L 6 SB 6078/08 PKH-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SB 1664/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 6078/08 PKH-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 18.11.2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe.

Der 1950 geborene Kläger beantragte am 28.01.2008 die Festestellung seines Grades der Behinderung (GdB). Er legte die Arztbriefe der n. clinic / Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. K./Dr. K./Dr. J. vom 11.12.2007 (Diagnosen: Spondyl- arthrose der Lendenwirbelsäule, Iliosakralgelenkschmerzen rechts, Verdacht auf retropatellaren Knorpelschaden des Kniegelenks links, Innenbandinsuffizienz des Kniegelenks links, Zustand nach Innenmeniskusläsion links) und vom 18.01.2008 (Diagnose: Ausschluss eines signifikanten Kniebinnenschadens links) vor. Dr. berücksichtigte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 14.02.2008 eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und Nervenwurzelreizerscheinungen (Teil-GdB 20) sowie Knorpelschäden am linken Kniegelenk (Teil-GdB 10) als Funktionsbeeinträchtigungen und beurteilte den Gesamt-GdB mit 20. Mit Bescheid vom 25.02.2008 stellte das Landratsamt A. (LRA) den GdB mit 20 seit 28.01.2008 fest. Hiergegen legte der Kläger unter Vorlage u.a. einer für die Bundesagentur für Arbeit unter dem 05.12.2007 erstellten gutachterlichen Äußerung der Internistin und Sozialmedizinerin Dr. W. Widerspruch ein. Nach Einholung der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. Sch. vom 20.03.2008 wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2008 zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 09.05.2008 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG). Das SG hörte die Fachärztin für Allgemeinmedizin und Natruheilverfahren Dr. L. und den in der n. clinic praktizierenden Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie Dr. G. als sachverständige Zeugen. Dr. L. führte unter dem 28.07.2008 aus, es liege ein multiloculäres Beschwerdebild vor. Es bestünden Schmerzen im Kreuzbereich, im Schulterbereich und im linken Kniegelenk. Der Kläger sei nur mit Unterarmgehstütze gehfähig. Sie schätze den GdB mit 60 ein. Dr. G. führte unter dem 19.08.2008 aus, es bestünden altersentsprechende degenerative Veränderungen im unteren Anteil der Lendenwirbelsäule sowie eine geringgradige Innenbandsuffizienz des linken Kniegelenks. Der Schweregrad der hierdurch bedingten Funktionsbeeinträchtigungen sei mit leicht zu beurteilen. Die Zuordnung eines GdB zu einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen oder einer gesamthaften Funktionsbeeinträchtigung ergebe sich nicht.

Am 07.11.2008 beantragte der Kläger die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Mit Beschluss vom 18.11.2008 lehnte das SG diesen Antrag ab. Zur Begründung führte es aus, die Klage habe keine Erfolgsaussichten. Zwar habe Dr. L. den GdB mit 60 eingeschätzt. Diese Einschätzung sei aber mit den hier allein anwendbaren Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) 2008 (AHP) schlichtweg nicht in Einklang zu bringen. Nach Nr. 26.18 AHP ergebe eine muskulär kompensierbare Lockerung des Kniebandapparates lediglich einen GdB von 10. Nur wenn damit eine Gangunsicherheit einhergehe und die Lockerung des Kniebandapparates unvollständig kompensierbar sei, sei ein GdB von 20 annehmbar. Der von Dr. L. in Ansatz gebrachte GdB von 60 wäre beispielsweise bei dem Verlust eines Beines im Unterschenkel bei ungenügender Funktionstüchtigkeit des Stumpfes und der Gelenke zu vergeben. Allein dieser Vergleich zeige die Unhaltbarkeit der von Dr. L. vorgenommenen Bewertung. Dazu habe auch Dr. G., dessen Auskunft schon deshalb der höhere Beweiswert zukomme, da dieser Facharzt für Orthopädie sei, lediglich eine geringgradige Innenbandinsuffizienz des linken Kniegelenks beschrieben und den GdB mit 0 bewertet.

