L 6 SB 4704/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 547/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 4704/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 23. August 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Grad der Behinderung (GdB) beim Kläger wegen einer wesentlichen Verschlimmerung nunmehr mit 100 statt wie bisher mit 80 zu bewerten ist.

Bei dem 1948 geborenen Kläger stellte das frühere Versorgungsamt F. (VA) den GdB zuletzt mit 60 seit 19. Juli 2000 fest (Ausführungsbescheid vom 26. Mai 2003). Grundlage dessen war der in dem vor dem Sozialgericht Konstanz (SG) geführten Rechtsstreit S 1 SB 387/01 geschlossene Vergleich, bei dem die nachfolgend genannten Funktionsbeeinträchtigungen berücksichtigt wurden:

Funktionelle Organbeschwerden, seelische Störung, Migräne, chronische Magenschleimhautentzündung Teil-GdB 30 Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Schulter-Arm-Syndrom Teil-GdB 30 Hüftgelenksendoprothese links, Funktionsbehinderung des rechten Hüftgelenks, Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, Arthrose Teil-GdB 30 Bronchialasthma Teil-GdB 20.

Am 5. Juli 2005 beantragte der Kläger die Erhöhung des GdB, wobei er zum einen eine Verschlimmerung der orthopädischen Beschwerden und zum anderen als neu aufgetretene Behinderungen einen Zustand nach Schlaganfall und einen Verlust des rechten Auges geltend machte. Das nunmehr zuständige Landratsamt K. (LRA) zog von dem Internisten Dr. M. dessen Arztbrief vom 30. Juni 2005 bei und holte die Befundberichte des Neurologen und Psychiaters Dr. V. vom 26. Juli 2005, des Augenarztes Dr. H. vom 29. Juli 2005 sowie des Facharztes für Orthopädie Dr. M. vom 23. August 2005 ein, der seiner Auskunft u.a. verschiedene Arztbriefe beifügte. Das LRA holte sodann die versorgungsärztliche (v.ä.) Stellungnahme des Prof. Dr. K. vom 20. September 2005 ein, der eine wesentliche Verschlimmerung insbesondere aufgrund des Augenbefundes mit einem Verlust des Sehvermögens rechts sah, und deshalb die Anhebung des Gesamt-GdB auf 80 für angemessen erachtete. Die beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen bewertete er wie folgt:

Funktionelle Organbeschwerden, seelische Störung, Migräne Teil-GdB 30 Chronische Magenschleimhautentzündung Teil-GdB 10 Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Schulter-Arm- Syndrom, Funktionsbehinderung des rechten Handgelenks Teil-GdB 30 Hüftgelenksendoprothese links, Funktionsbehinderung des rechten Hüft- gelenks Teil-GdB 20 Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, Arthrose, Gicht mit Gelenk- beteiligung Teil-GdB 10 Bronchialasthma Teil-GdB 20 Verlust des Sehvermögens rechts, Sehminderung links Teil-GdB 40.

Mit Bescheid vom 5. Oktober 2005 hob das LRA den Bescheid vom 26. Mai 2003 gemäß § 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) auf und stellte den GdB ab 5. Juli 2005 mit 80 fest.

Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, der festgestellte GdB werde seinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht gerecht; der Gesamt-GdB sei auf 100 anzuheben. Er leide mehrfach pro Woche an Migräneanfällen, für die nach den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) schon allein ein Teil-GdB von 30 gerechtfertigt sei. Ebenfalls mit 30 sei wegen der deutlichen Beeinträchtigung der psychosozialen Funktionsfähigkeit die seelische Störung zu bemessen, da eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vorliege. Soweit man die angesprochenen Gesundheitsstörungen zusammenfassen wolle, seien diese zumindest mit einem GdB von 40, wenn nicht sogar mit einem solchen von 50 zu berücksichtigen. Auch die Beeinträchtigungen von Seiten der Wirbelsäule einschließlich der Schmerzsymptomatik seien höher zu bewerten und zwar mit einem Teil-GdB von 30, wobei das mitberücksichtigte Schulter-Arm-Syndrom sowie die Handgelenkserkrankung zu einer Gesamtbewertung von 40 zwängen. Die Funktionsbehinderung beider Kniegelenke sei schon im Hinblick auf die gegenseitige Verstärkung nicht lediglich mit einem Teil-GdB von 10, sondern mit einem solchen von 20 zu bewerten. Das LRA holte die v.ä. Stellungnahme der Dr. M.-K. vom 14. November 2005 ein, die die Bewertung mit einem Gesamt-GdB von 80 für angemessen erachtete. Zur Begründung führte sie aus, die Somatisierungsstörung beim Kläger überlagere die weiter anerkannten körperlichen Beschwerden deutlich. Diese seien entsprechend den AHP für eine stärker behindernde psychische Störung weiterhin angemessen mit einem Teil-GdB von 20 bewertet. Eine wesentliche dauerhafte Verschlimmerung sei nicht eingetreten. Im Bereich der Wirbelsäule liege weiterhin eine Einschränkung der Lendenwirbelsäulenbeweglichkeit vor, die entsprechend den AHP als Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt angemessen mit 20 bewertet seien. Die Beeinträchtigungen im Bereich des rechten Handgelenks rechtfertigten ebenfalls einen Teil-GdB von 20. Für die Hüftgelenksbefunde mit einer deutlichen Einschränkung der Beugefähigkeit sei ein Teil-GdB von 30 anzunehmen, was jedoch keine Auswirkungen auf den Gesamt-GdB habe. Für den Bereich der Kniegelenke ergäben sich keine neuen Aspekte. Da nach Gichtbehandlung eine Besserung der entzündlichen Veränderungen am rechten Mittelfuß und Sprunggelenk eingetreten sei, sei der diesbezügliche GdB von 10 weiterhin angemessen. Im Hinblick auf das Bronchialasthma sei keine wesentliche Verschlimmerung dokumentiert. Die Bewertung mit einem GdB von 20 sei eher weitreichend und berücksichtige auch zeitweilige Verschlechterungen der Atmungsfunktion im Rahmen von vorübergehenden Infekten oder saisonalen Verschlimmerungen bei allergischer Disposition. Für den Verlust der Sehfähigkeit des rechten Auges sowie die Herabsetzung der Sehkraft links auf 0,6 sei der berücksichtigte Teil-GdB von 40 angemessen. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 2006 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Dagegen erhob der Kläger am 27. Februar 2006 beim SG Klage, mit der er sein Begehren auf Feststellung des GdB mit 100 weiterverfolgte. Er wiederholte sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren, wonach die Migräne ebenso wie die seelische Störung jeweils für sich betrachtet bereits einen GdB von 30 rechtfertigten, so dass aufgrund der erfolgten Zusammenfassung insoweit ein Einzel-GdB von 50 anzusetzen sei. Ebenso seien die orthopädischen Beeinträchtigungen höher zu bewerten. Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage seiner Verwaltungsakten und unter Aufrechterhaltung seines bisherigen Standpunktes, nach dem die Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers mit einem Gesamt-GdB von 80 angemessen bewertet seien, entgegen. Er legte zu den vom SG durchgeführten Ermittlungen die v.ä. Stellungnahmen des Dr. B. vom 5. Oktober 2006 und der Dr. F. vom 20. April 2007 vor. Die Bewertung der Teil-GdB-Werte wurde entsprechend der jeweils betroffenen Organsysteme darin wie folgt neu vorgenommen:

Seelische Störung, funktionelle Organbeschwerden, Kopfschmerzsyndrom, Migräne Teil-GdB 30 Sehminderung beidseits Teil-GdB 30 Hüftgelenksendoprothese links, Funktionsbehinderung des rechten Hüftgelenks, Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, Gicht mit Gelenkbeteiligung Teil-GdB 30 Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Schulter-Arm-Syndrom Teil-GdB 20 Funktionsbehinderung des rechten Handgelenks Teil-GdB 20 Bronchialasthma Teil-GdB 20 Chronische Magenschleimhautentzündung Teil-GdB 10.

