Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 5273/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 4027/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 23.07.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Ereignisses vom 15.09.2004 als Arbeitsunfall und die Gewährung einer Verletztenrente für den 1984 geborenen Kläger streitig.
Der Kläger stellte sich wegen Schmerzen im linken Handgelenk am 20.01.2005 und 01.03.2005 beim Arzt für Allgemeinmedizin und Chirotherapie W. vor (Befundbericht vom 19.09.2005). Sodann ließ er sich am 02.03.2005 durch den Facharzt für Chirurgie Dr. Z. untersuchen. Ihm gegenüber berichtete er über seit drei bis vier Wochen anhaltende Schmerzen im linken Handgelenk. Röntgenologisch wurde der Verdacht auf eine Scaphoidpseudarthrose links geäußert (Arztbrief vom 04.04.2005 und Befundbericht vom 25.08.2005). Dieser Verdacht wurde am 10.03.2005 in der Radiologischen Gemeinschaftspraxis Dr. R./Dr. P./Dr. H. computertomographisch bestätigt (Arztbrief vom 11.03.2005). Die Weiterbehandlung erfolgte ab 31.03.2005 bei dem Facharzt für Chirurgie und Handchirurgie Dr. L ... Dort gab der Kläger an, ein Jahr zuvor gestürzt zu sein, ohne daraufhin einen Arzt aufgesucht zu haben (Arztbrief vom 05.04.2005 und Befundbericht vom 23.08.2005). Am 03.06.2005 führte Dr. L. die Operation der Scaphoidpseudarthrose links durch (Operationsbericht vom 13.06.2005).
Am 16.08.2005 meldete die AOK - Die Gesundheitskasse S. bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch wegen eines Unfallereignisses vom 15.09.2004 an und legte die Unfallschilderung des Klägers vom 08.08.2005 vor. In dieser hatte der Kläger ausgeführt, während seiner Tätigkeit als Fliesenleger habe sich der Schlauch der Estrichpumpe verstopft. Daraufhin habe er mehrfach auf den Schlauch getreten und habe ihn mit den Händen geschüttelt, um die Verstopfung zu beseitigen. Hierbei habe sich aber offensichtlich das Kupplungsstück des Schlauches an der Maschine gelöst, wodurch der Schlauch herumgeschleudert und aus Maschine und Schlauch Estrichmasse herausgeschleudert worden sei. Er sei mit dem Schlauch in den Händen von der Maschine weggeschleudert und zu Boden geworfen worden. Den Schlauch habe er ziemlich dicht bei dem Kupplungsstück in der Hand gehabt. Der zuckende Schlauch mit Kupplungsstück habe unter anderem auch noch gegen sein Schienbein geschlagen. Ob und wo genau und wie oft er getroffen worden sei, ob er rückwärts oder vorwärts oder wie er zu Boden gefallen sei, könne er nicht mehr sagen. Auf Grund des Vorfalls hätten ihm alle möglichen Körperteile geschmerzt. Anschließend habe er weiter gearbeitet. Dass er eventuell einen Folgeschaden von dem Unfall davongetragen haben könne, sei ihm damals nicht in den Sinn gekommen, weshalb er auch nicht zu einem Arzt gegangen und auch keine Unfallmeldung vorgelegt worden sei. Seit etwa Anfang 2005 habe ihm dann andauernd sein linkes Handgelenk geschmerzt.
