Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 76 P 289/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 P 7/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beigeladenen zu 1) bis 5) und 8) wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Februar 2004 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander für das gesamte Verfahren keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt für das von ihm betriebene Seniorenheim in L (nachfolgend nur Seniorenheim) höhere vollstationäre Pflegesätze für die Jahre 2000 und 2001. Der Kläger betrieb das Seniorenheim im Jahr 2000 mit 102 und im Jahr 2001 mit 106 vollstationären Pflegeplätzen.
Die Beigeladenen und der Kläger vereinbarten unter anderem für das vom Kläger betriebene Seniorenheim aufgrund der "Gemeinsamen Grundsätze der Pflegesatzgestaltung nach dem 8. Kapitel des SGB XI für die Vergütung vollstationärer Pflegeleistungen gemäß § 43 SGB XI für das Land Brandenburg für das Jahr 1998" vom 15. Oktober 1997 und der "Gemeinsamen Grundsätze für das Jahr 1999" vom 18. Juni 1998 (nachfolgend nur "Gemeinsame Grundsätze") betraglich bestimmte Pflegesätze für die Pflegestufen I bis III, für Härtefälle sowie für Unterkunft/ Verpflegung. Die Beigeladenen schlossen mit den Vereinigungen der Träger der stationären Pflegeeinrichtungen die "Vereinbarung über Gemeinsame Grundsätze für die Vergütung vollstationärer Pflegeleistungen nach dem 8. Kapitel des SGB XI für das Land Brandenburg vom 19.10.1998", in deren Anlage 2 unter anderem für die Jahre 2000 und 2001 die Höhe der Pflegesätze ausgehend von den zuvor genannten "Gemeinsamen Grundsätzen" für die Pflegestufen I bis III, für Härtefälle sowie für Unterkunft/ Verpflegung mit Steigerungsraten fortgeschrieben wurden (nachfolgend nur "Anlage 2"). Für das Jahr 2000 nahmen 89 von 93 Pflegeeinrichtungen mit 61 bis 150 Pflegeplätzen in Brandenburg die in der "Anlage 2" angebotene Vergütung an; für das Jahr 2001 waren es 91 von 93 Einrichtungen mit 61 bis 150 Pflegeplätzen.
Nachdem der Kläger die der "Anlage 2" entsprechenden Angebote der Beigeladenen für die Jahre 2000 und 2001 jeweils nicht angenommen hatte, boten sie ihm jeweils höhere Pflegesätze (für die Pflegestufe I für das Jahr 2000 64,56 DM beziehungsweise für das Jahr 2001 65,32 DM, für die Pflegestufe II 80,64 DM beziehungsweise 81,73 DM, für die Pflegestufe III 113,66 DM beziehungsweise 115,45 DM, für Härtefälle 130,60 DM beziehungsweise 132,75 DM) sowie für Unterkunft/ Verpflegung Vergütungssätze von 27,86 DM für das Jahr 2000 beziehungsweise 29,00 DM für das Jahr 2001 an. Der Kläger lehnte die Angebote ab.
Er beantragte unter dem 23. Dezember 1999 "für den Pflegesatzzeitraum vom Tag der Schiedsstellenentscheidung bis zum 31.12.2000" und unter dem 14. Dezember 2000 "für den Vergütungszeitraum 2001" bei der Beklagten jeweils die Durchführung eines Schiedsverfahrens zur Festsetzung der Pflegesätze. Die Beigeladenen traten dem Antrag unter anderem unter Hinweis darauf entgegen, dass die meisten vergleichbaren Einrichtungen die gemäß der "Anlage 2" angebotenen Vergütungen angenommen hätten. Mit den auf die mündlichen Verhandlungen vom 22. März 2000 und 28. März 2001 ergangenen Schiedssprüchen III/ 2000 und I/ 2001 setzte die Beklagte die Pflegesätze für die vollstationären Pflegeleistungen des klägerischen Seniorenheims für die Zeit vom 22. März 2000 bis zum 31. Dezember 2000 sowie für die Zeit vom 1. Januar 2001 bis zur Schließung der Einrichtung, längstens bis zum 31. Dezember 2001 in Höhe des jeweils letzten Angebots der Beigeladenen fest, wobei die Beklagte für die Zeit vom 22. März bis zum 31. Dezember 2000 für Unterkunft/ Verpflegung entsprechend der "Anlage 2" 28,17 DM festsetzte. In der Begründung der Schiedssprüche heißt es im Wesentlichen, dass für die Bemessung der Pflegesätze nicht der individuelle Vergütungsbedarf der konkreten Einrichtung maßgeblich sei. Vielmehr müsse sich die Höhe der Pflegesätze am Pflegeanspruch orientieren und hiervon ausgehend eine leistungsgerechte Vergütungsregelung getroffen werden. Hierfür sei auf die in der "Anlage 2" enthaltenen vergütungsrechtlichen Regelungen
zurückzugreifen, weil die meisten Einrichtungen in Brandenburg sich an eben diese Vergütungssätze halten würden und mit den an sie gezahlten Pflegesätzen sowohl den gesetzlichen Versorgungsauftrag erfüllen als auch ihren Betrieb wirtschaftlich führen würden. Im Schiedsspruch III/ 2000 wird überdies zur Begründung ausgeführt, dass die Vergütung antragsgemäß erst ab dem 22. März 2000 als dem Tag des Schiedsspruchs festzusetzen gewesen sei.
