Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 RA 757/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 R 3497/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, die Zeit vom 30.10.1978 bis 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem Nr. 1 (Zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz) der Anlage 1 zum AAÜG festzustellen.
Die 1938 geborene Klägerin absolvierte von 1952 bis 1955 eine Ausbildung als Bauzeichnerin im Büro für Städtebau und Architektur H ... Daran anschließend war sie im gleichen Betrieb bis 1962 als Bauzeichnerin beschäftigt. Ab dem 24.08.1970 arbeitete sie dort wieder als Sachbearbeiterin. Von September 1974 bis Oktober 1978 absolvierte sie neben ihrer Berufstätigkeit ein Fernstudium an der Ingenieursschule für Bauwesen L., das sie mit dem Titel "Ingenieurökonom der Bauindustrie" am 30.10.1978 erfolgreich abschloss. In der Folgezeit war sie als Ingenieur für Städteplanung beim Büro für Städtebau und Architektur H. bis zu dessen Auflösung am 30.06.1991 beschäftigt. Auf ihren Antrag vom 10.02.1992 bewilligte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 24.02.1993 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01.01.1992.
Am 19.06.2002 beantragte die Klägerin die Feststellung der Beschäftigungszeit vom 30.10.1978 bis 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG. Hierzu führte sie aus, das Büro für Städtebau und Architektur sei ein Konstruktionsbüro gewesen, welches sich aus dem 1951 gegründeten VEB (Z) Projektierung entwickelt habe und bis 1991 mehrmals umstrukturiert worden sei. Sie sei in diesem Büro von 1952 bis 1991 beschäftigt gewesen. Die Zeit, in der sie wegen Betreuung ihrer drei Kinder ausgesetzt habe, sei als Zeit der Betriebszugehörigkeit anerkannt worden.
Mit Bescheid vom 15.10.2002 lehnte die Beklagte den Antrag ab mit der Begründung, eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG sei nicht entstanden. Es habe weder eine positive Versorgungszusage (Anwartschaft) zu Zeiten der DDR vorgelegen noch sei zum Zeitpunkt der Schließung der Zusatzversorgungssysteme am 30.06.1990 eine Beschäftigung ausgeübt worden, die - aus bundesrechtlicher Sicht - dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen sei. Das AAÜG sei nicht anwendbar.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein mit der Begründung, es sei zwar richtig, dass ihr zu Zeiten der DDR keine Versorgungszusage erteilt worden sei. Sie habe jedoch im maßgeblichen Zeitraum eine Beschäftigung ausgeübt, die dem Kreis der Versorgungsberechtigten zuzuordnen sei. So habe auch das Bundessozialgericht entschieden, dass Ingenieurökonomen die Zusatzrente bekämen, weil sie zum "ingenieurtechnischen Personal" der DDR zählten. Sie habe am 30.06.1990, wie auch in den Jahren zuvor, beim Büro für Städtebau und Architektur des Bezirkes H. die Tätigkeit eines technischen Ingenieurs ausgeübt. Ihre Tätigkeit habe die Vorbereitung und Durchführung der generellen Planung (analog der Flächennutzungsplanung des Bau-GB) umfasst. Das Büro für Städtebau und Architektur des Bezirkes H. sei bis 1990 ein dem Rat des Bezirkes H. zugeordnetes Projektierungs- und Konstruktionsbüro gewesen, welches als warenproduzierende Einheit im Rahmen der gesellschaftlichen Arbeitsteilung durch die beschäftigten Ingenieure für Hochbau, Stadtplanung, Vermessung und Ökonomie ingenieurtechnische Leistungen auf dem Gebiet des Wohnungs- und Gesellschaftsbaues sowie der Stadtplanung als Vorstufe für die sich anschließende materielle Bauproduktion im Bezirk H. zu erbringen gehabt habe. Die Tätigkeit des Büros sei damit unmittelbar wirtschaftlicher Natur gewesen, deshalb könne seine Tätigkeit anderen rechtlich eigenständigen oder in den volkseigenen Produktionsbetrieben wirkenden Projektierungs- und Konstruktionsbüros gleichgestellt werden. Zu keinem Zeitpunkt hätten die Mitarbeiter Zugang zu dem Lohn- und Gehaltssystem der hauptamtlichen Mitarbeiter des Staatsapparates sowie zu deren freiwilliger zusätzlicher Altersversorgung gehabt. Das Büro für Städtebau und Architektur des Bezirkes H. habe dem Lohn- und Gehaltssystem der Volkswirtschaft unterlegen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.02.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie u.a. aus, die Klägerin sei weder in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen noch habe sie Anspruch auf eine Versorgungszusage gehabt. Beim Büro für Städtebau und Architektur des Bezirkes H. habe es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) gehandelt, es sei auch kein im Sinne von § 1 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung vom 24.05.1951 einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellter Betrieb gewesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 24.03.2003 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, das Büro für Städtebau und Architektur des Bezirkes H.s sei unmittelbar eine warenproduzierende Einheit im Rahmen der gesellschaftlichen Arbeitsteilung gewesen, es sei ein organisatorischer Bestandteil des Bauwesens im Bezirk H. gewesen. Seine Tätigkeit sei damit unmittelbar wirtschaftlicher Natur gewesen. Eine Gleichstellung mit volkseigenen Betrieben ergebe sich auch daraus, dass einige Mitarbeiter des Büros vor dem 30.06.1990 Versorgungszusagen erhalten hätten und bei weiteren Mitarbeitern die Beschäftigungszeit als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem anerkannt worden sei. Im Wege der Gleichbehandlung sei dies auch bei ihr anzuerkennen. Auf Anfrage des SG teilte sie mit, ihre ehemaligen Arbeitskollegen, bei denen die Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz anerkannt worden sei, seien mit der Beiziehung ihrer Akten vom Versorgungsträger nicht einverstanden.