Daraufhin holte die Beklagte die Befundberichte des Dr. L. vom 23.08.2005, des Dr. Z. vom 25.08.2005 sowie des Arztes für Allgemeinmedizin W. vom 19.09.2005 ein, welchen der Operationsbericht des Dr. L. vom 13.06.2005 und die Arztbriefe der Radiologischen Gemeinschaftspraxis Dr. R./Dr. P./Dr. H. vom 11.03.2005, des Dermatologen Dr. L. vom 06.06.2005, des Dr. Z. vom 29.12.2000 und 04.04.2005 sowie des Radiologen Dr. N. vom 31.10.2000 beigefügt waren. Des Weiteren holte die Beklagte das über den Kläger von der AOK - Die Gesundheitskasse S. geführte Vorerkrankungsverzeichnis ein und befragte die Kollegen des Klägers Wa. und Sch. über den Hergang des Unfallereignisses. Beide teilten mit, sie hätten "vom direkten Unfall nichts" mitbekommen. Später hätten sie gesehen, dass sich an der Estrichmaschine ein Schlauch gelöst habe. In der unter dem 18.09.2005 gefertigten Unfallanzeige teilte der Arbeitgeber des Klägers mit, zum Unfall könne er keine Angaben machen, da ihm kein Unfall gemeldet worden sei und der Kläger keine Arbeitsunfähigkeit gemeldet habe. Sodann berichtete auf Anfrage der Beklagten Dr. L. unter dem 21.09.2005 über den weiteren Krankheitsverlauf.
Mit Bescheid vom 08.06.2006 lehnte die Beklagte die Feststellung des Ereignisses vom 15.09.2004 als Arbeitsunfall und einen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Unter Berücksichtigung aller Umstände und Würdigung der Angaben des Klägers, der ihn behandelnden Ärzte und seiner Kollegen sei es nicht bewiesen, dass er am 15.09.2004 bei einer versicherten Tätigkeit einen Unfall erlitten habe.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er habe gegenüber Dr. L. geäußert, dass sich seine Handgelenksschmerzen nicht erklären könnten, es aber schon vor längerer Zeit ein Ereignis gegeben habe, bei dem er auf Grund eines abgegangenen Estrich-Förderschlauchs durch die Gegend geschleudert worden sei. Dr. L. habe daraufhin angemerkt, dass eine derartige Verletzung sehr häufig nicht sofort bemerkt werde und erst viel später zu Beschwerden und Schmerzen führe und dass daher und auf Grund des von ihm festgestellten Zustandes der Bruchstellen die Ursache bis zu etwa einem Jahr zurückliegen könne. Auf diese Bemerkung hin habe er den Zeitpunkt des Unfallereignisses recherchiert. Er habe aber nie gesagt, dass der Arbeitsunfall vor einem Jahr stattgefunden habe. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22.09.2006 zurück. In Angelegenheiten der Sozialversicherung gelte der Grundsatz der objektiven Beweis- und Feststellungslast. Danach seien die Folgen des Nicht-Festgestellt-Seins einer Tatsache von demjenigen zu tragen, der aus dieser Tatsache ein Recht herleiten wolle. Dies sei im vorliegenden Fall der Kläger.
Hiergegen erhob der Kläger am 23.10.2006 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens seien nicht alle Möglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhalts ausgeschöpft worden. Insbesondere seien die behandelnden Ärzte nicht zu der Frage eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Ereignis vom 15.09.2004 und der Schädigung des linken Handgelenks befragt worden. Außerdem seien die Angaben der Unfallzeugen keineswegs geeignet, generell das Unfallereignis in Frage zu stellen. Des Weiteren wurde ausgeführt, man müsse sich vergegenwärtigen, dass die Kräfte, die schlagartig auf seine Hand eingewirkt hätten, ausreichend seien, um den schweren und zähen Beton über den Schlauch in höher gelegene Stockwerke zu befördern, sodass bei einer entsprechenden Einwirkung auf ein Körperteil die Entstehung entsprechender Verletzungen unausweichlich sei. Diesbezüglich sei ein unfallmedizinisches Gutachten einzuholen. Außerdem hätten die Zeugen bestätigen können, dass der Schlauch abgesprungen gewesen sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 23.07.2008 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, es fehle am Nachweis eines am 15.09.2004 erlittenen Primärschadens. Es habe nämlich kein Unfallereignis festgestellt werden können, das geeignet gewesen sei, einen Kahnbeinbruch zu verursachen. Der Kläger habe angegeben, sich an einen Sturz auf das betroffene Handgelenk oder einen Schlag von Schlauch oder Kupplung