Der Kläger hat gegen die ihm am 10. Mai 2000 beziehungsweise am 17. April 2001 zugestellten Schiedssprüche am 30. Mai 2000 beziehungsweise am 10. Mai 2001 Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben, welches die beiden Klageverfahren mit Beschluss vom 29. Juli 2003 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem gerichtlichen Aktenzeichen S 76 P 289/00 verbunden hat. Der Kläger hat im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass die Beklagte nicht nachvollziehbar darlege, warum die in der "Anlage 2" enthaltenen vergütungsrechtlichen Regelungen vergleichsweise als Marktpreise herangezogen werden könnten; hier stelle die Beklagte lediglich Vermutungen an. Vielmehr stünden den vergütungsrechtlichen Regelungen erhebliche Bedenken gegenüber: Die Pflegepersonalkosten seien dort unvollständig kalkuliert; die Pflegehelfer seien falsch eingruppiert; es fehle die Basisangleichung der
Personalkosten; die Pflegekassen gingen von einer zu geringen Tarifprognose aus. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2000 – B 3 P 19/00 R -, im Folgenden zitiert nach juris) müssten für die Anstellung eines externen Vergleichs zur Ermittlung der richtigen Pflegevergütung die in den Vergleich einzubeziehenden Einrichtungen benannt und die maßgebenden Kriterien für den Vergleich angeführt werden. Da die Beklagte demgegenüber die Vergleichbarkeit nur unzureichend dargelegt habe, litten die Schiedssprüche auch unter durchgreifenden Begründungsfehlern. Schließlich hätten die Pflegesätze bereits ab 1. Januar 2000 festgesetzt werden müssen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 26. Februar 2004 die Beklagte unter Abänderung der Schiedssprüche verurteilt, über den Antrag des Klägers vom 23. Dezember 1999 hinsichtlich der Pflegesätze für die Pflegestufen I bis III und Härtefälle sowie hinsichtlich des Beginns des Zeitraums für die vorgenannten Pflegestufen und für die Unterkunft und Verpflegung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, ferner, über den Antrag des Klägers vom 14. Dezember 2000 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Das Sozialgericht hat zur Begründung ausgeführt, dass es den Schiedssprüchen hinsichtlich der Betätigung des eingeräumten Ermessens bereits an der erforderlichen Begründung fehle und die Ermessensausübung schon deshalb fehlerhaft sei. Ferner verstießen sie gegen § 84 Abs. 2 S. 4 des Elften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) und damit gegen zwingendes Gesetzesrecht, weil es mit den festgelegten Pflegesätzen dem Kläger nicht möglich sei, den Versorgungsauftrag des Pflegeheims bei wirtschaftlicher Betriebsführung zu erfüllen. Zudem hätten die Vergütungssätze bereits ab 1. Januar 2000 festgesetzt werden müssen.
Die Beigeladenen zu 1 bis 5 und 8 haben gegen das ihnen ab dem 23. Juni 2004 zugestellte Urteil am 23. Juli 2004 Berufung eingelegt.
Sie beziehen sich im Wesentlichen auf die Begründungen der angefochtenen Schiedssprüche und legen Listen mit Einrichtungen vor, welche den in der "Anlage 2" enthaltenen vergütungsrechtlichen Regelungen folgten.
Die Beigeladenen zu 1) bis 5) beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Februar 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Er hält an seinem erstinstanzlichen Vortrag fest, verweist auf die seiner Ansicht nach zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils und ist der Auffassung, dass die Berufung bereits unzulässig sei. Jedenfalls die Beigeladenen zu 1 bis 5 seien durch das angefochtene Urteil nicht beschwert. In der Sache selbst ist der Kläger der Auffassung, das der Verweis auf die übrigen Einrichtungen, welche den von den Beigeladenen vorgeschlagenen Pflegesätzen gefolgt seien, nicht verfange, weil sie aus den unterschiedlichsten Gründen – wahrscheinlich mit Abstrichen beim Pflegeniveau - den angebotenen Pflegesätzen gefolgt sein können. Auch angesichts der jüngsten Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 29. Januar 2009 – B 3 P 6/08 R –, Presseinformation bei juris) könnten die Berufungen in der Sache keinen Erfolg haben.
Die Beklagte stellt keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, insbesondere Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässigen Berufungen sind begründet.
Die Berufungen sind nach §§ 143, 151, 153 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig. Es ist insbesondere nicht von vornherein auszuschließen, dass auch die Beigeladenen zu 1) bis 5) durch das erstinstanzliche Urteil beschwert sind. Denn nach der im Urteil ausgesprochenen Neubescheidungsverpflichtung könnten nun zu ihren Lasten für den Kläger unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Sozialgerichts günstigere Pflegesätze festgelegt werden.
Die Berufungen sind auch begründet. Das Sozialgericht Berlin hat die Beklagte zu Unrecht unter Abänderung der Schiedssprüche vom 22. März 2000 und vom 28. März 2001 zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilt. Die angefochtenen Schiedssprüche sind rechtlich nicht zu beanstanden.
Dies gilt zunächst, soweit die Beklagte in ihrem Schiedsspruch III/2000 die Pflegesätze erst für die Zeit ab dem Tag des Schiedsspruchs am 22. März 2000 bis zum 31. Dezember 2000 fest-setzte. Denn insofern entsprach sie lediglich dem Antrag des Klägers, welcher unmissverständlich – und keiner weiteren Auslegung über den Wortlaut hinaus zugänglich – eben nur auf die Festsetzung der Pflegesätze für die Zeit ab dem Tag des Schiedsspruchs gerichtet war. Auch im Übrigen sind die angefochtenen Schiedssprüche rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere sind keine Fehler bei der Ausübung des der Beklagten als Schiedsstelle gesetzlich eingeräumten Ermessens ersichtlich.
Zunächst hat die Beklagte vom ihr eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht, vgl. § 54 Abs. 2 S. 2 SGG.
