Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 6 RA 1186/97
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 15/13 RA 281/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 RA 13/03 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 10. November 1998 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten auch der Berufungsinstanz zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist der Anspruch der Klägerin auf rückwirkende Begrenzung des Zuschusses zu den Aufwendungen ihrer Krankenversicherung auf monatlich 79,99 DM für die Zeit vom 1. April 1996 bis 30. November 1996.
Die 1920 geborene Klägerin bezieht seit 1. Dezember 1985 eine Regelaltersrente von der Landesversicherungsanstalt Hessen in Höhe von monatlich 791,26 DM im August 1996 und war bei dem D. Krankenversicherungsverein a.G. privat krankenversichert. Sie erlitt am 6. März 1996 einen Autounfall, bei dem ihr Ehemann, der bei der Beklagten versicherte B. A., verstarb.
Am 14. März 1996 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Bewilligung einer Hinterbliebenenrente sowie eines Zuschusses zu den Aufwendungen für ihre Krankenversicherung. Dabei wurde ihr das Merkblatt über die Krankenversicherung der Rentner (KVdR) ausgehändigt, in dem u.a. im Kapitel "Beispiele für einzelne Personengruppen" auf Seite 7 folgender Hinweis enthalten ist:
"Der Rentenantragsteller ist Beamter oder Versorgungsempfänger ... - an freiwillige oder privat krankenversicherte Rentner wird auf Antrag vom Rentenversicherungsträger ein Zuschuss zur Krankenversicherung und ein Zuschuss zur Pflegeversicherung gezahlt (vgl. Abschnitt 3). In diesem Zusammenhang sollte jedoch beachtet werden, dass sich Auswirkungen auf den Beihilfeanspruch gegen den Dienstgeber oder den Träger der Versorgungsleistung ergeben können, wenn der Zuschuss zur Krankenversicherung bestimmte Grenzbeträge überschreitet. Trifft dies zu, kann auf den Zuschuss zur Krankenversicherung oder auf Teile des Zuschusses - für die Zukunft - verzichtet werden". Auf Seite 8 finden sich ferner folgende Ausführungen: "Es wird Hinterbliebenenrente beantragt: &8722; Für den Rentenantragsteller können die bisherigen Ausführungen zu den einzelnen Beispielen zutreffen, je nach dem, ob er in einem Beschäftigungsverhältnis steht, Krankengeld bezieht, Beamter oder Versorgungsempfänger ist usw."
Eine weitergehende Beratung der Klägerin fand nicht statt. Mit Rentenbescheid vom 29. Juli 1996 bewilligte die Beklagte der Klägerin sodann eine große Witwenrente und gewährte ihr darüber hinaus unter Berücksichtigung des zu ihrer eigenen Versichertenrente zu gewährenden Zuschusses einen Gesamtbeitragszuschuss zu den Aufwendungen für ihre Krankenversicherung in Höhe von insgesamt 84,57 DM monatlich. Der Zuschuss wurde "im Hinblick auf den bestehenden Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge nach der Hälfte des maßgebenden Beitragssatzes" bemessen.
Die Klägerin hatte am 2. Mai 1996 sowie am 15. Juli 1996 Beihilfeanträge gestellt, nach eigenen Angaben mit einer Kostensumme von ca. 14.000,- DM. Nachdem sie im Oktober 1996 von ihrer Beihilfestelle darauf hingewiesen worden war, dass der Zuschuss der Beklagten - weil er mindestens 80,- DM betrage - sich nachteilig auf ihren Beihilfeanspruch auswirke und sich deshalb ihr Beihilfeanspruch um 20 % von 70 % auf 50 % reduziere, beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 7. November 1996 gegenüber der Beklagten, den Beitragszuschuss ab Rentenbeginn am 1. April 1996 auf monatlich 79,99 DM zu begrenzen.
Mit Änderungsbescheid vom 29. November 1996 reduzierte die Beklagte den Zuschuss für die Krankenversicherungsbeiträge ab dem 1. Dezember 1996 auf 79,99 DM. Mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid vom 5. Februar 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 1997 lehnte sie eine solche Begrenzung des Zuschusses für die Zeit von April 1996 bis November 1996 mit der Begründung ab, ein Verzicht sei nur hinsichtlich fälliger und zukünftiger, nicht jedoch hinsichtlich bereits erfüllter Ansprüche möglich.
Auf die hiergegen am 25. Juni 1997 erhobene Klage hat das Sozialgericht Darmstadt mit Urteil vom 10. November 1998 die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben und diese verurteilt, den Rentenbescheid vom 29. Juli 1996 dergestalt abzuändern, dass der Zuschuss zur Krankenversicherung in der Zeit vom 1. April 1996 bis zum 30. November 1996 auf monatlich 79,99 DM begrenzt wird. Zur Begründung führte das Sozialgericht im Wesentlichen aus, die zulässige Klage sei begründet, weil der mit Schreiben vom 7. November 1996 von der Klägerin erklärte Verzicht auf einen den Betrag von 79,99 DM übersteigenden Zuschuss aufgrund unzureichender Beratung durch die Beklagte im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs als für die Zeit vom 1. April 1996 bis zum 30. November 1996 wirksam erklärt anzusehen sei. Das hierfür erforderliche fehlerhafte Verwaltungshandeln sei darin zu sehen, dass die Beklagte die Klägerin unzureichend darauf hingewiesen habe, dass eine für den Beihilfeanspruch günstige Zuschussbegrenzung im Wege des Teilverzichts bis zur Bescheidung des Rentenantrags hätte erfolgen müssen. Die Beklagte hätte die Klägerin auf diese als zweckmäßig und naheliegend anzusehende Gestaltungsmöglichkeit auch ohne konkrete Nachfrage durch die Klägerin selbst hinweisen müssen, weil sie dem förmlichen Antrag der Klägerin und den eingereichten Unterlagen habe entnehmen können, dass der Versicherte in einem Beamtenverhältnis gestanden und der Klägerin ein beamtenrechtlicher Hinterbliebenenanspruch zugestanden hat. Unschädlich sei, dass die Beklagte nicht habe erkennen können, ob und in welchem Umfang ein solcher Teilverzicht erforderlich sei. Denn die Beratungs- und Hinweispflicht werde bereits ausgelöst, wenn der Leistungsberechtigte einer Gruppe angehöre, bei der bestimmte Konstellationen häufig auftreten (BSG, SozR 1200 § 14 Nr. 24 m.w.N.). Die Beklagte hätte die Klägerin allgemein darauf hinweisen müssen, die Auswirkungen des Beitragszuschusses auf den Beihilfeanspruch zu überprüfen und ggf. vor Bescheiderteilung diesen Teilverzicht gegenüber der Beklagten zu erklären. Entgegen der Auffassung der Beklagten beschränke sich die Beratungspflicht nicht auf Normen, die der betreffende Sozialversicherungsträger selbst anzuwenden habe. Der Versicherungsträger habe zudem zumindest bei Kenntnis der möglichen negativen Auswirkungen von Sozialleistungen auf Vorkehrungen hinzuweisen, die der Leistungsberechtigte zu treffen habe, um bis zur Klärung der Auswirkungen keine Rechtsnachteile zu erleiden. Dieser Rechtspflicht sei die Beklagte unzureichend nachgekommen. Die Aushändigung des Merkblattes und der hierin enthaltene Hinweis seien unzureichend gewesen, da aus dem entsprechenden Passus des Merkblattes über die Krankenversicherung der Rentner zumindest für den Laien nicht deutlich genug erkennbar werde, wann der Leistungsberechtigte einen derartigen Verzicht erklären müsse, und auch nicht auf die möglichen Folgen eines zu spät erklärten Verzichts hingewiesen werde. Darüber hinaus sei der oben genannte Hinweis unzureichend, da die Klägerin diesem nicht habe entnehmen können, dass auch ein unbezifferter Verzicht in Form einer Begrenzung des Zuschusses möglich sei, so dass eine diesbezügliche und