Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
165
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 165 SF 127/09 E
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Sozialgericht Berlin Invalidenstraße 52
10557 Berlin
Az.: S 165 SF 127/09 E
Beschluss In dem Verfahren
- Erinnerungsführer - Prozessbevollmächtigte:
gegen
JobCenter Mitte -Rechtsstelle-, Gotlindestr. 93, 10365 Berlin, Gz.: - Erinnerungsgegner -
hat die 165. Kammer des Sozialgerichts Berlin am 26. Februar 2009 durch den Richter am Sozialgericht Nagel beschlossen:
10557 Berlin
Az.: S 165 SF 127/09 E
Beschluss In dem Verfahren
- Erinnerungsführer - Prozessbevollmächtigte:
gegen
JobCenter Mitte -Rechtsstelle-, Gotlindestr. 93, 10365 Berlin, Gz.: - Erinnerungsgegner -
hat die 165. Kammer des Sozialgerichts Berlin am 26. Februar 2009 durch den Richter am Sozialgericht Nagel beschlossen:
Auf die Erinnerung des Erinnerungsführers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des Sozialgerichts vom 6. März 2007 werden die von dem Erinnerungsgegner zu erstattenden Kosten auf 232,00 EUR festgesetzt. Die weitergehende Erinnerung wird zurückgewiesen. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens hat der Erinnerungsgegner zu erstatten.
Gründe:
Auf die zulässige Erinnerung waren die zu erstattenden Kosten auf den Betrag von 232,00 EUR lt. nachstehender Berechnung festzusetzen:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 100,00 EUR
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 80,00 EUR
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG (16% 2006) 32,00 EUR
Summe 232,00 EUR.
Die die Kammer weist zunächst darauf hin, dass der Urkundsbeamte zu Recht die Festsetzung der Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG abgelehnt hat.
Nach der Vorschrift entsteht die Gebühr, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Das Gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt.
Im Gegensatz dazu ist Streitgegenstand einer Untätigkeitsklage nach § 88 SGG generell der bloße Erlass eines – aufgrund reiner Untätigkeit ausstehenden - Verwaltungsaktes, nicht dessen Anfechtung und auch nicht der Erlass eines von der Behörde abgelehnten Verwaltungsaktes.
Die von dem Erinnerungsführer zitierten Entscheidungen der Sozialgerichte Mannheim (vom 6. September 2005 – S 4 KR 2037/05 -) und Nürnberg (vom 4. Oktober 2006 – S 14 R 813/05 KO) stellen Mindermeinungen dar. Entgegen stehen die von dem Urkundsbeamten im angefochtenen Beschluss und vom Erinnerungsgegner in seinem Schriftsatz vom 6. Januar 2009 zitierten Beschlüsse der Sozialgerichte Berlin (vom 18. Januar 2006 – S 81 KR 378/05 -), Reutlingen (vom 9. Juni 2006 – S 12 AS 2202/06 A -) und Würzburg (vom 2. November 2007 – S 2 SF 10/07 Ko und vom 13. März 2008 – S 2 SF 25/08 Ko -).
Allerdings haben der Urkundsbeamte sowie der Erinnerungsführer verkannt, dass vorliegend eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG angefallen ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift fällt die Terminsgebühr auch an, wenn das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet (dazu für den vorliegenden Fall einer "fiktiven" Terminsgebühr bei der Untätigkeitsklage weiter unten). Eine Falschbezeichnung schadet ebenso wenig wie im vorliegenden Fall die Tatsache, dass eine Terminsgebühr nicht beantragt und vom Urkundsbeamten auch nicht im Wege des Gebührentausches festgesetzt wurde, da die Gebührenbezeichnung nicht Gegenstand des Festsetzungstenors wird, sondern lediglich der Gesamtbetrag der festzusetzenden Kosten. Darüber hinaus überprüft das Gericht die Festsetzung in vollem Umfang und entscheidet nach eigenem Ermessen. Zwar ist eine Verböserung (reformatio in peius) nicht zulässig, einzelne Posten können allerdings anders abgegrenzt werden, sofern nur der Gesamtbetrag nicht unterschritten wird (Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz mit Erläuterungen, 9. Aufl. 2008, § 197 Rz. 10). Wenn nach Auffassung der erkennenden Kammer aufgrund der nachfolgenden Darlegungen ein Gebührentausch durch den Urkundsbeamten grundsätzlich möglich ist, so gilt dies erst recht für das Gericht im Rahmen der Überprüfung im Erinnerungsverfahren.
Die 165. Kammer teilt zur Möglichkeit des Gebührentausches grundsätzlich die von der 164. Kammer in deren Beschluss vom 21. Januar 2009 – S 164 SF 10/09 E- dargelegte Auffassung und macht sich deren Begründung zu eigen. In dieser Grundsatzentscheidung heißt es:
"Der Erinnerungsführer wendet sich gegen die von der Urkundsbeamtin vorgenommene Festsetzung einer Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG, obgleich diese Gebühr in dem Kostenfestsetzungsantrag des Bevollmächtigten der Erinnerungsgegnerin nicht benannt ist. Der Erinnerungsführer rügt einen fundamentalen Verstoß gegen geltendes Prozessrecht. Dem kann die Kammer im Ergebnis nicht beitreten.
Bereits nach dem Wortlaut des § 197 Abs. 1 SGG setzt der Urkundsbeamte den BETRAG der zu erstattenden Kosten fest. Daraus folgt, dass auch nur der (Gesamt-)Betrag an dem Festsetzungstenor des Beschlusses teilnimmt. Wie sich dieser Betrag zusammensetzt, ist Teil und Sache der Begründung, sowohl des Kostenfestsetzungsantrages, auch als des Kostenfestsetzungsbeschlusses. Dem Urkundsbeamten ist es von Gesetzes wegen verwehrt, über den Betrag der zu erstattenden Kosten, welcher beantragt worden ist, bei der Festsetzung hinaus zu gehen. Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen,. Insoweit kann es sich auch nicht um eine Überraschungsentscheidung gehandelt haben.