gegen dieses Körperteil nicht zu erinnern. Zeugen, die eine solche äußere Einwirkung gesehen haben könnten oder zeitnah zum verfahrensgegenständlichen Ereignis erhobene ärztlichen Befunde, die Rückschlüsse auf eine solche Einwirkung zuließen, gebe es nicht. Die einzigen äußeren Einwirkungen, die zumindest der Kläger selbst bestätigen könne, bestünden in der Vibration des vom Kläger festgehaltenen Schlauches und dessen plötzliche Bewegung, als sich die Kupplung von der Estrichpumpe gelöst habe. Einwirkungen dieser Art seien auf Grund ihrer geringen Intensität nicht geeignet, einen Knochenbruch zu verursachen. Der Kläger selbst sei dementsprechend zunächst davon ausgegangen, er habe sich das Handgelenk entweder beim Sturz angeschlagen oder das Gelenk sei vom Schlauch beziehungsweise der Kupplung getroffen worden. Dabei handle es sich jedoch um eine Spekulation. Ein Sturz auf oder Schlag gegen das Handgelenk könne auch nicht vor dem Hintergrund als bewiesen angesehen werden, dass der Kläger selbst eine andere Ursache des Schadens ausschließe. Gerade der vorliegende Fall bestätige den Erfahrungssatz, dass Kahnbeinbrüche durch vergleichsweise banale alltägliche Vorkommnisse verursacht werden könnten. Selbst wenn man schließlich zu Gunsten des Kläger ein - wie auch immer geartetes - grundsätzlich geeignetes Unfallereignis im Sinne eines Sturzes oder Schlages im Bereich des Handgelenks unterstellen würde, verbliebe eine erhebliche Unklarheit über die Einzelheiten des Unfallmechanismus. Dies würde dazu führen, dass eine valide Beurteilung der haftungsbegründenden Kausalität, also der Frage, ob dieses Unfallereignis rechtlich wesentliche Ursache der Kahnbeinverletzung sei - nicht möglich wäre. Diese setze nämlich eine möglichst exakte Unfallanamnese voraus.
Gegen den Gerichtsbescheid hat der Kläger am 21.08.2008 Berufung eingelegt. Seine Verletzung beziehungsweise die daraus resultierende gesundheitliche Folge passe sehr gut in den medizinischen zeitlichen Ablauf. Der Unfall sei im September 2004 gewesen und eine Zunahme der zunächst eher mäßigen Beschwerden sei ab Januar 2005 erfolgt. Dies sei medizinisch gesehen eher ein typischer und kein ungewöhnlicher zeitlicher Verlauf. Es seien keinerlei Anhaltspunkte erkennbar, die andere Anlässe in Betracht kommen ließen. Außerdem hätten Zeugen bestätigt, dass sich der Druckschlauch gelöst habe. Somit sei die wichtigste Ausgangsursache bewiesen. Die Kräfte bei Schläuchen, die unter erheblichem Druck stünden, seien heftig, unkontrollierbar und auch unvorhersehbar. Es sei weiterhin mehr als sehr wahrscheinlich, dass man im Fallen versuche, sich mit den Händen abzufangen, somit sich also auch ein Sturz auf die Hand ereignet habe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 23.07.2008 und den Bescheid vom 08.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2006 aufzuheben, das Ereignis vom 15.09.2004 als Arbeitsunfall festzustellen, eine Scaphoid-Pseudarthrose nach Kahnbeinbruch links als Folge dieses Arbeitsunfalls festzustellen und ihm eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mindestens 20 vom Hundert (v. H.) zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Gerichtsbescheid des SG sei nicht zu beanstanden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den Rechtsstreit durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.
Das SG hat von seinem Standpunkt ausgehend, die Klage sei, nachdem die Beklagte die Feststellung des Ereignisses vom 15.09.2004 als Arbeitsunfall und Leistungen jedweder Art aus der gesetzlichen Unfallversicherung abgelehnt hatte und ein ausdrücklicher Klageantrag nicht gestellt worden war, als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG auszulegen, zu Recht diese Klage abgewiesen. Sofern der Kläger nun im Berufungsverfahren auch die Gewährung einer Verletztenrente geltend macht, handelt es sich um eine kombinierte Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG i. V. m. § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG. Diese Klageänderung ist, nachdem sich die Beklagte hierzu, ohne der Klageänderung zu widersprechen, eingelassen hat, nach § 153 Abs. 1 SGG i. V. m. § 99 Abs. 1 und 2 SGG zulässig.
