H. und Dr. M. gleichfalls angeschlossen. Diese seien schlüssig und mit dem bei seiner ambulanten Untersuchung am 7. April 2006 erhobenen Befund vereinbar. Auch sei die Bewertung der MdE durch Dr. M. und Prof. Dr. H. schlüssig.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ein orthopädisches Gutachten des Prof. Dr. B. vom 06. August 2007 eingeholt. Er ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, es bestünden eine leichte Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenkes, eine Arthrose des Akromio-Klavikular-Gelenks beidseits, eine leichte Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule und ein teilfixierter Rundrücken. Nach der Schilderung des Unfallherganges scheide ein Stauchungs- oder Zerrungsmechanismus von vorneherein aus. Es könne nur zu einer möglicherW. allerdings erheblichen Prellung des vorderen Abschnitts des linken Schultergelenks gekommen sein. Radiologisch hätten sich damals wie heute keine knöchernen Verletzungsfolgen gefunden, die kernspintomographische Untersuchung habe jedoch HinW. auf zwei verschiedenartige Befunde, zum einen Veränderungen in der Supraspinatussehne im Sinne eines Impingements, zum anderen ein kleiner im vorderen oberen Bereich liegender Schulterkapseleinriss gezeigt. Das Engpasssyndrom der Supraspinatussehne sei eindeutig unfallunabhängig hervorgerufen durch arthrotische Veränderungen des Akromio-Klavikular-Gelenks. Der kleine Kapseleinriss könne sich nach Art und Lage bei der direkten Prellung an der Türzarge ereignet haben. Die sich im Laufe von zwei Monaten entwickelnde und schließlich zum Arzt führende Bewegungseinschränkung sei der typische Verlauf eines Impingementsyndroms, das sich im vorliegenden Fall unfallunabhängig entwickelt habe. Der kleine Kapseleinriss zeige dagegen posttraumatisch einen umgekehrten Verlauf, d.h. nach anfänglich deutlichen Beschwerden, auch verbunden mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung heile eine derartige Weichteilverletzung im allgemeinen in vier bis sechs Wochen folgenlos aus. Es bestehe nur noch eine leichte Bewegungseinschränkung ohne besonderen Leidensdruck. Die aktuellen Röntgenaufnahmen zeigten im Vergleich zur rechten Seite eine kleine subakromiale Weichteilverkalkung, einen typischen radiologischen Befund nach abgelaufener Entzündung im Bereich der RM bzw. Suparspinatussehne. Die auf orthopädischem Fachgebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen seien sämtlich nicht mehr auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Die erst zwei Monate später kernspintomographisch wie auch die fünf Monate später bei der Vorstellung in der BG-Klinik erhobenen funktionellen Befunde wiesen eindeutig in die Richtung einer unfallunabhängigen Impingement-Symptomatik. Der unfallbedingte kleine Schulterkapseleinriss sei nach spätestens sechs Wochen ausgeheilt gewesen und nach Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit habe keine unfallbedingte Einschränkung der Erwerbsfähigkeit vorgelegen. Den Schlussfolgerungen im Gutachten von Dr. M. schließe er sich an.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 05. November 2007 abgewiesen. Ein Anspruch auf Verletztenrente bestehe nicht. Nach den Gutachten von Prof. Dr. H. und Prof. Dr. B. sowie den Äußerungen der behandelnden Ärzte bestehe über die 26. Woche nach dem Unfallereignis hinaus keine unfallbedingte MdE um mindestens 20 v.H.

Gegen den am 07. November 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 07. Dezember 2007 Berufung eingelegt. Er wiederholt im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend u. a. vor, unfallunabhängige Erkrankungen seien vor dem Unfallereignis nicht bekannt gewesen. Soweit sie vorgelegen hätten, hätte der Unfall zumindest zu einer richtungweisenden Verschlimmerung geführt. Als Selbständiger habe er sich nicht krankschreiben lassen, doch hätten die Schmerzen durchgehend über den 30. November 2005 hinaus bestanden. Nicht nachvollziehbar sei insbesondere auch, dass der unfallbedingte Schulterkapseleinriss bereits nach spätestens sechs Wochen ausgeheilt gewesen sein solle.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 05. November 2007 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21. Juni 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2006 zu verurteilen, ihm seit Antragstellung Verletztenrente in Höhe von mindestens 20 v.H. der Vollrente zu gewähren. Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt im Wesentlichen vor, nach den im Verwaltungs- und auch im gerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten habe der Kläger lediglich eine Prellung der linken Schulter erlitten, die folgenlos verheilt sei. Eine richtungsweisende Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens sei nicht aufgetreten. Eine solche hätten weder die behandelnden Ärzte, noch ein Gutachter in irgendeiner Weise beschrieben.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente.

Versicherungsfälle im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung sind nach § 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2,3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Gemessen daran hat der Kläger einen versicherten Arbeitsunfall erlitten, der hier auch bindend anerkannt ist. Streitig ist indes, welche Ansprüche hieraus abzuleiten sind.

