Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 303/08
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 40/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
Rückforderungsbescheide bzgl. Ziffer 7.5 HVV KV Hessen sind keine Bescheide, die die vorangehenden Honorarbescheide abändern oder ersetzen und werden daher nicht Gegenstand laufender Widerspruchs- oder Klageverfahren.
Bemerkung
verb. m. S 12 KA 304/08
1. Die Verfahren mit Aktenzeichen S 12 KA 303/08 und S 12 KA 304/08 werden unter dem führenden Aktenzeichen S 12 KA 303/08 zur gemeinsamen Entscheidung miteinander verbunden.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Widersprüche der Kläger vom 03.04.2008 gegen die beiden Bescheide vom 26.03.2008 innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung zu bescheiden.
3. Die Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
4. Der Streitwert wird für das Verfahren mit Aktenzeichen S 12 KA 303/08 auf 660,29 EUR, für das Verfahren mit Aktenzeichen S 12 KA 304/08 auf 501,46 EUR und für die miteinander verbundenen Verfahren auf 1.161,75 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Widersprüche gegen zwei Bescheide mit Datum vom 26.03.2008, mit denen für die Quartale II und III/05 Honorarrückforderungen aufgrund der Regelung nach Ziffer 7.5 Honorarverteilungsvertrag (HVV) festgesetzt wurden, zu bescheiden hat.
Der Kläger zu 1) ist seit dem 01.07.1990 als Arzt und seit dem 11.10.2004 als Facharzt für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er führte zunächst eine Einzelpraxis. Dr. med. D ist seit dem 31.05.2005 als Facharzt für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Sie führen seit 01.06.2005 die hier als Klägerin zu 2) geführte Gemeinschaftspraxis mit Praxissitz in A-Stadt.
Die Kläger tragen zur Begründung ihrer Untätigkeitsklagen vor, die Widersprüche seien bis zum Tag der Klageerhebung nach Ablauf der 3-Monatsfrist des § 88 Abs. 2 SGG nicht beschieden worden. Wenn ein Honorarbescheid mit Widerspruch und Klage angefochten werde, so werde ein Rückforderungsbescheid nicht automatisch gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens. Es sei ein eigenständiger Bescheid jeweils in der Form des Rückforderungsbescheides erlassen worden.
Der Kläger zu 1) beantragt,
die Beklagte zur Bescheidung des Widerspruchs vom 03.04.2008 gegen den Bescheid vom 26.03.2008 zu verurteilen.
Die Klägerin zu 2) beantragt,
die Beklagte zur Bescheidung des Widerspruchs vom 03.04.2008 gegen den Bescheid vom 26.03.2008 zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Klagen seien unzulässig. Die Bestimmung in § 96 Abs. 1 SGG sehe vor, dass ein neuer Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens werde, wenn der ursprüngliche Verwaltungsakt nach Klageerhebung durch den neuen Verwaltungsakt abgeändert oder ersetzt werde. Durch den vom 26.03.2008 stammenden Rückforderungsbescheid werde die Honorarhöhe für das Quartal II/05 nachträglich abgeändert bzw. neu festgesetzt und damit der Honorarbescheid modifiziert. Der Kläger zu 1. und die Klägerin zu 2. hätten jeweils Klage gegen den Honorarbescheid für das Quartal II/05 erhoben. Somit werde der Rückforderungsbescheid automatisch zum Gegenstand des Verfahrens um die Rechtmäßigkeit des Honorarbescheides. Durch den Rückforderungsbescheid werde lediglich eine Rückwirkung, nicht eine Vorgreiflichkeit erzeugt. Sie habe von einem hinreichenden Grund ausgehen können, dass der Widerspruch nicht in der Frist von 3 Monaten beschieden werden müsse. Eine Rechtsbehelfsbelehrung allein schließe die Zuordnung zu einem laufenden Klageverfahren nicht aus. Die Rechtsbehelfsbelehrung sei aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung unter alle Bescheide gesetzt worden. Die Bezirksstellen könnten auch nicht immer den Verfahrensstand der in der Abteilung Widerspruchsverfahren geführten Widerspruchsverfahren erkennen. Durch die Rechtsbehelfsbelehrung werde auch sichergestellt, dass der Widerspruchsführer eine Erklärung abgebe, ob er sich gegen den Inhalt des Rückforderungsbescheides wende. Es erscheine auch zwingend wegen der gegenseitigen Wechselwirkungen zwischen Festsetzungen in Bezug auf den Fallwert im Honorarbescheid und im Rückforderungsbescheid, die Widersprüche einheitlich zu bescheiden. Andernfalls hätte der Vertragsarzt auch ein erhöhtes Prozessrisiko zu tragen, soweit früher über den Rückforderungsbescheid entschieden werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Gerichtsakten mit Aktenzeichen S 12 KA 376/07 und 388/08 nebst den zu jenen Verfahren beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.