Die Klägerin hat weiter vorgetragen, das Büro für Städtebau und Architektur des Bezirkes H. sei ein eigenständiger, dem Ministerium für Bauwesen unterstellter Betrieb gewesen. Der Betrieb habe nicht dem Rat der Stadt H. unterstanden oder sei diesem angeschlossen gewesen, es habe sich vielmehr um ein eigenständiges Büro für Städtebau und Architektur gehandelt, das aus einem VEB hervorgegangen sei. Sie hat weiter eine Kopie ihres Arbeitsvertrages vom 24.08.1970 vorgelegt, wonach sie ab dem 24.08.1970 als Städtebaugraphikerin beim Büro für Städtebau und Architektur des Bezirkes H. mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 25 Stunden beschäftigt war.
Das Regierungspräsidium H. hat unter dem 30.12.2003 mitgeteilt, es habe am 10.01.1992 von der SALEG (Sachsen-Anhaltinische Landesentwicklungsgesellschaft mbH H.) die Sachakten bzw. Rechnungsunterlagen des Büros für Städtebau und Architektur des Bezirks H. übernommen. In seinem Archivbestand befänden sich lediglich noch die Personal- bzw. Gehaltsunterlagen. Die übrigen Unterlagen seien am 10.04.1995 dem Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt übergeben worden. Aus den Personal- bzw. Gehaltsunterlagen sei eine Aussage über eine mögliche Gleichstellung mit einem volkseigenen Produktionsbetrieb und somit zur Zugehörigkeit zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz nicht möglich. Das Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt Abteilung M. hat mit Schreiben vom 26.01.2004 mitgeteilt, trotz umfangreicher und intensiver Nachforschungen hätten keine Unterlagen des Büros für Städtebau und Architektur H. ermittelt werden können, aus denen die Betriebsform hervorgehe. Auch die Durchsicht der Beschlüsse des Rates des Bezirkes H. sei negativ verlaufen. Weitere Unterlagen lägen evtl. im Bundesarchiv vor, wo u.a. die Unterlagen des Ministeriums für Bauwesen verwahrt seien. Das Bundesarchiv hat unter dem 18.02.2004 mitgeteilt, es sei die im Bestand DP 1 Ministerium der Justiz überlieferte Kartei überprüft worden, die Wirtschaftseinheiten ausweise, die beim Zentralen Staatlichen Vertragsgericht der DDR im Register der volkseigenen Wirtschaft registriert gewesen seien. Das Büro für Städtebau und Architektur des Bezirkes H. habe in diesen Unterlagen nicht ermittelt werden können. Weitere Recherchen zum Register der volkseigenen Wirtschaft müssten bei der Überlieferung der Bezirksvertragsgerichte ansetzen, da diesen die eigentliche Führung des Registers mit den dazugehörigen Nachweisen oblegen habe. Das Amtsgericht H.-Saalkreis - Registergericht - hat am 05.03.2004 mitgeteilt, die Eintragung der angegeben Firma sei im Handelsregister nicht zu ermitteln.