Die Kammer weist darauf hin, dass sie nicht die Ansicht des Erinnerungsführers teilt, es sei in Verfahren nach § 197 SGG ausgeschlossen, eine Gebühr festzusetzen, die nicht beantragt war. Der Umstand, dass der Urkundsbeamte in Anlehnung an § 308 Abs. 1 ZPO an den Festsetzungsantrag des Bevollmächtigten des Klägers gebunden ist, bedeutet zwar, dass eine Festsetzung über den von dem Rechtsanwalt beantragten Betrag hinaus nicht zulässig ist. Beantragt in diesem Sinne ist aber der Betrag, dessen Festsetzung der Rechtsanwalt nach dem Gesamtinhalt des Antrags verlangt (so Hamburgisches OVG, Beschluss vom 22.08.2007, Az.: 3 So 79/07 – JURIS -). Die Bindung an den Antrag bedeutet somit - ebenso, wie ein Zivilgericht nicht durch § 308 Abs. 1 ZPO an eine vom Kläger genannte unzutreffende Rechtsgrundlage für den eingeklagten Anspruch gebunden ist - nicht, dass der Urkundsbeamte rechtlich daran gehindert wäre, innerhalb des beantragten Betrags und im Rahmen des zugrunde gelegten Sachverhalts einen Positionsaustausch dahin vorzunehmen, statt einer geforderten, aber nicht entstandenen eine nicht geforderte, aber ersichtlich entstandene (gleich hohe oder niedrigere) Gebühr zu berücksichtigen (vgl. Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl. 2008, § 55 Rdnr. 24; Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, § 55 Rdnr. 24; Hartung in: Hartung/Römermann/Schoms, RVG, 2. Aufl. 2006, § 55 Rdnr. 57; jeweils für das Verfahren der Festsetzung der Vergütung des Rechtsanwalts aus der Staatskasse)."
Die Kammer teilt zur Frage der Verfahrens- und (fiktiven) Terminsgebühr und deren Höhe bei Untätigkeitsklagen auch grundsätzlich (seit S 165 SF 11/09 E vom 2. Februar 2009) die Auffassung der 164. Kammer des Sozialgerichts Berlin, die nunmehr neben der 165. Kammer für die Entscheidungen nach § 197 Satz 2 SGG eine Alleinzuständigkeit hat, vgl. den Beschluss der 164. Kammer vom 21. Januar 2009 – S 164 SF 12/09 E -. Darin heißt es:
"Zu Recht ist die zuständige Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle bezüglich der Verfahrens- bzw. Geschäftsgebühr von dem Gebührenrahmen der Nr. 3102 VV RVG (40 EUR bis 460 EUR) ausgegangen. Eine (verminderte) Gebühr nach Nr. 3103 VV RVG, die dann anfällt, wenn eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren oder im weiteren, der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienenden Verwaltungsverfahren (Vorverfahren) vorausgegangen ist, kann im Verfahren der Untätigkeitsklage nach § 88 SGG nicht anfallen. Das Verfahren der Untätigkeitsklage setzt weder ein eigenes Verwaltungsverfahren noch ein Vorverfahren voraus, weshalb schon begrifflich der Tatbestand der Nr. 3103 VV RVG nicht einschlägig ist (so auch SG Berlin, Beschluss vom 01.12.2004; Az.: S 54 AL 4073/04; SG Nürnberg, Beschluss vom 04.10.2006, Az.: S 14 R 813/05 KO; Schneider, RVGreport 2007, 1)
Was die Bestimmung der angemessenen Gebühr innerhalb dieses Gebührenrahmens angeht, ist die Kammer der Auffassung, dass grundsätzlich auch bei einer Untätigkeitsklage zunächst von der Mittelgebühr auszugehen ist. Es entspricht allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass die Mittelgebühr ein angemessenes Äquivalent für die anwaltliche Tätigkeit in einem in jeder Hinsicht durchschnittlichen Streitverfahren darstellt. Davon ausgehend sind sodann Abschläge für unterdurchschnittliche und Zuschläge für überdurchschnittliche Klageverfahren vorzunehmen. Die Maßstäbe für diese Einordnung lassen sich der Regelung des § 14 RVG entnehmen. Bei der Bestimmung der konkreten Gebühr sind nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG alle Umstände des Einzelfalls, vor allem Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, Bedeutung der Angelegenheit und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers zu berücksichtigen. Bei den hier einschlägigen Betragsrahmengebühren ist außerdem das (besondere) Haftungsrisiko des Rechtsanwalts zu berücksichtigen (§ 14 Abs. 1 S. 3 RVG).