II.
Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend (§ 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Diese Voraussetzungen liegen vor. Mit Verfügung vom 16.01.2008 hat die Kammer die Beteiligten hierzu angehört. Der Beklagten wurde eine entsprechende Verlängerung der Frist eingeräumt, um nochmals ausführlich Stellung zu nehmen. Die Kammer hat ferner die Problematik bereits in anderen Verfahren mit der Beklagten in mündlichen Verhandlungen erörtert, wenn die Kammer auch über die hier aufgeworfenen Fragen bisher explizit noch nicht entschieden hat, da die Frage seinerzeit unstreitig verhandelt wurde. Von daher konnte die Kammer in diesen Verfahren von einer mündlichen Verhandlung absehen.
Die Beklagte ist verpflichtet, die Widersprüche der Kläger vom 03.04.2008 zu bescheiden.
Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von 6 Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären. Das Gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, dass als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt (§ 88 Abs. 1 und 2 SGG).
Die Widersprüche der Kläger waren zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 09.07.2008 bereits seit mehr als drei Monaten bei der Beklagten eingegangen. Die Kammer geht hierbei davon aus, dass der Prozessbevollmächtigte die Widerspruchsschreiben spätestens am Folgetag abgeschickt hat und dass sie im Rahmen der üblichen Postlaufzeiten bei der Beklagten eingingen. Im Übrigen hat die Beklagte nicht bestritten, dass die Frist von drei Monaten nicht abgewartet worden wäre.
Ein Grund für die Nichtbescheidung der Widersprüche innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist liegt nicht vor. Insbesondere sind die angefochtenen Rückforderungsbescheide vom 26.03.2008 nicht Gegenstand der Klageverfahren gegen die Honorarbescheide für das Quartal II/05 geworden.
Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert und ersetzt (§ 96 Abs. 1 SGG).
Allgemein setzt ein Abändern oder Ersetzen voraus, dass der Regelungsgegenstand des neuen einzubeziehenden Verwaltungsaktes mit dem des früheren identisch ist. Ob dies der Fall ist, muss durch Vergleich der in beiden Verwaltungsakten getroffenen Verfügungssätze festgestellt werden. Keine Abänderung oder Ersetzung besteht deshalb grundsätzlich bei anderem Streitstoff oder veränderten Tatsachen, unter Umständen auch nicht bei veränderten Rechtsgrundlagen. Wird ein teilbarer Verwaltungsakt nur hinsichtlich seines nicht streitbefangenen Teils durch späteren Verwaltungsakt abgeändert oder ersetzt, ist für eine Einbeziehung kein Raum (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders., Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 9. Auflage, München 2008, § 96, Rdnr. 4a m.w.N., insbesondere auf die Rechtssprechung des Bundessozialgerichts).