Nach § 85 Abs. 5 S. 1 SGB XI setzt die Schiedsstelle auf Antrag einer Vertragspartei die Pflegesätze unverzüglich fest, wenn die Vertragsverhandlungen innerhalb von sechs Wochen zu keinem Abschluss geführt haben. Pflegesätze sind die Entgelte der Heimbewohner oder ihrer Kostenträger für die voll- oder teilstationären Pflegeleistungen des Pflegeheims sowie für medizinische Behandlungspflege und soziale Betreuung (§ 84 Abs. 1 SGB XI). Die Pflegesätze müssen leistungsgerecht sein (§ 84 Abs. 2 S. 1 SGB XI) und es einem Pflegeheim bei
wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen, seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen (§ 84 Abs. 2 S. 4 SGB XI). Das Pflegeheim darf Gewinne erzielen, es muss aber auch das Verlustrisiko tragen (§ 84 Abs. 2 S. 5 SGB XI). Schließlich ist der Grundsatz der Beitragsstabilität zu beach-ten (§ 84 Abs. 2 S. 6 SGB XI). Hiervon ausgehend ist für den gerichtlichen Prüfungsmaßstab von einer eingeschränkten Kontrolldichte auszugehen. Der Schiedsspruch stellt seiner Natur nach einen Interessenausgleich durch ein sachnahes und unabhängiges Gremium dar. Insbesondere mit der paritätischen Zusammensetzung, dem Mehrheitsprinzip und der fachlichen Weisungsfreiheit (§ 76 Abs. 4 SGB XI) will der Gesetzgeber die Fähigkeit dieses Spruchkörpers zur vermittelnden Zusammenführung unterschiedlicher Interessen und zu einer Entscheidungsfindung nutzen, die nicht immer die einzig sachlich vertretbare ist und häufig
Kompromisscharakter aufweist. Bei Berücksichtigung dieses Entscheidungsspielraums ist ausschließlich gerichtlich zu überprüfen, ob die Ermittlung des Sachverhalts in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs erfolgte, der bestehende Beurteilungsspielraum ein-gehalten und zwingendes Gesetzesrecht beachtet worden ist (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2000 – B 3 P 19/00 R -, zitiert nach juris, Rn. 22). Vor diesem Hintergrund kann für die Ermitt-lung der zutreffenden Pflegesatzhöhe grundsätzlich auf den Marktpreis abgestellt werden, weil der Gesetzgeber des SGB XI die Sicherstellung einer ausreichenden und wirtschaftlichen Ver-sorgung der Versicherten in erster Linie von einem funktionierenden Wettbewerb unter den Pflegeeinrichtungen erwartet. Erst wenn ein üblicher Marktpreis nicht ermittelt werden kann, etwa weil es wegen Besonderheiten des Pflegeheims nicht möglich ist, eine hinreichend große Zahl von vergleichbaren Angeboten zu erhalten, kann es von Belang sein, welche Kosten der Heimträger bei wirtschaftlicher Betriebsführung hat, um unter Zuschlag einer angemessenen Vergütung des persönlichen Arbeitseinsatzes, des zu tragenden Unternehmerrisikos sowie einer angemessenen Verzinsung des Eigenkapitals eine leistungsgerechte Vergütung zu ermitteln. Letzteres dürfte aber wegen der weitgehend standardisierten Pflegeleistungen und einem weitgehend übereinstimmenden Spektrum der den Pflegebedarf auslösenden Krankheiten und Behinderungen die Ausnahme sein. Ausnahmsweise wird ein Preisvergleich auch dann nicht zulässig sein, wenn sämtliche in Betracht kommenden Vergleichseinrichtungen mit ihrem Leistungsangebot nicht dem zu fordernden Qualitätsstandard entsprechen, somit also von einer pflegerischen Unterversorgung gesprochen werden muss. Der Versuch, eine leistungsgerechte Vergütung ausgehend von dem Betriebsaufwand des Pflegeheims zu ermitteln, muss schon deshalb unzulänglich sein, weil außenstehende Beobachter - wie es die Kassenvertreter bei den Vertragsverhandlungen sind - nur schwer in der Lage sein werden, die geltend gemachten Aufwendungen als unwirtschaftlich zu belegen und vorhandenes Rationalisierungspotential zu erkennen. Es fehlt zudem an geeigneten Maßstäben dafür, eine angemessene Vergütung für die aufgewandte eigene Arbeitskraft des Unternehmers, für die Übernahme des Unternehmerrisikos und für die Kapitalverzinsung festzulegen. Das Anknüpfen an Arbeitnehmereinkünfte und an die Verzinsung sonstiger Kapitalanlagen kann nur ein Behelf sein, da es weitgehend an der Vergleichbarkeit fehlt. Ein externer Vergleich der Einrichtungen bedeutet somit die Methode der Wahl, um für die angebotene Leistung die leistungsgerechte Vergütung zu ermitteln, das heißt die finanziellen Gegenleistungen für die Grundversorgung (Unterkunft und Verpflegung im Sinne von § 87 SGB XI) sowie für die allgemeinen Pflegeleistungen (§ 84 Abs. 4 S. 1 in Verbindung mit § 43 Abs. 2 SGB XI) in Form der Grund- und Behandlungspflege zuzüglich sozialer Betreuung. Voraussetzung dafür ist zunächst, dass sowohl das betreffende Heim als auch die zum Vergleich herangezogenen Mitbewerber den Pflegestandard fachgerechter und humaner Pflege, wie ihn das SGB XI in §§ 11 Abs. 1, 28 Abs. 4 und 29 Abs. 1 definiert, nach den Kriterien der Struktur-, der Prozess- und der Ergebnisqualität ohne Einschränkung erfüllen, das heißt nach eingesetzten sächlichen und personellen Mitteln den pflegerischen Verfahrens-weisen sowie deren Kontrolle und Dokumentation genügen (BSG, a.a.O., Rn. 24 f.). Eine eige-ne Beweiserhebung der Schiedsstelle jenseits präsenter Beweise ist bei alldem nicht erforder-lich, wenn dadurch der Abschluss des Verfahrens entgegen § 85 Abs. 5 S. 1 SGB XI erheblich verzögert wird. Es ist zunächst Aufgabe der Pflegekassen, die zum Vergleich heranzuziehen-den Einrichtungen zu benennen und die maßgebenden Kriterien darzulegen. Kommen sie dem nicht nach, kann es nicht Aufgabe des Schiedsamts sein, Ermittlungen von Amts wegen durch-zuführen. Es hat dann eine Entscheidung unter freier Würdigung des Angebots des Einrich-tungsträgers zu treffen, wobei durchaus auch eine Fortschreibung der bisherigen Pflegesätze unter Berücksichtigung der allgemeinen Kostenentwicklung in Betracht kommen kann (BSG, a.a.O., Rn. 28).