Mit Urteil vom 27.05.2004 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, es habe kein Nachweis geführt werden können, dass die Klägerin als Ingenieurin zum zusatzversorgungsberechtigten Personenkreis nach Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG während ihrer Tätigkeit im Büro für Städtebau und Architektur des Bezirkes H. gehört habe. Sie habe zwar eine Tätigkeit als Ingenieurin ausgeübt, die der technischen Intelligenz zuzurechnen sei. Sie sei jedoch weder in der DDR in ein Zusatzversorgungssystem einbezogen gewesen noch liege eine wirksame Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung vor, die ihr zum 01.08.1991 eine Versorgungsberechtigung zuerkenne. Ihr stehe auch keine fiktive Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG zu. Sie unterfalle dem Kernbereich dieser Vorschrift schon deshalb nicht, weil sie in der DDR niemals in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen sei. Es habe auch kein fiktiver bundesrechtlicher Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage bestanden. Dieser setze nämlich voraus, dass der Arbeitgeber ein volkseigener Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder ein einem solchen Betrieb durch § 1 Abs. 2 der Zweiten DB gleichgestellter Betrieb gewesen sei. Hiervon seien zwar auch Konstruktionsbüros erfasst. Der Arbeitgeber der Klägerin sei jedoch kein Konstruktionsbüro gewesen. Diese seien nur dann mit umfasst, wenn sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Produktion eines Baubetriebes tätig würden, also die Vorarbeiten für die Erstellung von Gebäuden und anderen Bauwerken unmittelbar leiteten. Ein Büro, dessen Aufgabe in der Stadtplanung und Erstellung von Flächennutzungsplänen bestehe, habe diesen unmittelbaren Zusammenhang zu einem VEB-Produktionsbetrieb des Bauwesens nicht, sondern erarbeite lediglich die Grundlagen für städtebauliche Entwicklung und deren Gestaltung, ohne dass diese unmittelbar zu konkreten Bauvorhaben führten und deren Herstellung konkret vorbereiteten. Es fehle damit der unmittelbare Bezug zu VEB-Produktionsbetrieben der Bauwirtschaft. Auch die Tatsache, dass das Büro ursprünglich aus dem VEB (Z) Projektierung Sachsen-Anhalt H. hervorgegangen sei, reiche für eine Gleichstellung nicht aus, zumal es 1968 aus dem VEB H.-Projekt ausgegliedert und gleichzeitig die Hochbauprojektierung als zusätzlicher Betrieb zum VEB-Wohnungsbaukombinat H. als Abteilung Projektierung entstanden sei.
Gegen das am 04.08.2004 zur Post gegebene Urteil hat die Klägerin am 18.08.2004 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, das Büro für Städtebau und Architektur des Bezirks H. habe auch unmittelbar konkrete Bauvorhaben ausgeführt wie z.B. das Rathaus H.-N., Wohnblöcke in F., A., S. und anderen Städten und Dörfern sowie einzelne Gebäude als Lückenschließungen in den historischen Bereichen der Kreisstädte. Es habe weiter z.B. den Bau von Erschließungsstraßen und Versorgungsleitungen unmittelbar und konkret vorbereitet sowie die Stellung und die einzusetzenden Typenprodukte der Wohnblöcke festgelegt. Augenscheinlich seien im Einigungsvertrag Fehler bzw. Fehlinterpretationen entstanden und es sei einfach versäumt worden, z.B. die Büros für Städtebau in der ehemaligen DDR bei der Erfassung in der Zweiten Durchführungsbestimmung als gleichgestellte Konstruktionsbüros in das AAÜG aufzunehmen.
Mit Bescheid vom 11.12.2007 hat die Beklagte den Antrag der Klägerin, die Beschäftigungszeit vom 01.09.1952 bis 01.09.1962 und vom 24.08.1970 bis 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 19 (zusätzliche Altersversorgung der hauptamtlichen Mitarbeiter des Staatsapparates) der Anlage 1 zum AAÜG abgelehnt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. Mai 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2003 aufzuheben und die Zeit vom 1. November 1978 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem nach Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG anzuerkennen und diese nach dem AAÜG zu überführen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. In der DDR habe es neben den betrieblichen Konstruktionsbüros juristisch und ökonomisch selbständige zentrale Entwicklungs- und Konstruktionsbüros gegeben. Diese seien als solche richtig und grundsätzlich auch so bezeichnet worden. Ihr Hauptzweck sei der Entwurf und die Berechnung von Einzelteilen gewesen. Der streitgegenständliche Betrieb sei diesen nicht zuzuordnen. Die Erarbeitung von Grundlagen für die städtebauliche Entwicklung und deren Gestaltung, wie sie im Betrieb, in dem die Klägerin gearbeitet habe, durchgeführt worden sei, entspreche nicht den für die Zuordnung zur Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG erforderlichen Vorgaben.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Gegenstand des Verfahrens ist lediglich der Bescheid vom 15.10.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.02.2003. Der Bescheid vom 11.12.2007 ist nicht Gegenstand des Verfahrens gemäß § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) geworden. Dieser Bescheid betrifft zum einen andere Zeiten, zum anderen eine andere Rechtsgrundlage hinsichtlich der geltend gemachten Zugehörigkeit zur Zusatzversorgung nach dem AAÜG.
Auch die Rentenbescheide (zuletzt Rentenbescheid vom 16.06.2008) sind nicht Gegenstand des Verfahrens gem. § 96 SGG geworden, weil der Rentenbescheid den Feststellungsbescheid nach § 8 AAÜG nicht ersetzt (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 07.05.2008 - L 1 RA 91/05).