Ausgehend hiervon handelt es sich bei den Rückforderungsbescheiden um keine Bescheide, die die vorangehenden Honorarbescheide für das Quartal II/05 abändern oder ersetzen. Dies wird bereits deutlich durch die Verfügungssätze. Die Bescheide vom 26.03.2008 setzten lediglich eine Brutto-Rückforderung fest. Weder im Verfügungssatz noch in den Bescheidgründen wird auf die Honorarhöhe, den maßgeblichen Verfügungssatz des Honorarbescheides, abgestellt. Es wird nicht dargelegt, inwiefern sich das Honorar verändert hat. Dies kann allenfalls wirtschaftlich durch Abzug der Rückforderungssumme ermittelt werden. Jedenfalls im Rechtssinne ist darin eine Abänderung des Honorarbescheides nicht zu erkennen.
Dies wird auch deutlich durch die Rechtsbehelfsbelehrung, die die Beklagte selbst angefügt hat. In der Rechtsbehelfsbelehrung wird ausdrücklich auf die Möglichkeit der Widerspruchserhebung verwiesen. Daraus kann geschlossen werden, dass die Beklagte auch nicht beabsichtigt hat, die Honorarbescheide abzuändern. Welche Gründe die Beklagte hierzu bewogen hat, ist unerheblich, da es maßgeblich auf den Empfängerhorizont und den objektiven Erklärungswert ankommt.
Hinzu kommt, dass es der bisherigen gerichtlichen Praxis entspricht, solche Rückforderungsbescheide nicht nach § 96 SGG in laufende Klageverfahren einzubeziehen, was bisher mit ausdrücklicher Zustimmung des jeweiligen Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung geschehen ist. Exemplarisch wird auf die Sitzungsniederschrift zum Verfahren mit Aktenzeichen S 12 KA 469/07 verwiesen. Dort wird ausdrücklich vermerkt, dass der Beklagtenvertreter der Auffassung des Gerichts zustimme.
Hinzu kommt, dass die Rechtsgrundlage für den Honorarbescheid in § 85 Abs. 4 SGB V liegt. Die Honorarrückforderung ergeht nach Auffassung der Kammer aber als eine sachlich-rechnerische Richtigstellung aufgrund der entsprechenden Ermächtigungsgrundlagen in den Bundesmantelverträgen und § 106a SGB V.
Nach allem war den Klagen daher stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Widersprüche der Kläger vom 03.04.2008 gegen die beiden Bescheide vom 26.03.2008 innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung zu bescheiden.
3. Die Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
4. Der Streitwert wird für das Verfahren mit Aktenzeichen S 12 KA 303/08 auf 660,29 EUR, für das Verfahren mit Aktenzeichen S 12 KA 304/08 auf 501,46 EUR und für die miteinander verbundenen Verfahren auf 1.161,75 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Widersprüche gegen zwei Bescheide mit Datum vom 26.03.2008, mit denen für die Quartale II und III/05 Honorarrückforderungen aufgrund der Regelung nach Ziffer 7.5 Honorarverteilungsvertrag (HVV) festgesetzt wurden, zu bescheiden hat.
Der Kläger zu 1) ist seit dem 01.07.1990 als Arzt und seit dem 11.10.2004 als Facharzt für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er führte zunächst eine Einzelpraxis. Dr. med. D ist seit dem 31.05.2005 als Facharzt für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Sie führen seit 01.06.2005 die hier als Klägerin zu 2) geführte Gemeinschaftspraxis mit Praxissitz in A-Stadt.
Die Kläger tragen zur Begründung ihrer Untätigkeitsklagen vor, die Widersprüche seien bis zum Tag der Klageerhebung nach Ablauf der 3-Monatsfrist des § 88 Abs. 2 SGG nicht beschieden worden. Wenn ein Honorarbescheid mit Widerspruch und Klage angefochten werde, so werde ein Rückforderungsbescheid nicht automatisch gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens. Es sei ein eigenständiger Bescheid jeweils in der Form des Rückforderungsbescheides erlassen worden.
