Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 7 AL 961/07
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 1120/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 AL 49/08 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Altenburg vom 14. September 2007 und der Bescheid der Beklagten vom 14. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 4. April 2007 aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, den Bescheid vom 21. September 2006 abzuändern und dem Kläger Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. September 2006 bis zum 30. September 2006 nach einem täglichen Bemessungsentgelt von 65,33 EUR zu bewilligen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der 1985 geborene Kläger begehrt mit der zugelassenen Berufung - auf der Grundlage einer fiktiven Bemessung - höheres Arbeitslosengeld für September 2006.
Er bezog in der Zeit vom 14. Januar 2004 bis zum 31. August 2004 Arbeitslosengeld beziehungsweise Arbeitslosenhilfe und durchlief in der Zeit vom 1. September 2004 bis zum 31. August 2006 eine Ausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz zum Hochbaufacharbeiter beim Bildungswerk Bau Hessen-Thüringen e. V. in G., einer außerbetrieblichen Einrichtung.
Der Kläger beantragte am 30. Mai 2006 unter gleichzeitiger Arbeitslosmeldung die Zahlung von Arbeitslosengeld mit Wirkung zum 1. September 2006. Unter dem 7. Juni 2006 bescheinigte das Bildungswerk die ausweislich Blatt 36 der Verwaltungsakte für die Zeit vom Juni 2005 bis Mai 2006 erzielten Gelder (zwischen 280,37 und 296,41 Euro monatlich).
Die Beklagte bewilligte ihm für die Zeit ab dem 1. September 2006 Arbeitslosengeld nach einem täglichen Arbeitsentgelt von 9,72 Euro (Bescheid vom 21. September 2006).
Am 14. September 2006 teilte der Kläger mit, dass er sich seit dem 14. September 2006 in stationärer Krankenbehandlung befinde.
Hinsichtlich des Bewilligungsbescheides vom 21. September 2006 beantragte der Kläger Anfang Februar 2007 eine Überprüfung nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) mit dem Ziel einer fiktiven Bemessung des Arbeitslosengeldes nach § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 (Qualifikationsgruppe 3) des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III).
Die Beklagte teilte ihm mit, dass eine Überprüfung abgelehnt werde, weil weder das Recht unrichtig angewandt worden sei noch die Behörde von einem falschen Sachverhalt ausgegangen sei (Bescheid vom 14. Februar 2007).
Den Widerspruch hiergegen wies die Beklagte als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 4. April 2007).
Der Kläger hat hiergegen am 12. April 2007 Klage erhoben. Das Sozialgericht hat die Klage mit dem Antrag, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2007 zu verurteilen, ihm unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 21. September 2006 höheres Arbeitslosengeld ab 1. September 2006 unter Zugrundelegung eines nach § 132 SGB III ermittelten Bemessungsentgeltes nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren, abgewiesen und in den Entscheidungsgründen die Berufung zugelassen. Auf eine fiktive Bemessung in Anwendung des § 132 SGB III könne sich der Kläger deshalb nicht berufen, weil er im Bemessungszeitraum zumindest 150 Tage Anspruch auf Arbeitsentgelt gehabt habe. Vor diesem Hintergrund müsse sich der Kläger darauf verweisen lassen, dass die in § 132 SGB III normierten gesetzlichen Voraussetzungen für eine fiktive Bemessung nicht erfüllt seien. Dies sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (Gerichtsbescheid vom 14. September 2007, dem Kläger am 24. September 2007 zugestellt).