Dies zugrunde gelegt, durfte die Beklagte zur Ermittlung des Marktpreises auf die übrigen, in ihrer Größe vergleichbaren Heime in Brandenburg verweisen. Soweit vorliegend als besondere Gestehungskosten ein ungünstiger Alterskegel des Pflegepersonals, besondere nicht für alle Einrichtungsträger geltende Tarifbindungen und übertarifliche Aufwendungen geltend gemacht werden, kann dies nach der gesetzlichen Abkehr vom Kostenerstattungsprinzip grundsätzlich keine Berücksichtigung finden. Die hiergegen geäußerten Bedenken verkennen, dass alle Ein-richtungen nach den geltenden Bestimmungen des Arbeitsrechts wirtschaften; wer einen vergleichsweise zu hohen Personalaufwand hat, muss diesen reduzieren, wenn er nicht das Aus-scheiden aus dem Wettbewerb in Kauf nehmen will. Ebenso wenig allerdings dürfen gegen-über einem Heimträger Erfolge in der wirtschaftlichen Betriebsführung und entsprechend erzielte Überschüsse zum Anlass genommen werden, unter Einsatz der Nachfragemacht marktgerechte Pflegesatzangebote deswegen weiter abzusenken (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 26). Hierbei oblag es der Beklagten im vorliegenden Fall gerade nicht, im Einzelnen aufzuklären, ob alle von den Beigeladenen in Bezug genommenen Heime tatsächlich mit ihrem Leistungsangebot dem zu fordernden Qualitätsstandard entsprechen. Sie durfte beim gegebenen Sachverhalt von weiteren Ermittlungen absehen und eine Entscheidung unter freier Würdigung des Angebots des Klägers treffen, wobei durchaus auch eine Fortschreibung der bisherigen Pflegesätze nach der "Anlage 2" sachgerecht erscheint. Es liegen nämlich einerseits keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass die Mehrzahl derjenigen Einrichtungen, welche Pflegesatzvereinbarungen gemäß der "Anlage 2" abschlossen, ihre Leistungen unterhalb der zu fordernden Qualitätsstan-dards anboten. Andererseits schloss auch der Kläger immerhin für die Jahre 1998 und 1999 Pflegesatzvereinbarungen mit den Beigeladenen unter Zugrundelegung der Maßstäbe der "Gemeinsamen Grundsätze ..." ab, welche durch die in der "Anlage 2" enthaltenen vergütungsrechtlichen Regelungen fortgeschrieben wurden.
Die erst für die Zeit ab dem 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Rechtsänderungen, welche zu einer anderen Ausformung der Überprüfung von Entscheidungen der Schiedsstellen führten (vgl. Medieninformation des BSG Nr. 5/09 zu den Urteilen vom 29. Januar 2009 - B 3 P 6/08 R, B 3 P 7/08 R, B 3 P 9/08 R, B 3 P 8/07 R und B 3 P 9/07 R), sind mithin für die hier verfahrensgegenständlichen Zeiträume in den Jahren 2000 und 2001 nicht von Belang.
Es kommt auch kein partieller Ermessensausfall der Beklagten beim Schiedsspruch III/ 2000 in Betracht, soweit sie die Pflegesätze erst für die Zeit ab dem Schiedsspruch vom 22. März 2000 festsetzte. Auch wenn für die Schiedsstellen grundsätzlich eine Festlegung der Pflegesätze ab Antragstellung und nicht erst für die Zeit ab dem Schiedsspruch in Betracht kommt (BSG, Urteil von 14. Dezember 2000, a.a.O. Rn. 32), so vermag der Senat darin, dass die Beklagte beim Schiedsspruch III/ 2000 eine Pflegesatzfestsetzung ab Antragstellung nicht einmal ansatzweise in ihre Erwägungen mit einbezog, keinen partiellen Ermessensausfall zu erkennen. Denn die Beklagte durfte sich auch insofern vom - unmissverständlich eben nur auf die Festsetzung der Pflegesätze für die Zeit ab dem Schiedsspruch gerichteten - Antrag des Klägers leiten lassen.
Der Beklagten unterlief im Schiedsverfahren auch nicht entgegen § 24 SGB X eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Denn die Beklagte stellte - anders als im Urteil des BSG vom 14. De-zember 2000 zugrunde liegenden Fall - bei der Ermittlung des Marktpreises nicht auf konkrete Einrichtungen und deren Pflegeaufwendungen in Brandenburg ab, sondern sie beschränkte sich vielmehr darauf, die eben gerade nicht weiterreichenden Angaben der Beigeladenen im Schiedsverfahren dem Kläger zur Kenntnis zu geben und den Schiedssprüchen zugrunde zu legen. Erst wenn die Beklagte konkrete Daten einzelner Pflegeeinrichtungen in Brandenburg zur Ermittlung des Marktpreises herangezogen und ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hätte, wäre sie gehalten gewesen, insofern den Kläger zuvor ins Bild zu setzen (vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 2008, a.a.O., Rn. 33).
Es liegt dementsprechend auch kein Verstoß gegen § 35 Abs. 1 SGB X vor, weil die Beklagte in der Begründung ihrer Schiedssprüche in der Tat die von ihr als maßgeblich erachteten Grün-de offen legte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 S. 2 Sechstes SGGÄndG und §§ 183, 193 SGG, wonach das Verfahren, welches vor dem In-Kraft-Treten des Sechsten SGGÄndG rechtshängig geworden ist, für die Beteiligten gerichtskostenfrei bleibt, und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt für das von ihm betriebene Seniorenheim in L (nachfolgend nur Seniorenheim) höhere vollstationäre Pflegesätze für die Jahre 2000 und 2001. Der Kläger betrieb das Seniorenheim im Jahr 2000 mit 102 und im Jahr 2001 mit 106 vollstationären Pflegeplätzen.