Gegen den ihm am 20.11.2008 zugestellten Beschluss des SG hat der Kläger am 19.12.2008 Beschwerde eingelegt. Die Auskunft des Dr. G. sei nicht richtig. Seine gesundheitlichen Beschwerden seien falsch diagnostiziert und beurteilt. Nach der neuesten Kernspintomographie hätten sich das rechte und das linke Kniegelenk, die Lendenwirbelsäule und die rechte Schulter verschlimmert. Inzwischen sei ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung seit dem 05.02.2006 anerkannt.

Der Kläger beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 18.11.2008 aufzuheben und ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwalts Rainer Schmid, Sterngasse 9, 89073 Ulm zu bewilligen.

Der Beklagte hat sich hierzu nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die gemäß §§ 172 und 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist nicht begründet.

Zu Recht hat das SG den Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für deren Bewilligung nicht erfüllt sind.

Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit den §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht ist gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der Antragstellerseite auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 73 a, Rz. 7 a). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht ist auch in Prozesskostenhilfe-Verfahren der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts und damit auch des Beschwerdegerichts. Ein früherer Zeitpunkt kommt nur dann in Betracht, wenn sich die Entscheidung des Gerichts über den Antrag auf Prozesskostenhilfe verzögert hat und eine Änderung zum Nachteil des Klägers eingetreten ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 73 a, Rz. 13 d). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand fehlt es der Berufung an der erforderlichen Erfolgsaussicht.

Unter Zugrundelegung der Arztbriefe der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. K./Dr. K./Dr. J. vom 11.12.2007 und 18.01.2008 bestehen beim Kläger geringe altersentsprechende degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule sowie eine Insuffizienz des medialen Kollateralbandes am linken Kniegelenk. Die Einschätzung des Beklagten mit einem Teil-GdB von 20 für die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und mit 10 für die Knorpelschäden am linken Kniegelenk und mithin die Beurteilung des Gesamt-GdB mit 20 hält der Senat unter Zugrundelegung der ab 01.01.2009 an die Stelle der AHP getretenen Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VG) nach derzeitigem Sach- und Streitstand für zutreffend. Ein höherer Teil-GdB im Bereich der Wirbelsäule setzt Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt oder mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten voraus (Nr. 18.9 VG). Vorliegend hat Dr. G. in seiner Auskunft vom 19.08.2008 allerdings nur altersentprechende degenerative Veränderungen im Lendenwirbelsäulenbereich beschrieben. Ein höherer Teil-GdB für die Schäden im linken Kniegelenk setzt die Versteifung des Kniegelenks, eine Lockerung des Kniebandapparates, einen Kniescheibenbruch, eine habituelle Kniescheibenverrenkung, eine Bewegungseinschränkung im Kniegelenk oder ausgeprägte Knorpelschäden des Kniegelenks voraus (Nr. 18.14 VG). Vorliegend hat Dr. G. aber lediglich eine geringgradige Innenbandsuffizienz des linken Kniegelenks, welche er als leicht beurteilt hat, beschrieben. Eine Lockerung des Kniebandapparates oder eine Bewegungseinschränkung im Kniegelenk ist nicht aktenkundig.

Soweit der Kläger eine gesundheitliche Verschlimmerung geltend macht, weist der Senat darauf hin, dass eine Gesundheitsverschlechterung nicht durch ärztliche Unterlagen dokumentiert ist und Entscheidungen im Prozesskostenhilfeverfahren grundsätzlich ohne weitere medizinische Ermittlungen aufgrund der Aktenlage ergehen. Denn die Prüfung der Erfolgsaussichten darf nicht dazu führen, die endgültige Entscheidung in das Prozesskostenhilfe-Verfahren zu verlagern (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 73 a, Rz. 10 a). Die Einholung weiterer Arztauskünfte oder Gutachten bleibt daher dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Nach alledem ist der angefochtene Beschluss des SG nicht zu beanstanden. Dem Kläger steht keine Prozesskostenhilfe zu, weil seine Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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