Der Kläger hat hiergegen am 9. Oktober 2007 Berufung eingelegt. Es würden auch Ausbildungen nach dem Berufsbildungsgesetz durchgeführt, in denen die Auszubildenden keine Ausbildungsvergütung beziehen würden und somit auch kein versicherungspflichtiges Entgelt erhielten. Der Versicherungsschutz des SGB III sei durch den Gesetzgeber ausdrücklich auch für Ausbildungsverhältnisse bestimmt worden, die zwar nach dem Berufssbildungsgesetz geführt würden, in denen jedoch keine Ausbildungsvergütung gezahlt werde.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Altenburg vom 14. September 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 21. September 2006 Arbeitslosengeld nach einem Bemessungsentgelt von täglich 65,33 EUR für den Monat September 2006 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit der verwaltungsinternen Weisung He/Ga 7/2005 vom 20. Juli 2005 sei der Versuch unternommen worden, eine Gesetzeslücke zu schließen, die mit der Änderung des § 134 Abs. 2 Ziff. 2 SGB III ab dem 1. Januar 2005 entstanden sei. Die Weisung sei aber ausschließlich anwendbar in Fällen, in denen der Auszubildende keine Ausbildungsvergütung erhalten habe.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet. Dem Sozialgericht war es bereits nach seiner eigenen Auffassung verwehrt, durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil es die Berufung gegen das Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat, sodass das Sozialgericht nicht ohne die ehrenamtlichen Richter hätte entscheiden dürfen. Doch sieht der Senat von einer Zurückverweisung bereits deshalb ab, weil bei der vorzunehmenden Abwägung nicht nur das Interesse der Beteiligten an einer möglichst schnellen Sachentscheidung, sondern auch der Umstand, dass die Sache entscheidungsreif ist, überwiegen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 159 Rz 5 ff.).
Die Berufung des Klägers ist begründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 14. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2007, mit dem diese die Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 21. September 2006 mit dem Ziel, höheres Arbeitslosengeld zu erhalten, abgelehnt hat.
Der Senat war, obwohl die Höhe des Arbeitslosengeldes im Streit ist, am Erlass eines Grundurteils nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht gehindert, weil diese Regelung nach ihrem Sinn und Zweck (Verfahrensbeschleunigung und Entlastung der Gerichte) der Anwendung auch im Höhenstreit grundsätzlich nicht entgegensteht (vgl. BSG SozR 2200 § 1241 Nr. 22 S. 78).
Der mit der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage geltend gemachte Anspruch des Klägers richtet sich nach § 44 SGB X in Verbindung mit §§ 118 Abs. 1, 129, 130, 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III.
Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit u.a. dann aufzuheben, wenn sich ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt worden ist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind; im Fall der Rücknahme nach § 44 Abs. 1 SGB X werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs längstens für einen Zeitraum von vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (§ 44 Abs. 4 SGB X). Die Sonderregelung des § 330 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch ist dabei ohne Bedeutung.
Die Beklagte ist demzufolge verpflichtet, den Bewilligungsbescheid vom 21. September 2006 abzuändern, weil sie damit dem Kläger das begehrte höhere Arbeitslosengeld auf Grund falscher Rechtsanwendung vorenthalten hat.
Ein Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit richtet sich nach § 118 Abs. 1 SGB III. Danach haben Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit Arbeitnehmer, die arbeitslos sind (Nr. 1), sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet (Nr. 2) und die Anwartschaftszeit erfüllt haben (Nr. 3). Der Kläger hat insbesondere die Anwartschaftszeit erfüllt.
Diese hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 123 Satz 1 SGB III). Die Rahmenfrist beträgt zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld (§ 124 Abs. 1 SGB III).
Der Kläger stand in der Zeit vom 1. September 2004 bis zum 31. August 2006 bei dem Bildungswerk zwar nicht in einem Versicherungspflichtverhältnis nach §§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III, weil er dort in Ermangelung eines betrieblichen Beschäftigungsverhältnisses nicht zur Berufsausbildung beschäftigt war. Er war im Rahmen seiner Ausbildung sicherlich Weisungen auch hinsichtlich des Ortes, der Zeiten und der Art der jeweils zu vernichtenden Tätigkeiten unterworfen. Allerdings ist ein Beschäftigungsverhältnis nicht immer schon dann zu bejahen, wenn jemand in einem Rechtsverhältnis steht, in dem er Weisungen anderer zu beachten hat. Entscheidend ist vielmehr, dass das Direktionsrecht im Rahmen der Leistung von fremdnütziger Arbeit, nicht innerhalb anderer Zielsetzungen ausgeübt wird (z.B. Unterrichtsveranstaltungen, Lehr- und Übungsveranstaltungen, vgl. BSG vom 29. Januar 2008 - B 7/7a AL70/06 R).
