Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AS 5806/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 866/09 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die Beschwerden gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 20.01.2009 werden zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes noch die Gewährung höherer Kosten der Unterkunft nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Streit.
Die Beschwerdeführer (Bf.) - die 1970 geborene Mutter als Bf. zu 1. und ihre beiden 2001 und 2007 geborenen Kinder, die Bf. zu 2. und 3. - beantragten bei der Beschwerdegegnerin (Bg.) während des Leistungsbezugs nach dem SGB II am 18.07.2008 eine abstrakte Kostenzusage für den Umzug in eine größere Wohnung. Zu diesem Zeitpunkt bewohnten die Bf. eine Wohnung mit einer Fläche von lediglich 44,89 qm. Mit Schreiben vom 29.07.2008 erteilte die Bg. die begehrte Zusage, welche indes auf eine maximale Kaltmiete von 421,50 EUR begrenzt wurde. Das bei dem Antrag von den Bf. vorgelegte Angebot einer Wohnung für 7,25 EUR je Quadratmeter bei 63 qm Gesamtfläche im F. R. liege über der Angemessenheitsgrenze.
Der Widerspruch gegen diese eingeschränkte Zusage wurde damit begründet, dass die bisherige Wohnung unzumutbar klein sei. Die von der Bg. genannte Mietobergrenze sei viel zu niedrig angesetzt, weil zu den genannten Quadratmeterpreisen nachweislich in F. kein Wohnraum zur Verfügung stehe. Außerdem benötige der Bf. zu 2. nach seiner Einschulung ein eigenes Zimmer.
Die Bg. wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16.09.2008 als unbegründet zurück. Der akzeptierte Mietpreis liege sogar geringfügig über dem Durchschnitt aller Wohnungsmieten für vergleichbare Wohnungen in F ...
Nach dem Umzug in ihre neue Wohnung am 15.09.2008 legten die Bf. am 20.10.2008 ihren neuen Mietvertrag vor. Danach schulden sie monatlich für eine Wohnfläche von 63,65 qm eine Kaltmiete von 485 EUR zuzüglich einer Betriebskostenvorauszahlung von 56 EUR und einer Heizkostenvorauszahlung von 58 EUR. Hinzu kommt noch eine monatliche Stellplatzmiete für 15 EUR (614 EUR monatlich insgesamt).
Am 18.11.2008 haben die Bf. beim Sozialgericht Freiburg die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt; von den hiermit ursprünglich verfolgten Anträgen wird im Beschwerdeverfahren nur noch der Antrag auf die Gewährung monatlich höherer Unterkunftskosten geltend gemacht.
Mit Änderungsbescheiden vom 24.11.2008 gewährte die Bg. die Kosten der Unterkunft entsprechend der in ihrem Schreiben vom 29.07.2008 enthaltenen Begrenzung (insgesamt 537,89 EUR). Das SG hat die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 20.01.2009 insoweit mit der Begründung abgelehnt, dass die Aufwendungen der Bf. für ihre neue Wohnung nach summarischer Prüfung unangemessen hoch seien. Angemessen sei vorliegend bei drei Personen eine Wohnfläche von 75 qm (unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B /b AS 10/06 R -). Ausgehend vom aktuellen Mietspiegel der Stadt F. für das Jahr 2007 habe die Bg. bei summarischer Prüfung zu Recht einen angemessenen Quadratmeterpreis von 5,62 EUR zugrunde gelegt. Dieser Wert ergebe sich für die den Bf. zumutbaren einfachen Wohnungen der Baujahre 1949 bis 1960 mit einfacher Ausstattung und ohne Balkon. Der Quadratmeterpreis sei auch überzeugend, weil für die Durchschnittswohnung dieser Größe in F. ein Basis-Quadratmeter-Preis von 6,52 EUR angegeben werde und im Hinblick auf die Zumutbarkeit von Wohnungen einfacher Ausstattung (kein Balkon, einfache Ausstattung, seit längerer Zeit keine Renovierung) jeweils Abschläge vorzunehmen seien. Da der Mietspiegel aktuell und auf der Basis der tatsächlich erhobenen Mietpreise erstellt worden sei, sei davon auszugehen, dass ein entsprechender Markt und eine entsprechende Verfügbarkeit von Wohnungen auch gegeben sei. Dies werde auch dadurch bestätigt, dass günstigerer preisgebundener Wohnraum nicht in den Mietspiegel eingeflossen sei. Die Zahlen des F. Mietspiegels würden zudem durch den "IVD Preisspiegel für Immobilien in Baden-Württemberg 2007" bestätigt. Dass die Bf. vor ihrem Umzug in einer unstreitig zu kleinen Wohnung gelebt hätten, rechtfertige kein anderes Ergebnis, da nach der grundsätzlich anzunehmenden Verfügbarkeit angemessener Wohnungen die Möglichkeit bestanden hätte, eine solche angemessene Wohnung anzumieten.