Unter Würdigung all dieser Umstände ist das Gericht zu der Ansicht gelangt, dass in dem hier vorliegenden Fall einer Untätigkeitsklage, die sich nach Klageerhebung ohne weiteres durch Erlass des Widerspruchsbescheides unstreitig erledigt, ein deutlich unterdurchschnittliches Klageverfahren gegeben ist. Diesem Umstand trägt die streitgegenständliche Gebührenrechnung des klägerischen Prozessbevollmächtigten nicht hinreichend Rechnung. Seine Bestimmung der Verfahrensgebühr ist daher nicht verbindlich, weil sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 S. 4 RVG). Eine Kürzung der Mittelgebühr auf (nur) 50% hält das Gericht nicht für ausreichend. Auf der anderen Seite würde die von der Urkundsbeamtin vorgenommene Festsetzung lediglich in Höhe der doppelten Mindestgebühr keine angemessene Vergütung der anwaltlichen Tätigkeit bedeuten. Die Kammer meint vielmehr, dass eine Gebühr in Höhe von 40% der Mittelgebühr als angemessene Gebühr nach Nr. 3102 VV RVG für ein durchschnittliches Untätigkeitsklageverfahren zu bezeichnen ist (vgl. SG Nürnberg, Beschluss vom 4. Oktober 2006, Az.: S 14 R 813/05 KO; SG Augsburg, Beschlüsse vom 10. August 2007 bzw. 21. November 2006, Az.: S 10 KR 58/06 KO und S 9 AS 286/06). Dabei ist entscheidend zu beachten, dass die Untätigkeitsklage des § 88 SGG eine reine Bescheidungsklage ist. Gegenstand des Verfahrens ist also allein der Erlass des begehrten Verwaltungsakts. Auf die materielle Rechtslage kommt es folglich nicht an; sie muss vom Rechtsanwalt weder geprüft noch dargelegt werden. Der anwaltliche Arbeitsaufwand beschränkt sich daher auf die vorgerichtliche Überwachung der Frist des § 88 SGG, die Fertigung der Klageschrift, die Abgabe der nach Eintritt des erledigenden Ereignisses angezeigten Prozesserklärung sowie den Kostenantrag. Dabei handelt es sich um anwaltliche Tätigkeiten einfacher Art. Andererseits ist aber nicht zu verkennen, dass die Untätigkeitsklage dem betroffenen Anspruchsinhaber mittelbar zur Erreichung seines eigentlichen Ziels dient. Dazu ist der von dem Beklagten begehrte Erlass des Verwaltungsakts ein notwendiger Zwischenschritt, da er zwingende Voraussetzung für die Klageerhebung in der Sache ist. Unnötige zeitliche Verzögerungen auf diesem Weg können daher auch ein Haftungsrisiko des Rechtsanwalts begründen, allerdings kein besonderes Haftungsrisiko, welches vorliegend zu berücksichtigen wäre.
Zu Recht hat die Urkundsbeamtin auch eine Terminsgebühr als sog. "fiktive" Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG festgesetzt. Gemäß VV 3106 Satz 2 Nr. 3 entsteht die Terminsgebühr auch, wenn das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. Ein solcher Fall lag hier vor.
Allerdings handelt es sich im Rahmen einer Untätigkeitsklage nicht stets um ein Anerkenntnis im Sinne von § 101 Abs. 2 SGG und VV 3106 Satz 2 Nr. 3, wenn die Beklagte den Antrag bzw. den Widerspruch des Klägers durch Erlass eines - wie auch immer gearteten - Bescheides bzw. Widerspruchsbescheides bescheidet, auch wenn die Untätigkeitsklage gemäß § 88 SGG auf bloße Bescheidung gerichtet ist. Da eine Untätigkeitsklage nur dann begründet ist, wenn die Beklagte ohne zureichenden Grund über den Antrag bzw. den Widerspruch nicht innerhalb einer Frist von 6 bzw. 3 Monaten entschieden hat, und auch nur dann eine Verurteilung des Beklagten zu der beantragten Bescheidung erfolgen kann (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 88 Rn. 9), liegt ein Anerkenntnis im Rechtssinne vielmehr nur vor, wenn die Frist des § 88 Abs. 1 bzw. Abs. 2 SGG abgelaufen ist und der Beklagte zusätzlich zum Erlass des Bescheids bzw. des Widerspruchsbescheids uneingeschränkt zugesteht, dass er keinen zureichenden Grund für die verspätete Entscheidung hatte. Dies kann sich nicht nur aufgrund einer ausdrücklichen Erklärung des Beklagten, sondern auch aus den gesamten Umständen der Bescheiderteilung ergeben. So liegt es nahe, dass der Beklagte eingesteht, dass er ohne zureichenden Grund binnen angemessener Frist nicht entschieden hat, wenn er nichts zum Vorliegen eines zureichenden Grundes vorträgt, da er grundsätzlich zureichende Gründe darzulegen hat (vgl. Leitherer, a.a.O., Rn. 7a). Gleiches gilt, wenn der Beklagte ohne Einschränkungen oder Erläuterungen ein Kostenanerkenntnis dem Grunde nach abgibt, da er damit eingesteht, dass die Untätigkeitsklage begründet war und er Anlass zur Klage gegeben hat. Ansonsten müsste er nämlich die außergerichtlichen Kosten des Klägers nicht übernehmen (vgl. SG Köln, Beschluss vom 02.11.2007, Az.: S 6 AS 231/06).
Nach diesen Grundsätzen hat der Beklagte und Antragsgegner durch Erlass des Widerspruchsbescheides vom 08.04.2008 ein Anerkenntnis abgegeben. Zudem hat der Beklagte nicht geltend gemacht, es habe für die verspätete Entscheidung einen zureichenden Grund gegeben, und sich folgerichtig auch bereit erklärt, die notwendigen außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach zu übernehmen. Nach den Umständen ist damit der Erlass des Widerspruchsbescheide vom 20. März 2008 als uneingeschränktes Zugeständnis, dass der nach § 88 Abs. 2 SGG geltend gemachte Klageanspruch bestand, zu werten. Die Erledigungserklärung der Antragstellerin im Schriftsatz stellt die Annahme dieses Anerkenntnisses dar mit der Folge, dass der Rechtsstreit nach § 101 Abs. 2 SGG beendet wurde.