So war es hier indes. Denn ein Weisungsrecht des Maßnahmeträgers bewegte sich nicht im Rahmen der Leistung von Arbeit. Der Charakter des Rechtsverhältnisses zwischen dem Kläger und dem Maßnahmeträger war durch das außerbetriebliche Vertragsverhältnis geprägt. Der Betriebszweck des Maßnahmeträgers war "Bildung". Auch im Rahmen einer Beschäftigung zur Berufsausbildung muss der Auszubildende aber wie ein Arbeitnehmer in dem Betrieb beschäftigt sein, das heißt, seine Ausbildung muss überwiegend als praktische Unterweisung im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs statt finden. Es sind grundsätzlich nur diejenigen Auszubildenden beschäftigt, die in der Betriebstätigkeit ausgebildet werden und in den in Produktions- und Dienstleistungsbetrieb zum Erwerb von praktischen Kenntnissen und Fertigkeiten eingegliedert sind (vgl. BSG vom 29. Januar 2008 - B 7/7a AL70/06 R). Hieran fehlt es bei außerbetrieblichen Einrichtungen.
Gleichwohl ist der Kläger in den Schutzbereich der Arbeitslosenversicherung einbezogen. Denn Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden - wie der Kläger, der bei einem Bildungswerk ausgebildet wurde - stehen den Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III gleich.
Der Kläger hat auch - auf der Grundlage einer fiktiven Bemessung (§ 132 SGB III) - Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld.
Nach § 129 SGB III beträgt das Arbeitslosengeld einen bestimmten Prozentsatz (Nettolohnersatzquote) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt).
Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen (§ 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Der Bemessungsrahmen wird unter anderem auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 130 Abs. 3 Satz 1 Nr.1 SGB III).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Rückrechnung des (einjährigen) Bemessungsrahmens ist grundsätzlich das Ende des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (vgl. Coseriu/Jakob in NK-SGB III, 3. Aufl. 2008, § 130 Rz. 14).
In der hier maßgeblichen Zeit vom 1. September 2004 bis zum 31. August 2006 stand der Kläger allerdings nicht in einem (versicherungspflichtigen) Beschäftigungsverhältnis. Denn er wurde im Rahmen eines Berufsbildungszentrums, einer außerbetrieblichen, also gerade keiner betrieblichen Einrichtung ausgebildet (vgl. BSG, a.a.O.) mit der Folge, dass er im Anschluss an die oben genannte dortige Zeit auch nicht aus einem Beschäftigungsverhältnis bzw. aus einem Versicherungspflichtverhältnis ausscheiden konnte (vgl. BSG, a.a.O.).
Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen der betrieblichen Ausbildung (§ 7 Abs.2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, SGB IV). Außerbetriebliche Ausbildungen, wie hier, werden indes von dieser Gleichstellung nicht erfasst.
Etwas anderes lässt sich auch nicht deshalb annehmen, weil Ausbildungen nach dem Berufsbildungsgesetz in überbetrieblichen Einrichtungen gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III (normalen) versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen gleichgestellt werden. Denn die Gleichstellung dient lediglich dazu, den in außerbetrieblichen Einrichtungen ausgebildeten Personenkreis dem Schutzbereich der Arbeitslosenversicherung zu unterstellen. Für eine Gleichstellung im Rahmen auch der Regelung des § 130 SGB III besteht (schon) deshalb keine Veranlassung, weil das Gesetz eine fiktive Bemessung zulässt, die im Übrigen regelmäßig gerade dann erforderlich wird, wenn zur Berufsausbildung Beschäftigte im Rahmen der versicherungspflichtigen Beschäftigung kein Entgelt erzielt haben (vgl. Scheidt in NK-SGB III, 3. Aufl. 2008, § 25 Rz. 103).