Der Kläger zu 1) beantragt,
die Beklagte zur Bescheidung des Widerspruchs vom 03.04.2008 gegen den Bescheid vom 26.03.2008 zu verurteilen.
Die Klägerin zu 2) beantragt,
die Beklagte zur Bescheidung des Widerspruchs vom 03.04.2008 gegen den Bescheid vom 26.03.2008 zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Klagen seien unzulässig. Die Bestimmung in § 96 Abs. 1 SGG sehe vor, dass ein neuer Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens werde, wenn der ursprüngliche Verwaltungsakt nach Klageerhebung durch den neuen Verwaltungsakt abgeändert oder ersetzt werde. Durch den vom 26.03.2008 stammenden Rückforderungsbescheid werde die Honorarhöhe für das Quartal II/05 nachträglich abgeändert bzw. neu festgesetzt und damit der Honorarbescheid modifiziert. Der Kläger zu 1. und die Klägerin zu 2. hätten jeweils Klage gegen den Honorarbescheid für das Quartal II/05 erhoben. Somit werde der Rückforderungsbescheid automatisch zum Gegenstand des Verfahrens um die Rechtmäßigkeit des Honorarbescheides. Durch den Rückforderungsbescheid werde lediglich eine Rückwirkung, nicht eine Vorgreiflichkeit erzeugt. Sie habe von einem hinreichenden Grund ausgehen können, dass der Widerspruch nicht in der Frist von 3 Monaten beschieden werden müsse. Eine Rechtsbehelfsbelehrung allein schließe die Zuordnung zu einem laufenden Klageverfahren nicht aus. Die Rechtsbehelfsbelehrung sei aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung unter alle Bescheide gesetzt worden. Die Bezirksstellen könnten auch nicht immer den Verfahrensstand der in der Abteilung Widerspruchsverfahren geführten Widerspruchsverfahren erkennen. Durch die Rechtsbehelfsbelehrung werde auch sichergestellt, dass der Widerspruchsführer eine Erklärung abgebe, ob er sich gegen den Inhalt des Rückforderungsbescheides wende. Es erscheine auch zwingend wegen der gegenseitigen Wechselwirkungen zwischen Festsetzungen in Bezug auf den Fallwert im Honorarbescheid und im Rückforderungsbescheid, die Widersprüche einheitlich zu bescheiden. Andernfalls hätte der Vertragsarzt auch ein erhöhtes Prozessrisiko zu tragen, soweit früher über den Rückforderungsbescheid entschieden werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Gerichtsakten mit Aktenzeichen S 12 KA 376/07 und 388/08 nebst den zu jenen Verfahren beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.
II.
Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend (§ 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Diese Voraussetzungen liegen vor. Mit Verfügung vom 16.01.2008 hat die Kammer die Beteiligten hierzu angehört. Der Beklagten wurde eine entsprechende Verlängerung der Frist eingeräumt, um nochmals ausführlich Stellung zu nehmen. Die Kammer hat ferner die Problematik bereits in anderen Verfahren mit der Beklagten in mündlichen Verhandlungen erörtert, wenn die Kammer auch über die hier aufgeworfenen Fragen bisher explizit noch nicht entschieden hat, da die Frage seinerzeit unstreitig verhandelt wurde. Von daher konnte die Kammer in diesen Verfahren von einer mündlichen Verhandlung absehen.
Die Beklagte ist verpflichtet, die Widersprüche der Kläger vom 03.04.2008 zu bescheiden.
Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von 6 Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären. Das Gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, dass als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt (§ 88 Abs. 1 und 2 SGG).
Die Widersprüche der Kläger waren zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 09.07.2008 bereits seit mehr als drei Monaten bei der Beklagten eingegangen. Die Kammer geht hierbei davon aus, dass der Prozessbevollmächtigte die Widerspruchsschreiben spätestens am Folgetag abgeschickt hat und dass sie im Rahmen der üblichen Postlaufzeiten bei der Beklagten eingingen. Im Übrigen hat die Beklagte nicht bestritten, dass die Frist von drei Monaten nicht abgewartet worden wäre.