über das Merkblatt hinausgehende Beratung erforderlich gewesen sei. Insoweit habe die Klägerin zu Recht vorgetragen, dass sie bei Antragstellung keine Vorstellungen über die Höhe eines möglichen Zuschusses gehabt habe, weshalb sie zu diesem Zeitpunkt auch nicht an eine Begrenzung gedacht habe. Der in der unzureichenden Beratung liegende Mangel des Verwaltungsverfahrens sei auch ursächlich für den eingetretenen Schaden geworden, weil die Klägerin den für sie vorteilhaften Verzicht nur wegen der unzureichenden Beratung nicht erklärt habe. Schließlich hat das Sozialgericht die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 12. Februar 1999 zugestellte Urteil des Sozialgerichts am 4. März 1999 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt. Sie macht geltend, es bestehe kein Herstellungsanspruch der Klägerin wegen fehlender Beratung bei Rentenantragstellung, da die Beklagte mit der Aushändigung des KVdR-Merkblattes, in dem Hinweise auf mögliche Auswirkungen des Beitragszuschusses auf die Leistungen der Beihilfestelle enthalten seien, ihren Aufklärungs- und Beratungspflichten in ausreichendem Maße nachgekommen sei. Ein weitergehender Beratungsanspruch bezüglich der Folgen einer Beitragszuschussbewilligung bestünde nur bei konkreter Beratungsnachfrage. Aufgrund der unterschiedlichen beamtenrechtlichen Beihilferegelungen auf Bundes- und Landesebene sei die Beklagte gar nicht in der Lage, die beihilferechtlichen Auswirkungen zu beurteilen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 10. November 1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie sieht sich durch das angegriffene Urteil des Sozialgerichts in ihrer Auffassung bestätigt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstands im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der die Klägerin und den Versicherten betreffenden Rentenakten. Der wesentliche Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, in der Sache aber unbegründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 10. November 1998 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Entgegen den angegriffenen Bescheiden der Beklagten ist die Klägerin im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als habe sie auch für die Zeit vom 1. April 1996 bis November 1996 auf den bewilligten Zuschuss zu den Aufwendungen ihrer Krankenversicherung wirksam verzichtet, soweit dieser den Betrag von monatlich 79,99 DM überstieg.
Rentenbezieher, die wie die Klägerin freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder bei einem der deutschen Aufsicht unterliegenden Krankenversicherungsunternehmen versichert sind, erhalten zu ihrer Rente einen Zuschusses zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung (§ 106 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch )SGB VI(). Der von der Beklagten mit Rentenbewilligungsbescheid vom 29. Juli 1996 gewährte Beitragszuschuss entsprach dem Antrag der Klägerin und wurde der Höhe nach unter Berücksichtigung des auch aus ihrer Versichertenrente resultierenden Anspruchs auf Beitragszuschuss als Gesamtbeitragszuschuss zutreffend berechnet. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Einen wirksamen Teilverzicht bezüglich des Beitragszuschusses für die Zeit vom 1. April 1996 bis November 1996 konnte die Klägerin mit ihrem Antrag vom 7. November 1996 nach den einschlägigen Vorschriften nicht mehr bewirken. Gem. § 46 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) kann auf Ansprüche auf Sozialleistungen (ganz oder teilweise) durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Leistungsträger verzichtet werden. Der wirksam erklärte Verzicht hat zur Folge, dass der aus dem Stammrecht resultierende monatliche Zahlungsanspruch (insoweit) erlischt (vgl. BSG SozR 3-1200 § 46 Nr. 3). Demgemäss setzt der Verzicht das Bestehen eines derartigen noch nicht erfüllten Anspruchs voraus (BSG SozR 4100 § 100 Nr. 11). Ein Verzicht auf bereits erloschene Ansprüche ist nicht möglich. Vorliegend waren die für die streitbefangene Zeit tatsächlich an die Klägerin gezahlten Zuschüsse auf der Grundlage des bestandskräftig gewordenen Bewilligungsbescheids vom 29. Juli 1996 gewährt worden, die entsprechenden Ansprüche der Klägerin waren somit durch Erfüllung bereits erloschen.
Entgegen dem angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 5. Februar 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 1997 ist die Klägerin jedoch im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als hätte die Klägerin den Teilverzicht spätestens noch während der Rechtsmittelfrist des Bewilligungsbescheides vom 29. Juli 1996 – und damit rechtzeitig und wirksam – erklärt.
Der von der Rechtsprechung entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist auf Naturalrestitution in Gestalt der Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung des Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Versicherungsträger die ihm aufgrund eines Gesetzes oder eines konkreten Sozialrechtsverhältnisses des oder der Berechtigten gegenüber erwachsenden Haupt- oder Nebenpflichten, insbesondere zur Auskunft, Beratung und Fürsorge, ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (st. Rspr., vgl. z.B. BSG SozR 3-1200 § 14 Nrn. 12 und 14 m. w. N.; SozR 3-3200 § 86a Nr. 2). Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch ist somit nicht auf die Verletzung der Pflichten aus §§ 14, 15 SGB I beschränkt, sondern kommt auch bei andersartiger Fehl- oder Nichtinformation der Versicherten in Betracht (vgl. BSG Urteil vom 8. November 1995 - 13 RJ 5/95 - DAngVers 1996, 183 m.w.N.), z.B. bei einer rechtswidrigen Satzung (vgl. BSG SozR 5850 § 313 Nrn. 6 und 7) oder bei Irreführung durch einen Bescheid in einer anderen Sache (vgl. BSG SozR 5850 § 26 Nr. 2). Voraussetzung eines solchen Anspruchs ist, dass die verletzte Pflicht dem Sozialleistungsträger gerade gegenüber der/dem Berechtigten oblag, dieser/diesem also ein entsprechendes subjektives Recht eingeräumt ist. Die objektiv rechtswidrige Pflichtverletzung muss zumindest gleichwertig (neben anderen Bedingungen) einen Nachteil des/der Berechtigten bewirkt haben. Schließlich muss die verletzte Pflicht darauf gerichtet gewesen sein, den Betroffenen gerade vor den eingetretenen Nachteilen zu bewahren (Schutzzweckzusammenhang). Anerkannte Rechtsfolge einer solchen behördlichen Verletzung von Nebenpflichten ist gegebenenfalls auch, dass versäumte Anträge und Erklärungen des betroffenen Bürgers bzw. des Versicherten als rechtzeitig und ordnungsgemäß gelten (vgl. etwa BSG SozR 4100 § 14 Nr. 28).
In der Regel wird die Beratungspflicht durch ein entsprechendes Begehren des Berechtigten ausgelöst. Aber auch wenn ein Beratungsbegehren nicht vorliegt, ist der Versicherungsträger gehalten, die oder den Berechtigten bei Vorliegen eines konkreten Anlasses auf klar zutage tretende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und die von jeder bzw. jedem verständigen Berechtigten mutmaßlich genutzt werden (so schon BSG SozR Nr. 3 zu § 1233 RVO; vgl. ferner BSG SozR 1200 § 14 Nrn. 15 und 25; SozR 3-1200 § 14 Nrn. 5, 6, 9, 10). Ein solcher konkreter Anlass kann sich nach der Rechtsprechung des BSG etwa aus einem laufenden Verfahren wegen der Bewilligung von Leistungen oder bei dem erfolglosen Abschluss eines solchen Verwaltungsverfahrens ergeben.
