Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 11 R 1143/05
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 1 R 287/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 6. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Anlage Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, Tatbestände von Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Zeit vom 2. Oktober 1978 bis zum 30. Juni 1990 und die entsprechenden Arbeitsverdienste festzustellen.
Der 1955 geborene Kläger erwarb am 25. August 1978 die Berechtigung, den akademischen Grad "Diplom-Ingenieur" zu führen. Ab dem 2. Oktober 1978 war er als Ingenieur zunächst bei dem Kombinat VEB Fernmeldewerk A., danach bei dem VEB Dienstleistungskombinat Elektric A. und ab dem 1. April 1984 als Abteilungsleiter Inhalatoren bei dem VEB Glaswerk G., dem späteren VEB Werk für Technisches Glas I. (VEB WfTG), Betriebsteil Glaswerk G. tätig. Laut den Eintragungen in seinem Sozialversicherungsausweis war er seit dem 1. Mai 1990 über den 30. Juni 1990 hinaus als Geschäftsführer für M.`s Inhalatorenfabrik tätig. Der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) war er nicht beigetreten. Eine Versorgungszusage zur Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem wurde ihm bis zum 30. Juni 1990 nicht erteilt.
Bis zum Jahr 1972 führte der Vater des Klägers, W. M., die Fa. M.`s Inhalatorenfabrik F. als Einzelfirma. Die Firma wurde 1972 verstaatlicht und zum Fertigungsbereich Inhalatoren F. im Betriebsteil G. des VEB Werke für Technisches Glas I. Im Jahr 1989 beantragte W. M. die Rückübertragung des Unternehmens. Er vereinbarte mit dem Betriebsteilleiter einen Termin zur Übergabe des Betriebsteiles. Bedingung war, dass er den kompletten Betriebsteil einschließlich Inventar und Arbeitskräften übernahm. Nach Bestandsaufnahme und Inventur erfolgte zum 1. Mai 1990 die körperliche Übergabe des Fertigungsbereiches Inhalatoren F. Ab diesem Zeitpunkt trat das Unternehmen im Rechtsverkehr unter der Fa. M.s Inhalatorenfabrik F. auf. Am 6. Juli 1990 schlossen der VEB WfTG I., vertreten durch den Betriebsdirektor E. I. und die Fa. M.s Inhalatorenfabrik, vertreten durch W. M., eine Vereinbarung nach "Paragraph 19 Abs. 1" (gemeint: des Gesetzes über die Gründung und Tätigkeit privater Unternehmen und über Unternehmensbeteiligungen vom 7. März 1990, GBl. I S. 141). Hiernach wurde die Tätigkeit des VEB bzw. der Struktureinheit Inhalatoren F. zum 30. April 1990 beendet und ab 1. Mai 1990 als Fa. M.`s Inhalatorenfabrik weitergeführt. Zum 20. März 1991 wurde die Fa. M.`s Inhalatorenfabrik W. M. in das Handelsregister (HRA 133) eingetragen. Im Februar 1993 vereinbarte der Kläger als Geschäftsführer für M.`s Inhalatorenfabrik mit der Treuhandanstalt die Rückübertragung des Unternehmens nach § 6 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz). In der "gütlichen Einigung" wird festgehalten, dass die nach dem Gesetz vom 7. März 1990 bestehende Vereinbarung nicht rechtskräftig geschlossen und die Anspruchsberechtigung noch durch Bescheid des Thüringer Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen zu bestätigen sei. Hinsichtlich der körperlichen Übergabe zum 1. Mai 1990 wurde Bezug genommen auf die Unterlagen der Vereinbarung vom 6. Juli 1990 nach §§ 17 bis 19 des Gesetzes vom 7. März 1990.