Grundsätzlich ist die Terminsgebühr unabhängig von der Verfahrensgebühr zu beurteilen (Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 12.09.2006, Az.: L 1 B 320/05 SF SK; SG Reutlingen, Beschluss vom 19.06.2007, Az.: S 3 KR 1396/07 A), damit dem Umstand Rechnung getragen werden kann, dass etwa eine sehr aufwändige schriftliche Vorbereitung zu einer extrem kurzen mündlichen Verhandlung geführt hat oder umgekehrt (Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 12.09.2006, Az.: L 1 B 320/05 SF SK). Maßgeblich ist insoweit nicht zuletzt die Dauer der Verhandlung (vgl. Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 12.09.2006, Az.: L 1 B 320/05 SF SK; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.01.2007, Az.: L 19 B 13/06 AL).
Bei der hier in Rede stehenden fiktiven Terminsgebühr kann die Dauer der Verhandlung denknotwendigerweise keine Rolle spielen (siehe auch SG Berlin, Beschluss vom 10.09.2007, Az.: S 48 SB 2223/05). Ein Abstellen auf die zeitliche Beanspruchung des Rechtsanwaltes würde nur die Festsetzung der Mindestgebühr rechtfertigen (so SG Aachen, Beschluss vom 18.02.2005, Az.: S 3 SB 178/04). Damit wird aber der Zweck der fiktiven Terminsgebühr, eine Erledigung des Rechtsstreites auch ohne mündliche Verhandlung ohne nachteilige Kostenfolge für den Rechtsanwalt attraktiv zu machen, unterlaufen (SG Berlin, Beschluss vom 10.09.2007, Az.: S 48 SB 2223/05; SG Lüneburg, Beschluss vom 23.06.2006, Az.: S 4 SF 55/06). Die fiktive Terminsgebühr ist daher in den Fällen, in denen es nicht zur Durchführung eines Termins kommt, in Anlehnung an die Verfahrensgebühr bzw. die ihr zugrundeliegenden Kriterien festzulegen (SG Berlin, Beschluss vom 10.09.2007, Az.: S 48 SB 2223/05; SG Lüneburg, Beschluss vom 23.06.2006, Az.: S 4 SF 55/06, SG Köln, Beschluss vom 02.11.2007, Az.: S 6 AS 231/06)."
Der vorliegende Rechtsstreit lässt keine Besonderheiten erkennen (insbesondere auch nicht in den Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Erinnerungsführers), die eine abweichende Festsetzung der Verfahrensgebühr rechtfertigen könnten. Grundsätzlich gelten die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Bezieher von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II als unterdurchschnittlich, weshalb hierfür ein angemessener Abschlag vorzunehmen ist. Allerdings wird dieses Merkmal der Unterdurchschnittlichkeit regelmäßig nach der sog. Kompensationstheorie dadurch kompensiert, dass die Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber entsprechend höher ist. Nicht notwendig in diesem Zusammenhang ist die Erörterung weiterer Problemlagen, die der Kläger im Rahmen der Leistungsgewährung mit dem Leistungsträgers geklärt wissen will, denn die dafür anfallenden Kosten können jedenfalls nicht als notwendig für die Einreichung einer Untätigkeitsklage angesehen werden.
Danach ist vorliegend die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG auf 100,00 EUR festzusetzen (Gebührenrahmen 40,00 EUR bis 460,00 EUR; Mittelgebühr 250,00 EUR, davon 40%), die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG auf 80,00 EUR (Gebührenrahmen 20,00 EUR bis 380,00 EUR; Mittelgebühr 200,00 EUR, davon 40%).
Die Kostenentscheidung für das Erinnerungsverfahren beruht auf § 193 SGG. Hierbei war zu berücksichtigen, dass die Erinnerung im wesentlichen erfolgreich war, da der Betrag der dem Erinnerungsführers zu erstattenden Kosten im Ergebnis (232,00 EUR) nahezu seinem Kostenantrag (255,20 EUR) entspricht.
Die Kammer hält eine gesonderte Kostenentscheidung im Erinnerungsverfahren für erforderlich, da das Erinnerungsverfahren im Hinblick auf das Hauptsacheverfahren eine gesonderte Angelegenheit i.S.d § 18 Nr. 5 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) darstellt (ebenso: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. September 2005 - L 2 B 40/04, AnwBl 2006, 146; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 30. November 2006 - L 6 B 221/06 SB, jeweils für das Beschwerdeverfahren; vgl. zur Verfahrensgebühr für sozialgerichtliche Verfahren über die Beschwerde und die Erinnerung, wenn in dem Verfahren Betragsrahmengebühren nach § 3 RVG entstehen: Nr. 3501 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG; überdies Rohwer-Kahlmann, SGG, 4. Auflage, 42. Lieferung 2004, § 197 RdNr. 18; Schneider, KostRsp., Nr. 1 § 18 Nr. 5 RVG, Lieferung 264, Februar 2007; Schneider/Wolf, RVG, 3. Auflage 2006, § 16 RdNr. 108 ff.).
Die Kammer folgt ausdrücklich nicht dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg (VG Regensburg, 11. Kammer, Beschluss vom 01.07.2005, Az.: RN 11 S 03.2905), wonach nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes nur Verfahren über eine Erinnerung gegen eine Entscheidung des Rechtspflegers in Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses richten, eine besondere Angelegenheit nach § 18 Nr. 5 RVG darstellen sollen. Das SGG kennt den Rechtspfleger nicht. Aus dem Gebührentatbestand Nr. 3501 VV RVG ergibt sich eindeutig, dass eine Verfahrensgebühr für Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit über die Beschwerde und die Erinnerung, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, umfasst ist. Dass der Gesetzgeber in § 18 Nr. 5 RVG vom "Rechtspfleger" spricht, darf als glattes (redaktionelles) Versehen des Gesetzgebers gewertet werden.