Vorliegend hat sich die Klägerin zwar nicht mit einem konkreten Auskunfts- oder Beratungsersuchen bezüglich der beihilferechtlichen Folgen der Beitragszuschussgewährung an die Beklagte gewandt, diese war jedoch im Rahmen des Rentenbewilligungsverfahrens zu einer entsprechenden Auskunft und Beratung bzw. zu sachdienlichen Hinweisen verpflichtet.
Dabei sind nach ständiger Rechtsprechung des BSG die Auskunfts- und Hinweispflichten eines Sozialleistungsträgers nicht auf den jeweils eigenen Aufgabenbereich beschränkt, ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch kann sich daher grundsätzlich auch aus dem fehlerhaften Verhalten anderer Behörden ergeben (vgl. BSGE 51, 89 = SozR 2200 § 381 Nr. 44 m.w.N.; SozR 1200 § 14 Nr. 19; SozR 3-1200 § 14 Nr. 9 und Nr. 22 m.w.N.). Eine solche Zurechnung des fehlerhaften Verhaltens einer anderen Behörde ist insbesondere angenommen worden, wenn die andere Behörde vom Gesetzgeber im Sinne einer Funktionseinheit "arbeitsteilig" in das Verfahren eingeschaltet ist (vgl. BSGE 51, 89, 95 = SozR 2200 § 381 Nr. 44; BSGE 57, 288, 290 = SozR 1200 § 14 Nr. 18; BSGE 58, 283, 284 = SozR 1200 § 14 Nr. 20; BSGE 62, 96, 99 = SozR 1200 § 14 Nr. 26; BSGE 63, 112, 115 = SozR 1200 § 14 Nr. 28; BSGE 64, 89, 94 = SozR 2200 § 545 Nr. 8; BSGE 71, 217, 218 = SozR 3-1200 § 14 Nr. 29). Einen Herstellungsanspruch hat das BSG ferner bei Bestehen eines Konkurrenzverhältnisses zwischen zwei Leistungen bejaht. Die Verpflichtung der Leistungsträger und sonstiger Behörden (z.B. Versicherungsämter), Leistungsempfänger auch über Gegenstände zu beraten, die ihren eigenen Bereich überschreiten erschöpft sich indes ebenso wenig wie die Verpflichtung des zur Entscheidung befugten Leistungsträgers, sich das fehlerhafte Handeln eines anderen Trägers zurechnen zu lassen, mit den aufgeführten Fallgruppen (vgl. BSG SozR 3-1200 § 14 Nr. 22). Im Interesse des Funktionierens des für die einzelnen Versicherten in weiten Teilen schwer verständlichen, gegliederten Leistungssystems der sozialen Sicherung und im Hinblick auf die grundlegende rechtliche Forderung nach einer möglichst weitgehenden Verwirklichung der sozialen Rechte der Bürger (vgl. § 2 Abs. 2 Halbs. 2, § 17 Abs. 1 SGB I, s. dazu auch BSG SozR 2200 § 381 Nr. 44; SozR 1200 § 14 Nrn. 13, 16; SozR 3-2600 § 58 Nr. 2), obliegt demjenigen Leistungsträger, der dem/der Versicherten bei einer bestimmten Sachlage gegenübersteht, jeweils auch eine rechtzeitige, vollständige und richtige Auskunft und Beratung. Diese umfasst dabei auch für Versicherte besonders wichtige und für den Leistungsträger selbst ohne weiteres überschaubare Gesichtspunkte, die den Zuständigkeitsbereich eines anderen Trägers betreffen. Aufgrund dieser Zusammenhänge hat das BSG (SozR 3-1200 § 14 Nr. 22) eine dem zuständigen Leistungsträger zurechenbare Beratungspflicht einer anderen Behörde (zumindest) auch dann angenommen, wenn die Zuständigkeitsbereiche beider Stellen materiell-rechtlich eng miteinander verknüpft sind, die andere Behörde im maßgeblichen Zeitpunkt aufgrund eines bestehenden Kontaktes der aktuelle "Ansprechpartner" der Versicherten ist und sie - die Behörde - aufgrund der ihr bekannten Umstände erkennen kann, dass bei der/dem Versicherten im Hinblick auf das andere sozialrechtliche Gebiet ein dringender Beratungsbedarf in einer gewichtigen Frage besteht. Die Auskunfts- und Beratungspflicht eines Sozialleistungsträgers erstreckt sich somit nicht nur auf das für diesen geltende Versicherungs- und Leistungsrecht im engeren Sinne, sondern auch auf die Regelungen in anderen Sozialrechtsbereichen, die hierfür bedeutsam sind. Diese Erweiterung des Umfangs der Auskunftspflicht der Sozialleistungsträger ist geboten angesichts der Kompliziertheit und Schnelllebigkeit des deutschen Sozialrechts mit seinen gegliederten und diversifizierten Sozialsystemen, das nach dem Grundsatz der formellen Publizität des Gesetzes selbst bei jedem sozialrechtlichen Laien als bekannt fingiert wird. Der auskunfts- bzw. hinweispflichtige Sozialleistungsträger hat den Auskunftsbegehrenden erforderlichenfalls auch durch zuständigkeitsüberschreitende Auskünfte oder auch nur durch adäquate Hinweise über Rechtsfragen und Gestaltungsmöglichkeiten im Überschneidungsbereich mit anderen (Sozial-) Leistungssystemen in die Lage zu versetzen, seine sozialen Rechte effektiv und umfassend wahrzunehmen (§ 2 Abs. 2 2. Halbsatz SGB I). Der sachliche Bereich, auf den sich die Auskunfts-, Beratu ngs- und Hinweispflicht des Sozialleistungsträgers bezieht, sowie Umfang und Intensität dieser Verpflichtungen bemisst sich dabei im Einzelfall nach der Zumutbarkeit für den verpflichteten Sozialleistungsträger. Eine prinzipielle Begrenzung dieser Verpflichtungen auf den Bereich des Sozialgesetzbuches (auf das Sozialrecht in formellem Sinne) kann jedoch entgegen der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Berlin (s. Urteil vom Juni 2000, Az: L 6 RA 104/99; Urteil vom 12. Dezember 2001, Az: L 6 RA 74/00) nicht angenommen werden. Zumutbar sind solche Auskünfte und Hinweise jedenfalls in Fällen – wie dem vorliegenden –, in denen es um Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen des Sozialversicherungs- bzw. Sozialleistungsverhältnisses zwischen dem beratungspflichtigen Sozialleistungsträger und dem Versicherten im Hinblick auf negative Auswirkungen auf Ansprüche des Versicherten außerhalb des SGB geht, wenn diese negativen Auswirkungen dem Sozialleistungsträger allgemein bekannt sind und er unschwer erkennen kann, dass der Versicherte voraussichtlich hiervon betroffen sein wird.
Eine solche Situation einer erweiterten Hinweispflicht ist vorliegend nach Auffassung des erkennenden Senates mit der angesprochenen Besonderheit erfüllt, dass mit dem beamtenrechtlichen Beihilfesystem zwar keine Sozialleistung im engeren Sinne, d.h. keine Sozialleistung, die dem SGB unterfällt, betroffen ist, dass jedoch gleichwohl eine hinreichende sachliche Nähe und ein innerer Zusammenhang der Zuschussleistung der Beklagten zu den Aufwendungen der Klägerin für ihre Krankenversicherung zum beamtenrechtlichen Beihilferecht gegeben ist, um eine entsprechende Auskunfts- und Hinweispflicht der Beklagten auszulösen. In diesem Zusammenhang ist es daher unerheblich, dass der Dienstherr eines Beamten bzw. Richters kein geschützter Leistungsträger im Sinne des § 46 Abs. 2 SGB I ist und als Beihilfeträger keine Sozialleistung i.S. des SGB erbringt.
