Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
33
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 27 R 101/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 33 R 353/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 20. Februar 2009 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) der Antragstellerin ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten, der Antragstellerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Juni 2007 zu gewähren, zu Recht abgelehnt.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen. Die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung ZPO ).
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seiner Entscheidung vom 12. Mai 2005, Az. 1 BvR 569/05, dokumentiert in Juris = NvWZ 2005, 927 bis 929, folgende Grundsätze bezüglich eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens aufgestellt:
"Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes verlangt grundsätzlich die Möglichkeit eines Eilverfahrens, wenn ohne sie dem Betroffenen eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann (vgl. BVerfGE 79, 69 (74); 93, 1 (14)). Dies gilt sowohl für Anfechtungs- wie für Vornahmesachen (BVerfG, 1. Kammer des Zweiten Senats, NVwZ-RR 1999, S. 217 (218)). Hierbei dürfen Entscheidungen grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung wie auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden (vgl. BVerfG, 1. Kammer des Zweiten Senats, a.a.O.). Jedoch stellt Art. 19 Abs. 4 GG besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Die Gerichte müssen in solchen Fällen, wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen (vgl. BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, NJW 2003, S. 1236 (1237); 1. Kammer des Zweiten Senats, NVwZ 2004, S. 95 (96)). ( ) Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (vgl. BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, NVwZ-RR 2001, S. 694 (695))". Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich vorliegend kein Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für die Antragstellerin. Zunächst ist eine Notlage, die zu schweren und unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Beeinträchtigungen für sie führen würde, nicht glaubhaft gemacht. Sie hat nicht dargelegt, unter welchen Umständen sie lebt und von wem sie zurzeit unterstützt wird, sie hat noch nicht einmal angegeben, unter welcher Adresse sie sich genau aufhält. Es ist daher nicht ersichtlich, ob die Zahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung tatsächlich notwendig ist, um eine Notlage abzuwenden oder gar um Grundrechtsverletzungen zu verhindern. Selbst wenn man jedoch von einer Notlage ausgehen würde, käme man vorliegend nicht zu einer Verpflichtung der Antragsgegnerin, Rente wegen Erwerbsminderung, gegebenenfalls auch darlehensweise, zu gewähren. Wie das Sozialgericht bereits ausgeführt hat, kommt vorliegend eine Verurteilung beziehungsweise Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zahlung einer Erwerbsminderungsrente aufgrund der bereits vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht in Betracht. Es bedürfte mindestens eines orthopädischen Gutachtens, um aufzuklären, ob ein Anspruch für die Antragstellerin besteht. Dies insbesondere deshalb, weil das von der Antragsgegnerin in Auftrag gegebene Gutachten von Dr. G vom 25. September 2006 ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen bei der Antragstellerin ergeben hat. Das von dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin in Bezug genommene Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MdK) vom 08. August 2006 wurde im Gegensatz zu dem von Herrn Dr. G nach Aktenlage erstellt und hat daher nicht die gleiche Aussagekraft wie dasjenige von Dr. G. Auch die von der Antragstellerin eingereichten Atteste des Herrn Dr. D vom 07. Februar 2008 und Herrn Dr. C vom 11. Mai 2008 sind nicht geeignet, darauf einen - wenn auch vorläufigen - Anspruch der Antragstellerin auf eine Rente wegen Erwerbsminderung zu stützen. Bei dem Attest von Herrn Dr. D ist bereits fraglich, aus welchen Gründen er angeben kann, die Antragstellerin sei bei ihm in Behandlung, da sie sich zu diesem Zeitpunkt nach den Angaben des damaligen Prozessbevollmächtigten bereits im Ausland befand. Ein Attest, das ohne – aktuelle - Untersuchung erstellt wird, hat