Im Mai 2004 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Er gab an, bis zum 30. April 1990 Abteilungsleiter Inhalatoren im VEB Werk für Technisches Glas Glaswerk G. und ab dem 1. Mai 1990 bis zum 30. Juni 1990 Geschäftsführer von M.`s Inhalatorenfabrik F. gewesen zu sein. Die Beklagte lehnte seinen Antrag mit Bescheid vom 14. Dezember 2004 ab, weil er am 30. Juni 1990 selbständig tätig gewesen sei. Dagegen legte er Widerspruch ein. Seine selbständige Tätigkeit habe erst 1992 nach eingetretenem Erbfall durch den Tod seiner Eltern begonnen. Bis dahin sei er Abteilungsleiter bzw. leitender Angestellter gewesen. Sein Vater habe Ende 1989 als Berechtigter Antrag auf Reprivatisierung gestellt und den Betrieb am 1. Mai 1990 körperlich zurückübertragen bekommen, was ihm im Sinne seine Antrags nicht angelastet werden könne. Mit Bescheid vom 31. März 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger vor dem Sozialgericht Gotha Klage erhoben. Erst mit der Eintragung in das Handelsregister sei sein Arbeitsverhältnis mit dem VEB in ein Arbeitsverhältnis mit der Fa. M.`s Inhalatorenfabrik überführt worden. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag zwischen der Fa. M.`s Inhalatorenfabrik und ihm existiere nicht. Aufgrund der wirksamen Vereinbarung von Februar 1993 habe die Treuhandanstalt alle Aktiva und Passiva aus dem VEB Werk für Technisches Glas, Betriebsteil Glaswerk G., Fertigungsbereich Inhalatoren F. rückwirkend zum 1. Juli 1990 und nicht zum 1. Mai 1990 auf die Berechtigten übertragen. Frühestens zum 1. Juli 1990 sei das Arbeitsverhältnis des Klägers wirksam auf die Fa. M.`s Inhalatorenfabrik übergegangen.
Mit Gerichtsbescheid vom 6. Februar 2007 hat das Sozialgericht Gotha die Klage abgewiesen. Entscheidend sei nicht, wann die Rückübertragung des enteigneten Unternehmens wirksam erfolgt, sondern wann der Kläger arbeitsvertraglich zu dem Betrieb seines Vaters gewechselt sei. Dies sei zum 1. Mai 1990, dem Zeitpunkt der körperlichen Rückübertragung des Fertigungsbereiches Inhalatoren, geschehen.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 6. Februar 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Beschäftigungszeit vom 2. Oktober 1978 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Altersversorgung der technischen Intelligenz und die hieraus erzielten Entgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass es nicht darauf ankomme, ob die Übertragungsvereinbarung vom 6. Juli 1990 wirksam sei, sondern darauf, dass der Kläger am Stichtag nicht mehr in einem synallagmatischen Beschäftigungsverhältnis zum VEB Werk für Technisches Glas gestanden habe.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichts- und die Beklagtenakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG -) verfolgbaren Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz im Zeitraum vom 2. Oktober 1978 bis zum 30. Juni 1990 sowie auf Feststellung der in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte (§ 8 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 und 2 AAÜG). Der Kläger fällt schon nicht unter den persönlichen Anwendungsbereich des § 1 AAÜG; daher ist nicht in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 AAÜG gegeben sind.
Der Kläger war am 1. August 1991 nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Versorgungsberechtigungen, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 bestanden haben. War ein Verlust von Versorgungsanwartschaften deswegen eingetreten, weil die Regelungen des Versorgungssystems diesen Verlust bei einem Ausscheiden vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt er nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG als nicht eingetreten. Der Kläger erfüllt weder die Voraussetzungen des Satzes 1 noch des Satzes 2. Er hatte bis zum Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 keine Versorgungsanwartschaft erworben, weil eine Einzelfallentscheidung, durch die ihm zum 1. August 1991 eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden ist, nicht vorliegt; und eine positive Statusentscheidung der Beklagten zu seinen Gunsten ist ebenso wenig ergangen wie eine frühere Versorgungszusage in Form eines nach Art. 19 Satz 1 des Einigungsvertrages (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsaktes. Er war auch nicht aufgrund einer späteren Rehabilitationsentscheidung in das Versorgungssystem der Altersversorgung der technischen Intelligenz einbezogen worden. - Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG liegen nicht vor, weil der Kläger vor dem 30. Juni 1990 keine Versorgungsanwartschaft erlangt hatte, die er bei seinem Ausscheiden hätte verlieren können (vgl. stellvertretend für viele: Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 29. Juli 2004, Az.: B 4 RA 4/04 R, m.w.N.).