Das Bundesverwaltungsgericht hat am 18.06.2007 (Az.: 4 KSt 1002/07) und am 21.06.2007 (Az.: 4 KSt 1001/07) entschieden, dass § 18 Nr. 5 RVG auch Erinnerungen gegen Kostenfestsetzungen des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle in der Verwaltungsgerichtsbarkeit umfasst (entgegen VG Regensburg, a. a. O.).
Dieser Beschluss ist, auch hinsichtlich der Kostengrundentscheidung, unanfechtbar (§ 197 Abs. 2 SGG).
Gründe:
Auf die zulässige Erinnerung waren die zu erstattenden Kosten auf den Betrag von 232,00 EUR lt. nachstehender Berechnung festzusetzen:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 100,00 EUR
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 80,00 EUR
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG (16% 2006) 32,00 EUR
Summe 232,00 EUR.
Die die Kammer weist zunächst darauf hin, dass der Urkundsbeamte zu Recht die Festsetzung der Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG abgelehnt hat.
Nach der Vorschrift entsteht die Gebühr, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Das Gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt.
Im Gegensatz dazu ist Streitgegenstand einer Untätigkeitsklage nach § 88 SGG generell der bloße Erlass eines – aufgrund reiner Untätigkeit ausstehenden - Verwaltungsaktes, nicht dessen Anfechtung und auch nicht der Erlass eines von der Behörde abgelehnten Verwaltungsaktes.
Die von dem Erinnerungsführer zitierten Entscheidungen der Sozialgerichte Mannheim (vom 6. September 2005 – S 4 KR 2037/05 -) und Nürnberg (vom 4. Oktober 2006 – S 14 R 813/05 KO) stellen Mindermeinungen dar. Entgegen stehen die von dem Urkundsbeamten im angefochtenen Beschluss und vom Erinnerungsgegner in seinem Schriftsatz vom 6. Januar 2009 zitierten Beschlüsse der Sozialgerichte Berlin (vom 18. Januar 2006 – S 81 KR 378/05 -), Reutlingen (vom 9. Juni 2006 – S 12 AS 2202/06 A -) und Würzburg (vom 2. November 2007 – S 2 SF 10/07 Ko und vom 13. März 2008 – S 2 SF 25/08 Ko -).
Allerdings haben der Urkundsbeamte sowie der Erinnerungsführer verkannt, dass vorliegend eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG angefallen ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift fällt die Terminsgebühr auch an, wenn das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet (dazu für den vorliegenden Fall einer "fiktiven" Terminsgebühr bei der Untätigkeitsklage weiter unten). Eine Falschbezeichnung schadet ebenso wenig wie im vorliegenden Fall die Tatsache, dass eine Terminsgebühr nicht beantragt und vom Urkundsbeamten auch nicht im Wege des Gebührentausches festgesetzt wurde, da die Gebührenbezeichnung nicht Gegenstand des Festsetzungstenors wird, sondern lediglich der Gesamtbetrag der festzusetzenden Kosten. Darüber hinaus überprüft das Gericht die Festsetzung in vollem Umfang und entscheidet nach eigenem Ermessen. Zwar ist eine Verböserung (reformatio in peius) nicht zulässig, einzelne Posten können allerdings anders abgegrenzt werden, sofern nur der Gesamtbetrag nicht unterschritten wird (Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz mit Erläuterungen, 9. Aufl. 2008, § 197 Rz. 10). Wenn nach Auffassung der erkennenden Kammer aufgrund der nachfolgenden Darlegungen ein Gebührentausch durch den Urkundsbeamten grundsätzlich möglich ist, so gilt dies erst recht für das Gericht im Rahmen der Überprüfung im Erinnerungsverfahren.
Die 165. Kammer teilt zur Möglichkeit des Gebührentausches grundsätzlich die von der 164. Kammer in deren Beschluss vom 21. Januar 2009 – S 164 SF 10/09 E- dargelegte Auffassung und macht sich deren Begründung zu eigen. In dieser Grundsatzentscheidung heißt es:
"Der Erinnerungsführer wendet sich gegen die von der Urkundsbeamtin vorgenommene Festsetzung einer Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG, obgleich diese Gebühr in dem Kostenfestsetzungsantrag des Bevollmächtigten der Erinnerungsgegnerin nicht benannt ist. Der Erinnerungsführer rügt einen fundamentalen Verstoß gegen geltendes Prozessrecht. Dem kann die Kammer im Ergebnis nicht beitreten.
Bereits nach dem Wortlaut des § 197 Abs. 1 SGG setzt der Urkundsbeamte den BETRAG der zu erstattenden Kosten fest. Daraus folgt, dass auch nur der (Gesamt-)Betrag an dem Festsetzungstenor des Beschlusses teilnimmt. Wie sich dieser Betrag zusammensetzt, ist Teil und Sache der Begründung, sowohl des Kostenfestsetzungsantrages, auch als des Kostenfestsetzungsbeschlusses. Dem Urkundsbeamten ist es von Gesetzes wegen verwehrt, über den Betrag der zu erstattenden Kosten, welcher beantragt worden ist, bei der Festsetzung hinaus zu gehen. Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen,. Insoweit kann es sich auch nicht um eine Überraschungsentscheidung gehandelt haben.