hinsichtlich eines Anspruches auf Zahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung nur einen sehr geringen Beweiswert. Das Attest von Herrn Dr. liegt nicht im Original beziehungsweise in Form einer Kopie des Originals vor, sondern lediglich in der Übersetzung. Darüber hinaus nennt es ausschließlich Diagnosen, nicht aber Funktionseinschränkungen, die in erster Linie für die Einschätzung eines Anspruchs auf Erwerbsminderungsrente relevant sind. Für die Einschätzung, ob die Antragstellerin erwerbsgemindert ist, bedarf es daher, wie die Antragsgegnerin und das Sozialgericht zutreffend ausgeführt haben, weiterer medizinischer Ermittlungen. Bei Beachtung der oben zitierten, vom BVerfG aufgestellten Grundsätze für die Ermittlungspflicht während eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens besteht vorliegend die Besonderheit, dass die Antragsgegnerin beziehungsweise auch das Gericht zu Ermittlungen bereit wären, diese jedoch nicht durchführbar erscheinen. Wenn die Antragstellerin nicht reisefähig ist und sich aus religiösen Gründen lediglich von einem weiblichen Arzt, hier einer Orthopädin, untersuchen lassen kann, eine solche in den Arabischen Emiraten jedoch nicht praktiziert, erscheint eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes nicht möglich. Sollte es bei dieser unauflösbaren Sachlage bleiben, wäre aber in der Hauptsache eine Beweislastentscheidung vorzunehmen. Bezüglich der Fähigkeit, mit dem Restleistungsvermögen nicht mehr in einem bestimmten zeitlichen Umfang erwerbstätig sein zu können, trägt der Versicherte die objektive Beweislast (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 28. August 1991, Az. 13/5 RJ 47/90, dokumentiert in Juris, = SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8). Dies bedeutet, dass die Antragstellerin auch in einem Hauptsacheverfahren mit ihrem Begehren unterliegen würde. Bei einer solchen Sachlage, bei der Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht gegeben sind, weil Ermittlungen nicht möglich sind, kommt auch eine Folgenabwägung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht in Betracht, da es bei unveränderter Sachlage nur zu einem Unterliegen des Antragstellers im Hauptsacheverfahren kommen könnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) der Antragstellerin ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten, der Antragstellerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Juni 2007 zu gewähren, zu Recht abgelehnt.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen. Die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung ZPO ).
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seiner Entscheidung vom 12. Mai 2005, Az. 1 BvR 569/05, dokumentiert in Juris = NvWZ 2005, 927 bis 929, folgende Grundsätze bezüglich eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens aufgestellt:
"Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes verlangt grundsätzlich die Möglichkeit eines Eilverfahrens, wenn ohne sie dem Betroffenen eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann (vgl. BVerfGE 79, 69 (74); 93, 1 (14)). Dies gilt sowohl für Anfechtungs- wie für Vornahmesachen (BVerfG, 1. Kammer des Zweiten Senats, NVwZ-RR 1999, S. 217 (218)). Hierbei dürfen Entscheidungen grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung wie auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden (vgl. BVerfG, 1. Kammer des Zweiten Senats, a.a.O.). Jedoch stellt Art. 19 Abs. 4 GG besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Die Gerichte müssen in solchen Fällen, wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen (vgl. BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, NJW 2003, S. 1236 (1237); 1. Kammer des Zweiten Senats, NVwZ 2004, S. 95 (96)). ( ) Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (vgl. BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, NVwZ-RR 2001, S. 694 (695))". Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich vorliegend kein Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für die Antragstellerin. Zunächst ist eine Notlage, die zu schweren und unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Beeinträchtigungen für sie führen würde, nicht glaubhaft gemacht. Sie hat nicht dargelegt, unter welchen Umständen sie lebt und von wem sie zurzeit unterstützt wird, sie hat noch nicht einmal angegeben, unter welcher Adresse sie sich genau aufhält. Es ist daher nicht ersichtlich, ob die Zahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung tatsächlich notwendig ist, um eine Notlage abzuwenden oder gar um Grundrechtsverletzungen zu verhindern. Selbst wenn man jedoch von einer Notlage ausgehen würde, käme man vorliegend nicht zu einer Verpflichtung der Antragsgegnerin, Rente wegen Erwerbsminderung, gegebenenfalls auch darlehensweise, zu gewähren. Wie das Sozialgericht bereits ausgeführt hat, kommt vorliegend eine Verurteilung beziehungsweise Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zahlung einer Erwerbsminderungsrente aufgrund der bereits vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht in Betracht. Es bedürfte mindestens eines orthopädischen Gutachtens, um aufzuklären, ob ein Anspruch für die Antragstellerin besteht. Dies insbesondere deshalb, weil das von der Antragsgegnerin in Auftrag gegebene Gutachten von Dr. G vom 25. September 2006 ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen bei der Antragstellerin ergeben hat. Das von dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin in Bezug genommene Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MdK) vom 08. August 2006 wurde im Gegensatz zu dem von Herrn Dr. G nach Aktenlage erstellt und hat daher nicht die gleiche Aussagekraft wie dasjenige von Dr. G. Auch die von der Antragstellerin eingereichten Atteste des Herrn Dr. D vom 07. Februar 2008 und Herrn Dr. C vom 11. Mai 2008 sind nicht geeignet, darauf einen - wenn auch vorläufigen - Anspruch der Antragstellerin auf eine Rente wegen Erwerbsminderung zu stützen. Bei dem Attest von Herrn Dr. D ist bereits fraglich, aus welchen Gründen er angeben kann, die Antragstellerin sei bei ihm in Behandlung, da sie sich zu diesem Zeitpunkt nach den Angaben des damaligen Prozessbevollmächtigten bereits im Ausland befand. Ein Attest, das ohne – aktuelle - Untersuchung erstellt wird, hat hinsichtlich eines Anspruches auf Zahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung nur einen sehr geringen Beweiswert. Das Attest von Herrn Dr. liegt nicht im Original beziehungsweise in Form einer Kopie des Originals vor, sondern lediglich in der Übersetzung. Darüber hinaus nennt es ausschließlich Diagnosen, nicht aber Funktionseinschränkungen, die in erster Linie für die Einschätzung eines Anspruchs auf Erwerbsminderungsrente relevant sind. Für die Einschätzung, ob die Antragstellerin erwerbsgemindert ist, bedarf es daher, wie die Antragsgegnerin und das Sozialgericht zutreffend ausgeführt haben, weiterer medizinischer Ermittlungen. Bei Beachtung der oben zitierten, vom BVerfG aufgestellten Grundsätze für die Ermittlungspflicht während eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens besteht vorliegend die Besonderheit, dass die Antragsgegnerin beziehungsweise auch das Gericht zu Ermittlungen bereit wären, diese jedoch nicht durchführbar erscheinen. Wenn die Antragstellerin nicht reisefähig ist und sich aus religiösen Gründen lediglich von einem weiblichen Arzt, hier einer Orthopädin, untersuchen lassen kann, eine solche in den Arabischen Emiraten jedoch nicht praktiziert, erscheint eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes nicht möglich. Sollte es bei dieser unauflösbaren Sachlage bleiben, wäre aber in der Hauptsache eine Beweislastentscheidung vorzunehmen. Bezüglich der Fähigkeit, mit dem Restleistungsvermögen nicht mehr in einem bestimmten zeitlichen Umfang erwerbstätig sein zu können, trägt der Versicherte die objektive Beweislast (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 28. August 1991, Az. 13/5 RJ 47/90, dokumentiert in Juris, = SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8). Dies bedeutet, dass die Antragstellerin auch in einem Hauptsacheverfahren mit ihrem Begehren unterliegen würde. Bei einer solchen Sachlage, bei der Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht gegeben sind, weil Ermittlungen nicht möglich sind, kommt auch eine Folgenabwägung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht in Betracht, da es bei unveränderter Sachlage nur zu einem Unterliegen des Antragstellers im Hauptsacheverfahren kommen könnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
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