Am 19.02.2009 haben die Bevollmächtigten der Bf. beim SG Beschwerde eingelegt, mit der sie die Verpflichtung der Bg. zur Tragung der Unterkunftskosten in der tatsächlich anfallenden Höhe beantragen. Sie machen zahlreiche methodische Einwände gegen die Erhebung des F. Mietspiegels geltend, die im Ergebnis dazu führten, dass dieser die tatsächlich in der Stadt F. verlangten Wohnungsmieten nicht abbilde. Insbesondere sei im Sektor der den Bf. angemessenen Wohnungen eine zu kleine Anzahl von vermieteten Wohnungen in den Mietspiegel eingeflossen, bei der auf dem F. Mietmarkt mit seiner extrem hohen Nachfrage nicht davon ausgegangen werden könne, dass insoweit auch den Bf. die Anmietung einer solchen Wohnung möglich gewesen wäre. Außerdem sei gerade bei kleineren Wohnungen seit der Erhebung des F. Mietspiegels im Sommer 2006 eine erhebliche Preissteigerung erfolgt, so dass nunmehr Quadratmeter-Preise von 7,51 bis 9,50 EUR den Durchschnitt darstellten.
Auf Anforderung des Berichterstatters haben die Bevollmächtigten der Bf. den F. Mietspiegel aus dem Jahr 2007 und weitere Unterlagen hierzu vorgelegt.
Die Bg. beantragt die Zurückweisung der Beschwerde. Sie verweist unter anderem darauf, dass die Mietentwicklung nach der vorgelegten Gemeinderats-Drucksache G-09/040 im Bereich der Wohnungen von 65 - 77 qm bei durchweg unter 1 % liege.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Insbesondere ist auch in Verbindung mit § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG der Beschwerdewert von über 750 EUR im vorliegenden Fall der für einen streitigen Zeitraum von sechs Monaten geltend gemachten Mietdifferenz überschritten (485 EUR Kaltmiete zuzüglich 56 EUR kalte Nebenkosten zuzüglich 15 EUR Stellplatzmiete = 556 EUR Gesamtkaltmiete gegenüber der von der Bg. gebilligten Gesamtkaltmiete von 421,50 EUR).
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Streitgegenstand ist allein die Höhe der Gewährung von Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II, die insofern von der übrigen Leistungsgewährung nach dem SGB II einen abtrennbaren Streitgegenstand darstellt (BSGE 97, 217 = BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 1). Da die Leistung dem Grunde nach gewährt wird, ist streitgegenständlicher Zeitraum die Dauer der Leistungsgewährung, im Regelfall sechs Monate. Eine analoge Anwendung des § 96 Abs. 1 SGG auf Bewilligungsbescheide für Folgezeiträume im Rahmen des SGB II ist grundsätzlich nicht gerechtfertigt. Bescheide über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für Folgezeiträume werden daher - anders als im Arbeitsförderungsrecht - regelmäßig nicht in analoger Anwendung des § 96 SGG Gegenstand bereits laufender Klageverfahren (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R -).
Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag 1. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen, 2. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, 3. in den Fällen des § 86 a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Soweit ein Fall des Abs. 1 der Vorschrift nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift sieht vor, dass einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig sind, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Vorliegend kommt nur der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht. Eine Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG setzt einen Anordnungsanspruch (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) und einen Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO -). Der Anordnungsanspruch ist gegeben, wenn bei der im Verfahren gebotenen summarischen Prüfung ein Erfolg in der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich ist, wobei auch wegen der mit der einstweiligen Regelung verbundenen Vorwegnahme der Hauptsache ein strenger Maßstab anzulegen ist (Bundesverwaltungsgericht, Buchholz 310 § 123 Nr. 15). Denn grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Wegen des Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz – GG -), ist von diesem Grundsatz aber eine Abweichung dann geboten, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht wieder gutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfGE 79, 69 , 74 m.w.N.).
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird entsprechend § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden und ausführlichen Entscheidungsgründe in dem angegriffenen Beschluss des SG Bezug genommen, denen der Senat sich ausdrücklich anschließt. Mit dem Mietspiegel der Stadt F. aus dem Jahr 2007 sowie dem "IVD Preisspiegel für Immobilien in Baden-Württemberg 2007" liegen zwei umfangreiche Datenbanken vor, welche die Entscheidung der Bg. stützen. Die pauschale Behauptung der Bf., keine Wohnung zu dem angegebenen Höchstpreis finden zu können, erscheint ohne den Nachweis entsprechender Bemühungen (Vorlage von Kleinanzeigen oder Absagen durch Vermieter) nicht ausreichend, um einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen. Zudem hat die Bg. auch konkret entgegen dem Vortrag der Bevollmächtigten der Bf. nachgewiesen, dass die Mietentwicklung nach der vorgelegten Gemeinderats-Drucksache G-09/040 im Bereich der Wohnungen von 65 - 77 qm bei durchweg unter 1 % liegt.
Inwieweit demgegenüber grundsätzliche methodische Mängel des F. Mietspiegels 2007 vorliegen, ist eine schwierige Tatsachen- und Rechtsfrage, die dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss. Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung kann der Senat insoweit jedoch keine wesentlichen Mängel erkennen, da das Ergebnis des Mietspiegels auch durch den "IVD Preisspiegel für Immobilien in Baden-Württemberg 2007" bestätigt wird. Ein Anordnungsanspruch ist damit nicht glaubhaft gemacht.
Das Aufzeigen einer konkreten Unterkunftsalternative durch den Leistungsträger kann nur unterbleiben, wenn der Hilfebedürftige seiner sich aus § 22 SGB II ergebenden Pflicht, sich ernsthaft und intensiv um eine andere bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnung zu bemühen (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 05.10.2006 - L 7 AS 126/06 ER -), nicht nachgekommen ist. Denn § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II a.F. bzw. § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II n.F. normiert eine Verpflichtung des Hilfebedürftigen zu Bemühungen um eine Kostensenkung (LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19.09.2006 - L 3 ER 161/06 AS -).
Ob der Hilfebedürftige seine Obliegenheit erfüllt hat, lässt sich im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens (häufig) nicht aufklären. Deshalb ist in einem solchen Fall über den Antrag anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.02.2007 - L 8 AS 6425/06 ER-B -). Hierbei ist das Interesse des Hilfebedürftigen, bis zur Klärung der Hauptsache in seiner bisherigen Wohnung zu bleiben, grundsätzlich hoch zu bewerten. Andererseits ist vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich, dass den Bf. der Verlust der Wohnung durch die Kündigung des Vermieters drohen könnte. Die Bf. sind offenbar auch ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in der Lage, ihre derzeitigen Mietschulden zu begleichen. Zusätzlich ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die Bf. nach der Aufklärung durch die Beklagte "sehenden Auges" eine nach summarischer Prüfung unangemessene Wohnung angemietet haben, weswegen sie sich auf Vertrauensschutz oder Bestandsschutz nicht berufen können.
