L 6 AL 49/07

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 11 AL 153/06
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AL 49/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 7. Dezember 2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine Verlängerung der Fluglizenz in Höhe von 784,00 EUR im Rahmen der Leistungen der freien Förderung nach § 10 Sozialgesetzbuch, 3. Buch - Arbeitsförderung - (SGB III).

Der 1967 geborene Kläger war bis Februar 2005 als Verkehrsflugzeugführer beschäftigt und hierbei Inhaber einer Fluglizenz mit einer Typenberechtigung für das Verkehrsflugzeug A 320. Er beantragte bei der Beklagten während des Bezuges von Arbeitslosengeld am 7. Dezember 2005 die Übernahme der Kosten für eine Lizenzverlängerung in Höhe von insgesamt 784,00 EUR (bestehend aus 600,00 EUR für Flugsimulator, 100,00 EUR für Fliegerarzt und 84,00 EUR Gebühr für Luftfahrtbundesamt).

Der Antrag wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 14. Februar 2006 (Bl. 24 "Versandakte") mit der Begründung abgelehnt, eine Förderung nach § 77 SGB III sei nicht möglich, da die Verlängerung der Lizenz keine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung sei. Überdies sei eine Übernahme der Kosten nach § 10 Abs. 3 SGB III (freie Förderung) nur möglich, wenn eine hohe Integrationswahrscheinlichkeit vorliege. Voraussetzung dafür sei ein bereits abgeschlossener Arbeitsvertrag, den er jedoch nicht vorgelegt habe.

Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 8. März 2006 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, die Agentur für Arbeit in K-Stadt habe ihm am 23. März 2004 eine Zusage zur Übernahme der Simulatorkosten gemacht. Mit weiterem Schreiben vom 29. März 2006 legte der Kläger der Beklagten ein Schreiben des Arbeitsvermittlers/Arbeitsberaters Herrn G. vom Hochschulteam K-Stadt vom 23. März 2004 vor, in dem es heißt, die Kosten für Simulatorflüge zur Vorbereitung bzw. auf ein Screening bei einem Luftfahrtunternehmen könnten ggf. ausnahmsweise übernommen werden, weil sich dadurch die Einstellungschancen erheblich verbessern würden.

Von der Beklagten wurde der Widerspruch dann mit Widerspruchsbescheid vom 26. April 2006 (Bl. 38 "Versandakte") zurückgewiesen. Zur Begründung führte sie aus, auf eine Förderung im Rahmen des § 10 SGB III bestehe kein Rechtsanspruch. Solche Leistungen könnten nur im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel gewährt werden. Daher seien die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen so zu bewirtschaften, dass eine Bewilligung und Erbringung der Leistungen im gesamten Haushaltsjahr gewährleistet sei. Dies werde dadurch sichergestellt, dass unter Berücksichtigung der insgesamt zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel und der Entwicklung des Arbeitsmarktes Planungen erstellt würden, welche Maßnahmen zu welchem Zeitpunkt für welche Zielgruppe und welchem Mittelvolumen beginnen sollten. Unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel müssten bei der Festlegung des förderbaren Personenkreises Prioritäten gesetzt werden. Im Rahmen von ermessenslenkenden Weisungen stelle die Agentur für Arbeit K-Stadt bei arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen im Rahmen der freien Förderung nach § 10 SGB III auf eine Einzelfallförderung von Kosten bis zu 1.500,00 EUR und bei bereits fest abgeschlossenem Arbeitsvertrag ab. Diese Voraussetzungen erfülle der Kläger nicht. Zum Zeitpunkt der Lizenzverlängerung habe er keinen Arbeitsvertrag abgeschlossen gehabt. Im Rahmen des eingeräumten Ermessens sei eine Ablehnung der Übernahme der Lizenzverlängerungskosten daher zulässig.