Das SG hörte Dr. V. und Dr. M. jeweils unter dem 3. Mai 2006, den Facharzt für Allgemeinmedizin B. unter dem 11. Mai 2006, den Internisten Dr. K. unter dem 12. Mai 2006, den Augenarzt Dr. F. unter dem 23. Mai 2006, den Facharzt für Innere Medizin Dr. B. unter dem 30. Mai 2006 und den Augenarzt Dr. H. unter dem 14. Juli 2006 schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. V. berichtete von einer chronifizierten somatisierten Depression, einem chronischen Spannungskopfschmerz, schweren Ein- und Durchschlafstörungen sowie einem chronischen HWS- und LWS-Syndrom und schätzte den GdB auf dem Fachgebiet der Nervenheilkunde mit 60 ein. Nach den Ausführungen des Dr. M. standen im Rahmen der Behandlung einerseits eine chronische Lumbalgie sowie andererseits Beschwerden nach Implantation einer Hüft-TEP links im Vordergrund, wobei sich Lockerungszeichen klinisch und radiologisch nicht eindeutig hätten nachweisen lassen. Zwischenzeitlich sei auch die Hüfte rechts mittelgradig arthrotisch verändert. Arthrotische Veränderungen seien auch kontinuierlich zunehmend im Bereich beider Kniegelenke aufgetreten. Zu einer GdB-Bewertung sah sich Dr. M. nicht in der Lage. Der Allgemeinmediziner B., der den Kläger hausärztlich betreut, sah die Behinderungen des Klägers im Wesentlichen bedingt durch die Erblindung rechts, die chronische Lungenerkrankung, die Hüftgelenksarthrose sowie die Depression und schätzte die "MdE auf ca. 80 - 90%". Dr. K. beschrieb im Rahmen seiner Ausführungen ein Asthma bronchiale und eine chronische Sinusitis, wobei das Asthma unter laufender Therapie derzeit keine funktionellen Beeinträchtigungen zeige. Während der Pollensaison komme es infolge der allergischen Atemwegserkrankung allerdings zu stärkerer Verschleimung, während die Atemwege im Winter deutlich stabiler seien. Seines Erachtens sei die Atemwegserkrankung mit einem GdB von 30 zu bewerten. Dr. F. beschrieb von augenärztlicher Seite aufgrund der Sehnervenatrophie eine praktische Erblindung des rechten Auges, wobei die Funktion auf das Erkennen von Handbewegungen herabgesetzt sei. Am linken Auge betrage die Sehschärfe mit Brillenkorrektur bei einem normalen Gesichtsfeldbefund 0,8. In seiner Auskunft vom 30. Mai 2006 berichtete Dr. B. von einer einmaligen Vorstellung des Klägers im Mai 2006, bei dem er echokardiographisch einen Normalbefund sowie minimale Gefäßveränderungen erhoben habe. Dr. H., bei dem der Kläger bis zur Übernahme der Behandlung durch Dr. F. in Behandlung stand, bestätigte die fast vollständige Erblindung des rechten Auges und teilte für das linke Auge eine am 9. Januar 2006 gemessene Sehschärfe von 0,7 mit. Den GdB bewertete er von Seiten seines Fachgebiets mit 35. Das SG erhob sodann das nervenärztliche Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. L. vom 16. Januar 2007. Dieser beschrieb auf seinem Fachgebiet eine Depression, ein schmerzhaftes Wirbelsäulensyndrom sowie eine Migräne, für die er jeweils einen Teil-GdB von 20 für angemessen erachtete. Unter weiterer Berücksichtigung einer Sehminderung mit einem Teil-GdB von 40 gelangte er auf seinem Fachgebiet zu einem Gesamt-GdB von 50. Mit Gerichtsbescheid vom 23. August 2007 wies das SG die Klage im Wesentlichen mit der Begründung ab, im Hinblick auf die beim Kläger eingetretene Verschlimmerung sei der GdB zutreffend auf 80 angehoben worden. Die von dem Beklagten zugrunde gelegten Teil-GdB-Werte seien zutreffend und rechtfertigten im Rahmen einer Gesamtbeurteilung keinen höheren GdB als 80. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des den Bevollmächtigten des Klägers am 27. August 2007 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheids verwiesen.