Eine im einstweiligen Rechtsschutzverfahren wegen des Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (Art. 19 Abs. 4 GG), stets gesondert zu prüfende unzulässige Härte (vgl. BVerfGE 79, 69 , 74 m.w.N.) kann vorliegend nicht erkannt werden. Schwere und unzumutbare, später nicht wieder gutzumachende Nachteile durch die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Vortrag der Bevollmächtigten der Bf. setzt sich an keiner Stelle mit dem im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geforderten Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) auseinander.
Sowohl der Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund sind im Übrigen auch deswegen fraglich, weil die Bf. zu 1. in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 08.12.2008 gegenüber dem SG (Bl. 51 der SG-Akte) mitgeteilt hat, dass ihr die Stadt F. eine günstigere Wohnung angeboten hat, die sie wegen der bereits erfolgten Unterzeichnung ihres neuen Mietvertrages ausgeschlagen habe. Insofern fehlt jeglicher Vortrag, weswegen es den Bf. nicht möglich oder zumutbar gewesen sein sollte, dieses Angebot anzunehmen und aus dem Mietvertrag über die derzeitige Wohnung - die noch nicht bezogen war - wieder auszutreten. Völlig offen ist zudem, ob - ein entsprechender Antrag der Bf. bei der Stadt F. vorausgesetzt - nicht eine entsprechende Wohnung weiterhin oder erneut angeboten werden könnte. Mit zwei minderjährigen Kindern unterschiedlicher Lebensaltersstufen und als alleinerziehende Mutter dürfte die Bf. zu 1. insoweit gegenüber anderen Antragstellern gute Aussichten auf eine vorzugsweise Vermittlung besitzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes noch die Gewährung höherer Kosten der Unterkunft nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Streit.
Die Beschwerdeführer (Bf.) - die 1970 geborene Mutter als Bf. zu 1. und ihre beiden 2001 und 2007 geborenen Kinder, die Bf. zu 2. und 3. - beantragten bei der Beschwerdegegnerin (Bg.) während des Leistungsbezugs nach dem SGB II am 18.07.2008 eine abstrakte Kostenzusage für den Umzug in eine größere Wohnung. Zu diesem Zeitpunkt bewohnten die Bf. eine Wohnung mit einer Fläche von lediglich 44,89 qm. Mit Schreiben vom 29.07.2008 erteilte die Bg. die begehrte Zusage, welche indes auf eine maximale Kaltmiete von 421,50 EUR begrenzt wurde. Das bei dem Antrag von den Bf. vorgelegte Angebot einer Wohnung für 7,25 EUR je Quadratmeter bei 63 qm Gesamtfläche im F. R. liege über der Angemessenheitsgrenze.
Der Widerspruch gegen diese eingeschränkte Zusage wurde damit begründet, dass die bisherige Wohnung unzumutbar klein sei. Die von der Bg. genannte Mietobergrenze sei viel zu niedrig angesetzt, weil zu den genannten Quadratmeterpreisen nachweislich in F. kein Wohnraum zur Verfügung stehe. Außerdem benötige der Bf. zu 2. nach seiner Einschulung ein eigenes Zimmer.
Die Bg. wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16.09.2008 als unbegründet zurück. Der akzeptierte Mietpreis liege sogar geringfügig über dem Durchschnitt aller Wohnungsmieten für vergleichbare Wohnungen in F ...