Dagegen hat der Kläger am 12. Mai 2006 Klage vor dem Sozialgericht in Darmstadt erhoben mit dem Antrag, den Bescheid vom 14. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über seinen Antrag vom 7. Dezember 2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts eine neue Entscheidung zu treffen. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Beklagte habe bei ihrer Entscheidung die Tatsache außer Acht gelassen, dass Berufsflugzeugführer ohne gültige bzw. jährlich verlängerte Lizenz unabhängig von einem Arbeitsvertrag ihren Beruf bzw. ihre Ausbildung verlieren würden bzw. nicht würden ausüben können und dürfen. Erst eine gültige Lizenz ermögliche überhaupt den Abschluss eines Arbeitsvertrages. Seine Lizenz sei im November 2005 abgelaufen. Die Lizenzverlängerung habe jährlich zu erfolgen und umfasse eine Untersuchung beim Fliegerarzt sowie eine Simulatorprüfung, d. h. die Erbringung eines Fähigkeitsnachweises. Mit Ablauf der Lizenz würde auch die bereits erworbene Typenberechtigung erlöschen. Dieser Umstand sei von der Beklagten nicht berücksichtigt worden.

Die Beklagte ist dem unter Bezugnahme auf die Begründung im Widerspruchsbescheid entgegen getreten.

Mit Urteil vom 7. Dezember 2006 hat das Sozialgericht Darmstadt den Bescheid der Beklagten vom 14. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2006 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, über den Antrag des Klägers vom 7. Dezember 2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts eine neue Entscheidung zu treffen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die Beklagte habe das ihr durch § 10 Abs. 1 SGB III eingeräumte weite Ermessen in Bezug auf den Kläger fehlerhaft ausgeübt. Die Einzelfallförderung von Kosten bis zu 1.500,00 EUR bei bereits fest abgeschlossenem Arbeitsvertrag berücksichtige nicht die individuelle Situation des Klägers. Den von der Beklagten erlassenen Richtlinien komme grundsätzlich nur verwaltungsinterne Bedeutung zu. Hierdurch werde lediglich eine Selbstbindung der Beklagten gegenüber dem Berechtigten bewirkt. Dies könne die Beklagte aber nicht von der pflichtgemäßen Ermessensausübung im Einzelfall entbinden. Diese Einzelfallprüfung hätte im Falle des Klägers berücksichtigen müssen, dass dieser ohne gültige Fluglizenz keine Aussicht auf eine Festanstellung gehabt hätte. Als Verkehrsflugzeugführer müsse der Kläger seine ursprünglich erlangte Lizenz zum Betreiben eines Verkehrsflugzeugs jährlich verlängern lassen, andernfalls verliere er die Lizenz sowie die erworbene Typenberechtigung. Der Kläger habe glaubhaft dargelegt, dass bei jeder Bewerbung der Nachweis einer gültigen Lizenz erbracht werden müsse; ohne diesen Nachweis sei eine Bewerbung von vornherein aussichtslos, sodass der Abschluss eines Arbeitsvertrages in der Branche die Innehabung einer gültigen Fluglizenz notwendigerweise voraussetze. Diese Besonderheit im Falle des Klägers habe die Beklagte nicht berücksichtigt. Die jährliche Lizenzverlängerung sei Voraussetzung für die Berufsausübung und dafür, dass Bewerbungen bei Fluggesellschaften erfolgversprechend seien. Die Leistungsbewilligung von der Vorlage eines abgeschlossenen Arbeitsvertrages abhängig zu machen, berücksichtige nicht die individuelle Situation des Klägers, der ohne gültige Lizenz einen Arbeitsvertrag gerade nicht würde abschließen können.