Schließlich bestätigen auch die Regelungen über die Aufbringung der Mittel (§§ 340 ff SGB III) das hier gefundene Ergebnis. Denn nach § 342 SGB III ist beitragspflichtige Einnahme bei Personen, die beschäftigt sind, das Arbeitsentgelt, bei Personen, die zur Berufsausbildung beschäftigt sind, jedoch mindestens ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Prozent der Bezugsgröße. Für die hier gefundene Lösung des Senats spricht ferner die vom Gesetzgeber für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung festgelegte Regelung. Denn mit der dort durch Gleichstellung mit den zur Berufsausbildung Beschäftigten nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) bestehenden Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 4a Satz 1 SGB V korrespondiert die Regelung zu den beitragspflichtigen Einnahmen in § 226 Abs. 1 Satz 3 SGB V und die Regelung zur Tragung der Beiträge in § 251 Abs. 4c SGB V (vgl. Peters in Kasseler Kommentar, § 5 SGB V, Rz. 22, Stand: Dezember 2007).
Unabhängig davon, ob der Kläger beziehungsweise der Träger der überbetrieblichen Bildungseinrichtung Beiträge abgeführt haben sollten, unterlagen die dem Kläger gezahlten Gelder der Beitragspflicht deshalb nicht, weil die zuvor genannte Regelung ein Beschäftigungsverhältnis voraussetzt, an dem es jedoch, wie bereits oben gezeigt, gerade fehlt. Eine Gleichstellungsregelung analog § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III sehen die §§ 340 ff. SGB III nicht vor.
Lässt sich aber ein Bemessungszeitraum - von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt - innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmen, wie hier, nicht feststellen, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 132 Abs. 1 SGB III).
Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat (§ 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Dabei ist zugrunde zu legen für Beschäftigungen, die eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße (§ 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III).
Dass die Beklagte ihre Vermittlungsbemühungen bezüglich des Klägers in erster Linie auf die Tätigkeit als Hochbaufacharbeiter beziehungsweise entsprechende Tätigkeiten zu richten hat, weil der Berufsausbildung für die in Betracht kommenden Tätigkeiten regelmäßig, wie hier, das entscheidende Gewicht zukommt (vgl. Coseriu/Jakob in NK-SGB III, 3. Aufl. 2008, § 132 Rz. 14ff.), ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.
Diese Beschäftigungen entsprechen der Qualifikationsstufe 3, die dann maßgeblich ist, wenn die Beschäftigung eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordert (vgl. § 132 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB III). So ist es hier. Denn der Kläger verfügt über eine abgeschlossene Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit zweijähriger Regelausbildungsdauer (vgl. §§ 4, 5 Berufsbildungsgesetz), wobei der notwendige Ausbildungsstand aber auch durch einen mindestens zweijährigen gleichwertigen Bildungsgang an einer Berufsfachschule oder ähnlichen berufsbildenden Schule als Vollzeitschule zur Erlangung der vollen Berufsausübung erlangt werden kann (vgl. Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, § 132 Rn. 41, Stand: Januar 2006).
Infolgedessen hat die Beklagte der Berechnung des Arbeitslosengeldes ein tägliches (vgl. § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III) Bemessungsentgelt bzw. Arbeitsentgelt in Höhe von 65,33 EUR zugrunde zu legen (Bezugsgröße (West) 2006: 29.400,00 Euro: 450; Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 2006 vom 21. Dezember 2005, BGBl. I S. 3627). Die Heranziehung der Bezugsgröße West ergibt sich daraus, dass sich der Kläger für Beschäftigungen im gesamten Bundesgebiet zur Verfügung gestellt hat (vgl. BSG SozR 4100 § 112 Nr. 42) und nach § 408 Nr. 1 SGB III für das in Art. 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet die Bezugsgröße Ost (nur) herangezogen werden muss, soweit Vorschriften des SGB III an die Bezugsgröße anknüpfen und der Beschäftigungsort im Beitrittsgebiet liegt.
Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III deshalb verfassungswidrig sein könnte, weil Facharbeitern Arbeitslosengeld (pauschal) nur auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts unterhalb der jeweils maßgeblichen Bezugsgröße (vgl. § 18 Abs. 1 SGB IV, Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr) zugestanden wird. Denn der Gesetzgeber hat insbesondere im Rahmen der fiktiven Bemessung von Sozialleistungen einen weiten Gestaltungsspielraum.
Inwieweit eine Besserstellung von Auszubildenden in außerbetrieblichen Einrichtungen gegenüber solchen in betrieblicher Ausbildung eintreten könnte, gilt es in diesem Zusammenhang nicht zu bewerten.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung der Vorschrift des § 193 Abs. 1 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG).