Nach dem Umzug in ihre neue Wohnung am 15.09.2008 legten die Bf. am 20.10.2008 ihren neuen Mietvertrag vor. Danach schulden sie monatlich für eine Wohnfläche von 63,65 qm eine Kaltmiete von 485 EUR zuzüglich einer Betriebskostenvorauszahlung von 56 EUR und einer Heizkostenvorauszahlung von 58 EUR. Hinzu kommt noch eine monatliche Stellplatzmiete für 15 EUR (614 EUR monatlich insgesamt).
Am 18.11.2008 haben die Bf. beim Sozialgericht Freiburg die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt; von den hiermit ursprünglich verfolgten Anträgen wird im Beschwerdeverfahren nur noch der Antrag auf die Gewährung monatlich höherer Unterkunftskosten geltend gemacht.
Mit Änderungsbescheiden vom 24.11.2008 gewährte die Bg. die Kosten der Unterkunft entsprechend der in ihrem Schreiben vom 29.07.2008 enthaltenen Begrenzung (insgesamt 537,89 EUR). Das SG hat die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 20.01.2009 insoweit mit der Begründung abgelehnt, dass die Aufwendungen der Bf. für ihre neue Wohnung nach summarischer Prüfung unangemessen hoch seien. Angemessen sei vorliegend bei drei Personen eine Wohnfläche von 75 qm (unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B /b AS 10/06 R -). Ausgehend vom aktuellen Mietspiegel der Stadt F. für das Jahr 2007 habe die Bg. bei summarischer Prüfung zu Recht einen angemessenen Quadratmeterpreis von 5,62 EUR zugrunde gelegt. Dieser Wert ergebe sich für die den Bf. zumutbaren einfachen Wohnungen der Baujahre 1949 bis 1960 mit einfacher Ausstattung und ohne Balkon. Der Quadratmeterpreis sei auch überzeugend, weil für die Durchschnittswohnung dieser Größe in F. ein Basis-Quadratmeter-Preis von 6,52 EUR angegeben werde und im Hinblick auf die Zumutbarkeit von Wohnungen einfacher Ausstattung (kein Balkon, einfache Ausstattung, seit längerer Zeit keine Renovierung) jeweils Abschläge vorzunehmen seien. Da der Mietspiegel aktuell und auf der Basis der tatsächlich erhobenen Mietpreise erstellt worden sei, sei davon auszugehen, dass ein entsprechender Markt und eine entsprechende Verfügbarkeit von Wohnungen auch gegeben sei. Dies werde auch dadurch bestätigt, dass günstigerer preisgebundener Wohnraum nicht in den Mietspiegel eingeflossen sei. Die Zahlen des F. Mietspiegels würden zudem durch den "IVD Preisspiegel für Immobilien in Baden-Württemberg 2007" bestätigt. Dass die Bf. vor ihrem Umzug in einer unstreitig zu kleinen Wohnung gelebt hätten, rechtfertige kein anderes Ergebnis, da nach der grundsätzlich anzunehmenden Verfügbarkeit angemessener Wohnungen die Möglichkeit bestanden hätte, eine solche angemessene Wohnung anzumieten.
Am 19.02.2009 haben die Bevollmächtigten der Bf. beim SG Beschwerde eingelegt, mit der sie die Verpflichtung der Bg. zur Tragung der Unterkunftskosten in der tatsächlich anfallenden Höhe beantragen. Sie machen zahlreiche methodische Einwände gegen die Erhebung des F. Mietspiegels geltend, die im Ergebnis dazu führten, dass dieser die tatsächlich in der Stadt F. verlangten Wohnungsmieten nicht abbilde. Insbesondere sei im Sektor der den Bf. angemessenen Wohnungen eine zu kleine Anzahl von vermieteten Wohnungen in den Mietspiegel eingeflossen, bei der auf dem F. Mietmarkt mit seiner extrem hohen Nachfrage nicht davon ausgegangen werden könne, dass insoweit auch den Bf. die Anmietung einer solchen Wohnung möglich gewesen wäre. Außerdem sei gerade bei kleineren Wohnungen seit der Erhebung des F. Mietspiegels im Sommer 2006 eine erhebliche Preissteigerung erfolgt, so dass nunmehr Quadratmeter-Preise von 7,51 bis 9,50 EUR den Durchschnitt darstellten.