Hiergegen richtet sich die Beklagte mit der am 12. März 2007 vor dem Hessischen Landessozialgericht erhobenen Berufung. Mit der Regelung des § 10 Abs. 1 SGB III habe den einzelnen Arbeitsagenturen dezentral die Befugnis eingeräumt werden sollen, vor Ort im Hinblick auf die konkrete Arbeitsmarktlage im Rahmen der aktiven Arbeitsförderung innovative Ansätze zu verfolgen. Für die einzelnen Arbeitsagenturen sollten so die Einsatzmöglichkeiten des vorhandenen Instrumentariums verbessert werden, indem auf bestimmte Zugangsvoraussetzungen (z.B. arbeitsmarktpolitische Beurteilung) verzichtet und der flexible Einsatz von Mitteln entsprechend den örtlichen und aktuellen Erfordernissen ermöglicht würde. Die auf die Individualförderung ausgerichtete freie Förderung des § 10 SGB III finde ihre Grenzen allein in der pflichtgemäßen Ermessensausübung der jeweiligen Agentur für Arbeit. Der Antragsteller sei in diesem Verfahren nicht schutzlos. Er könne verlangen, bei der Vergabe der für die freie Förderung zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel nach Art. 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) in gleicher Weise wie andere Arbeitnehmer behandelt zu werden. Die gerichtliche Kontrolle beschränke sich in solchen Fällen darauf, ob beim Vollzug von Richtlinien dem allgemeinen Gleichheitssatz dadurch Rechnung getragen werde, dass die durch die Richtlinie bewirkte Ermessensbindung beachtet werde. Da die Richtlinien als "antizipierte Verwaltungspraxis" anzusehen seien, müssten diese als Willenserklärung der anordnenden Stelle unter Berücksichtigung der tatsächlichen Handhabung ausgelegt werden. Die Agentur für Arbeit K-Stadt habe zur Gleichbehandlung aller Antragsteller unter Berücksichtigung der nur begrenzt zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel Vergaberichtlinien für die freie Förderung gemäß § 10 SGB III aufgestellt. Die hier einschlägige Fassung vom 4. Januar 2006 sehe Leistungen nach § 10 SGB III an Arbeitnehmer nur bei vorliegendem Arbeitsvertrag oder verbindlicher schriftlicher Zusage vor. Der Kläger habe weder einen schriftlichen Arbeitsvertrag noch eine verbindliche schriftliche Zusage für die Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses vorlegen können, so dass dessen Antrag zu Recht abgelehnt worden sei.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 7. Dezember 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.

Am 5. September 2007 fand ein Erörterungstermin mit den Beteiligten statt. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 83 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen des jeweiligen weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der von der Beklagten beigezogenen Verwaltungsakte. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung, über die infolge des Einverständnisses der Beteiligten gemäß §§ 124 Abs. 2 i.V.m. 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, ist zulässig. Sie wurde insbesondere fristgemäß erhoben (§ 151 SGG). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt zweifelsfrei die Statthaftigkeitsgrenze des § 144 Abs. 1 SGG.

Die Berufung ist auch begründet.

Das Sozialgericht Darmstadt hat in dem angefochtenen Urteil den Bescheid der Beklagten vom 14. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2006 zu Unrecht aufgehoben. Die genannten Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Die Beklagte war berechtigt, den Antrag des Klägers auf Gewährung von Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach § 10 SGB III abzulehnen. Die Beklagte handelte hierbei insbesondere im Rahmen des ihr vom Gesetzgeber zuerkannten Ermessensspielraums.

Für die freie Förderung ist der Beklagten Ermessen eingeräumt, das sich sowohl auf die prinzipielle Entschließung über das Vorgehen nach § 10 SGB III als auch auf die Auswahl und Gestaltung "freier" Instrumente als schließlich auch auf deren Einsatz im Einzelfall erstreckt. Dies läuft auf die Einräumung der Befugnis zu weitgehend gesetzesfreier Leistungsgewährung hinaus, was keinen rechtlichen Bedenken begegnet (Ebsen in Gagel, SGB III, 30. Ergänzungslieferung 2007, § 10 Freie Förderung, Rn. 8).

Nach dem Wortlaut des § 10 SGB III können die Arbeitsämter bis zu 10 Prozent der im Eingliederungstitel enthaltenen Mittel für Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung einsetzen, um die Möglichkeiten der gesetzlich geregelten Arbeitsförderungsleistungen durch freie Leistungen der aktiven Arbeitsförderung zu erweitern. Die freien Leistungen müssen den Zielen und Grundsätzen der gesetzlichen Leistungen entsprechen und dürfen nicht gesetzliche Leistungen aufstocken. Mit dieser Regelung sollte den einzelnen Arbeitsämtern (bzw. jetzt Agenturen für Arbeit) dezentral die Befugnis eingeräumt werden, vor Ort auf die konkrete Arbeitsmarktlage zu reagieren und im Rahmen der aktiven Arbeitsförderung innovative Ansätze zu verfolgen (BT-Drucksache 13/4941 Seite 141, 154). Für die einzelnen Arbeitsämter sollen die Einsatzmöglichkeiten des vorhandenen Instrumentariums verbessert werden, indem auf bestimmte Zugangsvoraussetzungen (z. B. arbeitsmarktpolitische Beurteilung) verzichtet und der flexible Einsatz von Mitteln entsprechend den örtlichen und aktuellen Erfordernissen ermöglicht wird. Die auf die Individualförderung ausgerichtete freie Förderung des § 10 SGB III findet ihre Grenzen allein in der pflichtgemäßen Ermessensausübung des jeweiligen Arbeitsamtes. Dabei ist diesem im Rahmen der freien Förderung nach § 10 SGB III ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 21. April 2004, Az: L 6 AL 660/01), wobei es grundsätzlich auch keinen Bedenken begegnet, wenn das Arbeitsamt vor dem Hintergrund einer den Anforderungen des Gleichheitssatzes des Grundgesetzes (Artikel 3 Abs. 1 GG) entsprechenden Ermessensausübung ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften erlässt (Landessozialgericht Berlin, Urteil vom 19. Dezember 2003, Az: L 10 AL 47/01).