Die Beklagte hat es mit dem Bescheid vom 08.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2006 zu Recht abgelehnt, das Ereignis vom 15.09.2004 als Arbeitsunfall festzustellen und Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente.
Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung die für den Rechtsstreit maßgeblichen Rechtsvorschriften sowie die hierzu ergangene Rechtsprechung zutreffend und umfassend dargestellt und ausgeführt, weshalb das Ereignis vom 15.09.2004 nicht als Arbeitsunfall festzustellen ist. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen nach eigener Prüfung unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zur Vermeidung von Wiederholungen an (§ 153 Abs. 2 SGG).
Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren ist gegenüber der angefochtenen Entscheidung des SG eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt. Entgegen der Ansicht des Klägers genügt nicht der Nachweis irgend eines Unfallereignisses. Vielmehr ist für einen Arbeitsunfall erforderlich, dass eine der versicherten Tätigkeit zurechenbare Verrichtung zu einem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Beweisrechtlich ist dabei zu beachten, dass nicht nur die der versicherten Tätigkeit zurechenbare Verrichtung und das Unfallereignis, sondern auch der Gesundheitserstschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein muss (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R). Dies ist indes vorliegend nicht der Fall. Es steht eben gerade nicht fest, dass es bei dem Ereignis vom 15.09.2004 zu einer Schädigung des linken Handgelenks des Klägers und damit zu einem Gesundheitserstschaden gekommen ist. Außerdem gibt es im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache unterstellt werden kann, dass ein Gesundheitserstschaden vorgelegen haben muss. Denn dies würde zu einer nicht zu rechtfertigenden Beweislastumkehr führen.
Da somit ein Arbeitsunfall nicht festzustellen war, sind auch die Voraussetzungen für eine Verletztenrente nach § 56 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) nicht gegeben.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Ereignisses vom 15.09.2004 als Arbeitsunfall und die Gewährung einer Verletztenrente für den 1984 geborenen Kläger streitig.
Der Kläger stellte sich wegen Schmerzen im linken Handgelenk am 20.01.2005 und 01.03.2005 beim Arzt für Allgemeinmedizin und Chirotherapie W. vor (Befundbericht vom 19.09.2005). Sodann ließ er sich am 02.03.2005 durch den Facharzt für Chirurgie Dr. Z. untersuchen. Ihm gegenüber berichtete er über seit drei bis vier Wochen anhaltende Schmerzen im linken Handgelenk. Röntgenologisch wurde der Verdacht auf eine Scaphoidpseudarthrose links geäußert (Arztbrief vom 04.04.2005 und Befundbericht vom 25.08.2005). Dieser Verdacht wurde am 10.03.2005 in der Radiologischen Gemeinschaftspraxis Dr. R./Dr. P./Dr. H. computertomographisch bestätigt (Arztbrief vom 11.03.2005). Die Weiterbehandlung erfolgte ab 31.03.2005 bei dem Facharzt für Chirurgie und Handchirurgie Dr. L ... Dort gab der Kläger an, ein Jahr zuvor gestürzt zu sein, ohne daraufhin einen Arzt aufgesucht zu haben (Arztbrief vom 05.04.2005 und Befundbericht vom 23.08.2005). Am 03.06.2005 führte Dr. L. die Operation der Scaphoidpseudarthrose links durch (Operationsbericht vom 13.06.2005).