Auf Anforderung des Berichterstatters haben die Bevollmächtigten der Bf. den F. Mietspiegel aus dem Jahr 2007 und weitere Unterlagen hierzu vorgelegt.
Die Bg. beantragt die Zurückweisung der Beschwerde. Sie verweist unter anderem darauf, dass die Mietentwicklung nach der vorgelegten Gemeinderats-Drucksache G-09/040 im Bereich der Wohnungen von 65 - 77 qm bei durchweg unter 1 % liege.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Insbesondere ist auch in Verbindung mit § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG der Beschwerdewert von über 750 EUR im vorliegenden Fall der für einen streitigen Zeitraum von sechs Monaten geltend gemachten Mietdifferenz überschritten (485 EUR Kaltmiete zuzüglich 56 EUR kalte Nebenkosten zuzüglich 15 EUR Stellplatzmiete = 556 EUR Gesamtkaltmiete gegenüber der von der Bg. gebilligten Gesamtkaltmiete von 421,50 EUR).
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Streitgegenstand ist allein die Höhe der Gewährung von Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II, die insofern von der übrigen Leistungsgewährung nach dem SGB II einen abtrennbaren Streitgegenstand darstellt (BSGE 97, 217 = BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 1). Da die Leistung dem Grunde nach gewährt wird, ist streitgegenständlicher Zeitraum die Dauer der Leistungsgewährung, im Regelfall sechs Monate. Eine analoge Anwendung des § 96 Abs. 1 SGG auf Bewilligungsbescheide für Folgezeiträume im Rahmen des SGB II ist grundsätzlich nicht gerechtfertigt. Bescheide über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für Folgezeiträume werden daher - anders als im Arbeitsförderungsrecht - regelmäßig nicht in analoger Anwendung des § 96 SGG Gegenstand bereits laufender Klageverfahren (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R -).
Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag 1. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen, 2. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, 3. in den Fällen des § 86 a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Soweit ein Fall des Abs. 1 der Vorschrift nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift sieht vor, dass einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig sind, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Vorliegend kommt nur der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht. Eine Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG setzt einen Anordnungsanspruch (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) und einen Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO -). Der Anordnungsanspruch ist gegeben, wenn bei der im Verfahren gebotenen summarischen Prüfung ein Erfolg in der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich ist, wobei auch wegen der mit der einstweiligen Regelung verbundenen Vorwegnahme der Hauptsache ein strenger Maßstab anzulegen ist (Bundesverwaltungsgericht, Buchholz 310 § 123 Nr. 15). Denn grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Wegen des Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz – GG -), ist von diesem Grundsatz aber eine Abweichung dann geboten, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht wieder gutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfGE 79, 69 , 74 m.w.N.).
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird entsprechend § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden und ausführlichen Entscheidungsgründe in dem angegriffenen Beschluss des SG Bezug genommen, denen der Senat sich ausdrücklich anschließt. Mit dem Mietspiegel der Stadt F. aus dem Jahr 2007 sowie dem "IVD Preisspiegel für Immobilien in Baden-Württemberg 2007" liegen zwei umfangreiche Datenbanken vor, welche die Entscheidung der Bg. stützen. Die pauschale Behauptung der Bf., keine Wohnung zu dem angegebenen Höchstpreis finden zu können, erscheint ohne den Nachweis entsprechender Bemühungen (Vorlage von Kleinanzeigen oder Absagen durch Vermieter) nicht ausreichend, um einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen. Zudem hat die Bg. auch konkret entgegen dem Vortrag der Bevollmächtigten der Bf. nachgewiesen, dass die Mietentwicklung nach der vorgelegten Gemeinderats-Drucksache G-09/040 im Bereich der Wohnungen von 65 - 77 qm bei durchweg unter 1 % liegt.