Die Kammer weist darauf hin, dass sie nicht die Ansicht des Erinnerungsführers teilt, es sei in Verfahren nach § 197 SGG ausgeschlossen, eine Gebühr festzusetzen, die nicht beantragt war. Der Umstand, dass der Urkundsbeamte in Anlehnung an § 308 Abs. 1 ZPO an den Festsetzungsantrag des Bevollmächtigten des Klägers gebunden ist, bedeutet zwar, dass eine Festsetzung über den von dem Rechtsanwalt beantragten Betrag hinaus nicht zulässig ist. Beantragt in diesem Sinne ist aber der Betrag, dessen Festsetzung der Rechtsanwalt nach dem Gesamtinhalt des Antrags verlangt (so Hamburgisches OVG, Beschluss vom 22.08.2007, Az.: 3 So 79/07 – JURIS -). Die Bindung an den Antrag bedeutet somit - ebenso, wie ein Zivilgericht nicht durch § 308 Abs. 1 ZPO an eine vom Kläger genannte unzutreffende Rechtsgrundlage für den eingeklagten Anspruch gebunden ist - nicht, dass der Urkundsbeamte rechtlich daran gehindert wäre, innerhalb des beantragten Betrags und im Rahmen des zugrunde gelegten Sachverhalts einen Positionsaustausch dahin vorzunehmen, statt einer geforderten, aber nicht entstandenen eine nicht geforderte, aber ersichtlich entstandene (gleich hohe oder niedrigere) Gebühr zu berücksichtigen (vgl. Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl. 2008, § 55 Rdnr. 24; Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, § 55 Rdnr. 24; Hartung in: Hartung/Römermann/Schoms, RVG, 2. Aufl. 2006, § 55 Rdnr. 57; jeweils für das Verfahren der Festsetzung der Vergütung des Rechtsanwalts aus der Staatskasse)."
Die Kammer teilt zur Frage der Verfahrens- und (fiktiven) Terminsgebühr und deren Höhe bei Untätigkeitsklagen auch grundsätzlich (seit S 165 SF 11/09 E vom 2. Februar 2009) die Auffassung der 164. Kammer des Sozialgerichts Berlin, die nunmehr neben der 165. Kammer für die Entscheidungen nach § 197 Satz 2 SGG eine Alleinzuständigkeit hat, vgl. den Beschluss der 164. Kammer vom 21. Januar 2009 – S 164 SF 12/09 E -. Darin heißt es:
"Zu Recht ist die zuständige Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle bezüglich der Verfahrens- bzw. Geschäftsgebühr von dem Gebührenrahmen der Nr. 3102 VV RVG (40 EUR bis 460 EUR) ausgegangen. Eine (verminderte) Gebühr nach Nr. 3103 VV RVG, die dann anfällt, wenn eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren oder im weiteren, der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienenden Verwaltungsverfahren (Vorverfahren) vorausgegangen ist, kann im Verfahren der Untätigkeitsklage nach § 88 SGG nicht anfallen. Das Verfahren der Untätigkeitsklage setzt weder ein eigenes Verwaltungsverfahren noch ein Vorverfahren voraus, weshalb schon begrifflich der Tatbestand der Nr. 3103 VV RVG nicht einschlägig ist (so auch SG Berlin, Beschluss vom 01.12.2004; Az.: S 54 AL 4073/04; SG Nürnberg, Beschluss vom 04.10.2006, Az.: S 14 R 813/05 KO; Schneider, RVGreport 2007, 1)
Was die Bestimmung der angemessenen Gebühr innerhalb dieses Gebührenrahmens angeht, ist die Kammer der Auffassung, dass grundsätzlich auch bei einer Untätigkeitsklage zunächst von der Mittelgebühr auszugehen ist. Es entspricht allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass die Mittelgebühr ein angemessenes Äquivalent für die anwaltliche Tätigkeit in einem in jeder Hinsicht durchschnittlichen Streitverfahren darstellt. Davon ausgehend sind sodann Abschläge für unterdurchschnittliche und Zuschläge für überdurchschnittliche Klageverfahren vorzunehmen. Die Maßstäbe für diese Einordnung lassen sich der Regelung des § 14 RVG entnehmen. Bei der Bestimmung der konkreten Gebühr sind nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG alle Umstände des Einzelfalls, vor allem Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, Bedeutung der Angelegenheit und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers zu berücksichtigen. Bei den hier einschlägigen Betragsrahmengebühren ist außerdem das (besondere) Haftungsrisiko des Rechtsanwalts zu berücksichtigen (§ 14 Abs. 1 S. 3 RVG).