Die Beklagte wird verurteilt, den Bescheid vom 21. September 2006 abzuändern und dem Kläger Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. September 2006 bis zum 30. September 2006 nach einem täglichen Bemessungsentgelt von 65,33 EUR zu bewilligen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der 1985 geborene Kläger begehrt mit der zugelassenen Berufung - auf der Grundlage einer fiktiven Bemessung - höheres Arbeitslosengeld für September 2006.
Er bezog in der Zeit vom 14. Januar 2004 bis zum 31. August 2004 Arbeitslosengeld beziehungsweise Arbeitslosenhilfe und durchlief in der Zeit vom 1. September 2004 bis zum 31. August 2006 eine Ausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz zum Hochbaufacharbeiter beim Bildungswerk Bau Hessen-Thüringen e. V. in G., einer außerbetrieblichen Einrichtung.
Der Kläger beantragte am 30. Mai 2006 unter gleichzeitiger Arbeitslosmeldung die Zahlung von Arbeitslosengeld mit Wirkung zum 1. September 2006. Unter dem 7. Juni 2006 bescheinigte das Bildungswerk die ausweislich Blatt 36 der Verwaltungsakte für die Zeit vom Juni 2005 bis Mai 2006 erzielten Gelder (zwischen 280,37 und 296,41 Euro monatlich).
Die Beklagte bewilligte ihm für die Zeit ab dem 1. September 2006 Arbeitslosengeld nach einem täglichen Arbeitsentgelt von 9,72 Euro (Bescheid vom 21. September 2006).
Am 14. September 2006 teilte der Kläger mit, dass er sich seit dem 14. September 2006 in stationärer Krankenbehandlung befinde.
Hinsichtlich des Bewilligungsbescheides vom 21. September 2006 beantragte der Kläger Anfang Februar 2007 eine Überprüfung nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) mit dem Ziel einer fiktiven Bemessung des Arbeitslosengeldes nach § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 (Qualifikationsgruppe 3) des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III).
Die Beklagte teilte ihm mit, dass eine Überprüfung abgelehnt werde, weil weder das Recht unrichtig angewandt worden sei noch die Behörde von einem falschen Sachverhalt ausgegangen sei (Bescheid vom 14. Februar 2007).
Den Widerspruch hiergegen wies die Beklagte als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 4. April 2007).
Der Kläger hat hiergegen am 12. April 2007 Klage erhoben. Das Sozialgericht hat die Klage mit dem Antrag, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2007 zu verurteilen, ihm unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 21. September 2006 höheres Arbeitslosengeld ab 1. September 2006 unter Zugrundelegung eines nach § 132 SGB III ermittelten Bemessungsentgeltes nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren, abgewiesen und in den Entscheidungsgründen die Berufung zugelassen. Auf eine fiktive Bemessung in Anwendung des § 132 SGB III könne sich der Kläger deshalb nicht berufen, weil er im Bemessungszeitraum zumindest 150 Tage Anspruch auf Arbeitsentgelt gehabt habe. Vor diesem Hintergrund müsse sich der Kläger darauf verweisen lassen, dass die in § 132 SGB III normierten gesetzlichen Voraussetzungen für eine fiktive Bemessung nicht erfüllt seien. Dies sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (Gerichtsbescheid vom 14. September 2007, dem Kläger am 24. September 2007 zugestellt).