Am 27. September 2007 hat der Kläger dagegen Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt, mit der er sein Begehren auf Feststellung eines GdB von 100 weiter verfolgt. Zur Begründung macht er geltend, der Orthopäde Dr. M. habe in seiner dem SG erteilten Auskunft vom 3. Mai 2006 von einer kontinuierlichen Verschlechterung, insbesondere der Hüft- und Kniegelenkserkrankung berichtet. Dies lege eine Anhebung der Teil-GdB-Werte sowohl für die Hüftgelenkserkrankung als auch die Kniegelenkserkrankung nahe. Allein schon hierdurch sei der bisherige Gesamt-GdB anzuheben. Dies gelte selbst dann, wenn man lediglich den von dem Sachverständigen Dr. L. für das nervenärztliche Fachgebiet für angemessen erachteten GdB von 50 zu Grunde legen wolle. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass der Neurologe und Psychiater Dr. V. in seiner dem SG erteilten Auskunft den GdB auf seinem Fachgebiet bereits mit 60 angegeben habe. Für die Sehminderung sei im Übrigen ein GdB von 40 anzusetzen. Da sich die Beeinträchtigungen nicht bzw. nicht sonderlich überlappten, rechtfertige sich insgesamt ein GdB von 100.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 23. August 2007 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 5. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 25. Januar 2006 zu verurteilen, den GdB ab 5. Juli 2005 mit 100 festzustellen. Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für richtig. Zu dem gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingeholten Gutachten des Dr. F. sowie dessen ergänzenden Ausführungen hat er die v.ä. Stellungnahmen des Dr. G. vom 1. Dezember 2008 bzw. 16. Februar 2009 vorgelegt.

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat der Senat das Gutachten des Dr. F., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, vom 23. September 2008 erhoben. Dieser bewertet ein chronisches Wirbelsäulenschmerzsyndrom mit einem Teil-GdB von 30, eine Rotatorenmanschettenläsion bei chronischer Tendinitis beidseits, ein Impingement-Syndrom der Schultern beidseits, einen Handgelenksschmerz rechts bei radiologisch angedeuteten degenerativen Veränderungen und Bewegungseinschränkung im Sinne einer Arthrose sowie eine Pseudarthrose der Clavikula links mit einem Teil-GdB von 30 sowie eine reizlos einliegende Hüfttotalendoprothese links mit Funktionseinbußen und chronischem Schmerzsyndrom bei beginnender Coxarthrose rechts und Genua valga beidseits mit chronischem Fußschmerz mit einem Teil-GdB von 30. Auf orthopädisch-unfallchirurgischem Fachgebiet hielt er insgesamt einen GdB von 70 für angemessen. An dieser Beurteilung hielt er auch in seiner Replik vom 13. Januar 2009 zur v.ä. Stellungnahme des Dr. G. vom 1. Dezember 2008 fest.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge, einschließlich der Akte des Verfahrens S 1 SB 387/01 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid des Beklagten vom 5. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Januar 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat den GdB beim Kläger wegen einer wesentlichen Verschlimmerung der Funktionsbeeinträchtigungen zutreffend auf 80 erhöht. Die eingetretene Verschlimmerung rechtfertigt es jedoch nicht, die Gesamtheit der Funktionsbeeinträchtigungen nunmehr noch höher zu bewerten.

Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass der GdB wegen der beim Kläger eingetretenen wesentlichen Verschlimmerung der Funktionsbeeinträchtigungen von bisher 60 zu erhöhen war, jedoch ein höherer Wert als der festgestellte GdB von 80 nicht erreicht wird. Der Gesundheitszustand des Klägers hat sich im Vergleich zu dem Zustand, wie er noch dem Bescheid vom 26. Mai 2003 zu Grunde gelegen hat, nämlich nicht so dramatisch verschlechtert, dass anstelle des bisherigen GdB von 60 nunmehr eine Bewertung mit einem GdB von 100 geboten wäre. Zu den von dem Beklagten im Einzelnen berücksichtigten Funktionsbeeinträchtigungen und deren Bewertung hat sich das SG in der angefochtenen Entscheidung zutreffend geäußert und sich in nicht zu beanstandender Weise der Einschätzung des Dr. B. in seiner v.ä. Stellungnahme vom 5. Oktober 2006 angeschlossen. Der Senat teilt diese Beurteilung des SG und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung.

Im Berufungsverfahren hat sich der Kläger - wie schon im Klageverfahren - ausschließlich gegen die Bewertung des GdB von nervenärztlicher und orthopädischer Seite einerseits sowie von augenärztlicher Seite andererseits gewandt. Die Bewertung des Bronchialasthma mit einem Teil-GdB von 20 und der chronischen Magenschleimhautentzündung mit einem Teil-GdB von 10 hat er nicht angegriffen.