Ausweislich des Inhalts des Merkblattes der Beklagten zur KVdR ist sich diese ihrer Hinweispflicht auch bewusst gewesen, sie ist ihr jedoch nicht in ausreichendem Umfang nachgekommen. Nach Auffassung des erkennenden Senats wären nicht nur weitergehende Hinweise in diesem Merkblatt oder vor Erteilung des Rentenbewilligungsbescheids, wie sie das Sozialgericht fordert, erforderlich gewesen, die Beklagte wäre vielmehr im Rahmen ihrer Beratungs- und Fürsorgepflicht verpflichtet gewesen, entsprechende konkrete Hinweise in den Rentenbewilligungsbescheid vom 29. Juli 1996 aufzunehmen.
Von den tatsächlichen Umständen, die solche rechtlichen Hinweise als geboten erscheinen lassen, insbesondere von der Beihilfeberechtigung der Klägerin, hat die Beklagte positive Kenntnis gehabt. Sie hat aufgrund des Inhalts der Versichertenakte des verstorbenen Ehemanns der Klägerin sowie aufgrund ihrer Angaben in dem Rentenantrag vom 14. Mai 1996 gewusst, dass der verstorbene Versicherte ebenso wie die Klägerin privat krankenversichert und beihilfeberechtigt war. Sie hat demgemäss den Zuschuss ausdrücklich "im Hinblick auf den bestehenden Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge nach der Hälfte des maßgebenden Beitragssatzes" berechnet. Nachdem in dem Rentenbewilligungsbescheid vom 29. Juli 1996 der für die Klägerin berechnete Gesamtbeitragszuschuss den Betrag von 79,99 DM übertraf, lag es nahe, an dieser Stelle konkret auf die Regelungen des hessischen Beihilferechts hinzuweisen, wonach sich in diesen Fällen der Beihilfebemessungssatz von 70 % auf 50 % reduziert (§ 15 Abs. 6 Satz 2 Hessische Beihilfeverordnung vom 24. November 1994). Selbst wenn man der Beklagten als bundesweit zuständigem Rentenversicherungsträger keinen solch konkreten Hinweis auf die jeweilige Regelung des Landesrechts zur Pflicht macht, so wäre an dieser Stelle zumindest ein allgemeiner Hinweis auf solche im Beihilferecht der Länder und des Bundes weithin üblichen Regelungen erforderlich gewesen, wobei die Beklagte – worauf das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat – auch darauf hätte hinweisen müssen, dass die beihilferechtliche Reduzierung des Bemessungssatzes durch einen grundsätzlich zulässigen (vgl. BSG SozR 3-1200 § 46 Nr. 3; BVerwG Urteil v. 16. Oktober 1997, Az: 2 C 10/97) Verzicht auf einen den Betrag von 79,99 DM übersteigenden Zuschuss hätte vermieden werden können. Wie aus der nachfolgenden Übersicht ersichtlich ist, sehen die beihilferechtlichen Regelungen des Bundes und der Länder (mit Ausnahme von Baden-Württemberg) eine Reduzierung des Bemessungssatzes für die Beihilfe im Falle von Zuschüssen in Höhe von mindestens 80,- DM (ca. 41,- EUR, in Nordrhein-Westfalen 80 EUR) vor.
Zum Einfluss von Zuschüssen zur privaten Krankenversicherung auf den Beihilfebemessungssatz
Baden- Württemberg Soweit ersichtlich Keine Regelung
Bund und angeschlossene Länder Berlin, Bayern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Mecklenburg- Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Werden Beitragszuschüsse von mindestens 80,- DM (jetzt EUR 41,-) monatlich für eine private Krankenversicherung gewährt, wird der Bemessungssatz für den Zuschussempfänger um 20 % gekürzt.
Bremen Für beihilfefähige Aufwendungen der in § 1a Abs. 1 und § 2 Abs. 1 und 2 bezeichneten Personen, zu deren Beiträgen für eine private Krankenversicherung ein Anspruch auf Zuschuss aufgrund von Rechtsvorschriften oder eines Beschäftigungsverhältnisses in Höhe von mindestens 80,- DM monatlich besteht, ermäßigt sich der Bemessungssatz um 10 vom Hundert.
Hamburg Werden Beitragszuschüsse von mindestens DM 80,- (jetzt EUR 40,90) monatlich für eine private Krankenversicherung gewährt, wird der Bemessungssatz für den Zuschussempfänger um 20% gekürzt.
Hessen Hess.BeihilfeVO v. 24.11.1994 Bei Beihilfeberechtigten, die als Versorgungsempfänger auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses zu ihrem Beitrag für eine private Krankenversicherung einen Zuschuss erhalten, sowie bei Beihilfeberechtigten und berücksichtigungsfähigen Angehörigen, die außerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses auf Grund von Rechtsvorschriften einen Zuschuss zu ihrem Beitrag für eine private Krankenversicherung erhalten, ermäßigt sich der Bemessungssatz für die Aufwendungen des Zuschussempfängers um 20 vom Hundert, sofern der Zuschuss mindestens 80,- Deutsche Mark monatlich beträgt (§ 15 Abs. 6 Hess.BeihilfeVO).
Nordrhein-Westfalen Gewährt ein Rentenversicherungsträger Beitragszuschüsse von mindestens EUR 80,- monatlich für eine private Krankenversicherung wird der Bemessungssatz um 10% gekürzt.
Rheinland-Pfalz Werden Beitragszuschüsse für eine private Krankenversicherung gewährt, wird der Bemessungssatz um 20 % gekürzt (ausgenommen sind Sanatoriumsaufenthalte bzw. Heilkuren).
Saarland Werden Beitragszuschüsse von mindestens EUR 40,90 monatlich für eine private Krankenversicherung gewährt, ermäßigt sich der Bemessungssatz für den Zuschussempfänger um 20 %.
Es besteht für den erkennenden Senat auch kein Zweifel daran, dass die Klägerin - wäre sie in dem Rentenbewilligungsbescheid auf die beihilferechtlichen Auswirkungen der Bewilligung des Zuschusses zu den Aufwendungen für ihre Krankenversicherung allgemein oder konkret hingewiesen worden - erforderlichenfalls nach einer weiteren Auskunft der Beihilfestelle, nicht zuletzt angesichts der Höhe des aufgrund des erlittenen Unfalls entstandenen Gesamtbetrags an beihilfefähigen Aufwendungen den Teilverzicht auf die DM 79,99 übersteigende monatliche Zuschussleistung der Beklagten innerhalb der Rechtsmittelfrist und damit rechtzeitig gegenüber der Beklagten erklärt hätte. Unter wirtschaftlichen Aspekten erscheint dies als die einzig sinnvolle Handlungsalternative.
Diese Erklärung wäre auch rechtzeitig erfolgt, ohne dass es der Prüfung bedarf, wann die bewilligten Zuschussleistungen tatsächlich erbracht wurden. Nach h. M. – unter Einschluss der Auffassung der Rentenversicherungsträger – ist eine Antragsrücknahme bzw. eine Antragsbeschränkung sowie ein Leistungs(teil)verzicht vor Ablauf der Rechtsmittelfrist des Bewilligungsbescheids allgemein ohne Angabe von Gründen zulässig mit der Folge, dass der erteilte Bescheid (insoweit) keine rechtlichen Wirkungen entfaltet (vgl. z.B. BfA (Hrsg.), SGB I, Text und Erläuterung, 9. Aufl. 1997 § 46 Nr. 3). Insoweit teilweise bestehende Einschränkungen sind vorliegend offensichtlich nicht einschlägig.