Der Kläger hatte nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage im Sinne der vom BSG vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG. Dieser fiktive bundesrechtliche Anspruch auf Erteilung einer Zusage hängt von der Ausgestaltung der zu Bundesrecht gewordenen leistungsrechtlichen Regelungen der Versorgungssysteme ab.
Für die Altersversorgung der technischen Intelligenz ist ein Anspruch auf Erteilung der Zusage nach § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (ZAVO-techInt) i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (2. DB z. ZAVO-techInt) unter folgenden drei Voraussetzungen gegeben: 1. der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), und 2. der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung), und zwar 3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs. 1 der 2. DB) oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Der Kläger war berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Der Senat unterstellt, dass er eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt hat. Der Kläger hat aber keine Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb ausgeübt.
Der Kläger war am 30. Juni 1990 nicht mehr Arbeitnehmer des VEB. Dieses Arbeitsverhältnis hatten er und der VEB tatsächlich und willentlich beendet. Arbeitgeber im rechtlichen Sinn war vielmehr die Fa. M.`s Inhalatorenfabrik W. M. Die Firma sollte auf der Grundlage des Gesetzes über die Gründung und Tätigkeit privater Unternehmen und über Unternehmensbeteiligung vom 7. März 1990 zum 1. Mai 1990 aus dem ehemaligen VEB Werk für Technisches Glas I., Betriebsteil G., herausgelöst und reprivatisiert werden. Ob dies zum damaligen Zeitpunkt rechtswirksam unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften geschehen ist, kann dahinstehen, denn jedenfalls fand zum 1. Mai 1990 die tatsächliche Übergabe der Räumlichkeiten und des Inventars an die durch den Vater des Klägers vertretene Firma M.`s Inhalatorenfabrik statt. Nach dem Willen der Beteiligten übernahm die Fa. M.`s Inhalatorenfabrik zu diesem Zeitpunkt auch alle rechtsgültig geschlossenen Verträge einschließlich der arbeitsrechtlichen Verpflichtungen. Dementsprechend befindet sich im Sozialversicherungsausweis des Klägers in der Abteilung "Stempel und Unterschrift des Betriebes" für die Zeit ab dem 1. Mai 1990 der Stempel von M.`s Inhalatorenfabrik und das Unterschriftskürzel "Ma". Der Kläger selbst ist, das zeigt sein Antrag von Mai 2004, davon ausgegangen, ab dem 1. Mai 1990 für M.`s Inhalatorenfabrik tätig gewesen zu sein. Mit dem von den Beteiligten geplanten und beabsichtigten Betriebsübergang änderte sich auch die Bezeichnung seiner Tätigkeit. Er war nicht mehr Abteilungsleiter Inhalatoren, sondern Geschäftsführer. Noch in seinem Widerspruch vom 10. Januar 2005 hat der Kläger selbst ausgeführt, sein Vater habe Ende 1989 als Berechtigter Antrag auf Reprivatisierung gestellt und den Betrieb am 1. Mai 1990 körperlich zurückübertragen bekommen. Er ist sowohl zu dem Zeitpunkt der körperlichen Übergabe wie auch später selbstverständlich davon ausgegangen, in einem Arbeitsrechtsverhältnis zu seinem Vater zu stehen. Sowohl der VEB wie auch der Kläger selbst sind von einer Beendigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses zum 30. April 1990 ausgegangen. Der VEB hatte seine wirtschaftliche Betätigung in dem Betriebsteil eingestellt und übte keinerlei Arbeitgeberrechte mehr aus; der Kläger erbrachte seine Arbeitsleistung nicht mehr für ihn, sondern vielmehr für M.