Der Kläger hat hiergegen am 9. Oktober 2007 Berufung eingelegt. Es würden auch Ausbildungen nach dem Berufsbildungsgesetz durchgeführt, in denen die Auszubildenden keine Ausbildungsvergütung beziehen würden und somit auch kein versicherungspflichtiges Entgelt erhielten. Der Versicherungsschutz des SGB III sei durch den Gesetzgeber ausdrücklich auch für Ausbildungsverhältnisse bestimmt worden, die zwar nach dem Berufssbildungsgesetz geführt würden, in denen jedoch keine Ausbildungsvergütung gezahlt werde.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Altenburg vom 14. September 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 21. September 2006 Arbeitslosengeld nach einem Bemessungsentgelt von täglich 65,33 EUR für den Monat September 2006 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit der verwaltungsinternen Weisung He/Ga 7/2005 vom 20. Juli 2005 sei der Versuch unternommen worden, eine Gesetzeslücke zu schließen, die mit der Änderung des § 134 Abs. 2 Ziff. 2 SGB III ab dem 1. Januar 2005 entstanden sei. Die Weisung sei aber ausschließlich anwendbar in Fällen, in denen der Auszubildende keine Ausbildungsvergütung erhalten habe.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet. Dem Sozialgericht war es bereits nach seiner eigenen Auffassung verwehrt, durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil es die Berufung gegen das Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat, sodass das Sozialgericht nicht ohne die ehrenamtlichen Richter hätte entscheiden dürfen. Doch sieht der Senat von einer Zurückverweisung bereits deshalb ab, weil bei der vorzunehmenden Abwägung nicht nur das Interesse der Beteiligten an einer möglichst schnellen Sachentscheidung, sondern auch der Umstand, dass die Sache entscheidungsreif ist, überwiegen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 159 Rz 5 ff.).
Die Berufung des Klägers ist begründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 14. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2007, mit dem diese die Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 21. September 2006 mit dem Ziel, höheres Arbeitslosengeld zu erhalten, abgelehnt hat.
Der Senat war, obwohl die Höhe des Arbeitslosengeldes im Streit ist, am Erlass eines Grundurteils nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht gehindert, weil diese Regelung nach ihrem Sinn und Zweck (Verfahrensbeschleunigung und Entlastung der Gerichte) der Anwendung auch im Höhenstreit grundsätzlich nicht entgegensteht (vgl. BSG SozR 2200 § 1241 Nr. 22 S. 78).
Der mit der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage geltend gemachte Anspruch des Klägers richtet sich nach § 44 SGB X in Verbindung mit §§ 118 Abs. 1, 129, 130, 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III.
Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit u.a. dann aufzuheben, wenn sich ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt worden ist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind; im Fall der Rücknahme nach § 44 Abs. 1 SGB X werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs längstens für einen Zeitraum von vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (§ 44 Abs. 4 SGB X). Die Sonderregelung des § 330 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch ist dabei ohne Bedeutung.
Die Beklagte ist demzufolge verpflichtet, den Bewilligungsbescheid vom 21. September 2006 abzuändern, weil sie damit dem Kläger das begehrte höhere Arbeitslosengeld auf Grund falscher Rechtsanwendung vorenthalten hat.
Ein Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit richtet sich nach § 118 Abs. 1 SGB III. Danach haben Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit Arbeitnehmer, die arbeitslos sind (Nr. 1), sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet (Nr. 2) und die Anwartschaftszeit erfüllt haben (Nr. 3). Der Kläger hat insbesondere die Anwartschaftszeit erfüllt.
Diese hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 123 Satz 1 SGB III). Die Rahmenfrist beträgt zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld (§ 124 Abs. 1 SGB III).
Der Kläger stand in der Zeit vom 1. September 2004 bis zum 31. August 2006 bei dem Bildungswerk zwar nicht in einem Versicherungspflichtverhältnis nach §§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III, weil er dort in Ermangelung eines betrieblichen Beschäftigungsverhältnisses nicht zur Berufsausbildung beschäftigt war. Er war im Rahmen seiner Ausbildung sicherlich Weisungen auch hinsichtlich des Ortes, der Zeiten und der Art der jeweils zu vernichtenden Tätigkeiten unterworfen. Allerdings ist ein Beschäftigungsverhältnis nicht immer schon dann zu bejahen, wenn jemand in einem Rechtsverhältnis steht, in dem er Weisungen anderer zu beachten hat. Entscheidend ist vielmehr, dass das Direktionsrecht im Rahmen der Leistung von fremdnütziger Arbeit, nicht innerhalb anderer Zielsetzungen ausgeübt wird (z.B. Unterrichtsveranstaltungen, Lehr- und Übungsveranstaltungen, vgl. BSG vom 29. Januar 2008 - B 7/7a AL70/06 R).