Die Berufung der Beklagten konnte damit insgesamt keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Revision wird gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten auch der Berufungsinstanz zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist der Anspruch der Klägerin auf rückwirkende Begrenzung des Zuschusses zu den Aufwendungen ihrer Krankenversicherung auf monatlich 79,99 DM für die Zeit vom 1. April 1996 bis 30. November 1996.
Die 1920 geborene Klägerin bezieht seit 1. Dezember 1985 eine Regelaltersrente von der Landesversicherungsanstalt Hessen in Höhe von monatlich 791,26 DM im August 1996 und war bei dem D. Krankenversicherungsverein a.G. privat krankenversichert. Sie erlitt am 6. März 1996 einen Autounfall, bei dem ihr Ehemann, der bei der Beklagten versicherte B. A., verstarb.
Am 14. März 1996 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Bewilligung einer Hinterbliebenenrente sowie eines Zuschusses zu den Aufwendungen für ihre Krankenversicherung. Dabei wurde ihr das Merkblatt über die Krankenversicherung der Rentner (KVdR) ausgehändigt, in dem u.a. im Kapitel "Beispiele für einzelne Personengruppen" auf Seite 7 folgender Hinweis enthalten ist:
"Der Rentenantragsteller ist Beamter oder Versorgungsempfänger ... - an freiwillige oder privat krankenversicherte Rentner wird auf Antrag vom Rentenversicherungsträger ein Zuschuss zur Krankenversicherung und ein Zuschuss zur Pflegeversicherung gezahlt (vgl. Abschnitt 3). In diesem Zusammenhang sollte jedoch beachtet werden, dass sich Auswirkungen auf den Beihilfeanspruch gegen den Dienstgeber oder den Träger der Versorgungsleistung ergeben können, wenn der Zuschuss zur Krankenversicherung bestimmte Grenzbeträge überschreitet. Trifft dies zu, kann auf den Zuschuss zur Krankenversicherung oder auf Teile des Zuschusses - für die Zukunft - verzichtet werden". Auf Seite 8 finden sich ferner folgende Ausführungen: "Es wird Hinterbliebenenrente beantragt: &8722; Für den Rentenantragsteller können die bisherigen Ausführungen zu den einzelnen Beispielen zutreffen, je nach dem, ob er in einem Beschäftigungsverhältnis steht, Krankengeld bezieht, Beamter oder Versorgungsempfänger ist usw."
Eine weitergehende Beratung der Klägerin fand nicht statt. Mit Rentenbescheid vom 29. Juli 1996 bewilligte die Beklagte der Klägerin sodann eine große Witwenrente und gewährte ihr darüber hinaus unter Berücksichtigung des zu ihrer eigenen Versichertenrente zu gewährenden Zuschusses einen Gesamtbeitragszuschuss zu den Aufwendungen für ihre Krankenversicherung in Höhe von insgesamt 84,57 DM monatlich. Der Zuschuss wurde "im Hinblick auf den bestehenden Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge nach der Hälfte des maßgebenden Beitragssatzes" bemessen.
Die Klägerin hatte am 2. Mai 1996 sowie am 15. Juli 1996 Beihilfeanträge gestellt, nach eigenen Angaben mit einer Kostensumme von ca. 14.000,- DM. Nachdem sie im Oktober 1996 von ihrer Beihilfestelle darauf hingewiesen worden war, dass der Zuschuss der Beklagten - weil er mindestens 80,- DM betrage - sich nachteilig auf ihren Beihilfeanspruch auswirke und sich deshalb ihr Beihilfeanspruch um 20 % von 70 % auf 50 % reduziere, beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 7. November 1996 gegenüber der Beklagten, den Beitragszuschuss ab Rentenbeginn am 1. April 1996 auf monatlich 79,99 DM zu begrenzen.
Mit Änderungsbescheid vom 29. November 1996 reduzierte die Beklagte den Zuschuss für die Krankenversicherungsbeiträge ab dem 1. Dezember 1996 auf 79,99 DM. Mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid vom 5. Februar 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 1997 lehnte sie eine solche Begrenzung des Zuschusses für die Zeit von April 1996 bis November 1996 mit der Begründung ab, ein Verzicht sei nur hinsichtlich fälliger und zukünftiger, nicht jedoch hinsichtlich bereits erfüllter Ansprüche möglich.
Auf die hiergegen am 25. Juni 1997 erhobene Klage hat das Sozialgericht Darmstadt mit Urteil vom 10. November 1998 die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben und diese verurteilt, den Rentenbescheid vom 29. Juli 1996 dergestalt abzuändern, dass der Zuschuss zur Krankenversicherung in der Zeit vom 1. April 1996 bis zum 30. November 1996 auf monatlich 79,99 DM begrenzt wird. Zur Begründung führte das Sozialgericht im Wesentlichen aus, die zulässige Klage sei begründet, weil der mit Schreiben vom 7. November 1996 von der Klägerin erklärte Verzicht auf einen den Betrag von 79,99 DM übersteigenden Zuschuss aufgrund unzureichender Beratung durch die Beklagte im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs als für die Zeit vom 1. April 1996 bis zum 30. November 1996 wirksam erklärt anzusehen sei. Das hierfür erforderliche fehlerhafte Verwaltungshandeln sei darin zu sehen, dass die Beklagte die Klägerin unzureichend darauf hingewiesen habe, dass eine für den Beihilfeanspruch günstige Zuschussbegrenzung im Wege des Teilverzichts bis zur Bescheidung des Rentenantrags hätte erfolgen müssen. Die Beklagte hätte die Klägerin auf diese als zweckmäßig und naheliegend anzusehende Gestaltungsmöglichkeit auch ohne konkrete Nachfrage durch die Klägerin selbst hinweisen müssen, weil sie dem förmlichen Antrag der Klägerin und den eingereichten Unterlagen habe entnehmen können, dass der Versicherte in einem Beamtenverhältnis gestanden und der Klägerin ein beamtenrechtlicher Hinterbliebenenanspruch zugestanden hat. Unschädlich sei, dass die Beklagte nicht habe erkennen können, ob und in welchem Umfang ein solcher Teilverzicht erforderlich sei. Denn die Beratungs- und Hinweispflicht werde bereits ausgelöst, wenn der Leistungsberechtigte einer Gruppe angehöre, bei der bestimmte Konstellationen häufig auftreten (BSG, SozR 1200 § 14 Nr. 24 m.w.N.). Die Beklagte hätte die Klägerin allgemein darauf hinweisen müssen, die Auswirkungen des Beitragszuschusses auf den Beihilfeanspruch zu überprüfen und ggf. vor Bescheiderteilung diesen Teilverzicht gegenüber der Beklagten zu erklären. Entgegen der Auffassung der Beklagten beschränke sich die Beratungspflicht nicht auf Normen, die der betreffende Sozialversicherungsträger selbst anzuwenden habe. Der Versicherungsträger habe zudem zumindest bei Kenntnis der möglichen negativen Auswirkungen von Sozialleistungen auf Vorkehrungen hinzuweisen, die der Leistungsberechtigte zu treffen habe, um bis zur Klärung der Auswirkungen keine Rechtsnachteile zu erleiden. Dieser Rechtspflicht sei die Beklagte unzureichend nachgekommen. Die Aushändigung des Merkblattes und der hierin enthaltene Hinweis seien unzureichend gewesen, da aus dem entsprechenden Passus des Merkblattes über die Krankenversicherung der Rentner zumindest für den Laien nicht deutlich genug erkennbar werde, wann der Leistungsberechtigte einen derartigen Verzicht erklären müsse, und auch nicht auf die möglichen Folgen eines zu spät erklärten Verzichts hingewiesen werde. Darüber hinaus sei der oben genannte Hinweis unzureichend, da die Klägerin diesem nicht habe entnehmen können, dass auch ein unbezifferter Verzicht in Form einer Begrenzung des Zuschusses möglich sei, so dass eine diesbezügliche und über das Merkblatt hinausgehende Beratung erforderlich gewesen sei. Insoweit