Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 6 KN 35/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 23.01.2009 wird angeordnet. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 131,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Bei der Antragstellerin handelt es sich um eine in B. ansässige Unternehmensberatung, die bei der Antragsgegnerin zum 00.00.0000 die Angestellte T. B. als geringfügig Beschäftigte anmeldete. Mit Bescheid vom 00.00.0000 teilt die Antragsgegnerin ihr mit, die Angestellte T. B. übe neben ihrer nicht geringfügigen Hauptbeschäftigung mehr als eine geringfügige Beschäftigung aus. Nur die zeitlich zuerst aufgenommene geringfügig entlohnte Beschäftigung sei versicherungsgfrei, jede weitere geringfügige Beschäftigung sei sozialversicherungspflichtig, weil sie mit der versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung zusammengerechnet werde. Dies gelte auch für die bei der Antragsgegnerin aufgenommene geringfügige Beschäftigung der Angestellten T. B., da es sich bei dieser nicht um die zeitlich zuerst aufgenommene handele. Für diese Beschäftigung trete daher Versicherungspflicht mit dem Tag der Bekanntgabe der Feststellung ein. Die Angestellte T. B. sei daher ab dem 00.00.0000 bei der zuständigen Krankenkasse anzumelden. Mit weiterem Bescheid vom 00.00.0000 stellte die Antragsgegnerin Versicherungspflicht der Angestellten T. B. bereits ab dem 00.00.0000 fest. Zur Begründung führte sie aus, die Antragstellerin habe es jedenfalls grob fahrlässig versäumt, den Sachverhalt für die versicherungsrechtliche Beurteilung aufzuklären, weil sie bei Aufnahme der Beschäftigung der Angestellten T. B. nicht nach weiteren Beschäftigungsverhältnissen gefragt habe. Die Antragsgegnerin hat unter dem 00.00.0000 Widerspruch eingelegt und am 00.00.0000 sozialgerichtlichen Eilrechtsschutz beantragt.
Die Antragstellerin führt aus, der Bescheid vom 00.00.0000 sei offensichtlich rechtswidrig, weil es an einer gesetzlichen Grundlage für die Feststellung der Versicherungspflicht der Angestellten T. B. seit dem 00.00.0000 fehle und verweist zur Begründung auf die Entscheidungen des LSG Baden-Württemberg vom 09.04.2008 (Az. L 5 R 2125/07) und des Bayerischen LSG vom 22.10.2008 (Az. L 13 KN 16/08).
Die Antragstellerin beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 00.00.0000 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen.
Sie führt unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 2 Satz 4 SGB IV aus, es fehle jedenfalls an einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.
Hinsichtlich der weiteren wesentlichen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte verwiesen.
II.
Der nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte (der Widerspruch der Antragstellerin hat nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung) Antrag ist zulässig. Insbesondere war die Antragstellerin nicht vor Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes gehalten, bei der Antragsgegnerin einen Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung nach § 86a Abs. 3 Satz 1 SGG zu stellen (vgl. zum Ganzen Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 86b Rdnr. 7a m.w.N.).
Der Antrag ist auch begründet.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die Erfolgsaussichten des Antrags beurteilen sich nach dem Ergebnis einer Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesses des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung und der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung. Hierbei sind neben einer allgemeinen Folgenabwägung insbesondere die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache von Bedeutung (Keller, a.a.O., § 86b, Rdnr. 12c).
Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin anzuordnen. Denn der Widerspruch der Antragstellerin hat Aussicht auf Erfolg. Der Bescheid vom 00.00.0000 ist rechtswidrig, weil es an einer gesetzlichen Grundlage für die Feststellung der Versicherungspflicht der Angestellten Sibylla Angenendt für die Zeit vom 00.00.0000 bis 00.00.0000 fehlt. Selbst wenn daher ein grob fahrlässiges Verhalten der Antragstellerin gegeben sein sollte bzw. sich diese ein solches Verhalten ihrer Mitarbeiter zurechnen lassen müsste, könnte hierauf eine Versicherungspflicht ab 00.00.0000 nicht gestützt werden.
