L 11 R 1745/09 ER

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 963/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 1745/09 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Vollstreckung aus dem Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 18.02.2009 - Az. S 10 R 963/07 - wird bis zur Erledigung des Rechtsstreits in der Berufungsinstanz ausgesetzt.

Außergerichtliche Kosten des Verfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Der Vorsitzende des für die Berufung zuständigen Senats des Landessozialgerichts kann gemäß § 199 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch einstweilige Anordnung die Vollstreckung aus dem Urteil aussetzen, soweit die Berufung gemäß § 154 Abs 2 SGG keine aufschiebende Wirkung hat. Aufschiebende Wirkung hat die Berufung der Beklagten (Antragstellerin) nach § 154 Abs. 2 SGG, soweit es sich um Beträge handelt, die für die Zeit vor Erlass (Verkündung) des angefochtenen Urteils nachgezahlt werden sollen, hier also für die Zeit vor dem 18. Februar 2009 (Tag der Urteilsverkündung). Insoweit kann das Urteil des Sozialgerichts ohnedies nicht vollstreckt werden. Für die anschließende Zeit ab dem 19. Februar 2009 hat die Berufung der Beklagten (Antragstellerin) keine aufschiebende Wirkung. Nur für diesen Zeitraum hat eine Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung aus dem Urteil des Sozialgerichts Bedeutung.

Die Anordnung der Vollstreckungsaussetzung ist eine Ermessensentscheidung. Bei der Entscheidung sind alle Umstände des Falles zu berücksichtigen und die Belange des durch die Entscheidung Begünstigten gegen das öffentliche Interesse, eine offensichtliche Fehlentscheidung nicht zu vollstrecken, gegeneinander abzuwägen. Sind die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels - hier der Berufung - nicht überschaubar, kommt es auf die Abwägung der betroffenen Interessen unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung und Dringlichkeit sowie der Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer etwaigen späteren Rückgängigmachung des Ausspruchs an (BSG 26.11.1991 - USK 91155; Zeihe NZS 1994, 505). Dazu gehört auch die Aussicht des Leistungsträgers, bei Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die inzwischen gewährten Entscheidungen zurückzuerhalten (zum Ganzen s. LSG Baden-Württemberg, L 8 AS 403/06 ER, juris).

Im vorliegenden Fall ist nach derzeitiger Sachlage davon auszugehen, dass beim verstorbenen Ehemann der Klägerin (Versicherter) im Februar 2004 ein kleinzelliges Bronchialkarzinom diagnostiziert wurde, das nicht mehr operabel war und bei dem die Prognose nach dem Bericht des Dr. S.den dieser mit Datum vom 5. April 2004 dem Versorgungsamt H. erstattet hatte (Bl. 52 der SG-Akte), infaust war, dh, dass eine Heilung beim bestehenden Gesundheitszustand als nicht mehr möglich erachtet wurde und mit einem Ableben des Patienten zu rechnen war. Nach dem Bericht der Klinik L. vom 3. November 2007 (Bl. 64 der SG-Akte) war der Versicherte über seinen Gesundheitszustand informiert. Die (erneute) Heirat mit der Klägerin erfolgte am 27. April 2004, also knapp zwei Monate nach der Diagnosestellung. Im Arztbrief vom 9. August 2004 teilte die Klinik für Radioonkologie L. mit, dass der Versicherte zu einer für den 3. August 2004 geplanten palliativen Schädelbestrahlung nicht erschienen war und auf telefonische Rückfrage angegeben hatte, dass er die Behandlung nicht mehr wünsche. Nach einem weiteren stationären Aufenthalt ab dem 23. Oktober 2004 im Krankenhaus M. verstarb der Versicherte am 4. November 2004 im Krankenhaus.

Vor dem Hintergrund der schweren, lebensbedrohlichen Erkrankung mit ungünstiger Prognose, die dem Versicherten bekannt war, sind die Erfolgsaussichten der Berufung der Beklagten auch unter Beachtung der vom Sozialgericht Heilbronn durchgeführten Zeugenvernehmungen zumindest als offen zu bezeichnen. Bei der gebotenen Abwägung erscheint es unter Berücksichtigung der mit einer ggf. vorzunehmenden Rückabwicklung verbundenen Schwierigkeiten als sachgerecht, die Vollstreckung aus dem angefochtenen Urteil vorläufig auszusetzen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Diese Anordnung ist unanfechtbar; sie kann jederzeit aufgehoben werden (§ 199 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Rechtskraft
Aus
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