habe die Klägerin zu Recht vorgetragen, dass sie bei Antragstellung keine Vorstellungen über die Höhe eines möglichen Zuschusses gehabt habe, weshalb sie zu diesem Zeitpunkt auch nicht an eine Begrenzung gedacht habe. Der in der unzureichenden Beratung liegende Mangel des Verwaltungsverfahrens sei auch ursächlich für den eingetretenen Schaden geworden, weil die Klägerin den für sie vorteilhaften Verzicht nur wegen der unzureichenden Beratung nicht erklärt habe. Schließlich hat das Sozialgericht die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 12. Februar 1999 zugestellte Urteil des Sozialgerichts am 4. März 1999 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt. Sie macht geltend, es bestehe kein Herstellungsanspruch der Klägerin wegen fehlender Beratung bei Rentenantragstellung, da die Beklagte mit der Aushändigung des KVdR-Merkblattes, in dem Hinweise auf mögliche Auswirkungen des Beitragszuschusses auf die Leistungen der Beihilfestelle enthalten seien, ihren Aufklärungs- und Beratungspflichten in ausreichendem Maße nachgekommen sei. Ein weitergehender Beratungsanspruch bezüglich der Folgen einer Beitragszuschussbewilligung bestünde nur bei konkreter Beratungsnachfrage. Aufgrund der unterschiedlichen beamtenrechtlichen Beihilferegelungen auf Bundes- und Landesebene sei die Beklagte gar nicht in der Lage, die beihilferechtlichen Auswirkungen zu beurteilen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 10. November 1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie sieht sich durch das angegriffene Urteil des Sozialgerichts in ihrer Auffassung bestätigt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstands im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der die Klägerin und den Versicherten betreffenden Rentenakten. Der wesentliche Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, in der Sache aber unbegründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 10. November 1998 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Entgegen den angegriffenen Bescheiden der Beklagten ist die Klägerin im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als habe sie auch für die Zeit vom 1. April 1996 bis November 1996 auf den bewilligten Zuschuss zu den Aufwendungen ihrer Krankenversicherung wirksam verzichtet, soweit dieser den Betrag von monatlich 79,99 DM überstieg.
Rentenbezieher, die wie die Klägerin freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder bei einem der deutschen Aufsicht unterliegenden Krankenversicherungsunternehmen versichert sind, erhalten zu ihrer Rente einen Zuschusses zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung (§ 106 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch )SGB VI(). Der von der Beklagten mit Rentenbewilligungsbescheid vom 29. Juli 1996 gewährte Beitragszuschuss entsprach dem Antrag der Klägerin und wurde der Höhe nach unter Berücksichtigung des auch aus ihrer Versichertenrente resultierenden Anspruchs auf Beitragszuschuss als Gesamtbeitragszuschuss zutreffend berechnet. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Einen wirksamen Teilverzicht bezüglich des Beitragszuschusses für die Zeit vom 1. April 1996 bis November 1996 konnte die Klägerin mit ihrem Antrag vom 7. November 1996 nach den einschlägigen Vorschriften nicht mehr bewirken. Gem. § 46 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) kann auf Ansprüche auf Sozialleistungen (ganz oder teilweise) durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Leistungsträger verzichtet werden. Der wirksam erklärte Verzicht hat zur Folge, dass der aus dem Stammrecht resultierende monatliche Zahlungsanspruch (insoweit) erlischt (vgl. BSG SozR 3-1200 § 46 Nr. 3). Demgemäss setzt der Verzicht das Bestehen eines derartigen noch nicht erfüllten Anspruchs voraus (BSG SozR 4100 § 100 Nr. 11). Ein Verzicht auf bereits erloschene Ansprüche ist nicht möglich. Vorliegend waren die für die streitbefangene Zeit tatsächlich an die Klägerin gezahlten Zuschüsse auf der Grundlage des bestandskräftig gewordenen Bewilligungsbescheids vom 29. Juli 1996 gewährt worden, die entsprechenden Ansprüche der Klägerin waren somit durch Erfüllung bereits erloschen.
Entgegen dem angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 5. Februar 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 1997 ist die Klägerin jedoch im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als hätte die Klägerin den Teilverzicht spätestens noch während der Rechtsmittelfrist des Bewilligungsbescheides vom 29. Juli 1996 – und damit rechtzeitig und wirksam – erklärt.
Der von der Rechtsprechung entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist auf Naturalrestitution in Gestalt der Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung des Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Versicherungsträger die ihm aufgrund eines Gesetzes oder eines konkreten Sozialrechtsverhältnisses des oder der Berechtigten gegenüber erwachsenden Haupt- oder Nebenpflichten, insbesondere zur Auskunft, Beratung und Fürsorge, ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (st. Rspr., vgl. z.B. BSG SozR 3-1200 § 14 Nrn. 12 und 14 m. w. N.; SozR 3-3200 § 86a Nr. 2). Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch ist somit nicht auf die Verletzung der Pflichten aus §§ 14, 15 SGB I beschränkt, sondern kommt auch bei andersartiger Fehl- oder Nichtinformation der Versicherten in Betracht (vgl. BSG Urteil vom 8. November 1995 - 13 RJ 5/95 - DAngVers 1996, 183 m.w.N.), z.B. bei einer rechtswidrigen Satzung (vgl. BSG SozR 5850 § 313 Nrn. 6 und 7) oder bei Irreführung durch einen Bescheid in einer anderen Sache (vgl. BSG SozR 5850 § 26 Nr. 2). Voraussetzung eines solchen Anspruchs ist, dass die verletzte Pflicht dem Sozialleistungsträger gerade gegenüber der/dem Berechtigten oblag, dieser/diesem also ein entsprechendes subjektives Recht eingeräumt ist. Die objektiv rechtswidrige Pflichtverletzung muss zumindest gleichwertig (neben anderen Bedingungen) einen Nachteil des/der Berechtigten bewirkt haben. Schließlich muss die verletzte Pflicht darauf gerichtet gewesen sein, den Betroffenen gerade vor den eingetretenen Nachteilen zu bewahren (Schutzzweckzusammenhang). Anerkannte Rechtsfolge einer solchen behördlichen Verletzung von Nebenpflichten ist gegebenenfalls auch, dass versäumte Anträge und Erklärungen des betroffenen Bürgers bzw. des Versicherten als rechtzeitig und ordnungsgemäß gelten (vgl. etwa BSG SozR 4100 § 14 Nr. 28).
In der Regel wird die Beratungspflicht durch ein entsprechendes Begehren des Berechtigten ausgelöst. Aber auch wenn ein Beratungsbegehren nicht vorliegt, ist der Versicherungsträger gehalten, die oder den Berechtigten bei Vorliegen eines konkreten Anlasses auf klar zutage tretende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und die von jeder bzw. jedem verständigen Berechtigten mutmaßlich genutzt werden (so schon BSG SozR Nr. 3 zu § 1233 RVO; vgl. ferner BSG SozR 1200 § 14 Nrn. 15 und 25; SozR 3-1200 § 14 Nrn. 5, 6, 9, 10). Ein solcher konkreter Anlass kann sich nach der Rechtsprechung des BSG etwa aus einem laufenden Verfahren wegen der Bewilligung von Leistungen oder bei dem erfolglosen Abschluss eines solchen Verwaltungsverfahrens ergeben.