`s Inhalatorenfabrik. Zwar haben die Beteiligten hier keinen schriftlichen Arbeitsvertrag geschlossen, ebenso liegt dem Gericht kein Überleitungsvertrag im eigentlichen Sinne oder ein Aufhebungsvertrag nach §§ 51, 52 des Arbeitsgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 16. Juni 1977 (AGB-DDR, GBl. I Nr. 18, Seite 185 ff) in schriftlicher Form vor. Allerdings beinhaltet die schriftliche Fixierung der Vereinbarung über die Umwandlung nach § 19 Abs. 1 des Gesetzes über die Gründung und Tätigkeit privater Unternehmen und über Unternehmensbeteiligung vom 7. März 1990 ausdrücklich auch die Überleitung der Arbeitsverhältnisse auf den neuen Arbeitgeber. Der Kläger selbst hat gegen die Aufhebung seines Arbeitsverhältnisses mit dem VEB keinen Einspruch erhoben und spätestens mit Erbringung der tatsächlichen Arbeitsleistung für den neuen Arbeitgeber konkludent in dieses neue Arbeitsverhältnis eingewilligt. Die Vereinbarung nach dem Gesetz vom 7. März 1990 mag unwirksam gewesen sein. Die tatsächliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu dem VEB wird dadurch aber nicht in Frage gestellt (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003, Az.: B 4 RA 20/03 und Urteil vom 29. Juli 2004, Az.: B 4 RA 4/04). Im Übrigen kommt es nach der Rechtssprechung des BSG auf die am 30. Juni 1990 bestehende Sachlage an. Daher kann die spätere Feststellung der Unwirksamkeit einer Umwandlungsvereinbarung nicht auf diesen Zeitpunkt zurückwirken. Im vorliegenden Fall gingen sowohl der VEB wie auch die Firma M.`s Inhalatorenfabrik noch im Juli 1990 von der rechtswirksamen Rückübertragung aus. Auch zum Zeitpunkt der Eintragung der Firma in das Handelsregister (März 1991) waren noch keine Zweifel ersichtlich.
Die Begrenzung der vom BSG vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG auf den Personenkreis, der nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage die drei Voraussetzungen der Altersversorgung der technischen Intelligenz erfüllte, steht im Einklang mit Art. 3 Abs. 1 und 3 des Grundgesetzes (GG). Die Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber denjenigen, die am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen der Versorgungsverordnung erfüllten, und denjenigen, die bereits früher einmal in ein Versorgungssystem im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG einbezogen waren, ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt.
Der Einigungsvertrag hat nur die Übernahme vor dem 1. Juli 1990 bestehender Versorgungsansprüche und -anwartschaften vorgesehen und neue Einbeziehungen ab 1. Juli 1990 ausdrücklich verboten (Artikel 9 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchst. a EV; Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 EV i.V.m. § 22 des Rentenangleichungsgesetzes der DDR). Der Bundesgesetzgeber hat das grundsätzliche Verbot der Neueinbeziehung für den persönlichen Anwendungsbereich dieses Gesetzes durch § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG modifiziert. Um einem Wertungswiderspruch zu begegnen, hat das Bundessozialgericht durch eine ausdehnende verfassungskonforme Auslegung die nicht in ein Versorgungssystem Einbezogenen, die am 30. Juni 1990 nach den Regelungen der Versorgungssysteme alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hatten, aber im Regelfall aus Gründen, die bundesrechtlich nicht anerkannt werden dürfen, nicht einbezogen waren, den Fällen des § 1 Abs. 1 Satz 2 des Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG) gleichgestellt.
Eine Gleichstellung weiterer Personengruppen war nicht geboten. Der Bundesgesetzgeber durfte an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung der Versorgungssysteme in der DDR sowie an die gegebene versorgungsrechtliche Lage der Betroffenen ohne Willkürverstoß anknüpfen und damit davon ausgehen, dass nur derjenige in das Zusatzversorgungssystem der Altersversorgung der technischen Intelligenz einbezogen werden durfte, der am 30. Juni 1990 in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt war. Art. 3 Abs. 1 und 3 GG gebietet nicht, von jenen zu sekundärem Bundesrecht gewordenen Regelungen der Versorgungssysteme sowie den historischen Fakten, aus denen sich etwa die hier vorliegenden Ungleichheiten ergeben, abzusehen und sie "rückwirkend" zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen (vgl. unter anderem BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003, B 4 RA 18/03 R).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Anlage Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, Tatbestände von Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Zeit vom 2. Oktober 1978 bis zum 30. Juni 1990 und die entsprechenden Arbeitsverdienste festzustellen.