Am 16.08.2005 meldete die AOK - Die Gesundheitskasse S. bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch wegen eines Unfallereignisses vom 15.09.2004 an und legte die Unfallschilderung des Klägers vom 08.08.2005 vor. In dieser hatte der Kläger ausgeführt, während seiner Tätigkeit als Fliesenleger habe sich der Schlauch der Estrichpumpe verstopft. Daraufhin habe er mehrfach auf den Schlauch getreten und habe ihn mit den Händen geschüttelt, um die Verstopfung zu beseitigen. Hierbei habe sich aber offensichtlich das Kupplungsstück des Schlauches an der Maschine gelöst, wodurch der Schlauch herumgeschleudert und aus Maschine und Schlauch Estrichmasse herausgeschleudert worden sei. Er sei mit dem Schlauch in den Händen von der Maschine weggeschleudert und zu Boden geworfen worden. Den Schlauch habe er ziemlich dicht bei dem Kupplungsstück in der Hand gehabt. Der zuckende Schlauch mit Kupplungsstück habe unter anderem auch noch gegen sein Schienbein geschlagen. Ob und wo genau und wie oft er getroffen worden sei, ob er rückwärts oder vorwärts oder wie er zu Boden gefallen sei, könne er nicht mehr sagen. Auf Grund des Vorfalls hätten ihm alle möglichen Körperteile geschmerzt. Anschließend habe er weiter gearbeitet. Dass er eventuell einen Folgeschaden von dem Unfall davongetragen haben könne, sei ihm damals nicht in den Sinn gekommen, weshalb er auch nicht zu einem Arzt gegangen und auch keine Unfallmeldung vorgelegt worden sei. Seit etwa Anfang 2005 habe ihm dann andauernd sein linkes Handgelenk geschmerzt.
Daraufhin holte die Beklagte die Befundberichte des Dr. L. vom 23.08.2005, des Dr. Z. vom 25.08.2005 sowie des Arztes für Allgemeinmedizin W. vom 19.09.2005 ein, welchen der Operationsbericht des Dr. L. vom 13.06.2005 und die Arztbriefe der Radiologischen Gemeinschaftspraxis Dr. R./Dr. P./Dr. H. vom 11.03.2005, des Dermatologen Dr. L. vom 06.06.2005, des Dr. Z. vom 29.12.2000 und 04.04.2005 sowie des Radiologen Dr. N. vom 31.10.2000 beigefügt waren. Des Weiteren holte die Beklagte das über den Kläger von der AOK - Die Gesundheitskasse S. geführte Vorerkrankungsverzeichnis ein und befragte die Kollegen des Klägers Wa. und Sch. über den Hergang des Unfallereignisses. Beide teilten mit, sie hätten "vom direkten Unfall nichts" mitbekommen. Später hätten sie gesehen, dass sich an der Estrichmaschine ein Schlauch gelöst habe. In der unter dem 18.09.2005 gefertigten Unfallanzeige teilte der Arbeitgeber des Klägers mit, zum Unfall könne er keine Angaben machen, da ihm kein Unfall gemeldet worden sei und der Kläger keine Arbeitsunfähigkeit gemeldet habe. Sodann berichtete auf Anfrage der Beklagten Dr. L. unter dem 21.09.2005 über den weiteren Krankheitsverlauf.
Mit Bescheid vom 08.06.2006 lehnte die Beklagte die Feststellung des Ereignisses vom 15.09.2004 als Arbeitsunfall und einen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Unter Berücksichtigung aller Umstände und Würdigung der Angaben des Klägers, der ihn behandelnden Ärzte und seiner Kollegen sei es nicht bewiesen, dass er am 15.09.2004 bei einer versicherten Tätigkeit einen Unfall erlitten habe.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er habe gegenüber Dr. L. geäußert, dass sich seine Handgelenksschmerzen nicht erklären könnten, es aber schon vor längerer Zeit ein Ereignis gegeben habe, bei dem er auf Grund eines abgegangenen Estrich-Förderschlauchs durch die Gegend geschleudert worden sei. Dr. L. habe daraufhin angemerkt, dass eine derartige Verletzung sehr häufig nicht sofort bemerkt werde und erst viel später zu Beschwerden und Schmerzen führe und dass daher und auf Grund des von ihm festgestellten Zustandes der Bruchstellen die Ursache bis zu etwa einem Jahr zurückliegen könne. Auf diese Bemerkung hin habe er den Zeitpunkt des Unfallereignisses recherchiert. Er habe aber nie gesagt, dass der Arbeitsunfall vor einem Jahr stattgefunden habe. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22.09.2006 zurück. In Angelegenheiten der Sozialversicherung gelte der Grundsatz der objektiven Beweis- und Feststellungslast. Danach seien die Folgen des Nicht-Festgestellt-Seins einer Tatsache von demjenigen zu tragen, der aus dieser Tatsache ein Recht herleiten wolle. Dies sei im vorliegenden Fall der Kläger.