Unter Würdigung all dieser Umstände ist das Gericht zu der Ansicht gelangt, dass in dem hier vorliegenden Fall einer Untätigkeitsklage, die sich nach Klageerhebung ohne weiteres durch Erlass des Widerspruchsbescheides unstreitig erledigt, ein deutlich unterdurchschnittliches Klageverfahren gegeben ist. Diesem Umstand trägt die streitgegenständliche Gebührenrechnung des klägerischen Prozessbevollmächtigten nicht hinreichend Rechnung. Seine Bestimmung der Verfahrensgebühr ist daher nicht verbindlich, weil sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 S. 4 RVG). Eine Kürzung der Mittelgebühr auf (nur) 50% hält das Gericht nicht für ausreichend. Auf der anderen Seite würde die von der Urkundsbeamtin vorgenommene Festsetzung lediglich in Höhe der doppelten Mindestgebühr keine angemessene Vergütung der anwaltlichen Tätigkeit bedeuten. Die Kammer meint vielmehr, dass eine Gebühr in Höhe von 40% der Mittelgebühr als angemessene Gebühr nach Nr. 3102 VV RVG für ein durchschnittliches Untätigkeitsklageverfahren zu bezeichnen ist (vgl. SG Nürnberg, Beschluss vom 4. Oktober 2006, Az.: S 14 R 813/05 KO; SG Augsburg, Beschlüsse vom 10. August 2007 bzw. 21. November 2006, Az.: S 10 KR 58/06 KO und S 9 AS 286/06). Dabei ist entscheidend zu beachten, dass die Untätigkeitsklage des § 88 SGG eine reine Bescheidungsklage ist. Gegenstand des Verfahrens ist also allein der Erlass des begehrten Verwaltungsakts. Auf die materielle Rechtslage kommt es folglich nicht an; sie muss vom Rechtsanwalt weder geprüft noch dargelegt werden. Der anwaltliche Arbeitsaufwand beschränkt sich daher auf die vorgerichtliche Überwachung der Frist des § 88 SGG, die Fertigung der Klageschrift, die Abgabe der nach Eintritt des erledigenden Ereignisses angezeigten Prozesserklärung sowie den Kostenantrag. Dabei handelt es sich um anwaltliche Tätigkeiten einfacher Art. Andererseits ist aber nicht zu verkennen, dass die Untätigkeitsklage dem betroffenen Anspruchsinhaber mittelbar zur Erreichung seines eigentlichen Ziels dient. Dazu ist der von dem Beklagten begehrte Erlass des Verwaltungsakts ein notwendiger Zwischenschritt, da er zwingende Voraussetzung für die Klageerhebung in der Sache ist. Unnötige zeitliche Verzögerungen auf diesem Weg können daher auch ein Haftungsrisiko des Rechtsanwalts begründen, allerdings kein besonderes Haftungsrisiko, welches vorliegend zu berücksichtigen wäre.
Zu Recht hat die Urkundsbeamtin auch eine Terminsgebühr als sog. "fiktive" Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG festgesetzt. Gemäß VV 3106 Satz 2 Nr. 3 entsteht die Terminsgebühr auch, wenn das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. Ein solcher Fall lag hier vor.
Allerdings handelt es sich im Rahmen einer Untätigkeitsklage nicht stets um ein Anerkenntnis im Sinne von § 101 Abs. 2 SGG und VV 3106 Satz 2 Nr. 3, wenn die Beklagte den Antrag bzw. den Widerspruch des Klägers durch Erlass eines - wie auch immer gearteten - Bescheides bzw. Widerspruchsbescheides bescheidet, auch wenn die Untätigkeitsklage gemäß § 88 SGG auf bloße Bescheidung gerichtet ist. Da eine Untätigkeitsklage nur dann begründet ist, wenn die Beklagte ohne zureichenden Grund über den Antrag bzw. den Widerspruch nicht innerhalb einer Frist von 6 bzw. 3 Monaten entschieden hat, und auch nur dann eine Verurteilung des Beklagten zu der beantragten Bescheidung erfolgen kann (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 88 Rn. 9), liegt ein Anerkenntnis im Rechtssinne vielmehr nur vor, wenn die Frist des § 88 Abs. 1 bzw. Abs. 2 SGG abgelaufen ist und der Beklagte zusätzlich zum Erlass des Bescheids bzw. des Widerspruchsbescheids uneingeschränkt zugesteht, dass er keinen zureichenden Grund für die verspätete Entscheidung hatte. Dies kann sich nicht nur aufgrund einer ausdrücklichen Erklärung des Beklagten, sondern auch aus den gesamten Umständen der Bescheiderteilung ergeben. So liegt es nahe, dass der Beklagte eingesteht, dass er ohne zureichenden Grund binnen angemessener Frist nicht entschieden hat, wenn er nichts zum Vorliegen eines zureichenden Grundes vorträgt, da er grundsätzlich zureichende Gründe darzulegen hat (vgl. Leitherer, a.a.O., Rn. 7a). Gleiches gilt, wenn der Beklagte ohne Einschränkungen oder Erläuterungen ein Kostenanerkenntnis dem Grunde nach abgibt, da er damit eingesteht, dass die Untätigkeitsklage begründet war und er Anlass zur Klage gegeben hat. Ansonsten müsste er nämlich die außergerichtlichen Kosten des Klägers nicht übernehmen (vgl. SG Köln, Beschluss vom 02.11.2007, Az.: S 6 AS 231/06).
Nach diesen Grundsätzen hat der Beklagte und Antragsgegner durch Erlass des Widerspruchsbescheides vom 08.04.2008 ein Anerkenntnis abgegeben. Zudem hat der Beklagte nicht geltend gemacht, es habe für die verspätete Entscheidung einen zureichenden Grund gegeben, und sich folgerichtig auch bereit erklärt, die notwendigen außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach zu übernehmen. Nach den Umständen ist damit der Erlass des Widerspruchsbescheide vom 20. März 2008 als uneingeschränktes Zugeständnis, dass der nach § 88 Abs. 2 SGG geltend gemachte Klageanspruch bestand, zu werten. Die Erledigungserklärung der Antragstellerin im Schriftsatz stellt die Annahme dieses Anerkenntnisses dar mit der Folge, dass der Rechtsstreit nach § 101 Abs. 2 SGG beendet wurde.
Grundsätzlich ist die Terminsgebühr unabhängig von der Verfahrensgebühr zu beurteilen (Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 12.09.2006, Az.: L 1 B 320/05 SF SK; SG Reutlingen, Beschluss vom 19.06.2007, Az.: S 3 KR 1396/07 A), damit dem Umstand Rechnung getragen werden kann, dass etwa eine sehr aufwändige schriftliche Vorbereitung zu einer extrem kurzen mündlichen Verhandlung geführt hat oder umgekehrt (Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 12.09.2006, Az.: L 1 B 320/05 SF SK). Maßgeblich ist insoweit nicht zuletzt die Dauer der Verhandlung (vgl. Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 12.09.2006, Az.: L 1 B 320/05 SF SK; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.01.2007, Az.: L 19 B 13/06 AL).