Soweit die Antragsgegnerin auf § 8 Abs. 2 Satz 4 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) verweist, so gilt diese Vorschrift erst ab 01.01.2009 (vgl. Art. 16 Abs. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 21.12.2008, BGBl. I S. 2993), sodass sie für die hier zu beurteilende Versicherungspflicht vom 00.00.0000 bis 00.00.0000 nicht herangezogen werden kann. Soweit sich die Antragsgegnerin auf die Gesetzematerialien zu dieser Vorschrift beruft, die von einer "Klarstellung der bisherigen Rechtslage" sprechen (vgl. Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze, BT-Drs. 16/10903, S. 9), so vermag dies hieran nichts zu ändern. Die Kammer hält diesen (vom Gesetzgeber immer wieder praktizierten) Ansatz bereits mit den überkommenen Methoden der Gesetzesinterpretation für nicht vereinbar. Will nämlich der Gesetzgeber einen bestimmten Regelungsgehalt zum Ausdruck bringen, so muss sich dieser Gehalt zweifelsfrei im Normtext niederschlagen. Fehlt es hieran aber, so kann nicht die Gesetzesbegründung herangezogen werden, um einen behaupteten Regelungsgehalt zu stützen, der sich im Normtext nicht niedergeschlagen hat. So liegt der Fall hier. Die von der Antragsgegnerin behauptete Interpretation im Sinne der nunmehr geltenden Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 4 SGB IV findet im Gesetz für die Zeit vor dem 01.01.2009 keine Stütze. Überdies erscheint dieser Ansatz auch unter rechtsstaatlichen Aspekten bedenklich, würde doch hiermit § 8 Abs. 2 Satz 4 SGB IV eine unzulässige Rückwirkung beigemessen.
Die Antragsgegnerin kann ihre Interpretation auch nicht auf die Richtlinien der Spitzenverbände der Krankenkassen, der Deutschen Rentenversicherung und der Bundesagentur für Arbeit (Geringfügigkeits-Richtlinien, dort unter B. 5.3 S. 3) stützen. Denn diese sind mit der gesetzlichen Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 3 SGB IV unvereinbar und von den Gerichten nicht anzuwenden. Die Kammer schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des LSG Baden-Württemberg (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.04.2008, L 5 R 2125/07, juris) sowie des Bayerischen Landessozialgerichts (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 22.10.2008, L 13 KN 16/08, juris m.w.N.) an und macht sich diese zu eigen.
Weitere gesetzliche Grundlagen, die für den Fall des grobfahrlässigen Verhaltens den rückwirkenden Eintritt der Versicherungspflicht vorsehen, sind nicht ersichtlich. Inbesondere die Vorschriften der Beitragsverfahrensordnung [BVV]) treffen keine Aussage zur Rechtsfolge der rückwirkenden Beitragspflicht bei Verletzung von Pflichten des Arbeitgebers.
Soweit sich die Antragsgegnerin auf das Fehlen der offensichtlichen Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 00.00.0000 beruft und zur Begründung auf die beim BSG zu dieser Rechtsfrage anhängigen Verfahren hinweist, verkennt sie den Prüfungsmaßstab des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Hierfür ist nicht erforderlich, dass die Rechtswidrigkeit des in der Hauptsache angefochtenen Bescheides auf der Hand liegt oder gleichsam "ins Auge springt". Wie nämlich der Vergleich mit § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zeigt, reichen bei Entscheidungen über Beitragspflichten - um die es vorliegend geht - bereits ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes. Würden ernstliche Zweifel aber erst dann gegeben sein, wenn höchstrichterliche Entscheidungen zu umstrittenen Rechtsfragen vorliegen, erführe § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG eine mit dem Grundsatz effektiven Rechtsschutzes, Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG), nicht zu vereinbarende Einschränkung.
Die Kostenentscheidung beruht auf analoger Anwendung von § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Bei der Feststetzung des Streitwerts hat sich die Kammer an der Hälfte des für die Antragstellerin wirtschaftlichen Wertes nach § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) orientiert und hierfür die Berechnung der Antragsgegnerin vom 00.00.0000 zur Höhe der Beitragsforderung bei Unterstellung der Sozialversicherungspflicht der Angestellten T. B. ab 00.00.0000 zu Grunde gelegt.