Inwieweit demgegenüber grundsätzliche methodische Mängel des F. Mietspiegels 2007 vorliegen, ist eine schwierige Tatsachen- und Rechtsfrage, die dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss. Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung kann der Senat insoweit jedoch keine wesentlichen Mängel erkennen, da das Ergebnis des Mietspiegels auch durch den "IVD Preisspiegel für Immobilien in Baden-Württemberg 2007" bestätigt wird. Ein Anordnungsanspruch ist damit nicht glaubhaft gemacht.
Das Aufzeigen einer konkreten Unterkunftsalternative durch den Leistungsträger kann nur unterbleiben, wenn der Hilfebedürftige seiner sich aus § 22 SGB II ergebenden Pflicht, sich ernsthaft und intensiv um eine andere bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnung zu bemühen (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 05.10.2006 - L 7 AS 126/06 ER -), nicht nachgekommen ist. Denn § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II a.F. bzw. § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II n.F. normiert eine Verpflichtung des Hilfebedürftigen zu Bemühungen um eine Kostensenkung (LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19.09.2006 - L 3 ER 161/06 AS -).
Ob der Hilfebedürftige seine Obliegenheit erfüllt hat, lässt sich im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens (häufig) nicht aufklären. Deshalb ist in einem solchen Fall über den Antrag anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.02.2007 - L 8 AS 6425/06 ER-B -). Hierbei ist das Interesse des Hilfebedürftigen, bis zur Klärung der Hauptsache in seiner bisherigen Wohnung zu bleiben, grundsätzlich hoch zu bewerten. Andererseits ist vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich, dass den Bf. der Verlust der Wohnung durch die Kündigung des Vermieters drohen könnte. Die Bf. sind offenbar auch ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in der Lage, ihre derzeitigen Mietschulden zu begleichen. Zusätzlich ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die Bf. nach der Aufklärung durch die Beklagte "sehenden Auges" eine nach summarischer Prüfung unangemessene Wohnung angemietet haben, weswegen sie sich auf Vertrauensschutz oder Bestandsschutz nicht berufen können.
Eine im einstweiligen Rechtsschutzverfahren wegen des Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (Art. 19 Abs. 4 GG), stets gesondert zu prüfende unzulässige Härte (vgl. BVerfGE 79, 69 , 74 m.w.N.) kann vorliegend nicht erkannt werden. Schwere und unzumutbare, später nicht wieder gutzumachende Nachteile durch die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Vortrag der Bevollmächtigten der Bf. setzt sich an keiner Stelle mit dem im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geforderten Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) auseinander.
Sowohl der Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund sind im Übrigen auch deswegen fraglich, weil die Bf. zu 1. in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 08.12.2008 gegenüber dem SG (Bl. 51 der SG-Akte) mitgeteilt hat, dass ihr die Stadt F. eine günstigere Wohnung angeboten hat, die sie wegen der bereits erfolgten Unterzeichnung ihres neuen Mietvertrages ausgeschlagen habe. Insofern fehlt jeglicher Vortrag, weswegen es den Bf. nicht möglich oder zumutbar gewesen sein sollte, dieses Angebot anzunehmen und aus dem Mietvertrag über die derzeitige Wohnung - die noch nicht bezogen war - wieder auszutreten. Völlig offen ist zudem, ob - ein entsprechender Antrag der Bf. bei der Stadt F. vorausgesetzt - nicht eine entsprechende Wohnung weiterhin oder erneut angeboten werden könnte. Mit zwei minderjährigen Kindern unterschiedlicher Lebensaltersstufen und als alleinerziehende Mutter dürfte die Bf. zu 1. insoweit gegenüber anderen Antragstellern gute Aussichten auf eine vorzugsweise Vermittlung besitzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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