So war es hier indes. Denn ein Weisungsrecht des Maßnahmeträgers bewegte sich nicht im Rahmen der Leistung von Arbeit. Der Charakter des Rechtsverhältnisses zwischen dem Kläger und dem Maßnahmeträger war durch das außerbetriebliche Vertragsverhältnis geprägt. Der Betriebszweck des Maßnahmeträgers war "Bildung". Auch im Rahmen einer Beschäftigung zur Berufsausbildung muss der Auszubildende aber wie ein Arbeitnehmer in dem Betrieb beschäftigt sein, das heißt, seine Ausbildung muss überwiegend als praktische Unterweisung im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs statt finden. Es sind grundsätzlich nur diejenigen Auszubildenden beschäftigt, die in der Betriebstätigkeit ausgebildet werden und in den in Produktions- und Dienstleistungsbetrieb zum Erwerb von praktischen Kenntnissen und Fertigkeiten eingegliedert sind (vgl. BSG vom 29. Januar 2008 - B 7/7a AL70/06 R). Hieran fehlt es bei außerbetrieblichen Einrichtungen.
Gleichwohl ist der Kläger in den Schutzbereich der Arbeitslosenversicherung einbezogen. Denn Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden - wie der Kläger, der bei einem Bildungswerk ausgebildet wurde - stehen den Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III gleich.
Der Kläger hat auch - auf der Grundlage einer fiktiven Bemessung (§ 132 SGB III) - Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld.
Nach § 129 SGB III beträgt das Arbeitslosengeld einen bestimmten Prozentsatz (Nettolohnersatzquote) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt).
Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen (§ 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Der Bemessungsrahmen wird unter anderem auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 130 Abs. 3 Satz 1 Nr.1 SGB III).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Rückrechnung des (einjährigen) Bemessungsrahmens ist grundsätzlich das Ende des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (vgl. Coseriu/Jakob in NK-SGB III, 3. Aufl. 2008, § 130 Rz. 14).
In der hier maßgeblichen Zeit vom 1. September 2004 bis zum 31. August 2006 stand der Kläger allerdings nicht in einem (versicherungspflichtigen) Beschäftigungsverhältnis. Denn er wurde im Rahmen eines Berufsbildungszentrums, einer außerbetrieblichen, also gerade keiner betrieblichen Einrichtung ausgebildet (vgl. BSG, a.a.O.) mit der Folge, dass er im Anschluss an die oben genannte dortige Zeit auch nicht aus einem Beschäftigungsverhältnis bzw. aus einem Versicherungspflichtverhältnis ausscheiden konnte (vgl. BSG, a.a.O.).
Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen der betrieblichen Ausbildung (§ 7 Abs.2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, SGB IV). Außerbetriebliche Ausbildungen, wie hier, werden indes von dieser Gleichstellung nicht erfasst.
Etwas anderes lässt sich auch nicht deshalb annehmen, weil Ausbildungen nach dem Berufsbildungsgesetz in überbetrieblichen Einrichtungen gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III (normalen) versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen gleichgestellt werden. Denn die Gleichstellung dient lediglich dazu, den in außerbetrieblichen Einrichtungen ausgebildeten Personenkreis dem Schutzbereich der Arbeitslosenversicherung zu unterstellen. Für eine Gleichstellung im Rahmen auch der Regelung des § 130 SGB III besteht (schon) deshalb keine Veranlassung, weil das Gesetz eine fiktive Bemessung zulässt, die im Übrigen regelmäßig gerade dann erforderlich wird, wenn zur Berufsausbildung Beschäftigte im Rahmen der versicherungspflichtigen Beschäftigung kein Entgelt erzielt haben (vgl. Scheidt in NK-SGB III, 3. Aufl. 2008, § 25 Rz. 103).
Schließlich bestätigen auch die Regelungen über die Aufbringung der Mittel (§§ 340 ff SGB III) das hier gefundene Ergebnis. Denn nach § 342 SGB III ist beitragspflichtige Einnahme bei Personen, die beschäftigt sind, das Arbeitsentgelt, bei Personen, die zur Berufsausbildung beschäftigt sind, jedoch mindestens ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Prozent der Bezugsgröße. Für die hier gefundene Lösung des Senats spricht ferner die vom Gesetzgeber für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung festgelegte Regelung. Denn mit der dort durch Gleichstellung mit den zur Berufsausbildung Beschäftigten nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) bestehenden Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 4a Satz 1 SGB V korrespondiert die Regelung zu den beitragspflichtigen Einnahmen in § 226 Abs. 1 Satz 3 SGB V und die Regelung zur Tragung der Beiträge in § 251 Abs. 4c SGB V (vgl. Peters in Kasseler Kommentar, § 5 SGB V, Rz. 22, Stand: Dezember 2007).