Gründe:
I.
Bei der Antragstellerin handelt es sich um eine in B. ansässige Unternehmensberatung, die bei der Antragsgegnerin zum 00.00.0000 die Angestellte T. B. als geringfügig Beschäftigte anmeldete. Mit Bescheid vom 00.00.0000 teilt die Antragsgegnerin ihr mit, die Angestellte T. B. übe neben ihrer nicht geringfügigen Hauptbeschäftigung mehr als eine geringfügige Beschäftigung aus. Nur die zeitlich zuerst aufgenommene geringfügig entlohnte Beschäftigung sei versicherungsgfrei, jede weitere geringfügige Beschäftigung sei sozialversicherungspflichtig, weil sie mit der versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung zusammengerechnet werde. Dies gelte auch für die bei der Antragsgegnerin aufgenommene geringfügige Beschäftigung der Angestellten T. B., da es sich bei dieser nicht um die zeitlich zuerst aufgenommene handele. Für diese Beschäftigung trete daher Versicherungspflicht mit dem Tag der Bekanntgabe der Feststellung ein. Die Angestellte T. B. sei daher ab dem 00.00.0000 bei der zuständigen Krankenkasse anzumelden. Mit weiterem Bescheid vom 00.00.0000 stellte die Antragsgegnerin Versicherungspflicht der Angestellten T. B. bereits ab dem 00.00.0000 fest. Zur Begründung führte sie aus, die Antragstellerin habe es jedenfalls grob fahrlässig versäumt, den Sachverhalt für die versicherungsrechtliche Beurteilung aufzuklären, weil sie bei Aufnahme der Beschäftigung der Angestellten T. B. nicht nach weiteren Beschäftigungsverhältnissen gefragt habe. Die Antragsgegnerin hat unter dem 00.00.0000 Widerspruch eingelegt und am 00.00.0000 sozialgerichtlichen Eilrechtsschutz beantragt.
Die Antragstellerin führt aus, der Bescheid vom 00.00.0000 sei offensichtlich rechtswidrig, weil es an einer gesetzlichen Grundlage für die Feststellung der Versicherungspflicht der Angestellten T. B. seit dem 00.00.0000 fehle und verweist zur Begründung auf die Entscheidungen des LSG Baden-Württemberg vom 09.04.2008 (Az. L 5 R 2125/07) und des Bayerischen LSG vom 22.10.2008 (Az. L 13 KN 16/08).
Die Antragstellerin beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 00.00.0000 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen.
Sie führt unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 2 Satz 4 SGB IV aus, es fehle jedenfalls an einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.
Hinsichtlich der weiteren wesentlichen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte verwiesen.
II.
Der nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte (der Widerspruch der Antragstellerin hat nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung) Antrag ist zulässig. Insbesondere war die Antragstellerin nicht vor Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes gehalten, bei der Antragsgegnerin einen Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung nach § 86a Abs. 3 Satz 1 SGG zu stellen (vgl. zum Ganzen Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 86b Rdnr. 7a m.w.N.).
Der Antrag ist auch begründet.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die Erfolgsaussichten des Antrags beurteilen sich nach dem Ergebnis einer Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesses des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung und der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung. Hierbei sind neben einer allgemeinen Folgenabwägung insbesondere die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache von Bedeutung (Keller, a.a.O., § 86b, Rdnr. 12c).
Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin anzuordnen. Denn der Widerspruch der Antragstellerin hat Aussicht auf Erfolg. Der Bescheid vom 00.00.0000 ist rechtswidrig, weil es an einer gesetzlichen Grundlage für die Feststellung der Versicherungspflicht der Angestellten Sibylla Angenendt für die Zeit vom 00.00.0000 bis 00.00.0000 fehlt. Selbst wenn daher ein grob fahrlässiges Verhalten der Antragstellerin gegeben sein sollte bzw. sich diese ein solches Verhalten ihrer Mitarbeiter zurechnen lassen müsste, könnte hierauf eine Versicherungspflicht ab 00.00.0000 nicht gestützt werden.