Die Berufung gegen das Urteil des SG ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zurecht die Feststellung der Beschäftigungszeit vom 01.11.1978 bis 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG abgelehnt.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 01.08.1991 bestanden haben. Die Klägerin war am 30.06.1990 nicht einbezogen und ist auch nicht in der Folgezeit aufgrund originären Bundesrechts einbezogen worden. Nach der erweiternden verfassungskonformen Auslegung durch das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 10.04.2002 - B 4 RA 10/02 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 5) ist bei Personen, die am 30.06.1990 nicht einbezogen waren und auch nicht nachfolgend aufgrund originären Bundesrechts einbezogen wurden, zu prüfen, ob die nicht Einbezogenen aus der Sicht des am 01.08.1991 gültigen Bundesrechts nach der am 30.06.1990 gegebenen Sachlage einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (BSG a.a.O.). Dieser fiktive bundesrechtliche Anspruch auf Erteilung einer Zusage im Bereich der AVI Tech hängt gemäß § 1 der VO-AVI Tech vom 17. August 1950 (GBl S. 844) und § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVI Tech vom 24. Mai 1951 (GBl S. 487) von drei Voraussetzungen ab. Dieses System war eingerichtet für
1. Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und 2. die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar 3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB) oder einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Die Klägerin erfüllt zwar die persönliche und die sachliche Voraussetzung. Sie war berechtigt, die Berufsbezeichnung Ingenieurökonom zu führen und hat auch eine dieser Qualifikation entsprechende Tätigkeit ausgeübt.
Die betriebliche Voraussetzung ist jedoch nicht nachgewiesen. Die Zuordnung eines bestimmten Betriebs zur industriellen Produktion (bzw. zum Bauwesen) oder zu einem anderen Bereich der Volkswirtschaft hängt entscheidend davon ab, welche Aufgabe dem Betrieb das Gepräge gegeben hat. Hierfür kommt es maßgeblich auf die tatsächlichen Verhältnisse des jeweiligen Betriebes an (BSG, Urteil vom 10.04.2002, a.a.O.). Hauptzweck des Beschäftigungsbetriebes muss die industrielle (serienmäßig wiederkehrende) Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation von Sachgütern bzw. die Errichtung (Massenproduktion) von baulichen Anlagen gewesen sein (BSG, Urteil vom 18.12.2003, B 4 RA 14/03 R; Urteil vom 08.06.2004, B 4 RA 57/03 R; Urteil vom 10.04.2002, B 4 RA 10/02 R, alle in juris).
Der Nachweis, dass das Büro für Städtebau und Architektur des Bezirkes H., bei welchem die Klägerin im streitigen Zeitraum beschäftigt war, ein Produktionsbetrieb in diesem Sinne war, konnte nicht geführt werden. Der Betrieb des Arbeitgebers wurde 1991 aufgelöst, so dass dieser nicht mehr befragt werden konnte. Die Ermittlungen des SG beim Regierungspräsidium H., beim Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, beim Bundesarchiv und dem Amtsgericht H.-Saalkreis haben keine weiterführenden Erkenntnisse ergeben. Gegen die Qualifizierung als Produktionsbetrieb spricht die von der Klägerin vorgelegte "Gründungsgeschichte des Büros für Städtebau und Architektur des Bezirkes H.". Nachdem danach im Jahr 1965 das Büro für Städtebau H. und der VEB Hochbauprojektierung zum VEB H.-Projekt zusammengelegt worden waren, erfolgte zum 01.01.1968 wieder eine Aufgliederung in zwei selbständige Betriebe. Die Stadtplanung wurde ausgegliedert und dem Büro für Städtebau und Architektur des Bezirkes H. zugewiesen. Die Hochbauprojektierung wurde ausgegliedert und dem VEB Wohnungsbaukombinat H. als Abteilung Projektierung zugewiesen. Schon hieraus ist ersichtlich, dass die tatsächliche Projektbetreuung nicht dem Büro für Städtebau und Architektur oblag, das vielmehr mit der Stadtplanung befasst war.
Auch in der Arbeitsbescheinigung vom 28.05.1991 hat der damalige Arbeitgeber angegeben, die Klägerin sei als Mitarbeiterin in der Stadtplanung und Bauökonomie beschäftigt gewesen. Damit war sie nicht in der unmittelbaren Herstellung von baulichen Anlagen tätig. Auch im Antrag auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften hat die Klägerin angegeben, als Mitarbeiterin bei der Stadtplanung und Bauökonomie tätig gewesen zu sein.
Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass nach dem Vortrag der Klägerin das Büro bei einzelnen Bauvorhaben auch direkt bei der Errichtung von baulichen Anlagen beteiligt war. Hierbei handelte es sich nämlich auch nach dem klägerischen Vortrag um einzelne bauliche Maßnahmen, durch die die Tätigkeit des Büros nicht insgesamt geprägt war. Maßgeblich ist nämlich, ob die Produktionstätigkeit auf dem Gebiet des Bauwesens dem Betrieb das Gepräge gegeben hat, ob diese also überwiegend und vorherrschend war (BSG, Urteil vom 10.04.2002, a.a.O.). Schließlich ist auch unbeachtlich, ob bei einzelnen früheren Mitarbeitern des Arbeitgebers Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Sonderversorgungssystem festgestellt worden sind. Einen Anspruch auf Feststellung eigener Zeiten kann die Klägerin hieraus nicht ableiten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, die Zeit vom 30.10.1978 bis 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem Nr. 1 (Zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz) der Anlage 1 zum AAÜG festzustellen.