Hiergegen erhob der Kläger am 23.10.2006 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens seien nicht alle Möglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhalts ausgeschöpft worden. Insbesondere seien die behandelnden Ärzte nicht zu der Frage eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Ereignis vom 15.09.2004 und der Schädigung des linken Handgelenks befragt worden. Außerdem seien die Angaben der Unfallzeugen keineswegs geeignet, generell das Unfallereignis in Frage zu stellen. Des Weiteren wurde ausgeführt, man müsse sich vergegenwärtigen, dass die Kräfte, die schlagartig auf seine Hand eingewirkt hätten, ausreichend seien, um den schweren und zähen Beton über den Schlauch in höher gelegene Stockwerke zu befördern, sodass bei einer entsprechenden Einwirkung auf ein Körperteil die Entstehung entsprechender Verletzungen unausweichlich sei. Diesbezüglich sei ein unfallmedizinisches Gutachten einzuholen. Außerdem hätten die Zeugen bestätigen können, dass der Schlauch abgesprungen gewesen sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 23.07.2008 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, es fehle am Nachweis eines am 15.09.2004 erlittenen Primärschadens. Es habe nämlich kein Unfallereignis festgestellt werden können, das geeignet gewesen sei, einen Kahnbeinbruch zu verursachen. Der Kläger habe angegeben, sich an einen Sturz auf das betroffene Handgelenk oder einen Schlag von Schlauch oder Kupplung gegen dieses Körperteil nicht zu erinnern. Zeugen, die eine solche äußere Einwirkung gesehen haben könnten oder zeitnah zum verfahrensgegenständlichen Ereignis erhobene ärztlichen Befunde, die Rückschlüsse auf eine solche Einwirkung zuließen, gebe es nicht. Die einzigen äußeren Einwirkungen, die zumindest der Kläger selbst bestätigen könne, bestünden in der Vibration des vom Kläger festgehaltenen Schlauches und dessen plötzliche Bewegung, als sich die Kupplung von der Estrichpumpe gelöst habe. Einwirkungen dieser Art seien auf Grund ihrer geringen Intensität nicht geeignet, einen Knochenbruch zu verursachen. Der Kläger selbst sei dementsprechend zunächst davon ausgegangen, er habe sich das Handgelenk entweder beim Sturz angeschlagen oder das Gelenk sei vom Schlauch beziehungsweise der Kupplung getroffen worden. Dabei handle es sich jedoch um eine Spekulation. Ein Sturz auf oder Schlag gegen das Handgelenk könne auch nicht vor dem Hintergrund als bewiesen angesehen werden, dass der Kläger selbst eine andere Ursache des Schadens ausschließe. Gerade der vorliegende Fall bestätige den Erfahrungssatz, dass Kahnbeinbrüche durch vergleichsweise banale alltägliche Vorkommnisse verursacht werden könnten. Selbst wenn man schließlich zu Gunsten des Kläger ein - wie auch immer geartetes - grundsätzlich geeignetes Unfallereignis im Sinne eines Sturzes oder Schlages im Bereich des Handgelenks unterstellen würde, verbliebe eine erhebliche Unklarheit über die Einzelheiten des Unfallmechanismus. Dies würde dazu führen, dass eine valide Beurteilung der haftungsbegründenden Kausalität, also der Frage, ob dieses Unfallereignis rechtlich wesentliche Ursache der Kahnbeinverletzung sei - nicht möglich wäre. Diese setze nämlich eine möglichst exakte Unfallanamnese voraus.