Unabhängig davon, ob der Kläger beziehungsweise der Träger der überbetrieblichen Bildungseinrichtung Beiträge abgeführt haben sollten, unterlagen die dem Kläger gezahlten Gelder der Beitragspflicht deshalb nicht, weil die zuvor genannte Regelung ein Beschäftigungsverhältnis voraussetzt, an dem es jedoch, wie bereits oben gezeigt, gerade fehlt. Eine Gleichstellungsregelung analog § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III sehen die §§ 340 ff. SGB III nicht vor.
Lässt sich aber ein Bemessungszeitraum - von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt - innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmen, wie hier, nicht feststellen, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 132 Abs. 1 SGB III).
Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat (§ 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Dabei ist zugrunde zu legen für Beschäftigungen, die eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße (§ 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III).
Dass die Beklagte ihre Vermittlungsbemühungen bezüglich des Klägers in erster Linie auf die Tätigkeit als Hochbaufacharbeiter beziehungsweise entsprechende Tätigkeiten zu richten hat, weil der Berufsausbildung für die in Betracht kommenden Tätigkeiten regelmäßig, wie hier, das entscheidende Gewicht zukommt (vgl. Coseriu/Jakob in NK-SGB III, 3. Aufl. 2008, § 132 Rz. 14ff.), ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.
Diese Beschäftigungen entsprechen der Qualifikationsstufe 3, die dann maßgeblich ist, wenn die Beschäftigung eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordert (vgl. § 132 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB III). So ist es hier. Denn der Kläger verfügt über eine abgeschlossene Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit zweijähriger Regelausbildungsdauer (vgl. §§ 4, 5 Berufsbildungsgesetz), wobei der notwendige Ausbildungsstand aber auch durch einen mindestens zweijährigen gleichwertigen Bildungsgang an einer Berufsfachschule oder ähnlichen berufsbildenden Schule als Vollzeitschule zur Erlangung der vollen Berufsausübung erlangt werden kann (vgl. Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, § 132 Rn. 41, Stand: Januar 2006).
Infolgedessen hat die Beklagte der Berechnung des Arbeitslosengeldes ein tägliches (vgl. § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III) Bemessungsentgelt bzw. Arbeitsentgelt in Höhe von 65,33 EUR zugrunde zu legen (Bezugsgröße (West) 2006: 29.400,00 Euro: 450; Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 2006 vom 21. Dezember 2005, BGBl. I S. 3627). Die Heranziehung der Bezugsgröße West ergibt sich daraus, dass sich der Kläger für Beschäftigungen im gesamten Bundesgebiet zur Verfügung gestellt hat (vgl. BSG SozR 4100 § 112 Nr. 42) und nach § 408 Nr. 1 SGB III für das in Art. 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet die Bezugsgröße Ost (nur) herangezogen werden muss, soweit Vorschriften des SGB III an die Bezugsgröße anknüpfen und der Beschäftigungsort im Beitrittsgebiet liegt.
Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III deshalb verfassungswidrig sein könnte, weil Facharbeitern Arbeitslosengeld (pauschal) nur auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts unterhalb der jeweils maßgeblichen Bezugsgröße (vgl. § 18 Abs. 1 SGB IV, Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr) zugestanden wird. Denn der Gesetzgeber hat insbesondere im Rahmen der fiktiven Bemessung von Sozialleistungen einen weiten Gestaltungsspielraum.
Inwieweit eine Besserstellung von Auszubildenden in außerbetrieblichen Einrichtungen gegenüber solchen in betrieblicher Ausbildung eintreten könnte, gilt es in diesem Zusammenhang nicht zu bewerten.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung der Vorschrift des § 193 Abs. 1 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG).
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