Soweit der Kläger geltend macht, der augenärztliche Befund rechtfertige die Bemessung mit einem GdB von 40, hat er eine Begründung für seine diesbezügliche Einschätzung nicht gegeben. Offenbar ist der Kläger jedoch der Auffassung, dass ein GdB von 40 deshalb in die Gesamtbeurteilung einzustellen sei, weil der Beklagte ausgehend von der v.ä. Stellungnahme des Prof. Dr. K. vom 20. September 2005 seiner Gesamtbeurteilung für die Einschränkung der Sehfähigkeit zunächst einen Teil-GdB von 40 zu Grunde gelegt hat. Diese Bewertung beruhte auf dem Befundbericht des Dr. H. vom 29. Juli 2005, der neben dem fast vollständigen Funktionsverlust des rechten Auges für das linke Auge einen Visus von 0,6 (Befund vom 29. Juni 2005) mitgeteilt hatte. Ein Visus von 0,6 ist bei den augenärztlichen Kontrolluntersuchungen in der Folgezeit jedoch nicht mehr dokumentiert worden. Vielmehr berichtete Dr. H. in seiner dem SG erteilten Auskunft vom 14. Juli 2006 von einer am 9. Januar 2006 durchgeführten Visuskontrolle, bei dem er einen Wert von 0,7 erhoben hatte. Dr. F., zu dem sich der Kläger dann ab 16. Januar 2006 in augenärztliche Behandlung ergeben hat, ermittelte ausweislich seiner dem SG erteilten Auskunft vom 23. Mai 2006 bei einer Visuskontrolle am 3. Mai 2006 dann linksseitig eine Sehschärfe mit Korrektur von 0,8. Vor diesem Hintergrund kann der Bemessung des GdB nicht mehr der Visus von 0,6 zu Grunde gelegt werden. Vielmehr kann für die Sehminderung unter Anwendung der MdE-Tabelle der DOC lediglich noch ein GdB-Wert von 30 angenommen werden, wovon auch Dr. F. im Rahmen seiner dem SG erteilten Auskunft zutreffend ausgegangen ist. Diese Tabelle sieht bei einer Sehschärfe von rechts 0 und links 0,8, wie sie beim Klägers vorliegt, einen GdB von 30 vor. Der Beklagte ist insbesondere auch aus Rechtsgründen nicht verpflichtet, insoweit weiterhin den ursprünglich angenommenen Teil-GdB-Wert von 40 zu Grunde zu legen. Denn die Bewertung einzelner Funktionsbeeinträchtigungen erwächst anders als der festgestellte Gesamt-GdB nicht in Bindungswirkung. Demnach kann für die Sehbehinderung des Klägers im Rahmen der Gesamtbeurteilung lediglich ein Teil-GdB von 30, nicht aber ein solcher von 40 in die Bewertung mit eingestellt werden.

Soweit der Kläger gestützt auf die Auskunft des Dr. V. vom 3. Mai 2006 geltend macht, von Seiten des neurologisch/psychiatrischen Fachgebietes sei von einem GdB von 60 auszugehen, ist darauf hinzuweisen, dass aus den Ausführungen des Dr. V. nicht eindeutig hervorgeht, dass er damit lediglich die von ihm angegebenen nervenärztlichen Beeinträchtigungen (chronifizierte somatisierte Depression, Spannungskopfschmerz, Ein- und Durchschlafstörungen) bewertet hat. Denn im Rahmen seiner Ausführungen hat er im Zusammenhang mit den erwähnten Beeinträchtigungen als weitere Erkrankungen auch ein chronisches HWS- und LWS-Syndrom angegeben und dann im Folgesatz den GdB auf seinem Fachgebiet, der Nervenheilkunde mit 60 eingeschätzt. Angesichts dessen ist zu vermuten, dass Dr. V. in seine diesbezügliche Bewertung auch die Schmerzsituation von Seiten des HWS- und LWS-Syndroms mit einbezogen hat, sodass bei der Ermittlung des Gesamt-GdB allein für das nervenärztliche Fachgebiet nicht ohne Weiteres von einem GdB von 60 ausgegangen werden kann. Der Senat vermag die danach nicht eindeutige Einschätzung des Dr. V. daher nicht zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen zu machen. Der Senat hält vielmehr das vom SG erhobene nervenärztliche Gutachten des Dr. Lang für nachvollziehbar und überzeugend und bewertet dementsprechend die mit "seelische Störung, funktionelle Organbeschwerden, Kopfschmerzsyndrom, Migräne" zusammengefassten nervenärztlichen Beeinträchtigungen ausgehend von Teil-GdB-Werten von jeweils 20 für die Depression und die Migräne im Sinne der Beurteilung des Dr. L. mit einen Teil-GdB von 30, wie dies auch Dr. F. in ihrer v.ä. Stellungnahme vom 20. April 2007 für vertretbar erachtet hat. Ein höherer GdB als 30 rechtfertigt sich für das nervenärztliche Fachgebiet nur dann, wenn man dabei neben dem Wirbelsäulensyndrom auch die Sehminderung rechts, die durch eine Sehnervatrophie bedingt ist, mit einbezieht. Keinesfalls ist es jedoch gerechtfertigt auch ohne Berücksichtigung der Sehminderung, die im Rahmen der Auskunft des Dr. V. keine Erwähnung gefunden hat und diesem deshalb wohl auch nicht bekannt ist, von nervenärztlicher Seite den GdB mit 60 zu bewerten.