Aus der Bestimmung des § 10 SGB III ergibt sich folglich kein unmittelbarer Anspruch des Klägers auf die Gewährung der dort genannten Förderungsleistungen. Allerdings hat der Kläger einen Anspruch auf die pflichtgemäße Ausübung des der Beklagten in § 10 SGB III eingeräumten Ermessens nach § 39 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch 1. Buch Allgemeiner Teil – (SGB I). Dabei muss die Begründung der Ermessensentscheidung die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens ausgegangen ist (§ 35 Abs. 1 Satz 3 10. Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X). Rechtswidrig wäre deren Entscheidung mit der Folge der Aufhebung und Neubescheidung (§ 131 Abs. 2 SGG), wenn die Grenzen des der Beklagten eingeräumten Ermessens überschritten worden sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG).

Eine Überschreitung des Ermessens liegt vor, wenn eine Rechtsfolge gesetzt wird, die die gesetzliche Regelung so überhaupt nicht vorsieht. Dagegen spricht man von einem Ermessenfehlgebrauch (auch als Ermessensmissbrauch oder Überschreitung der inneren Grenzen des Ermessens bezeichnet), wenn die Verwaltung entgegen § 39 Abs. 1 SGB I gerade nicht ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausübt, sondern sachfremde Erwägungen anstellt. Die Ermessensabwägung muss sich am Zweck der konkreten Norm oder des gesamten Sozialleistungsbereiches ausrichten. Daher ist die Berücksichtigung von Aspekten ermessensfehlerhaft, die zwar – gesamt-politisch betrachtet – angemessen erscheinen, deren Beachtung aber dem jeweiligen Leistungsträger nicht obliegt. Ein Ermessensfehler in Form einer Ermessensunterschreitung liegt vor, wenn die Notwendigkeit von Ermessenserwägungen zwar erkannt wird und ggf. auch zulässige, aber unzureichende Ermessenserwägungen angestellt werden. Ein ebenfalls rechtswidriger Ermessensnichtgebrauch liegt schließlich vor, wenn die Verwaltung – gleich aus welchen Gründen – überhaupt keine Ermessenserwägungen anstellt und so handelt, als ob sie eine gebundene Entscheidung zu treffen hätte (Wagner in jurisPK-SGB I, § 39, Rn. 16 ff.).

Vorliegend verstößt die Entscheidung der Beklagten nicht gegen die vorgenannten Grundsätze. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts war die Beklagte insbesondere nicht verpflichtet, im Rahmen der Ermessensausübung zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass dieser zur Erlangung einer erneuten Beschäftigung als Flugzeugführer zwingend auf die Verlängerung seiner Fluglizenz angewiesen war.

Der weite Ermessensrahmen des § 10 SGB III lässt es zu, dass die Beklagte im Wege generalisierender Weisungen die Leistungsgewährung auf bestimmte Fallgestaltungen begrenzt. Angesichts der bereits gesetzlich vorgegebenen finanziellen Obergrenze der insgesamt zur Verfügung stehenden Mittel (vgl. insoweit auch § 71b Abs. 3 S. 2 Sozialgesetzbuch, 4. Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung) gebietet es der Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikel 3 GG, der Leistungsgewährung gleichmäßige Kriterien unter Heranziehung sachlicher Anknüpfungspunkte zugrunde zulegen. Im Rahmen der freien Förderung nach § 10 SGB III können die Leistungsempfänger verlangen, bei der Vergabe der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel in gleicher Weise wie andere Arbeitnehmer behandelt zu werden, soweit die Vergabe als solche oder die Richtlinien nicht gesetzwidrig sind. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich in solchen Fällen darauf, ob die Beklagte beim Vollzug von Richtlinien dem allgemeinen Gleichheitssatz dadurch Rechnung getragen hat, dass die durch die Richtlinie bewirkte Ermessensbindung beachtet worden ist (Landessozialgericht für das Land Niedersachsen, Urteil vom 29. März 2001, Az: L 8 AL 249/00).