Die Beigeladenen und der Kläger vereinbarten unter anderem für das vom Kläger betriebene Seniorenheim aufgrund der "Gemeinsamen Grundsätze der Pflegesatzgestaltung nach dem 8. Kapitel des SGB XI für die Vergütung vollstationärer Pflegeleistungen gemäß § 43 SGB XI für das Land Brandenburg für das Jahr 1998" vom 15. Oktober 1997 und der "Gemeinsamen Grundsätze für das Jahr 1999" vom 18. Juni 1998 (nachfolgend nur "Gemeinsame Grundsätze") betraglich bestimmte Pflegesätze für die Pflegestufen I bis III, für Härtefälle sowie für Unterkunft/ Verpflegung. Die Beigeladenen schlossen mit den Vereinigungen der Träger der stationären Pflegeeinrichtungen die "Vereinbarung über Gemeinsame Grundsätze für die Vergütung vollstationärer Pflegeleistungen nach dem 8. Kapitel des SGB XI für das Land Brandenburg vom 19.10.1998", in deren Anlage 2 unter anderem für die Jahre 2000 und 2001 die Höhe der Pflegesätze ausgehend von den zuvor genannten "Gemeinsamen Grundsätzen" für die Pflegestufen I bis III, für Härtefälle sowie für Unterkunft/ Verpflegung mit Steigerungsraten fortgeschrieben wurden (nachfolgend nur "Anlage 2"). Für das Jahr 2000 nahmen 89 von 93 Pflegeeinrichtungen mit 61 bis 150 Pflegeplätzen in Brandenburg die in der "Anlage 2" angebotene Vergütung an; für das Jahr 2001 waren es 91 von 93 Einrichtungen mit 61 bis 150 Pflegeplätzen.
Nachdem der Kläger die der "Anlage 2" entsprechenden Angebote der Beigeladenen für die Jahre 2000 und 2001 jeweils nicht angenommen hatte, boten sie ihm jeweils höhere Pflegesätze (für die Pflegestufe I für das Jahr 2000 64,56 DM beziehungsweise für das Jahr 2001 65,32 DM, für die Pflegestufe II 80,64 DM beziehungsweise 81,73 DM, für die Pflegestufe III 113,66 DM beziehungsweise 115,45 DM, für Härtefälle 130,60 DM beziehungsweise 132,75 DM) sowie für Unterkunft/ Verpflegung Vergütungssätze von 27,86 DM für das Jahr 2000 beziehungsweise 29,00 DM für das Jahr 2001 an. Der Kläger lehnte die Angebote ab.
Er beantragte unter dem 23. Dezember 1999 "für den Pflegesatzzeitraum vom Tag der Schiedsstellenentscheidung bis zum 31.12.2000" und unter dem 14. Dezember 2000 "für den Vergütungszeitraum 2001" bei der Beklagten jeweils die Durchführung eines Schiedsverfahrens zur Festsetzung der Pflegesätze. Die Beigeladenen traten dem Antrag unter anderem unter Hinweis darauf entgegen, dass die meisten vergleichbaren Einrichtungen die gemäß der "Anlage 2" angebotenen Vergütungen angenommen hätten. Mit den auf die mündlichen Verhandlungen vom 22. März 2000 und 28. März 2001 ergangenen Schiedssprüchen III/ 2000 und I/ 2001 setzte die Beklagte die Pflegesätze für die vollstationären Pflegeleistungen des klägerischen Seniorenheims für die Zeit vom 22. März 2000 bis zum 31. Dezember 2000 sowie für die Zeit vom 1. Januar 2001 bis zur Schließung der Einrichtung, längstens bis zum 31. Dezember 2001 in Höhe des jeweils letzten Angebots der Beigeladenen fest, wobei die Beklagte für die Zeit vom 22. März bis zum 31. Dezember 2000 für Unterkunft/ Verpflegung entsprechend der "Anlage 2" 28,17 DM festsetzte. In der Begründung der Schiedssprüche heißt es im Wesentlichen, dass für die Bemessung der Pflegesätze nicht der individuelle Vergütungsbedarf der konkreten Einrichtung maßgeblich sei. Vielmehr müsse sich die Höhe der Pflegesätze am Pflegeanspruch orientieren und hiervon ausgehend eine leistungsgerechte Vergütungsregelung getroffen werden. Hierfür sei auf die in der "Anlage 2" enthaltenen vergütungsrechtlichen Regelungen
zurückzugreifen, weil die meisten Einrichtungen in Brandenburg sich an eben diese Vergütungssätze halten würden und mit den an sie gezahlten Pflegesätzen sowohl den gesetzlichen Versorgungsauftrag erfüllen als auch ihren Betrieb wirtschaftlich führen würden. Im Schiedsspruch III/ 2000 wird überdies zur Begründung ausgeführt, dass die Vergütung antragsgemäß erst ab dem 22. März 2000 als dem Tag des Schiedsspruchs festzusetzen gewesen sei.