Letztlich vermag der Senat auch dem gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten des Dr. F. keine Gesichtspunkte zu entnehmen, die es rechtfertigen könnten, den Gesamt-GdB über den Wert von 80 hinaus anzuheben. Den von Dr. F. für das orthopädische Fachgebiet für angemessen erachteten GdB von 70 hält der Senat vor dem Hintergrund der von dem Sachverständigen beschriebenen orthopädischen Funktionsbeeinträchtigungen für deutlich überhöht. Die von ihm angenommenen Teil-GdB-Werte lassen sich auf der Grundlage der anlässlich der gutachtlichen Untersuchung erhobenen Befunde nicht in vollem Umfang nachvollziehen. So kommt ein GdB von 30 für Wirbelsäulenschäden, wie von Dr. F. angenommen, sowohl nach den vom Senat bis 31. Dezember 2008 im Interesse der Gleichbehandlung aller Behinderten in ständiger Rechtssprechung herangezogenen AHP als auch nach den seit 1. Januar 2009 anzuwendenden "Versorgungsmedizinischen Grundsätzen" (VG) erst bei schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt oder bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten in Betracht. Solche Auswirkungen lassen sich anhand der von Dr. F. dokumentierten Befunde jedoch nicht hinreichend nachvollziehen. So sind für die Halswirbelsäule nur geringgradige Bewegungseinschränkungen dokumentiert. Die Entfaltbarkeit der Rumpfwirbelsäule zeigte sich bei einem Zeichen nach Schober von 10/12 cm und einem Zeichen nach Ott von 30/31 cm zwar als mittelgradig vermindert, jedoch konnte der Kläger die Seitneigung und Rotation des Rumpfes regelrecht durchführen. Entsprechend rechtfertigt sich nicht die Annahme, dass mittelschwere funktionelle Auswirkungen gerade auch in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorhanden sind. Soweit Dr. F. im Rahmen seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13. Januar 2009 ausgeführt hat, anlässlich seiner Untersuchung habe sich gezeigt, dass insgesamt drei Wirbelsäulenabschnitte betroffen seien, weil deutliche Bewegungseinschränkungen im Bereich der BWS und LWS vorhanden seien und zusätzlich noch eine Bewegungseinschränkung im HWS-Bereich vorliege, hat Dr. G. zutreffend darauf hingewiesen, dass Wirbelsäulenschäden nach einzelnen Wirbelsäulenabschnitten bewertet werden und in erster Linie die insoweit jeweils ermittelten Funktionseinschränkungen heranzuziehen sind, nicht jedoch die ggf. durch bildgebende Verfahren objektivierten degenerativen Veränderungen. Entsprechend ist Dr. G. zutreffend davon ausgegangen, dass beim Kläger zwar von einer mittelgradig verminderten Entfaltbarkeit der Rumpfwirbelsäule, mithin von mittelgradigen funktionellen Einschränkungen im Bereich der BWS ausgegangen werden kann, nicht jedoch gleichzeitig auch von mittelgradigen Funktionseinschränkungen im Bereich der LWS. Denn der Kläger konnte sowohl die Seitneigung als auch die Rotation der Rumpfwirbelsäule noch regelrecht durchführen, was die Annahme mittelgradiger Einschränkungen in diesem Bereich ausschließt. Dementsprechend ist die von Dr. F. für den Bereich der Wirbelsäule vorgeschlagene Bewertung mit einem Teil-GdB von 30 überhöht, so dass sich insoweit lediglich die Zugrundelegung eines GdB von 20 rechtfertigt.