Soweit die Antragsgegnerin auf § 8 Abs. 2 Satz 4 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) verweist, so gilt diese Vorschrift erst ab 01.01.2009 (vgl. Art. 16 Abs. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 21.12.2008, BGBl. I S. 2993), sodass sie für die hier zu beurteilende Versicherungspflicht vom 00.00.0000 bis 00.00.0000 nicht herangezogen werden kann. Soweit sich die Antragsgegnerin auf die Gesetzematerialien zu dieser Vorschrift beruft, die von einer "Klarstellung der bisherigen Rechtslage" sprechen (vgl. Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze, BT-Drs. 16/10903, S. 9), so vermag dies hieran nichts zu ändern. Die Kammer hält diesen (vom Gesetzgeber immer wieder praktizierten) Ansatz bereits mit den überkommenen Methoden der Gesetzesinterpretation für nicht vereinbar. Will nämlich der Gesetzgeber einen bestimmten Regelungsgehalt zum Ausdruck bringen, so muss sich dieser Gehalt zweifelsfrei im Normtext niederschlagen. Fehlt es hieran aber, so kann nicht die Gesetzesbegründung herangezogen werden, um einen behaupteten Regelungsgehalt zu stützen, der sich im Normtext nicht niedergeschlagen hat. So liegt der Fall hier. Die von der Antragsgegnerin behauptete Interpretation im Sinne der nunmehr geltenden Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 4 SGB IV findet im Gesetz für die Zeit vor dem 01.01.2009 keine Stütze. Überdies erscheint dieser Ansatz auch unter rechtsstaatlichen Aspekten bedenklich, würde doch hiermit § 8 Abs. 2 Satz 4 SGB IV eine unzulässige Rückwirkung beigemessen.
Die Antragsgegnerin kann ihre Interpretation auch nicht auf die Richtlinien der Spitzenverbände der Krankenkassen, der Deutschen Rentenversicherung und der Bundesagentur für Arbeit (Geringfügigkeits-Richtlinien, dort unter B. 5.3 S. 3) stützen. Denn diese sind mit der gesetzlichen Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 3 SGB IV unvereinbar und von den Gerichten nicht anzuwenden. Die Kammer schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des LSG Baden-Württemberg (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.04.2008, L 5 R 2125/07, juris) sowie des Bayerischen Landessozialgerichts (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 22.10.2008, L 13 KN 16/08, juris m.w.N.) an und macht sich diese zu eigen.
Weitere gesetzliche Grundlagen, die für den Fall des grobfahrlässigen Verhaltens den rückwirkenden Eintritt der Versicherungspflicht vorsehen, sind nicht ersichtlich. Inbesondere die Vorschriften der Beitragsverfahrensordnung [BVV]) treffen keine Aussage zur Rechtsfolge der rückwirkenden Beitragspflicht bei Verletzung von Pflichten des Arbeitgebers.
Soweit sich die Antragsgegnerin auf das Fehlen der offensichtlichen Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 00.00.0000 beruft und zur Begründung auf die beim BSG zu dieser Rechtsfrage anhängigen Verfahren hinweist, verkennt sie den Prüfungsmaßstab des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Hierfür ist nicht erforderlich, dass die Rechtswidrigkeit des in der Hauptsache angefochtenen Bescheides auf der Hand liegt oder gleichsam "ins Auge springt". Wie nämlich der Vergleich mit § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zeigt, reichen bei Entscheidungen über Beitragspflichten - um die es vorliegend geht - bereits ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes. Würden ernstliche Zweifel aber erst dann gegeben sein, wenn höchstrichterliche Entscheidungen zu umstrittenen Rechtsfragen vorliegen, erführe § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG eine mit dem Grundsatz effektiven Rechtsschutzes, Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG), nicht zu vereinbarende Einschränkung.
Die Kostenentscheidung beruht auf analoger Anwendung von § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Bei der Feststetzung des Streitwerts hat sich die Kammer an der Hälfte des für die Antragstellerin wirtschaftlichen Wertes nach § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) orientiert und hierfür die Berechnung der Antragsgegnerin vom 00.00.0000 zur Höhe der Beitragsforderung bei Unterstellung der Sozialversicherungspflicht der Angestellten T. B. ab 00.00.0000 zu Grunde gelegt.
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