Der Kläger hat gegen die ihm am 10. Mai 2000 beziehungsweise am 17. April 2001 zugestellten Schiedssprüche am 30. Mai 2000 beziehungsweise am 10. Mai 2001 Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben, welches die beiden Klageverfahren mit Beschluss vom 29. Juli 2003 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem gerichtlichen Aktenzeichen S 76 P 289/00 verbunden hat. Der Kläger hat im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass die Beklagte nicht nachvollziehbar darlege, warum die in der "Anlage 2" enthaltenen vergütungsrechtlichen Regelungen vergleichsweise als Marktpreise herangezogen werden könnten; hier stelle die Beklagte lediglich Vermutungen an. Vielmehr stünden den vergütungsrechtlichen Regelungen erhebliche Bedenken gegenüber: Die Pflegepersonalkosten seien dort unvollständig kalkuliert; die Pflegehelfer seien falsch eingruppiert; es fehle die Basisangleichung der
Personalkosten; die Pflegekassen gingen von einer zu geringen Tarifprognose aus. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2000 – B 3 P 19/00 R -, im Folgenden zitiert nach juris) müssten für die Anstellung eines externen Vergleichs zur Ermittlung der richtigen Pflegevergütung die in den Vergleich einzubeziehenden Einrichtungen benannt und die maßgebenden Kriterien für den Vergleich angeführt werden. Da die Beklagte demgegenüber die Vergleichbarkeit nur unzureichend dargelegt habe, litten die Schiedssprüche auch unter durchgreifenden Begründungsfehlern. Schließlich hätten die Pflegesätze bereits ab 1. Januar 2000 festgesetzt werden müssen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 26. Februar 2004 die Beklagte unter Abänderung der Schiedssprüche verurteilt, über den Antrag des Klägers vom 23. Dezember 1999 hinsichtlich der Pflegesätze für die Pflegestufen I bis III und Härtefälle sowie hinsichtlich des Beginns des Zeitraums für die vorgenannten Pflegestufen und für die Unterkunft und Verpflegung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, ferner, über den Antrag des Klägers vom 14. Dezember 2000 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Das Sozialgericht hat zur Begründung ausgeführt, dass es den Schiedssprüchen hinsichtlich der Betätigung des eingeräumten Ermessens bereits an der erforderlichen Begründung fehle und die Ermessensausübung schon deshalb fehlerhaft sei. Ferner verstießen sie gegen § 84 Abs. 2 S. 4 des Elften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) und damit gegen zwingendes Gesetzesrecht, weil es mit den festgelegten Pflegesätzen dem Kläger nicht möglich sei, den Versorgungsauftrag des Pflegeheims bei wirtschaftlicher Betriebsführung zu erfüllen. Zudem hätten die Vergütungssätze bereits ab 1. Januar 2000 festgesetzt werden müssen.
Die Beigeladenen zu 1 bis 5 und 8 haben gegen das ihnen ab dem 23. Juni 2004 zugestellte Urteil am 23. Juli 2004 Berufung eingelegt.
Sie beziehen sich im Wesentlichen auf die Begründungen der angefochtenen Schiedssprüche und legen Listen mit Einrichtungen vor, welche den in der "Anlage 2" enthaltenen vergütungsrechtlichen Regelungen folgten.
Die Beigeladenen zu 1) bis 5) beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Februar 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Er hält an seinem erstinstanzlichen Vortrag fest, verweist auf die seiner Ansicht nach zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils und ist der Auffassung, dass die Berufung bereits unzulässig sei. Jedenfalls die Beigeladenen zu 1 bis 5 seien durch das angefochtene Urteil nicht beschwert. In der Sache selbst ist der Kläger der Auffassung, das der Verweis auf die übrigen Einrichtungen, welche den von den Beigeladenen vorgeschlagenen Pflegesätzen gefolgt seien, nicht verfange, weil sie aus den unterschiedlichsten Gründen – wahrscheinlich mit Abstrichen beim Pflegeniveau - den angebotenen Pflegesätzen gefolgt sein können. Auch angesichts der jüngsten Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 29. Januar 2009 – B 3 P 6/08 R –, Presseinformation bei juris) könnten die Berufungen in der Sache keinen Erfolg haben.
Die Beklagte stellt keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, insbesondere Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässigen Berufungen sind begründet.
Die Berufungen sind nach §§ 143, 151, 153 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig. Es ist insbesondere nicht von vornherein auszuschließen, dass auch die Beigeladenen zu 1) bis 5) durch das erstinstanzliche Urteil beschwert sind. Denn nach der im Urteil ausgesprochenen Neubescheidungsverpflichtung könnten nun zu ihren Lasten für den Kläger unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Sozialgerichts günstigere Pflegesätze festgelegt werden.
Die Berufungen sind auch begründet. Das Sozialgericht Berlin hat die Beklagte zu Unrecht unter Abänderung der Schiedssprüche vom 22. März 2000 und vom 28. März 2001 zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilt. Die angefochtenen Schiedssprüche sind rechtlich nicht zu beanstanden.
Dies gilt zunächst, soweit die Beklagte in ihrem Schiedsspruch III/2000 die Pflegesätze erst für die Zeit ab dem Tag des Schiedsspruchs am 22. März 2000 bis zum 31. Dezember 2000 fest-setzte. Denn insofern entsprach sie lediglich dem Antrag des Klägers, welcher unmissverständlich – und keiner weiteren Auslegung über den Wortlaut hinaus zugänglich – eben nur auf die Festsetzung der Pflegesätze für die Zeit ab dem Tag des Schiedsspruchs gerichtet war. Auch im Übrigen sind die angefochtenen Schiedssprüche rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere sind keine Fehler bei der Ausübung des der Beklagten als Schiedsstelle gesetzlich eingeräumten Ermessens ersichtlich.
Zunächst hat die Beklagte vom ihr eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht, vgl. § 54 Abs. 2 S. 2 SGG.