Der 1955 geborene Kläger erwarb am 25. August 1978 die Berechtigung, den akademischen Grad "Diplom-Ingenieur" zu führen. Ab dem 2. Oktober 1978 war er als Ingenieur zunächst bei dem Kombinat VEB Fernmeldewerk A., danach bei dem VEB Dienstleistungskombinat Elektric A. und ab dem 1. April 1984 als Abteilungsleiter Inhalatoren bei dem VEB Glaswerk G., dem späteren VEB Werk für Technisches Glas I. (VEB WfTG), Betriebsteil Glaswerk G. tätig. Laut den Eintragungen in seinem Sozialversicherungsausweis war er seit dem 1. Mai 1990 über den 30. Juni 1990 hinaus als Geschäftsführer für M.`s Inhalatorenfabrik tätig. Der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) war er nicht beigetreten. Eine Versorgungszusage zur Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem wurde ihm bis zum 30. Juni 1990 nicht erteilt.
Bis zum Jahr 1972 führte der Vater des Klägers, W. M., die Fa. M.`s Inhalatorenfabrik F. als Einzelfirma. Die Firma wurde 1972 verstaatlicht und zum Fertigungsbereich Inhalatoren F. im Betriebsteil G. des VEB Werke für Technisches Glas I. Im Jahr 1989 beantragte W. M. die Rückübertragung des Unternehmens. Er vereinbarte mit dem Betriebsteilleiter einen Termin zur Übergabe des Betriebsteiles. Bedingung war, dass er den kompletten Betriebsteil einschließlich Inventar und Arbeitskräften übernahm. Nach Bestandsaufnahme und Inventur erfolgte zum 1. Mai 1990 die körperliche Übergabe des Fertigungsbereiches Inhalatoren F. Ab diesem Zeitpunkt trat das Unternehmen im Rechtsverkehr unter der Fa. M.s Inhalatorenfabrik F. auf. Am 6. Juli 1990 schlossen der VEB WfTG I., vertreten durch den Betriebsdirektor E. I. und die Fa. M.s Inhalatorenfabrik, vertreten durch W. M., eine Vereinbarung nach "Paragraph 19 Abs. 1" (gemeint: des Gesetzes über die Gründung und Tätigkeit privater Unternehmen und über Unternehmensbeteiligungen vom 7. März 1990, GBl. I S. 141). Hiernach wurde die Tätigkeit des VEB bzw. der Struktureinheit Inhalatoren F. zum 30. April 1990 beendet und ab 1. Mai 1990 als Fa. M.`s Inhalatorenfabrik weitergeführt. Zum 20. März 1991 wurde die Fa. M.`s Inhalatorenfabrik W. M. in das Handelsregister (HRA 133) eingetragen. Im Februar 1993 vereinbarte der Kläger als Geschäftsführer für M.`s Inhalatorenfabrik mit der Treuhandanstalt die Rückübertragung des Unternehmens nach § 6 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz). In der "gütlichen Einigung" wird festgehalten, dass die nach dem Gesetz vom 7. März 1990 bestehende Vereinbarung nicht rechtskräftig geschlossen und die Anspruchsberechtigung noch durch Bescheid des Thüringer Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen zu bestätigen sei. Hinsichtlich der körperlichen Übergabe zum 1. Mai 1990 wurde Bezug genommen auf die Unterlagen der Vereinbarung vom 6. Juli 1990 nach §§ 17 bis 19 des Gesetzes vom 7. März 1990.