Die 1938 geborene Klägerin absolvierte von 1952 bis 1955 eine Ausbildung als Bauzeichnerin im Büro für Städtebau und Architektur H ... Daran anschließend war sie im gleichen Betrieb bis 1962 als Bauzeichnerin beschäftigt. Ab dem 24.08.1970 arbeitete sie dort wieder als Sachbearbeiterin. Von September 1974 bis Oktober 1978 absolvierte sie neben ihrer Berufstätigkeit ein Fernstudium an der Ingenieursschule für Bauwesen L., das sie mit dem Titel "Ingenieurökonom der Bauindustrie" am 30.10.1978 erfolgreich abschloss. In der Folgezeit war sie als Ingenieur für Städteplanung beim Büro für Städtebau und Architektur H. bis zu dessen Auflösung am 30.06.1991 beschäftigt. Auf ihren Antrag vom 10.02.1992 bewilligte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 24.02.1993 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01.01.1992.
Am 19.06.2002 beantragte die Klägerin die Feststellung der Beschäftigungszeit vom 30.10.1978 bis 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG. Hierzu führte sie aus, das Büro für Städtebau und Architektur sei ein Konstruktionsbüro gewesen, welches sich aus dem 1951 gegründeten VEB (Z) Projektierung entwickelt habe und bis 1991 mehrmals umstrukturiert worden sei. Sie sei in diesem Büro von 1952 bis 1991 beschäftigt gewesen. Die Zeit, in der sie wegen Betreuung ihrer drei Kinder ausgesetzt habe, sei als Zeit der Betriebszugehörigkeit anerkannt worden.
Mit Bescheid vom 15.10.2002 lehnte die Beklagte den Antrag ab mit der Begründung, eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG sei nicht entstanden. Es habe weder eine positive Versorgungszusage (Anwartschaft) zu Zeiten der DDR vorgelegen noch sei zum Zeitpunkt der Schließung der Zusatzversorgungssysteme am 30.06.1990 eine Beschäftigung ausgeübt worden, die - aus bundesrechtlicher Sicht - dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen sei. Das AAÜG sei nicht anwendbar.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein mit der Begründung, es sei zwar richtig, dass ihr zu Zeiten der DDR keine Versorgungszusage erteilt worden sei. Sie habe jedoch im maßgeblichen Zeitraum eine Beschäftigung ausgeübt, die dem Kreis der Versorgungsberechtigten zuzuordnen sei. So habe auch das Bundessozialgericht entschieden, dass Ingenieurökonomen die Zusatzrente bekämen, weil sie zum "ingenieurtechnischen Personal" der DDR zählten. Sie habe am 30.06.1990, wie auch in den Jahren zuvor, beim Büro für Städtebau und Architektur des Bezirkes H. die Tätigkeit eines technischen Ingenieurs ausgeübt. Ihre Tätigkeit habe die Vorbereitung und Durchführung der generellen Planung (analog der Flächennutzungsplanung des Bau-GB) umfasst. Das Büro für Städtebau und Architektur des Bezirkes H. sei bis 1990 ein dem Rat des Bezirkes H. zugeordnetes Projektierungs- und Konstruktionsbüro gewesen, welches als warenproduzierende Einheit im Rahmen der gesellschaftlichen Arbeitsteilung durch die beschäftigten Ingenieure für Hochbau, Stadtplanung, Vermessung und Ökonomie ingenieurtechnische Leistungen auf dem Gebiet des Wohnungs- und Gesellschaftsbaues sowie der Stadtplanung als Vorstufe für die sich anschließende materielle Bauproduktion im Bezirk H. zu erbringen gehabt habe. Die Tätigkeit des Büros sei damit unmittelbar wirtschaftlicher Natur gewesen, deshalb könne seine Tätigkeit anderen rechtlich eigenständigen oder in den volkseigenen Produktionsbetrieben wirkenden Projektierungs- und Konstruktionsbüros gleichgestellt werden. Zu keinem Zeitpunkt hätten die Mitarbeiter Zugang zu dem Lohn- und Gehaltssystem der hauptamtlichen Mitarbeiter des Staatsapparates sowie zu deren freiwilliger zusätzlicher Altersversorgung gehabt. Das Büro für Städtebau und Architektur des Bezirkes H. habe dem Lohn- und Gehaltssystem der Volkswirtschaft unterlegen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.02.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie u.a. aus, die Klägerin sei weder in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen noch habe sie Anspruch auf eine Versorgungszusage gehabt. Beim Büro für Städtebau und Architektur des Bezirkes H. habe es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) gehandelt, es sei auch kein im Sinne von § 1 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung vom 24.05.1951 einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellter Betrieb gewesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 24.03.2003 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, das Büro für Städtebau und Architektur des Bezirkes H.s sei unmittelbar eine warenproduzierende Einheit im Rahmen der gesellschaftlichen Arbeitsteilung gewesen, es sei ein organisatorischer Bestandteil des Bauwesens im Bezirk H. gewesen. Seine Tätigkeit sei damit unmittelbar wirtschaftlicher Natur gewesen. Eine Gleichstellung mit volkseigenen Betrieben ergebe sich auch daraus, dass einige Mitarbeiter des Büros vor dem 30.06.1990 Versorgungszusagen erhalten hätten und bei weiteren Mitarbeitern die Beschäftigungszeit als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem anerkannt worden sei. Im Wege der Gleichbehandlung sei dies auch bei ihr anzuerkennen. Auf Anfrage des SG teilte sie mit, ihre ehemaligen Arbeitskollegen, bei denen die Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz anerkannt worden sei, seien mit der Beiziehung ihrer Akten vom Versorgungsträger nicht einverstanden.