Nach § 85 Abs. 5 S. 1 SGB XI setzt die Schiedsstelle auf Antrag einer Vertragspartei die Pflegesätze unverzüglich fest, wenn die Vertragsverhandlungen innerhalb von sechs Wochen zu keinem Abschluss geführt haben. Pflegesätze sind die Entgelte der Heimbewohner oder ihrer Kostenträger für die voll- oder teilstationären Pflegeleistungen des Pflegeheims sowie für medizinische Behandlungspflege und soziale Betreuung (§ 84 Abs. 1 SGB XI). Die Pflegesätze müssen leistungsgerecht sein (§ 84 Abs. 2 S. 1 SGB XI) und es einem Pflegeheim bei
wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen, seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen (§ 84 Abs. 2 S. 4 SGB XI). Das Pflegeheim darf Gewinne erzielen, es muss aber auch das Verlustrisiko tragen (§ 84 Abs. 2 S. 5 SGB XI). Schließlich ist der Grundsatz der Beitragsstabilität zu beach-ten (§ 84 Abs. 2 S. 6 SGB XI). Hiervon ausgehend ist für den gerichtlichen Prüfungsmaßstab von einer eingeschränkten Kontrolldichte auszugehen. Der Schiedsspruch stellt seiner Natur nach einen Interessenausgleich durch ein sachnahes und unabhängiges Gremium dar. Insbesondere mit der paritätischen Zusammensetzung, dem Mehrheitsprinzip und der fachlichen Weisungsfreiheit (§ 76 Abs. 4 SGB XI) will der Gesetzgeber die Fähigkeit dieses Spruchkörpers zur vermittelnden Zusammenführung unterschiedlicher Interessen und zu einer Entscheidungsfindung nutzen, die nicht immer die einzig sachlich vertretbare ist und häufig
Kompromisscharakter aufweist. Bei Berücksichtigung dieses Entscheidungsspielraums ist ausschließlich gerichtlich zu überprüfen, ob die Ermittlung des Sachverhalts in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs erfolgte, der bestehende Beurteilungsspielraum ein-gehalten und zwingendes Gesetzesrecht beachtet worden ist (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2000 – B 3 P 19/00 R -, zitiert nach juris, Rn. 22). Vor diesem Hintergrund kann für die Ermitt-lung der zutreffenden Pflegesatzhöhe grundsätzlich auf den Marktpreis abgestellt werden, weil der Gesetzgeber des SGB XI die Sicherstellung einer ausreichenden und wirtschaftlichen Ver-sorgung der Versicherten in erster Linie von einem funktionierenden Wettbewerb unter den Pflegeeinrichtungen erwartet. Erst wenn ein üblicher Marktpreis nicht ermittelt werden kann, etwa weil es wegen Besonderheiten des Pflegeheims nicht möglich ist, eine hinreichend große Zahl von vergleichbaren Angeboten zu erhalten, kann es von Belang sein, welche Kosten der Heimträger bei wirtschaftlicher Betriebsführung hat, um unter Zuschlag einer angemessenen Vergütung des persönlichen Arbeitseinsatzes, des zu tragenden Unternehmerrisikos sowie einer angemessenen Verzinsung des Eigenkapitals eine leistungsgerechte Vergütung zu ermitteln. Letzteres dürfte aber wegen der weitgehend standardisierten Pflegeleistungen und einem weitgehend übereinstimmenden Spektrum der den Pflegebedarf auslösenden Krankheiten und Behinderungen die Ausnahme sein. Ausnahmsweise wird ein Preisvergleich auch dann nicht zulässig sein, wenn sämtliche in Betracht kommenden Vergleichseinrichtungen mit ihrem Leistungsangebot nicht dem zu fordernden Qualitätsstandard entsprechen, somit also von einer pflegerischen Unterversorgung gesprochen werden muss. Der Versuch, eine leistungsgerechte Vergütung ausgehend von dem Betriebsaufwand des Pflegeheims zu ermitteln, muss schon deshalb unzulänglich sein, weil außenstehende Beobachter - wie es die Kassenvertreter bei den Vertragsverhandlungen sind - nur schwer in der Lage sein werden, die geltend gemachten Aufwendungen als unwirtschaftlich zu belegen und vorhandenes Rationalisierungspotential zu erkennen. Es fehlt zudem an geeigneten Maßstäben dafür, eine angemessene Vergütung für die aufgewandte eigene Arbeitskraft des Unternehmers, für die Übernahme des Unternehmerrisikos und für die Kapitalverzinsung festzulegen. Das Anknüpfen an Arbeitnehmereinkünfte und an die Verzinsung sonstiger Kapitalanlagen kann nur ein Behelf sein, da es weitgehend an der Vergleichbarkeit fehlt. Ein externer Vergleich der Einrichtungen bedeutet somit die Methode der Wahl, um für die angebotene Leistung die leistungsgerechte Vergütung zu ermitteln, das heißt die finanziellen Gegenleistungen für die Grundversorgung (Unterkunft und Verpflegung im Sinne von § 87 SGB XI) sowie für die allgemeinen Pflegeleistungen (§ 84 Abs. 4 S. 1 in Verbindung mit § 43 Abs. 2 SGB XI) in Form der Grund- und Behandlungspflege zuzüglich sozialer Betreuung. Voraussetzung dafür ist zunächst, dass sowohl das betreffende Heim als auch die zum Vergleich herangezogenen Mitbewerber den Pflegestandard fachgerechter und humaner Pflege, wie ihn das SGB XI in §§ 11 Abs. 1, 28 Abs. 4 und 29 Abs. 1 definiert, nach den Kriterien der Struktur-, der Prozess- und der Ergebnisqualität ohne Einschränkung erfüllen, das heißt nach eingesetzten sächlichen und personellen Mitteln den pflegerischen Verfahrens-weisen sowie deren Kontrolle und Dokumentation genügen (BSG, a.a.O., Rn. 24 f.). Eine eige-ne Beweiserhebung der Schiedsstelle jenseits präsenter Beweise ist bei alldem nicht erforder-lich, wenn dadurch der Abschluss des Verfahrens entgegen § 85 Abs. 5 S. 1 SGB XI erheblich verzögert wird. Es ist zunächst Aufgabe der Pflegekassen, die zum Vergleich heranzuziehen-den Einrichtungen zu benennen und die maßgebenden Kriterien darzulegen. Kommen sie dem nicht nach, kann es nicht Aufgabe des Schiedsamts sein, Ermittlungen von Amts wegen durch-zuführen. Es hat dann eine Entscheidung unter freier Würdigung des Angebots des Einrich-tungsträgers zu treffen, wobei durchaus auch eine Fortschreibung der bisherigen Pflegesätze unter Berücksichtigung der allgemeinen Kostenentwicklung in Betracht kommen kann (BSG, a.a.O., Rn. 28).