Bei der hier in Rede stehenden fiktiven Terminsgebühr kann die Dauer der Verhandlung denknotwendigerweise keine Rolle spielen (siehe auch SG Berlin, Beschluss vom 10.09.2007, Az.: S 48 SB 2223/05). Ein Abstellen auf die zeitliche Beanspruchung des Rechtsanwaltes würde nur die Festsetzung der Mindestgebühr rechtfertigen (so SG Aachen, Beschluss vom 18.02.2005, Az.: S 3 SB 178/04). Damit wird aber der Zweck der fiktiven Terminsgebühr, eine Erledigung des Rechtsstreites auch ohne mündliche Verhandlung ohne nachteilige Kostenfolge für den Rechtsanwalt attraktiv zu machen, unterlaufen (SG Berlin, Beschluss vom 10.09.2007, Az.: S 48 SB 2223/05; SG Lüneburg, Beschluss vom 23.06.2006, Az.: S 4 SF 55/06). Die fiktive Terminsgebühr ist daher in den Fällen, in denen es nicht zur Durchführung eines Termins kommt, in Anlehnung an die Verfahrensgebühr bzw. die ihr zugrundeliegenden Kriterien festzulegen (SG Berlin, Beschluss vom 10.09.2007, Az.: S 48 SB 2223/05; SG Lüneburg, Beschluss vom 23.06.2006, Az.: S 4 SF 55/06, SG Köln, Beschluss vom 02.11.2007, Az.: S 6 AS 231/06)."
Der vorliegende Rechtsstreit lässt keine Besonderheiten erkennen (insbesondere auch nicht in den Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Erinnerungsführers), die eine abweichende Festsetzung der Verfahrensgebühr rechtfertigen könnten. Grundsätzlich gelten die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Bezieher von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II als unterdurchschnittlich, weshalb hierfür ein angemessener Abschlag vorzunehmen ist. Allerdings wird dieses Merkmal der Unterdurchschnittlichkeit regelmäßig nach der sog. Kompensationstheorie dadurch kompensiert, dass die Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber entsprechend höher ist. Nicht notwendig in diesem Zusammenhang ist die Erörterung weiterer Problemlagen, die der Kläger im Rahmen der Leistungsgewährung mit dem Leistungsträgers geklärt wissen will, denn die dafür anfallenden Kosten können jedenfalls nicht als notwendig für die Einreichung einer Untätigkeitsklage angesehen werden.
Danach ist vorliegend die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG auf 100,00 EUR festzusetzen (Gebührenrahmen 40,00 EUR bis 460,00 EUR; Mittelgebühr 250,00 EUR, davon 40%), die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG auf 80,00 EUR (Gebührenrahmen 20,00 EUR bis 380,00 EUR; Mittelgebühr 200,00 EUR, davon 40%).
Die Kostenentscheidung für das Erinnerungsverfahren beruht auf § 193 SGG. Hierbei war zu berücksichtigen, dass die Erinnerung im wesentlichen erfolgreich war, da der Betrag der dem Erinnerungsführers zu erstattenden Kosten im Ergebnis (232,00 EUR) nahezu seinem Kostenantrag (255,20 EUR) entspricht.
Die Kammer hält eine gesonderte Kostenentscheidung im Erinnerungsverfahren für erforderlich, da das Erinnerungsverfahren im Hinblick auf das Hauptsacheverfahren eine gesonderte Angelegenheit i.S.d § 18 Nr. 5 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) darstellt (ebenso: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. September 2005 - L 2 B 40/04, AnwBl 2006, 146; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 30. November 2006 - L 6 B 221/06 SB, jeweils für das Beschwerdeverfahren; vgl. zur Verfahrensgebühr für sozialgerichtliche Verfahren über die Beschwerde und die Erinnerung, wenn in dem Verfahren Betragsrahmengebühren nach § 3 RVG entstehen: Nr. 3501 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG; überdies Rohwer-Kahlmann, SGG, 4. Auflage, 42. Lieferung 2004, § 197 RdNr. 18; Schneider, KostRsp., Nr. 1 § 18 Nr. 5 RVG, Lieferung 264, Februar 2007; Schneider/Wolf, RVG, 3. Auflage 2006, § 16 RdNr. 108 ff.).
Die Kammer folgt ausdrücklich nicht dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg (VG Regensburg, 11. Kammer, Beschluss vom 01.07.2005, Az.: RN 11 S 03.2905), wonach nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes nur Verfahren über eine Erinnerung gegen eine Entscheidung des Rechtspflegers in Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses richten, eine besondere Angelegenheit nach § 18 Nr. 5 RVG darstellen sollen. Das SGG kennt den Rechtspfleger nicht. Aus dem Gebührentatbestand Nr. 3501 VV RVG ergibt sich eindeutig, dass eine Verfahrensgebühr für Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit über die Beschwerde und die Erinnerung, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, umfasst ist. Dass der Gesetzgeber in § 18 Nr. 5 RVG vom "Rechtspfleger" spricht, darf als glattes (redaktionelles) Versehen des Gesetzgebers gewertet werden.
Das Bundesverwaltungsgericht hat am 18.06.2007 (Az.: 4 KSt 1002/07) und am 21.06.2007 (Az.: 4 KSt 1001/07) entschieden, dass § 18 Nr. 5 RVG auch Erinnerungen gegen Kostenfestsetzungen des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle in der Verwaltungsgerichtsbarkeit umfasst (entgegen VG Regensburg, a. a. O.).
Dieser Beschluss ist, auch hinsichtlich der Kostengrundentscheidung, unanfechtbar (§ 197 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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BRB
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