Die Klägerin hat weiter vorgetragen, das Büro für Städtebau und Architektur des Bezirkes H. sei ein eigenständiger, dem Ministerium für Bauwesen unterstellter Betrieb gewesen. Der Betrieb habe nicht dem Rat der Stadt H. unterstanden oder sei diesem angeschlossen gewesen, es habe sich vielmehr um ein eigenständiges Büro für Städtebau und Architektur gehandelt, das aus einem VEB hervorgegangen sei. Sie hat weiter eine Kopie ihres Arbeitsvertrages vom 24.08.1970 vorgelegt, wonach sie ab dem 24.08.1970 als Städtebaugraphikerin beim Büro für Städtebau und Architektur des Bezirkes H. mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 25 Stunden beschäftigt war.
Das Regierungspräsidium H. hat unter dem 30.12.2003 mitgeteilt, es habe am 10.01.1992 von der SALEG (Sachsen-Anhaltinische Landesentwicklungsgesellschaft mbH H.) die Sachakten bzw. Rechnungsunterlagen des Büros für Städtebau und Architektur des Bezirks H. übernommen. In seinem Archivbestand befänden sich lediglich noch die Personal- bzw. Gehaltsunterlagen. Die übrigen Unterlagen seien am 10.04.1995 dem Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt übergeben worden. Aus den Personal- bzw. Gehaltsunterlagen sei eine Aussage über eine mögliche Gleichstellung mit einem volkseigenen Produktionsbetrieb und somit zur Zugehörigkeit zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz nicht möglich. Das Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt Abteilung M. hat mit Schreiben vom 26.01.2004 mitgeteilt, trotz umfangreicher und intensiver Nachforschungen hätten keine Unterlagen des Büros für Städtebau und Architektur H. ermittelt werden können, aus denen die Betriebsform hervorgehe. Auch die Durchsicht der Beschlüsse des Rates des Bezirkes H. sei negativ verlaufen. Weitere Unterlagen lägen evtl. im Bundesarchiv vor, wo u.a. die Unterlagen des Ministeriums für Bauwesen verwahrt seien. Das Bundesarchiv hat unter dem 18.02.2004 mitgeteilt, es sei die im Bestand DP 1 Ministerium der Justiz überlieferte Kartei überprüft worden, die Wirtschaftseinheiten ausweise, die beim Zentralen Staatlichen Vertragsgericht der DDR im Register der volkseigenen Wirtschaft registriert gewesen seien. Das Büro für Städtebau und Architektur des Bezirkes H. habe in diesen Unterlagen nicht ermittelt werden können. Weitere Recherchen zum Register der volkseigenen Wirtschaft müssten bei der Überlieferung der Bezirksvertragsgerichte ansetzen, da diesen die eigentliche Führung des Registers mit den dazugehörigen Nachweisen oblegen habe. Das Amtsgericht H.-Saalkreis - Registergericht - hat am 05.03.2004 mitgeteilt, die Eintragung der angegeben Firma sei im Handelsregister nicht zu ermitteln.