Ein Grund für die Nichtbescheidung der Widersprüche innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist liegt nicht vor. Insbesondere sind die angefochtenen Rückforderungsbescheide vom 26.03.2008 nicht Gegenstand der Klageverfahren gegen die Honorarbescheide für das Quartal II/05 geworden.
Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert und ersetzt (§ 96 Abs. 1 SGG).
Allgemein setzt ein Abändern oder Ersetzen voraus, dass der Regelungsgegenstand des neuen einzubeziehenden Verwaltungsaktes mit dem des früheren identisch ist. Ob dies der Fall ist, muss durch Vergleich der in beiden Verwaltungsakten getroffenen Verfügungssätze festgestellt werden. Keine Abänderung oder Ersetzung besteht deshalb grundsätzlich bei anderem Streitstoff oder veränderten Tatsachen, unter Umständen auch nicht bei veränderten Rechtsgrundlagen. Wird ein teilbarer Verwaltungsakt nur hinsichtlich seines nicht streitbefangenen Teils durch späteren Verwaltungsakt abgeändert oder ersetzt, ist für eine Einbeziehung kein Raum (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders., Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 9. Auflage, München 2008, § 96, Rdnr. 4a m.w.N., insbesondere auf die Rechtssprechung des Bundessozialgerichts).
Ausgehend hiervon handelt es sich bei den Rückforderungsbescheiden um keine Bescheide, die die vorangehenden Honorarbescheide für das Quartal II/05 abändern oder ersetzen. Dies wird bereits deutlich durch die Verfügungssätze. Die Bescheide vom 26.03.2008 setzten lediglich eine Brutto-Rückforderung fest. Weder im Verfügungssatz noch in den Bescheidgründen wird auf die Honorarhöhe, den maßgeblichen Verfügungssatz des Honorarbescheides, abgestellt. Es wird nicht dargelegt, inwiefern sich das Honorar verändert hat. Dies kann allenfalls wirtschaftlich durch Abzug der Rückforderungssumme ermittelt werden. Jedenfalls im Rechtssinne ist darin eine Abänderung des Honorarbescheides nicht zu erkennen.
Dies wird auch deutlich durch die Rechtsbehelfsbelehrung, die die Beklagte selbst angefügt hat. In der Rechtsbehelfsbelehrung wird ausdrücklich auf die Möglichkeit der Widerspruchserhebung verwiesen. Daraus kann geschlossen werden, dass die Beklagte auch nicht beabsichtigt hat, die Honorarbescheide abzuändern. Welche Gründe die Beklagte hierzu bewogen hat, ist unerheblich, da es maßgeblich auf den Empfängerhorizont und den objektiven Erklärungswert ankommt.
Hinzu kommt, dass es der bisherigen gerichtlichen Praxis entspricht, solche Rückforderungsbescheide nicht nach § 96 SGG in laufende Klageverfahren einzubeziehen, was bisher mit ausdrücklicher Zustimmung des jeweiligen Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung geschehen ist. Exemplarisch wird auf die Sitzungsniederschrift zum Verfahren mit Aktenzeichen S 12 KA 469/07 verwiesen. Dort wird ausdrücklich vermerkt, dass der Beklagtenvertreter der Auffassung des Gerichts zustimme.
Hinzu kommt, dass die Rechtsgrundlage für den Honorarbescheid in § 85 Abs. 4 SGB V liegt. Die Honorarrückforderung ergeht nach Auffassung der Kammer aber als eine sachlich-rechnerische Richtigstellung aufgrund der entsprechenden Ermächtigungsgrundlagen in den Bundesmantelverträgen und § 106a SGB V.
Nach allem war den Klagen daher stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
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