L 6 SF 37/08

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 SF 37/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Entschädigung der Erinnerungsführerin anlässlich des Erörterungstermins vom 30. Mai 2008 vor dem Thüringer Landessozialgericht wird auf 4,00 Euro festgesetzt.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

Gründe:

I.

Die Erinnerungsführerin begehrt im Hauptverfahren Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Gotha (Az.: S 27 RA 1524/03) teilte sie unter dem 11. September 2007 mit, ihr Hauptwohnsitz sei nunmehr die K.Straße 12 in B,; ihre bisherige Adresse (B.Weg 42, E.) benutze sie weiterhin als Postanschrift und zur Betreuung ihrer erblindeten Mutter. Im Berufungsverfahren (Az.: L 6 R 1419/07) übersandte sie der Berichterstatterin des Senats u.a. die Liste ihrer behandelnden Ärzte, die alle in Thüringen (E., W.) niedergelassen sind. Die Berichterstatterin lud die Erinnerungsführerin und ihre Prozessbevollmächtigten zum Erörterungstermin am 30. Mai 2008 in Erfurt. In der an die Erfurter Adresse gerichteten Ladung ist u.a. folgender Hinweis enthalten: "Falls Sie Ihre Reise zur Verhandlung von einem anderen als dem in Ihrer obigen Anschrift bezeichneten Ort antreten wollen, oder andere Umstände Ihr Erscheinen erheblich verteuern ( ) sind Sie verpflichtet, dies unter Angabe des obigen Aktenzeichens sofort mitzuteilen und weitere Nachricht des Gerichts abzuwarten".

In ihrem Antrag auf Erstattung von Fahrtkosten vom 30. Mai 2008 machte die Erinnerungsführerin Fahrtkosten für 731,6 km von B. nach Erfurt und zurück geltend. Unter dem 2. Juni 2008 teilte ihr die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle mit, eine Anreise aus Bochum könne mangels vorheriger Mitteilung nicht berücksichtigt werden. Erstattet würden nur 0,75 Euro für 3 Kilometer zu 0,25 Euro.

Am 12. Juni 2008 hat die Erinnerungsführerin einen Antrag auf richterliche Festsetzung gestellt und angegeben, da ihre "Angelegenheit" trotz Wohnortwechsel in Erfurt weiterhin anhängig sei, habe sie dort einen sie einen Briefkasten und ihre Akten deponiert. Sie sei nicht bereit, eine Zweitwohnungssteuer in Erfurt zu bezahlen. Natürlich müsse sie für bestimmte Termine mindestens einmal im Monat separat anreisen, nehme die freie Arztwahl in Anspruch und habe ihre Ärzte in Thüringen beibehalten.

Die Erinnerungsführerin beantragt sinngemäß,

die Entschädigung für die Teilnahme am Erörterungstermin vom 30. Mai 2008 auf 183,00 Euro festzusetzen.

Der Erinnerungsgegner beantragt,

die die Entschädigung für die Teilnahme am Erörterungstermin vom 30. Mai 2008 auf 0,75 Euro festzusetzen.

Die von der Erinnerungsführerin begehrte Fahrtkostenentschädigung komme nicht in Betracht, weil diese ihrer Mitteilungspflicht nicht nachgekommen sei.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem Senat zugeleitet. Auf Anfrage des Senatsvorsitzenden hat die Berichterstatterin unter dem 13. November 2008 angegeben, die Erinnerungsführerin habe ihr vorab nicht mitgeteilt, dass sie die Reise von einem anderen als in der Ladung angegeben Ort aus antreten werde. Angesichts deren offensichtlich häufigeren Aufenthalte in Erfurt hätte sie andernfalls den Termin entsprechend verlegt.

II.

Auf die Erinnerung war die Entschädigung auf 4,00 Euro festzusetzen.

Zuständig für die Entscheidung ist der Senatsvorsitzende (Senatsbeschluss vom 30. Juni 2008); er entscheidet als Einzelrichter (§ 4 Abs. 7 S. 1 des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes).

Nach § 191 Halbs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) werden einem Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen angeordnet worden ist, auf Antrag bare Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen vergütet. Zeugen erhalten nach § 19 Abs. 1 Satz 1 JVEG als Entschädigung Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG), Entschädigung für Aufwand (§ 6 JVEG), Ersatz für sonstige Aufwendungen (§ 7 JVEG), Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 20 JVEG), Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung (§ 21 JVEG) sowie Entschädigung für Verdienstausfall (§ 22 JVEG). Soweit die Entschädigung nach Stunden zu bemessen ist, wird sie nach § 19 Abs. 2 JVEG für die gesamte Zeit der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten, jedoch nicht mehr als zehn Stunden je Tag gewährt (Satz 1); die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet (Satz 2).