Dies zugrunde gelegt, durfte die Beklagte zur Ermittlung des Marktpreises auf die übrigen, in ihrer Größe vergleichbaren Heime in Brandenburg verweisen. Soweit vorliegend als besondere Gestehungskosten ein ungünstiger Alterskegel des Pflegepersonals, besondere nicht für alle Einrichtungsträger geltende Tarifbindungen und übertarifliche Aufwendungen geltend gemacht werden, kann dies nach der gesetzlichen Abkehr vom Kostenerstattungsprinzip grundsätzlich keine Berücksichtigung finden. Die hiergegen geäußerten Bedenken verkennen, dass alle Ein-richtungen nach den geltenden Bestimmungen des Arbeitsrechts wirtschaften; wer einen vergleichsweise zu hohen Personalaufwand hat, muss diesen reduzieren, wenn er nicht das Aus-scheiden aus dem Wettbewerb in Kauf nehmen will. Ebenso wenig allerdings dürfen gegen-über einem Heimträger Erfolge in der wirtschaftlichen Betriebsführung und entsprechend erzielte Überschüsse zum Anlass genommen werden, unter Einsatz der Nachfragemacht marktgerechte Pflegesatzangebote deswegen weiter abzusenken (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 26). Hierbei oblag es der Beklagten im vorliegenden Fall gerade nicht, im Einzelnen aufzuklären, ob alle von den Beigeladenen in Bezug genommenen Heime tatsächlich mit ihrem Leistungsangebot dem zu fordernden Qualitätsstandard entsprechen. Sie durfte beim gegebenen Sachverhalt von weiteren Ermittlungen absehen und eine Entscheidung unter freier Würdigung des Angebots des Klägers treffen, wobei durchaus auch eine Fortschreibung der bisherigen Pflegesätze nach der "Anlage 2" sachgerecht erscheint. Es liegen nämlich einerseits keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass die Mehrzahl derjenigen Einrichtungen, welche Pflegesatzvereinbarungen gemäß der "Anlage 2" abschlossen, ihre Leistungen unterhalb der zu fordernden Qualitätsstan-dards anboten. Andererseits schloss auch der Kläger immerhin für die Jahre 1998 und 1999 Pflegesatzvereinbarungen mit den Beigeladenen unter Zugrundelegung der Maßstäbe der "Gemeinsamen Grundsätze ..." ab, welche durch die in der "Anlage 2" enthaltenen vergütungsrechtlichen Regelungen fortgeschrieben wurden.
Die erst für die Zeit ab dem 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Rechtsänderungen, welche zu einer anderen Ausformung der Überprüfung von Entscheidungen der Schiedsstellen führten (vgl. Medieninformation des BSG Nr. 5/09 zu den Urteilen vom 29. Januar 2009 - B 3 P 6/08 R, B 3 P 7/08 R, B 3 P 9/08 R, B 3 P 8/07 R und B 3 P 9/07 R), sind mithin für die hier verfahrensgegenständlichen Zeiträume in den Jahren 2000 und 2001 nicht von Belang.
Es kommt auch kein partieller Ermessensausfall der Beklagten beim Schiedsspruch III/ 2000 in Betracht, soweit sie die Pflegesätze erst für die Zeit ab dem Schiedsspruch vom 22. März 2000 festsetzte. Auch wenn für die Schiedsstellen grundsätzlich eine Festlegung der Pflegesätze ab Antragstellung und nicht erst für die Zeit ab dem Schiedsspruch in Betracht kommt (BSG, Urteil von 14. Dezember 2000, a.a.O. Rn. 32), so vermag der Senat darin, dass die Beklagte beim Schiedsspruch III/ 2000 eine Pflegesatzfestsetzung ab Antragstellung nicht einmal ansatzweise in ihre Erwägungen mit einbezog, keinen partiellen Ermessensausfall zu erkennen. Denn die Beklagte durfte sich auch insofern vom - unmissverständlich eben nur auf die Festsetzung der Pflegesätze für die Zeit ab dem Schiedsspruch gerichteten - Antrag des Klägers leiten lassen.
Der Beklagten unterlief im Schiedsverfahren auch nicht entgegen § 24 SGB X eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Denn die Beklagte stellte - anders als im Urteil des BSG vom 14. De-zember 2000 zugrunde liegenden Fall - bei der Ermittlung des Marktpreises nicht auf konkrete Einrichtungen und deren Pflegeaufwendungen in Brandenburg ab, sondern sie beschränkte sich vielmehr darauf, die eben gerade nicht weiterreichenden Angaben der Beigeladenen im Schiedsverfahren dem Kläger zur Kenntnis zu geben und den Schiedssprüchen zugrunde zu legen. Erst wenn die Beklagte konkrete Daten einzelner Pflegeeinrichtungen in Brandenburg zur Ermittlung des Marktpreises herangezogen und ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hätte, wäre sie gehalten gewesen, insofern den Kläger zuvor ins Bild zu setzen (vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 2008, a.a.O., Rn. 33).
Es liegt dementsprechend auch kein Verstoß gegen § 35 Abs. 1 SGB X vor, weil die Beklagte in der Begründung ihrer Schiedssprüche in der Tat die von ihr als maßgeblich erachteten Grün-de offen legte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 S. 2 Sechstes SGGÄndG und §§ 183, 193 SGG, wonach das Verfahren, welches vor dem In-Kraft-Treten des Sechsten SGGÄndG rechtshängig geworden ist, für die Beteiligten gerichtskostenfrei bleibt, und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
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