Im Mai 2004 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Er gab an, bis zum 30. April 1990 Abteilungsleiter Inhalatoren im VEB Werk für Technisches Glas Glaswerk G. und ab dem 1. Mai 1990 bis zum 30. Juni 1990 Geschäftsführer von M.`s Inhalatorenfabrik F. gewesen zu sein. Die Beklagte lehnte seinen Antrag mit Bescheid vom 14. Dezember 2004 ab, weil er am 30. Juni 1990 selbständig tätig gewesen sei. Dagegen legte er Widerspruch ein. Seine selbständige Tätigkeit habe erst 1992 nach eingetretenem Erbfall durch den Tod seiner Eltern begonnen. Bis dahin sei er Abteilungsleiter bzw. leitender Angestellter gewesen. Sein Vater habe Ende 1989 als Berechtigter Antrag auf Reprivatisierung gestellt und den Betrieb am 1. Mai 1990 körperlich zurückübertragen bekommen, was ihm im Sinne seine Antrags nicht angelastet werden könne. Mit Bescheid vom 31. März 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger vor dem Sozialgericht Gotha Klage erhoben. Erst mit der Eintragung in das Handelsregister sei sein Arbeitsverhältnis mit dem VEB in ein Arbeitsverhältnis mit der Fa. M.`s Inhalatorenfabrik überführt worden. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag zwischen der Fa. M.`s Inhalatorenfabrik und ihm existiere nicht. Aufgrund der wirksamen Vereinbarung von Februar 1993 habe die Treuhandanstalt alle Aktiva und Passiva aus dem VEB Werk für Technisches Glas, Betriebsteil Glaswerk G., Fertigungsbereich Inhalatoren F. rückwirkend zum 1. Juli 1990 und nicht zum 1. Mai 1990 auf die Berechtigten übertragen. Frühestens zum 1. Juli 1990 sei das Arbeitsverhältnis des Klägers wirksam auf die Fa. M.`s Inhalatorenfabrik übergegangen.
Mit Gerichtsbescheid vom 6. Februar 2007 hat das Sozialgericht Gotha die Klage abgewiesen. Entscheidend sei nicht, wann die Rückübertragung des enteigneten Unternehmens wirksam erfolgt, sondern wann der Kläger arbeitsvertraglich zu dem Betrieb seines Vaters gewechselt sei. Dies sei zum 1. Mai 1990, dem Zeitpunkt der körperlichen Rückübertragung des Fertigungsbereiches Inhalatoren, geschehen.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 6. Februar 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Beschäftigungszeit vom 2. Oktober 1978 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Altersversorgung der technischen Intelligenz und die hieraus erzielten Entgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass es nicht darauf ankomme, ob die Übertragungsvereinbarung vom 6. Juli 1990 wirksam sei, sondern darauf, dass der Kläger am Stichtag nicht mehr in einem synallagmatischen Beschäftigungsverhältnis zum VEB Werk für Technisches Glas gestanden habe.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichts- und die Beklagtenakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG -) verfolgbaren Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz im Zeitraum vom 2. Oktober 1978 bis zum 30. Juni 1990 sowie auf Feststellung der in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte (§ 8 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 und 2 AAÜG). Der Kläger fällt schon nicht unter den persönlichen Anwendungsbereich des § 1 AAÜG; daher ist nicht in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 AAÜG gegeben sind.
Der Kläger war am 1. August 1991 nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Versorgungsberechtigungen, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 bestanden haben. War ein Verlust von Versorgungsanwartschaften deswegen eingetreten, weil die Regelungen des Versorgungssystems diesen Verlust bei einem Ausscheiden vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt er nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG als nicht eingetreten. Der Kläger erfüllt weder die Voraussetzungen des Satzes 1 noch des Satzes 2. Er hatte bis zum Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 keine Versorgungsanwartschaft erworben, weil eine Einzelfallentscheidung, durch die ihm zum 1. August 1991 eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden ist, nicht vorliegt; und eine positive Statusentscheidung der Beklagten zu seinen Gunsten ist ebenso wenig ergangen wie eine frühere Versorgungszusage in Form eines nach Art. 19 Satz 1 des Einigungsvertrages (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsaktes. Er war auch nicht aufgrund einer späteren Rehabilitationsentscheidung in das Versorgungssystem der Altersversorgung der technischen Intelligenz einbezogen worden. - Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG liegen nicht vor, weil der Kläger vor dem 30. Juni 1990 keine Versorgungsanwartschaft erlangt hatte, die er bei seinem Ausscheiden hätte verlieren können (vgl. stellvertretend für viele: Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 29. Juli 2004, Az.: B 4 RA 4/04 R, m.w.N.).