Die Entschädigung errechnet sich danach wie folgt:

1. Der Fahrtkostenersatz beträgt 1,00 Euro. Die Erstattung der darüber hinaus geltend gemachten Fahrtkosten kommt nicht in Betracht.

Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG werden dem Zeugen bei Benutzung eines eigenen oder unentgeltlich zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeugs zur Abgeltung der Betriebskosten sowie zur Abgeltung der Abnutzung des Kraftfahrzeuges 0,25 Euro für jeden gefahrenen Kilometer ersetzt zuzüglich der durch die Benutzung des Kraftfahrzeugs aus Anlass der Reise regelmäßig anfallenden baren Auslagen, insbesondere der Parkentgelte. Wird die Reise zum Ort des Termins von einem anderen als dem in der Ladung oder Terminsmitteilung bezeichneten oder der zuständigen Stelle unverzüglich angezeigten Ort angetreten oder wird zu einem anderen als diesem Ort zurückgefahren, werden Mehrkosten nach billigem Ermessen nur dann ersetzt, wenn der Berechtigte zu diesen Fahrten durch besondere Umstände genötigt war (§ 5 Abs. 5 JVEG).

Die Fahrtstrecke von der Postadresse der Erinnerungsführerin beträgt nach dem Rotenplaner "falk" 3,48 Kilometer (1,74 Kilometer x 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kann ein solcher Routenplaner zur Überprüfung der kürzesten Strecke herangezogen werden (vgl. z.B. Beschluss vom 23. März 2006 - Az.: L 6 B 70/05 SF). Nicht in Betracht kommt die darüber hinausgehende Erstattung der Fahrtkosten für die Strecke von B. nach Erfurt und zurück.

Die Erinnerungsführerin hat der Berichterstatterin des Senats vor dem Termin ihre Anfahrt von B. nicht mitgeteilt, obwohl sie in der Ladung ausdrücklich auf diese Verpflichtung hingewiesen worden ist.

Dass sich deren Hauptwohnsitz nach eigenen Angaben in B. befindet, hat sie angesichts des klaren Gesetzeswortlauts nicht von der Verpflichtung entbunden, die (weite) Anreise dem Senat mitzuteilen. Unerheblich für die Entscheidung ist ihr Hinweis auf die freie Arztwahl und die Zweitwohnungssteuer.

Nachdem die Erinnerungsführerin ihrer Mitteilungsverpflichtung trotz ausdrücklichen Hinweises nicht nachgekommen ist, hat der Senat zu prüfen, ob die Mehrkosten trotzdem zu erstatten sind, weil sie durch besondere, nicht zu vertretende Umstände genötigt war, die Reise von einem anderen als dem in der Ladung bezeichneten Ort anzutreten. Die Entscheidung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Senats (vgl. Senatsbeschluss vom 23. März 2006 - Az.: L 6 B 70/05 SF m.w.N.).

Bei der Abwägung aller Umstände kommt die Erstattung der beantragten Fahrtkosten nicht in Betracht. Die Berichterstatterin des Senats hätte nach ihren Angaben die Möglichkeit einer Anwesenheit in Erfurt genutzt, um die erhöhten Kosten durch die lange Anfahrt zu vermeiden. Diese Überlegungen sind nachvollziehbar und überzeugend. Es besteht keine Veranlassung, sie zu konterkarrieren. Nur zur Vollständigkeit wird darauf hingewiesen, dass die Erinnerungsführerin in ihrem Schriftsatz vom 15. Juli 2008 selbst eingeräumt hat, mindestens einmal im Monat vom Wohnort nach Erfurt zu müssen, "so auch zum angesetzten Termin". Weshalb bei dieser Situation die Kosten der Fahrt nach Erfurt im Mai 2008 übernommen werden sollen, ist nicht im Ansatz ersichtlich.

2. Eine Entschädigung für Aufwand nach § 6 JVEG scheidet aus, weil Übernachtungskosten aus Anlass der Heranziehung nicht notwendig waren.

3. Ein Ersatz für besondere Aufwendungen (§ 7 JVEG) wird nicht geltend gemacht und ist nicht ersichtlich.

4. Die Entschädigung für Zeitversäumnis wird auf 3,00 Euro festgesetzt. Nach § 20 JVEG beträgt die Entschädigung für Zeitverlust 3 Euro je Stunde, soweit weder für einen Verdienstausfall noch für Nachteile bei der Haushaltsführung eine Entschädigung zu gewähren ist, es sei denn, es ist durch die Heranziehung ersichtlich kein Nachteil entstanden. Angesichts der gesetzlichen Vermutung ist von entsprechenden Nachteilen auszugehen.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Rechtskraft
Aus
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