Auch die von Dr. F. mit einem Teil-GdB von 30 bewerteten Funktionsbeeinträchtigungen der oberen Gliedmaßen hält einer Überprüfung nicht stand. Insoweit hat Dr. G. ebenfalls zutreffend darauf hingewiesen, dass für den Bereich der Schultergelenke keine Funktionseinschränkungen dokumentiert sind, die die Bewertung mit einem GdB von 30 rechtfertigen. So ist in den AHP bzw. den VG für eine Instabilität des Schultergelenks mittleren Grades mit auch häufigeren Ausrenkungen bspw. ein GdB von 20 bis 30 vorgesehen, und bei schwerer Instabilität ein GdB von 40. Bei Bewegungseinschränkungen des Schultergelenks einschließlich des Schultergürtels, bei denen die Armhebung nur bis zu 120 Grad mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit möglich ist, wird ein GdB von 10 angenommen. Ein GdB von 20 wird erst dann erreicht, wenn die Armhebung nur noch bis zu 90 Grad bei entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit möglich ist. Eine dieser Beeinträchtigung vergleichbare Einschränkung der Bewegungsfähigkeit im Schulterbereich ist in dem Gutachten des Dr. F. nicht dokumentiert. Der Kläger war - wenn auch erschwert - immerhin in der Lage, den Schürzen- und Nackengriff beidseits durchzuführen; sichere motorische Ausfälle im Bereich der Schultergürtelmuskulatur sind ebenfalls nicht dokumentiert. Auf dieser Grundlage erachtet der Senat die Einschätzung des Dr. G., wonach der bisher berücksichtigte Teil-GdB von 20 für die Funktionsbehinderung des rechten Handgelenks, das bei einer Streckung/Beugung von 70-0-70 Grad noch eine gute Funktion zeigt, nur dann beibehalten werden kann, wenn man die Funktionsbehinderung der Schultergelenke einschließlich der von Dr. F. erstmals dokumentierten Falschgelenkbildung des linken Schlüsselbeins, von der als solcher allerdings keine wesentlichen Einschränkungen ausgehen, mit in die Beurteilung einbezieht.

Nachdem Dr. F. die Beeinträchtigungen von Seiten der Hüft- und Kniegelenke ebenso wie der Beklagte mit einem Einzel-GdB von 30 bewertet hat, sind in die Gesamtbewertung von orthopädischer Seite Teil-GdB-Werte von 30, 20 und 20 einzustellen. Keinesfalls lassen diese Funktionsbeeinträchtigungen für das orthopädische Fachgebiet jedoch eine Bewertung mit einem GdB von 70 zu, wie dies Dr. F. angenommen hat. Denn dies käme einer Addition von Einzel-GdB-Werten gleich, die unzulässig ist.

Nach alledem ergibt ein Vergleich der beim Kläger aktuell vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen mit jenen, wie sie noch dem Bescheid vom 26. Mai 2003 zugrunde gelegen haben, dass im Wesentlichen lediglich die Sehminderung, die für sich betrachtet einen Teil-GdB von 30 rechtfertigt, hinzugetreten ist, während in den übrigen Funktionsbeeinträchtigungen, sei es von nervenärztlicher oder orthopädischer Seite, keine Verschlimmerung eingetreten ist, die es rechtfertigen würde, höhere Teil-GdB-Werte mit Auswirkungen auf die Bemessung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen. Demnach ist nicht zu beanstanden, dass es der Beklagte und ihm folgend das SG für angemessen erachtet haben, den Gesamt-GdB lediglich von 60 auf 80, nicht aber auf den begehrten Wert von 100 anzuheben.

Die Berufung des Klägers konnte somit keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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