Der Kläger hatte nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage im Sinne der vom BSG vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG. Dieser fiktive bundesrechtliche Anspruch auf Erteilung einer Zusage hängt von der Ausgestaltung der zu Bundesrecht gewordenen leistungsrechtlichen Regelungen der Versorgungssysteme ab.
Für die Altersversorgung der technischen Intelligenz ist ein Anspruch auf Erteilung der Zusage nach § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (ZAVO-techInt) i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (2. DB z. ZAVO-techInt) unter folgenden drei Voraussetzungen gegeben: 1. der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), und 2. der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung), und zwar 3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs. 1 der 2. DB) oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Der Kläger war berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Der Senat unterstellt, dass er eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt hat. Der Kläger hat aber keine Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb ausgeübt.
Der Kläger war am 30. Juni 1990 nicht mehr Arbeitnehmer des VEB. Dieses Arbeitsverhältnis hatten er und der VEB tatsächlich und willentlich beendet. Arbeitgeber im rechtlichen Sinn war vielmehr die Fa. M.`s Inhalatorenfabrik W. M. Die Firma sollte auf der Grundlage des Gesetzes über die Gründung und Tätigkeit privater Unternehmen und über Unternehmensbeteiligung vom 7. März 1990 zum 1. Mai 1990 aus dem ehemaligen VEB Werk für Technisches Glas I., Betriebsteil G., herausgelöst und reprivatisiert werden. Ob dies zum damaligen Zeitpunkt rechtswirksam unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften geschehen ist, kann dahinstehen, denn jedenfalls fand zum 1. Mai 1990 die tatsächliche Übergabe der Räumlichkeiten und des Inventars an die durch den Vater des Klägers vertretene Firma M.`s Inhalatorenfabrik statt. Nach dem Willen der Beteiligten übernahm die Fa. M.`s Inhalatorenfabrik zu diesem Zeitpunkt auch alle rechtsgültig geschlossenen Verträge einschließlich der arbeitsrechtlichen Verpflichtungen. Dementsprechend befindet sich im Sozialversicherungsausweis des Klägers in der Abteilung "Stempel und Unterschrift des Betriebes" für die Zeit ab dem 1. Mai 1990 der Stempel von M.`s Inhalatorenfabrik und das Unterschriftskürzel "Ma". Der Kläger selbst ist, das zeigt sein Antrag von Mai 2004, davon ausgegangen, ab dem 1. Mai 1990 für M.`s Inhalatorenfabrik tätig gewesen zu sein. Mit dem von den Beteiligten geplanten und beabsichtigten Betriebsübergang änderte sich auch die Bezeichnung seiner Tätigkeit. Er war nicht mehr Abteilungsleiter Inhalatoren, sondern Geschäftsführer. Noch in seinem Widerspruch vom 10. Januar 2005 hat der Kläger selbst ausgeführt, sein Vater habe Ende 1989 als Berechtigter Antrag auf Reprivatisierung gestellt und den Betrieb am 1. Mai 1990 körperlich zurückübertragen bekommen. Er ist sowohl zu dem Zeitpunkt der körperlichen Übergabe wie auch später selbstverständlich davon ausgegangen, in einem Arbeitsrechtsverhältnis zu seinem Vater zu stehen. Sowohl der VEB wie auch der Kläger selbst sind von einer Beendigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses zum 30. April 1990 ausgegangen. Der VEB hatte seine wirtschaftliche Betätigung in dem Betriebsteil eingestellt und übte keinerlei Arbeitgeberrechte mehr aus; der Kläger erbrachte seine Arbeitsleistung nicht mehr für ihn, sondern vielmehr für M.