Voraussetzung für die Anerkennung bzw. Feststellung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalles und auch ihrer Berücksichtigung bei der Gewährung von Leistungen, insbesondere auch der Bemessung der MdE bzw. der Verletztenrente ist u. a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden (haftungsbegründende Kausalität) und dem Gesundheitserstschaden und der fortdauernden Gesundheitsstörung (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen - neben der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis - der Gesundheitserstschaden und die eingetretenen fortdauernden Gesundheitsstörungen gehören, mit einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein. Für die Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen Einwirkung und dem Gesundheitserstschaden sowie dem Gesundheitserstschaden und fortdauernden Gesundheitsstörungen gilt im Bereich in der gesetzlichen Unfallversicherung die Kausalitätstheorie der "wesentlichen Bedingung". Diese hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob das Ereignis nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Auf Grund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich- philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden, bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden. Bei mehreren konkurrierenden Ursachen muss die rechtlich wesentliche Bedingung nicht "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig" sein. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Kommt einer der Ursachen gegenüber den anderen eine überragende Bedeutung zu, ist sie allein wesentliche Ursache und damit allein Ursache im Rechtssinn (vgl. hierzu das grundlegende Urteil des BSG vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 17= BSGE 96, 196-209).

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern.

Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperli¬chen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermö¬gens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust un¬ter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäuße¬rungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit aus¬wirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unent¬behrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich dar¬auf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletz¬ten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswir¬kungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtli¬chen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.

Gemessen an den vorstehend genannten Voraussetzungen hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente, da die Folgen des Unfalles vom 15. November 2005 eine MdE um wenigstens 20 v.H. über die 26. Woche nach dem Ereignis hinaus nicht bedingten und nach wie vor nicht bedingen.

Bei dem Unfall hat der Kläger eine Prellung der linken Schulter erlitten. Dies ist für den Senat schlüssig und überzeugend aus dem von Dr. M. und Prof. Dr. H. sowie dem von Dr. B. erstatteten Gutachten zu entnehmen. Da Prof. Dr. B. hinsichtlich des nach der Kernspintomographie diagnostizierten Kapseleinrisses überzeugend dargelegt hat, dass dieser nach spätestens sechs Wochen ausgeheilt war, kann - für die hierzu entscheidende Frage, ob ein Anspruch auf Rente besteht - dahingestellt bleiben, ob der Kapseleinriss unfallbedingt war, was Dr. M. und Prof. Dr. H. aus anatomischen Gründen und unter Berücksichtigung des Geschehensablaufes verneint haben. Dem Gutachten von Dr. M. und Prof. Dr. H. haben sich im Übrigen auch Dr. D. und Prof. Dr. W. im Wesentlichen angeschlossen. Weitergehende unfallbedingte Gesundheitsstörungen sind dagegen durch keine der vorliegenden ärztlichen Äußerungen belegt, insbesondere wird auch von keinem der Ärzte eine unfallbedingte richtunggebende Verschlimmerung eines Vorschadens gesehen.

Soweit - wie sich aus den vorliegenden ärztlichen Äußerungen und den vorgenannten Gutachten ergibt - beim Kläger ein Impingementsyndrom vorliegt, welches im Wesentlichen für die geklagten Beschwerden, die dann auch am 13. Januar 2006 nahezu zwei Monate nach dem Unfallereignis, zum Aufsuchen von Dr. F. und zu weiteren ärztlichen Konsultationen geführt haben, verantwortlich ist, ist dieses Impingementsyndrom nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen. Dies entnimmt der Senat den vorliegenden gutachterlichen Äußerungen, insbesondere von Prof. Dr. H. und Dr. M., Dr. D. und Prof. Dr. W., denen sich insofern auch der auf Antrag des Klägers gehörte Prof. Dr. B. angeschlossen hat.

Damit lagen und liegen nach den Einschätzungen der Gutachter wesentliche Unfallfolgen über die sechste Woche nach dem Unfallereignis hinaus nicht vor. Dies ist für den Senat schlüssig und überzeugend, zumal zeitnah zu dem Unfallereignis ein konkreter Primärschaden nicht dokumentiert ist und auch die späteren Untersuchungen einen solchen - abgesehen von dem bei der Kernspintomographie belegten und von Prof. Dr. W. und Prof. Dr. B. angenommenen und nach dessen Beurteilung nach spätestens sechs Wochen ausgeheilten Kapseleinriss - nicht belegt haben.

Wesentliche mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführende funktionelle Einschränkungen über die 26. Woche nach dem Unfallhinaus und eine daraus resultierende MdE um wenigstens 10 v.H. oder gar 20 v.H. sind damit nach Übereinstimmung aller gutachterlich gehörten Ärzte nicht feststellbar. Damit hat der Kläger keinen Anspruch auf Verletztenrente.

Nachdem die Beklagte somit zu Recht die Gewährung der vom Kläger begehrten Verletztenrente abgelehnt hat, weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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