Gegen den Gerichtsbescheid hat der Kläger am 21.08.2008 Berufung eingelegt. Seine Verletzung beziehungsweise die daraus resultierende gesundheitliche Folge passe sehr gut in den medizinischen zeitlichen Ablauf. Der Unfall sei im September 2004 gewesen und eine Zunahme der zunächst eher mäßigen Beschwerden sei ab Januar 2005 erfolgt. Dies sei medizinisch gesehen eher ein typischer und kein ungewöhnlicher zeitlicher Verlauf. Es seien keinerlei Anhaltspunkte erkennbar, die andere Anlässe in Betracht kommen ließen. Außerdem hätten Zeugen bestätigt, dass sich der Druckschlauch gelöst habe. Somit sei die wichtigste Ausgangsursache bewiesen. Die Kräfte bei Schläuchen, die unter erheblichem Druck stünden, seien heftig, unkontrollierbar und auch unvorhersehbar. Es sei weiterhin mehr als sehr wahrscheinlich, dass man im Fallen versuche, sich mit den Händen abzufangen, somit sich also auch ein Sturz auf die Hand ereignet habe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 23.07.2008 und den Bescheid vom 08.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2006 aufzuheben, das Ereignis vom 15.09.2004 als Arbeitsunfall festzustellen, eine Scaphoid-Pseudarthrose nach Kahnbeinbruch links als Folge dieses Arbeitsunfalls festzustellen und ihm eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mindestens 20 vom Hundert (v. H.) zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Gerichtsbescheid des SG sei nicht zu beanstanden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den Rechtsstreit durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.
Das SG hat von seinem Standpunkt ausgehend, die Klage sei, nachdem die Beklagte die Feststellung des Ereignisses vom 15.09.2004 als Arbeitsunfall und Leistungen jedweder Art aus der gesetzlichen Unfallversicherung abgelehnt hatte und ein ausdrücklicher Klageantrag nicht gestellt worden war, als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG auszulegen, zu Recht diese Klage abgewiesen. Sofern der Kläger nun im Berufungsverfahren auch die Gewährung einer Verletztenrente geltend macht, handelt es sich um eine kombinierte Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG i. V. m. § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG. Diese Klageänderung ist, nachdem sich die Beklagte hierzu, ohne der Klageänderung zu widersprechen, eingelassen hat, nach § 153 Abs. 1 SGG i. V. m. § 99 Abs. 1 und 2 SGG zulässig.
Die Beklagte hat es mit dem Bescheid vom 08.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2006 zu Recht abgelehnt, das Ereignis vom 15.09.2004 als Arbeitsunfall festzustellen und Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente.
Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung die für den Rechtsstreit maßgeblichen Rechtsvorschriften sowie die hierzu ergangene Rechtsprechung zutreffend und umfassend dargestellt und ausgeführt, weshalb das Ereignis vom 15.09.2004 nicht als Arbeitsunfall festzustellen ist. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen nach eigener Prüfung unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zur Vermeidung von Wiederholungen an (§ 153 Abs. 2 SGG).
Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren ist gegenüber der angefochtenen Entscheidung des SG eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt. Entgegen der Ansicht des Klägers genügt nicht der Nachweis irgend eines Unfallereignisses. Vielmehr ist für einen Arbeitsunfall erforderlich, dass eine der versicherten Tätigkeit zurechenbare Verrichtung zu einem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Beweisrechtlich ist dabei zu beachten, dass nicht nur die der versicherten Tätigkeit zurechenbare Verrichtung und das Unfallereignis, sondern auch der Gesundheitserstschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein muss (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R). Dies ist indes vorliegend nicht der Fall. Es steht eben gerade nicht fest, dass es bei dem Ereignis vom 15.09.2004 zu einer Schädigung des linken Handgelenks des Klägers und damit zu einem Gesundheitserstschaden gekommen ist. Außerdem gibt es im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache unterstellt werden kann, dass ein Gesundheitserstschaden vorgelegen haben muss. Denn dies würde zu einer nicht zu rechtfertigenden Beweislastumkehr führen.
Da somit ein Arbeitsunfall nicht festzustellen war, sind auch die Voraussetzungen für eine Verletztenrente nach § 56 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) nicht gegeben.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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