Mit Urteil vom 27.05.2004 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, es habe kein Nachweis geführt werden können, dass die Klägerin als Ingenieurin zum zusatzversorgungsberechtigten Personenkreis nach Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG während ihrer Tätigkeit im Büro für Städtebau und Architektur des Bezirkes H. gehört habe. Sie habe zwar eine Tätigkeit als Ingenieurin ausgeübt, die der technischen Intelligenz zuzurechnen sei. Sie sei jedoch weder in der DDR in ein Zusatzversorgungssystem einbezogen gewesen noch liege eine wirksame Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung vor, die ihr zum 01.08.1991 eine Versorgungsberechtigung zuerkenne. Ihr stehe auch keine fiktive Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG zu. Sie unterfalle dem Kernbereich dieser Vorschrift schon deshalb nicht, weil sie in der DDR niemals in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen sei. Es habe auch kein fiktiver bundesrechtlicher Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage bestanden. Dieser setze nämlich voraus, dass der Arbeitgeber ein volkseigener Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder ein einem solchen Betrieb durch § 1 Abs. 2 der Zweiten DB gleichgestellter Betrieb gewesen sei. Hiervon seien zwar auch Konstruktionsbüros erfasst. Der Arbeitgeber der Klägerin sei jedoch kein Konstruktionsbüro gewesen. Diese seien nur dann mit umfasst, wenn sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Produktion eines Baubetriebes tätig würden, also die Vorarbeiten für die Erstellung von Gebäuden und anderen Bauwerken unmittelbar leiteten. Ein Büro, dessen Aufgabe in der Stadtplanung und Erstellung von Flächennutzungsplänen bestehe, habe diesen unmittelbaren Zusammenhang zu einem VEB-Produktionsbetrieb des Bauwesens nicht, sondern erarbeite lediglich die Grundlagen für städtebauliche Entwicklung und deren Gestaltung, ohne dass diese unmittelbar zu konkreten Bauvorhaben führten und deren Herstellung konkret vorbereiteten. Es fehle damit der unmittelbare Bezug zu VEB-Produktionsbetrieben der Bauwirtschaft. Auch die Tatsache, dass das Büro ursprünglich aus dem VEB (Z) Projektierung Sachsen-Anhalt H. hervorgegangen sei, reiche für eine Gleichstellung nicht aus, zumal es 1968 aus dem VEB H.-Projekt ausgegliedert und gleichzeitig die Hochbauprojektierung als zusätzlicher Betrieb zum VEB-Wohnungsbaukombinat H. als Abteilung Projektierung entstanden sei.
Gegen das am 04.08.2004 zur Post gegebene Urteil hat die Klägerin am 18.08.2004 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, das Büro für Städtebau und Architektur des Bezirks H. habe auch unmittelbar konkrete Bauvorhaben ausgeführt wie z.B. das Rathaus H.-N., Wohnblöcke in F., A., S. und anderen Städten und Dörfern sowie einzelne Gebäude als Lückenschließungen in den historischen Bereichen der Kreisstädte. Es habe weiter z.B. den Bau von Erschließungsstraßen und Versorgungsleitungen unmittelbar und konkret vorbereitet sowie die Stellung und die einzusetzenden Typenprodukte der Wohnblöcke festgelegt. Augenscheinlich seien im Einigungsvertrag Fehler bzw. Fehlinterpretationen entstanden und es sei einfach versäumt worden, z.B. die Büros für Städtebau in der ehemaligen DDR bei der Erfassung in der Zweiten Durchführungsbestimmung als gleichgestellte Konstruktionsbüros in das AAÜG aufzunehmen.
Mit Bescheid vom 11.12.2007 hat die Beklagte den Antrag der Klägerin, die Beschäftigungszeit vom 01.09.1952 bis 01.09.1962 und vom 24.08.1970 bis 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 19 (zusätzliche Altersversorgung der hauptamtlichen Mitarbeiter des Staatsapparates) der Anlage 1 zum AAÜG abgelehnt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. Mai 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2003 aufzuheben und die Zeit vom 1. November 1978 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem nach Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG anzuerkennen und diese nach dem AAÜG zu überführen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. In der DDR habe es neben den betrieblichen Konstruktionsbüros juristisch und ökonomisch selbständige zentrale Entwicklungs- und Konstruktionsbüros gegeben. Diese seien als solche richtig und grundsätzlich auch so bezeichnet worden. Ihr Hauptzweck sei der Entwurf und die Berechnung von Einzelteilen gewesen. Der streitgegenständliche Betrieb sei diesen nicht zuzuordnen. Die Erarbeitung von Grundlagen für die städtebauliche Entwicklung und deren Gestaltung, wie sie im Betrieb, in dem die Klägerin gearbeitet habe, durchgeführt worden sei, entspreche nicht den für die Zuordnung zur Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG erforderlichen Vorgaben.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Gegenstand des Verfahrens ist lediglich der Bescheid vom 15.10.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.02.2003. Der Bescheid vom 11.12.2007 ist nicht Gegenstand des Verfahrens gemäß § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) geworden. Dieser Bescheid betrifft zum einen andere Zeiten, zum anderen eine andere Rechtsgrundlage hinsichtlich der geltend gemachten Zugehörigkeit zur Zusatzversorgung nach dem AAÜG.
Auch die Rentenbescheide (zuletzt Rentenbescheid vom 16.06.2008) sind nicht Gegenstand des Verfahrens gem. § 96 SGG geworden, weil der Rentenbescheid den Feststellungsbescheid nach § 8 AAÜG nicht ersetzt (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 07.05.2008 - L 1 RA 91/05).