`s Inhalatorenfabrik. Zwar haben die Beteiligten hier keinen schriftlichen Arbeitsvertrag geschlossen, ebenso liegt dem Gericht kein Überleitungsvertrag im eigentlichen Sinne oder ein Aufhebungsvertrag nach §§ 51, 52 des Arbeitsgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 16. Juni 1977 (AGB-DDR, GBl. I Nr. 18, Seite 185 ff) in schriftlicher Form vor. Allerdings beinhaltet die schriftliche Fixierung der Vereinbarung über die Umwandlung nach § 19 Abs. 1 des Gesetzes über die Gründung und Tätigkeit privater Unternehmen und über Unternehmensbeteiligung vom 7. März 1990 ausdrücklich auch die Überleitung der Arbeitsverhältnisse auf den neuen Arbeitgeber. Der Kläger selbst hat gegen die Aufhebung seines Arbeitsverhältnisses mit dem VEB keinen Einspruch erhoben und spätestens mit Erbringung der tatsächlichen Arbeitsleistung für den neuen Arbeitgeber konkludent in dieses neue Arbeitsverhältnis eingewilligt. Die Vereinbarung nach dem Gesetz vom 7. März 1990 mag unwirksam gewesen sein. Die tatsächliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu dem VEB wird dadurch aber nicht in Frage gestellt (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003, Az.: B 4 RA 20/03 und Urteil vom 29. Juli 2004, Az.: B 4 RA 4/04). Im Übrigen kommt es nach der Rechtssprechung des BSG auf die am 30. Juni 1990 bestehende Sachlage an. Daher kann die spätere Feststellung der Unwirksamkeit einer Umwandlungsvereinbarung nicht auf diesen Zeitpunkt zurückwirken. Im vorliegenden Fall gingen sowohl der VEB wie auch die Firma M.`s Inhalatorenfabrik noch im Juli 1990 von der rechtswirksamen Rückübertragung aus. Auch zum Zeitpunkt der Eintragung der Firma in das Handelsregister (März 1991) waren noch keine Zweifel ersichtlich.
Die Begrenzung der vom BSG vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG auf den Personenkreis, der nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage die drei Voraussetzungen der Altersversorgung der technischen Intelligenz erfüllte, steht im Einklang mit Art. 3 Abs. 1 und 3 des Grundgesetzes (GG). Die Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber denjenigen, die am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen der Versorgungsverordnung erfüllten, und denjenigen, die bereits früher einmal in ein Versorgungssystem im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG einbezogen waren, ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt.
Der Einigungsvertrag hat nur die Übernahme vor dem 1. Juli 1990 bestehender Versorgungsansprüche und -anwartschaften vorgesehen und neue Einbeziehungen ab 1. Juli 1990 ausdrücklich verboten (Artikel 9 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchst. a EV; Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 EV i.V.m. § 22 des Rentenangleichungsgesetzes der DDR). Der Bundesgesetzgeber hat das grundsätzliche Verbot der Neueinbeziehung für den persönlichen Anwendungsbereich dieses Gesetzes durch § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG modifiziert. Um einem Wertungswiderspruch zu begegnen, hat das Bundessozialgericht durch eine ausdehnende verfassungskonforme Auslegung die nicht in ein Versorgungssystem Einbezogenen, die am 30. Juni 1990 nach den Regelungen der Versorgungssysteme alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hatten, aber im Regelfall aus Gründen, die bundesrechtlich nicht anerkannt werden dürfen, nicht einbezogen waren, den Fällen des § 1 Abs. 1 Satz 2 des Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG) gleichgestellt.
Eine Gleichstellung weiterer Personengruppen war nicht geboten. Der Bundesgesetzgeber durfte an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung der Versorgungssysteme in der DDR sowie an die gegebene versorgungsrechtliche Lage der Betroffenen ohne Willkürverstoß anknüpfen und damit davon ausgehen, dass nur derjenige in das Zusatzversorgungssystem der Altersversorgung der technischen Intelligenz einbezogen werden durfte, der am 30. Juni 1990 in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt war. Art. 3 Abs. 1 und 3 GG gebietet nicht, von jenen zu sekundärem Bundesrecht gewordenen Regelungen der Versorgungssysteme sowie den historischen Fakten, aus denen sich etwa die hier vorliegenden Ungleichheiten ergeben, abzusehen und sie "rückwirkend" zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen (vgl. unter anderem BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003, B 4 RA 18/03 R).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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