Vorliegend hat sich die Klägerin zwar nicht mit einem konkreten Auskunfts- oder Beratungsersuchen bezüglich der beihilferechtlichen Folgen der Beitragszuschussgewährung an die Beklagte gewandt, diese war jedoch im Rahmen des Rentenbewilligungsverfahrens zu einer entsprechenden Auskunft und Beratung bzw. zu sachdienlichen Hinweisen verpflichtet.
Dabei sind nach ständiger Rechtsprechung des BSG die Auskunfts- und Hinweispflichten eines Sozialleistungsträgers nicht auf den jeweils eigenen Aufgabenbereich beschränkt, ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch kann sich daher grundsätzlich auch aus dem fehlerhaften Verhalten anderer Behörden ergeben (vgl. BSGE 51, 89 = SozR 2200 § 381 Nr. 44 m.w.N.; SozR 1200 § 14 Nr. 19; SozR 3-1200 § 14 Nr. 9 und Nr. 22 m.w.N.). Eine solche Zurechnung des fehlerhaften Verhaltens einer anderen Behörde ist insbesondere angenommen worden, wenn die andere Behörde vom Gesetzgeber im Sinne einer Funktionseinheit "arbeitsteilig" in das Verfahren eingeschaltet ist (vgl. BSGE 51, 89, 95 = SozR 2200 § 381 Nr. 44; BSGE 57, 288, 290 = SozR 1200 § 14 Nr. 18; BSGE 58, 283, 284 = SozR 1200 § 14 Nr. 20; BSGE 62, 96, 99 = SozR 1200 § 14 Nr. 26; BSGE 63, 112, 115 = SozR 1200 § 14 Nr. 28; BSGE 64, 89, 94 = SozR 2200 § 545 Nr. 8; BSGE 71, 217, 218 = SozR 3-1200 § 14 Nr. 29). Einen Herstellungsanspruch hat das BSG ferner bei Bestehen eines Konkurrenzverhältnisses zwischen zwei Leistungen bejaht. Die Verpflichtung der Leistungsträger und sonstiger Behörden (z.B. Versicherungsämter), Leistungsempfänger auch über Gegenstände zu beraten, die ihren eigenen Bereich überschreiten erschöpft sich indes ebenso wenig wie die Verpflichtung des zur Entscheidung befugten Leistungsträgers, sich das fehlerhafte Handeln eines anderen Trägers zurechnen zu lassen, mit den aufgeführten Fallgruppen (vgl. BSG SozR 3-1200 § 14 Nr. 22). Im Interesse des Funktionierens des für die einzelnen Versicherten in weiten Teilen schwer verständlichen, gegliederten Leistungssystems der sozialen Sicherung und im Hinblick auf die grundlegende rechtliche Forderung nach einer möglichst weitgehenden Verwirklichung der sozialen Rechte der Bürger (vgl. § 2 Abs. 2 Halbs. 2, § 17 Abs. 1 SGB I, s. dazu auch BSG SozR 2200 § 381 Nr. 44; SozR 1200 § 14 Nrn. 13, 16; SozR 3-2600 § 58 Nr. 2), obliegt demjenigen Leistungsträger, der dem/der Versicherten bei einer bestimmten Sachlage gegenübersteht, jeweils auch eine rechtzeitige, vollständige und richtige Auskunft und Beratung. Diese umfasst dabei auch für Versicherte besonders wichtige und für den Leistungsträger selbst ohne weiteres überschaubare Gesichtspunkte, die den Zuständigkeitsbereich eines anderen Trägers betreffen. Aufgrund dieser Zusammenhänge hat das BSG (SozR 3-1200 § 14 Nr. 22) eine dem zuständigen Leistungsträger zurechenbare Beratungspflicht einer anderen Behörde (zumindest) auch dann angenommen, wenn die Zuständigkeitsbereiche beider Stellen materiell-rechtlich eng miteinander verknüpft sind, die andere Behörde im maßgeblichen Zeitpunkt aufgrund eines bestehenden Kontaktes der aktuelle "Ansprechpartner" der Versicherten ist und sie - die Behörde - aufgrund der ihr bekannten Umstände erkennen kann, dass bei der/dem Versicherten im Hinblick auf das andere sozialrechtliche Gebiet ein dringender Beratungsbedarf in einer gewichtigen Frage besteht. Die Auskunfts- und Beratungspflicht eines Sozialleistungsträgers erstreckt sich somit nicht nur auf das für diesen geltende Versicherungs- und Leistungsrecht im engeren Sinne, sondern auch auf die Regelungen in anderen Sozialrechtsbereichen, die hierfür bedeutsam sind. Diese Erweiterung des Umfangs der Auskunftspflicht der Sozialleistungsträger ist geboten angesichts der Kompliziertheit und Schnelllebigkeit des deutschen Sozialrechts mit seinen gegliederten und diversifizierten Sozialsystemen, das nach dem Grundsatz der formellen Publizität des Gesetzes selbst bei jedem sozialrechtlichen Laien als bekannt fingiert wird. Der auskunfts- bzw. hinweispflichtige Sozialleistungsträger hat den Auskunftsbegehrenden erforderlichenfalls auch durch zuständigkeitsüberschreitende Auskünfte oder auch nur durch adäquate Hinweise über Rechtsfragen und Gestaltungsmöglichkeiten im Überschneidungsbereich mit anderen (Sozial-) Leistungssystemen in die Lage zu versetzen, seine sozialen Rechte effektiv und umfassend wahrzunehmen (§ 2 Abs. 2 2. Halbsatz SGB I). Der sachliche Bereich, auf den sich die Auskunfts-, Beratu ngs- und Hinweispflicht des Sozialleistungsträgers bezieht, sowie Umfang und Intensität dieser Verpflichtungen bemisst sich dabei im Einzelfall nach der Zumutbarkeit für den verpflichteten Sozialleistungsträger. Eine prinzipielle Begrenzung dieser Verpflichtungen auf den Bereich des Sozialgesetzbuches (auf das Sozialrecht in formellem Sinne) kann jedoch entgegen der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Berlin (s. Urteil vom Juni 2000, Az: L 6 RA 104/99; Urteil vom 12. Dezember 2001, Az: L 6 RA 74/00) nicht angenommen werden. Zumutbar sind solche Auskünfte und Hinweise jedenfalls in Fällen – wie dem vorliegenden –, in denen es um Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen des Sozialversicherungs- bzw. Sozialleistungsverhältnisses zwischen dem beratungspflichtigen Sozialleistungsträger und dem Versicherten im Hinblick auf negative Auswirkungen auf Ansprüche des Versicherten außerhalb des SGB geht, wenn diese negativen Auswirkungen dem Sozialleistungsträger allgemein bekannt sind und er unschwer erkennen kann, dass der Versicherte voraussichtlich hiervon betroffen sein wird.
Eine solche Situation einer erweiterten Hinweispflicht ist vorliegend nach Auffassung des erkennenden Senates mit der angesprochenen Besonderheit erfüllt, dass mit dem beamtenrechtlichen Beihilfesystem zwar keine Sozialleistung im engeren Sinne, d.h. keine Sozialleistung, die dem SGB unterfällt, betroffen ist, dass jedoch gleichwohl eine hinreichende sachliche Nähe und ein innerer Zusammenhang der Zuschussleistung der Beklagten zu den Aufwendungen der Klägerin für ihre Krankenversicherung zum beamtenrechtlichen Beihilferecht gegeben ist, um eine entsprechende Auskunfts- und Hinweispflicht der Beklagten auszulösen. In diesem Zusammenhang ist es daher unerheblich, dass der Dienstherr eines Beamten bzw. Richters kein geschützter Leistungsträger im Sinne des § 46 Abs. 2 SGB I ist und als Beihilfeträger keine Sozialleistung i.S. des SGB erbringt.
Ausweislich des Inhalts des Merkblattes der Beklagten zur KVdR ist sich diese ihrer Hinweispflicht auch bewusst gewesen, sie ist ihr jedoch nicht in ausreichendem Umfang nachgekommen. Nach Auffassung des erkennenden Senats wären nicht nur weitergehende Hinweise in diesem Merkblatt oder vor Erteilung des Rentenbewilligungsbescheids, wie sie das Sozialgericht fordert, erforderlich gewesen, die Beklagte wäre vielmehr im Rahmen ihrer Beratungs- und Fürsorgepflicht verpflichtet gewesen, entsprechende konkrete Hinweise in den Rentenbewilligungsbescheid vom 29. Juli 1996 aufzunehmen.
Von den tatsächlichen Umständen, die solche rechtlichen Hinweise als geboten erscheinen lassen, insbesondere von der Beihilfeberechtigung der Klägerin, hat die Beklagte positive Kenntnis gehabt. Sie hat aufgrund des Inhalts der Versichertenakte des verstorbenen Ehemanns der Klägerin sowie aufgrund ihrer Angaben in dem Rentenantrag vom 14. Mai 1996 gewusst, dass der verstorbene Versicherte ebenso wie die Klägerin privat krankenversichert und beihilfeberechtigt war. Sie hat demgemäss den Zuschuss ausdrücklich "im Hinblick auf den bestehenden Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge nach der Hälfte des maßgebenden Beitragssatzes" berechnet. Nachdem in dem Rentenbewilligungsbescheid vom 29. Juli 1996 der für die Klägerin berechnete Gesamtbeitragszuschuss den Betrag von 79,99 DM übertraf, lag es nahe, an dieser Stelle konkret auf die Regelungen des hessischen Beihilferechts hinzuweisen, wonach sich in diesen Fällen der Beihilfebemessungssatz von 70 % auf 50 % reduziert (§ 15 Abs. 6 Satz 2 Hessische Beihilfeverordnung vom 24. November 1994). Selbst wenn man der Beklagten als bundesweit zuständigem Rentenversicherungsträger keinen solch konkreten Hinweis auf die jeweilige Regelung des Landesrechts zur Pflicht macht, so wäre an dieser Stelle zumindest ein allgemeiner Hinweis auf solche im Beihilferecht der Länder und des Bundes weithin üblichen Regelungen erforderlich gewesen, wobei die Beklagte – worauf das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat – auch darauf hätte hinweisen müssen, dass die beihilferechtliche Reduzierung des Bemessungssatzes durch einen grundsätzlich zulässigen (vgl. BSG SozR 3-1200 § 46 Nr. 3; BVerwG Urteil v. 16. Oktober 1997, Az: 2 C 10/97) Verzicht auf einen den Betrag von 79,99 DM übersteigenden Zuschuss hätte vermieden werden können. Wie aus der nachfolgenden Übersicht ersichtlich ist, sehen die beihilferechtlichen Regelungen des Bundes und der Länder (mit Ausnahme von Baden-Württemberg) eine Reduzierung des Bemessungssatzes für die Beihilfe im Falle von Zuschüssen in Höhe von mindestens 80,- DM (ca. 41,- EUR, in Nordrhein-Westfalen 80 EUR) vor.
Zum Einfluss von Zuschüssen zur privaten Krankenversicherung auf den Beihilfebemessungssatz
Baden- Württemberg Soweit ersichtlich Keine Regelung
Bund und angeschlossene Länder Berlin, Bayern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Mecklenburg- Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Werden Beitragszuschüsse von mindestens 80,- DM (jetzt EUR 41,-) monatlich für eine private Krankenversicherung gewährt, wird der Bemessungssatz für den Zuschussempfänger um 20 % gekürzt.
Bremen Für beihilfefähige Aufwendungen der in § 1a Abs. 1 und § 2 Abs. 1 und 2 bezeichneten Personen, zu deren Beiträgen für eine private Krankenversicherung ein Anspruch auf Zuschuss aufgrund von Rechtsvorschriften oder eines Beschäftigungsverhältnisses in Höhe von mindestens 80,- DM monatlich besteht, ermäßigt sich der Bemessungssatz um 10 vom Hundert.
Hamburg Werden Beitragszuschüsse von mindestens DM 80,- (jetzt EUR 40,90) monatlich für eine private Krankenversicherung gewährt, wird der Bemessungssatz für den Zuschussempfänger um 20% gekürzt.
Hessen Hess.BeihilfeVO v. 24.11.1994 Bei Beihilfeberechtigten, die als Versorgungsempfänger auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses zu ihrem Beitrag für eine private Krankenversicherung einen Zuschuss erhalten, sowie bei Beihilfeberechtigten und berücksichtigungsfähigen Angehörigen, die außerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses auf Grund von Rechtsvorschriften einen Zuschuss zu ihrem Beitrag für eine private Krankenversicherung erhalten, ermäßigt sich der Bemessungssatz für die Aufwendungen des Zuschussempfängers um 20 vom Hundert, sofern der Zuschuss mindestens 80,- Deutsche Mark monatlich beträgt (§ 15 Abs. 6 Hess.BeihilfeVO).
Nordrhein-Westfalen Gewährt ein Rentenversicherungsträger Beitragszuschüsse von mindestens EUR 80,- monatlich für eine private Krankenversicherung wird der Bemessungssatz um 10% gekürzt.
Rheinland-Pfalz Werden Beitragszuschüsse für eine private Krankenversicherung gewährt, wird der Bemessungssatz um 20 % gekürzt (ausgenommen sind Sanatoriumsaufenthalte bzw. Heilkuren).
Saarland Werden Beitragszuschüsse von mindestens EUR 40,90 monatlich für eine private Krankenversicherung gewährt, ermäßigt sich der Bemessungssatz für den Zuschussempfänger um 20 %.
Es besteht für den erkennenden Senat auch kein Zweifel daran, dass die Klägerin - wäre sie in dem Rentenbewilligungsbescheid auf die beihilferechtlichen Auswirkungen der Bewilligung des Zuschusses zu den Aufwendungen für ihre Krankenversicherung allgemein oder konkret hingewiesen worden - erforderlichenfalls nach einer weiteren Auskunft der Beihilfestelle, nicht zuletzt angesichts der Höhe des aufgrund des erlittenen Unfalls entstandenen Gesamtbetrags an beihilfefähigen Aufwendungen den Teilverzicht auf die DM 79,99 übersteigende monatliche Zuschussleistung der Beklagten innerhalb der Rechtsmittelfrist und damit rechtzeitig gegenüber der Beklagten erklärt hätte. Unter wirtschaftlichen Aspekten erscheint dies als die einzig sinnvolle Handlungsalternative.
Diese Erklärung wäre auch rechtzeitig erfolgt, ohne dass es der Prüfung bedarf, wann die bewilligten Zuschussleistungen tatsächlich erbracht wurden. Nach h. M. – unter Einschluss der Auffassung der Rentenversicherungsträger – ist eine Antragsrücknahme bzw. eine Antragsbeschränkung sowie ein Leistungs(teil)verzicht vor Ablauf der Rechtsmittelfrist des Bewilligungsbescheids allgemein ohne Angabe von Gründen zulässig mit der Folge, dass der erteilte Bescheid (insoweit) keine rechtlichen Wirkungen entfaltet (vgl. z.B. BfA (Hrsg.), SGB I, Text und Erläuterung, 9. Aufl. 1997 § 46 Nr. 3). Insoweit teilweise bestehende Einschränkungen sind vorliegend offensichtlich nicht einschlägig.
Die Berufung der Beklagten konnte damit insgesamt keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Revision wird gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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