Vorliegend hat die Beklagte (konkret das vorliegend zuständige Arbeitsamt K-Stadt) im Interesse der gleichmäßigen Verteilung der begrenzten Mittel von dem Instrument generalisierender Weisungen Gebrauch gemacht, indem sie die Gewährung der Förderungsleistungen grundsätzlich von der Integrationswahrscheinlichkeit bzw. konkret von der Vorlage eines bereits abgeschlossenen Arbeitsvertrages abhängig macht. Dieser Differenzierung liegen sachgemäße Gesichtspunkte zugrunde, die im Rahmen der freien Förderung durchaus Berücksichtigung finden dürfen, weil sie dem in § 10 Abs. 1 SGB III zum Ausdruck gekommenen Grundsatz eines zielgerichteten Einsatzes der hierfür zur Verfügung gestellten Mittel entsprechen. Die Beklagte ist demgegenüber nicht verpflichtet, Fördermittel nach § 10 SGB III grundsätzlich solchen Arbeitslosen zu gewähren, die Maßnahmen zur Erlangung beziehungsweise Erhaltung einer beruflichen Qualifikation durchführen müssen, um den Zugang zu ihrem zuletzt ausgeübten Beruf aufrechterhalten zu können. Diese Zielsetzung lässt sich weder dem Wortlaut der Bestimmung noch den Gesetzesmaterialien (BT-Drucksache 13/4941 Seite 141, 154) entnehmen. Die bei dem Kläger vorliegende Konstellation stellt auch keinen Einzelfall dar, der ein Abweichen von den Regelungen der ermessenslenkenden Weisung des Arbeitsamtes K-Stadt im Einzelfall zwingend geboten erscheinen lässt. Vielmehr ist es insbesondere bei technischen Berufen sehr häufig der Fall, dass erworbene Qualifikationen im Falle länger anhaltender Arbeitslosigkeit einer Auffrischung sowie gegebenenfalls erneuter Nachweise bedürfen. Angesichts der finanziellen Deckelung der Fördermittel im Rahmen des § 10 SGB III kann in diesen Fällen nicht generell ein Leistungsanspruch bestehen. Vielmehr ist es zulässig, auch diese Fallkonstellation den Kriterien zur gleichmäßigen Verteilung der zur Verfügung stehenden Mittel zu unterwerfen, wie dies vorliegend die Beklagte getan hat. Vor diesem Hintergrund lässt es der Ermessensspielraum des § 10 SGB III zu, auch in solchen Fällen dem Kriterium des Grades der Integrationswahrscheinlichkeit Vorrang einzuräumen.

Dass andere Arbeitsämter möglicherweise im Rahmen der Entscheidungen nach § 10 SGB III andere grundsätzliche Kriterien haben, führt nicht zur Verpflichtung der Agentur für Arbeit K-Stadt in gleicher Weise tätig zu werden. Denn § 10 SGB III ist gerade darauf ausgelegt, dass regional durch das jeweilige Arbeitsamt zusätzliche Maßnahmen in Angriff genommen werden können, ohne insoweit durch anderweitige konkrete Vorgaben gebunden zu sein. (Hessisches Landessozialgericht, a.a.O.).

Die Beklagte war im Rahmen ihrer Entscheidung auch nicht an eine vorherige "Zusage" des Arbeitsvermittlers bei dem Hochschulteam K-Stadt gebunden. In dem vom Kläger zitierten Schreiben des Herrn G. vom 23. März 2004 wird lediglich in Aussicht gestellt, dass die Kosten für Simulatorflüge gegebenenfalls übernommen werden könnten. Weiterhin wurde auch dort vorausgesetzt, dass der Kläger aufgrund dieser Maßnahme innerhalb von 12 Wochen eine Arbeitsstelle würde antreten können. Eine verbindliche Leistungszusage im Sinne des § 34 SGB X lässt sich diesem Schreiben hingegen nicht entnehmen.

Die Kostenentscheidung folgt der Entscheidung der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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