Die Berufung gegen das Urteil des SG ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zurecht die Feststellung der Beschäftigungszeit vom 01.11.1978 bis 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG abgelehnt.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 01.08.1991 bestanden haben. Die Klägerin war am 30.06.1990 nicht einbezogen und ist auch nicht in der Folgezeit aufgrund originären Bundesrechts einbezogen worden. Nach der erweiternden verfassungskonformen Auslegung durch das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 10.04.2002 - B 4 RA 10/02 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 5) ist bei Personen, die am 30.06.1990 nicht einbezogen waren und auch nicht nachfolgend aufgrund originären Bundesrechts einbezogen wurden, zu prüfen, ob die nicht Einbezogenen aus der Sicht des am 01.08.1991 gültigen Bundesrechts nach der am 30.06.1990 gegebenen Sachlage einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (BSG a.a.O.). Dieser fiktive bundesrechtliche Anspruch auf Erteilung einer Zusage im Bereich der AVI Tech hängt gemäß § 1 der VO-AVI Tech vom 17. August 1950 (GBl S. 844) und § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVI Tech vom 24. Mai 1951 (GBl S. 487) von drei Voraussetzungen ab. Dieses System war eingerichtet für
1. Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und 2. die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar 3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB) oder einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Die Klägerin erfüllt zwar die persönliche und die sachliche Voraussetzung. Sie war berechtigt, die Berufsbezeichnung Ingenieurökonom zu führen und hat auch eine dieser Qualifikation entsprechende Tätigkeit ausgeübt.
Die betriebliche Voraussetzung ist jedoch nicht nachgewiesen. Die Zuordnung eines bestimmten Betriebs zur industriellen Produktion (bzw. zum Bauwesen) oder zu einem anderen Bereich der Volkswirtschaft hängt entscheidend davon ab, welche Aufgabe dem Betrieb das Gepräge gegeben hat. Hierfür kommt es maßgeblich auf die tatsächlichen Verhältnisse des jeweiligen Betriebes an (BSG, Urteil vom 10.04.2002, a.a.O.). Hauptzweck des Beschäftigungsbetriebes muss die industrielle (serienmäßig wiederkehrende) Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation von Sachgütern bzw. die Errichtung (Massenproduktion) von baulichen Anlagen gewesen sein (BSG, Urteil vom 18.12.2003, B 4 RA 14/03 R; Urteil vom 08.06.2004, B 4 RA 57/03 R; Urteil vom 10.04.2002, B 4 RA 10/02 R, alle in juris).
Der Nachweis, dass das Büro für Städtebau und Architektur des Bezirkes H., bei welchem die Klägerin im streitigen Zeitraum beschäftigt war, ein Produktionsbetrieb in diesem Sinne war, konnte nicht geführt werden. Der Betrieb des Arbeitgebers wurde 1991 aufgelöst, so dass dieser nicht mehr befragt werden konnte. Die Ermittlungen des SG beim Regierungspräsidium H., beim Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, beim Bundesarchiv und dem Amtsgericht H.-Saalkreis haben keine weiterführenden Erkenntnisse ergeben. Gegen die Qualifizierung als Produktionsbetrieb spricht die von der Klägerin vorgelegte "Gründungsgeschichte des Büros für Städtebau und Architektur des Bezirkes H.". Nachdem danach im Jahr 1965 das Büro für Städtebau H. und der VEB Hochbauprojektierung zum VEB H.-Projekt zusammengelegt worden waren, erfolgte zum 01.01.1968 wieder eine Aufgliederung in zwei selbständige Betriebe. Die Stadtplanung wurde ausgegliedert und dem Büro für Städtebau und Architektur des Bezirkes H. zugewiesen. Die Hochbauprojektierung wurde ausgegliedert und dem VEB Wohnungsbaukombinat H. als Abteilung Projektierung zugewiesen. Schon hieraus ist ersichtlich, dass die tatsächliche Projektbetreuung nicht dem Büro für Städtebau und Architektur oblag, das vielmehr mit der Stadtplanung befasst war.
Auch in der Arbeitsbescheinigung vom 28.05.1991 hat der damalige Arbeitgeber angegeben, die Klägerin sei als Mitarbeiterin in der Stadtplanung und Bauökonomie beschäftigt gewesen. Damit war sie nicht in der unmittelbaren Herstellung von baulichen Anlagen tätig. Auch im Antrag auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften hat die Klägerin angegeben, als Mitarbeiterin bei der Stadtplanung und Bauökonomie tätig gewesen zu sein.
Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass nach dem Vortrag der Klägerin das Büro bei einzelnen Bauvorhaben auch direkt bei der Errichtung von baulichen Anlagen beteiligt war. Hierbei handelte es sich nämlich auch nach dem klägerischen Vortrag um einzelne bauliche Maßnahmen, durch die die Tätigkeit des Büros nicht insgesamt geprägt war. Maßgeblich ist nämlich, ob die Produktionstätigkeit auf dem Gebiet des Bauwesens dem Betrieb das Gepräge gegeben hat, ob diese also überwiegend und vorherrschend war (BSG, Urteil vom 10.04.2002, a.a.O.). Schließlich ist auch unbeachtlich, ob bei einzelnen früheren Mitarbeitern des Arbeitgebers Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Sonderversorgungssystem festgestellt worden sind. Einen Anspruch auf Feststellung eigener Zeiten kann die Klägerin hieraus nicht ableiten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved