L 14 KR 1113/00

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 12 KR 1062/99
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 14 KR 1113/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 14. Juni 2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen außergerichtlichen Kosten bei-der Instanzen zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über restliche Krankenhausbehandlungskosten für den Versicherten A. A ...

Der Kläger ist Träger des Zentrums für Soziale Psychiatrie M., H ... Der Versicherte wurde dort am 12. November 1998 in vollstationäre Behandlung aufgenommen wegen chronischer Alkoholabhängigkeit und akuter Intoxikation. Mit Schreiben vom 13. November 1998 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Kostenübernahme und teilte mit, dass die Krankenhausbehandlung voraussichtlich bis zum 31. Dezember 1999 dauern würde.

Die Beklagte erteilte mit Schreiben vom 23. November 1998 eine Kostenzusage bis zum 26. November 1998. Der Kläger beantragte daraufhin am selben Tag - dem 23. November 1998 - eine Kostenverlängerung und führte in einem medizinischen Kurzbericht aus, bei dem Versicherten lägen als aktuelle Diagnosen ein chronischer Alkoholabusus sowie eine schwere reaktive Depression vor. Insbesondere wegen der weiterbestehenden Depressivität mit Rückzugstendenzen, einer affektiven Labilität, innerer Unruhe und Schlafstörungen sei eine stationäre psychiatrische Behandlung über den 26. November 1998 hinaus dringend indiziert.

Mit Schreiben vom 1. Dezember 1998 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie komme nach Prüfung des Antrags in Zusammenarbeit mit dem beratenden Arzt zu dem Ergebnis, dass die Entgiftung des Patienten nun abgeschlossen sei. Da der Versicherte Rentenversicherungsbeiträge entrichtet habe, komme hinsichtlich der Entwöhnungsbehandlung die Kostenübernahme durch den Rentenversicherungsträger in Betracht. Die Notwendigkeit einer akuten Krankenhausbehandlung über den 2. Dezember 1998 hinaus sei nicht zu erkennen und die Kostenzusage daher entsprechend zu befristen.

Mit seinem "Widerspruch" machte der Kläger geltend, der Versicherte werde zur Zeit medikamentös antidepressiv behandelt. Bei dieser Behandlungsmaßnahme handele es sich nicht um die Weiterführung einer stationären Entgiftungsbehandlung, sondern um eine erststationäre psychiatrische Behandlung wegen eines massiven depressiven Bildes mit Affektlabilität, Neigung zur Selbstdestruktion bei bestehender latenter Eigengefährdung. Aus diesem Grund sei eine weitere stationäre psychiatrische Behandlung dringend indiziert. Die Beklagte holte daraufhin ein Gutachten nach Aktenlage von dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung R. (MDK) vom 11. Dezember 1998 ein. Der MDK-Arzt B., Facharzt für Psychiatrie, teilte dabei mit, reaktiv depressive Zustandsbilder gehörten bei alkoholkranken Menschen nahezu regelhaft zu dem gesamten psychischen Störungskomplex, der ja in keinem Falle ausschließlich aus dem Suchtproblem bestehe. In stationären Einrichtungen der Suchtrehabilitation würden sämtliche personelle Möglichkeiten vorgehalten, um dies intensiv und effektiv tun zu können. Die Notwendigkeit zur weiteren stationären Behandlung im psychiatrischen Akutkrankenhaus werde dadurch nicht begründet.

Der Kläger teilte daraufhin mit Schreiben vom 21. Dezember 1998 mit, der Versicherte, der inzwischen am 18. Dezember 1998 entlassen worden sei, habe am 1. Dezember 1998 keineswegs eine ausreichende Abstinenzfähigkeit gehabt. Er sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht rehabilitationsfähig gewesen, d.h. er hätte eine entsprechende Maßnahme zu diesem Zeitpunkt wegen der noch stationär behandlungsbedürftigen reaktiven Depression mit erheblicher Rückfallgefahr nicht antreten können.

Die Beklagte holte eine nochmalige medizinische Stellungnahme des MDK von dem Facharzt für Psychiatrie B. vom 20. Januar 1999 ein, der ausführte, ein fortgesetzter psychotherapeutischer und medikamentöser Behandlungsbedarf sowie die Annahme einer erhöhten Rückfallgefahr stellten für sich genommen keine Indikation zur fortgesetzten stationären Behandlung dar. Vielmehr sei das Angebot an therapeutischen Einzel- und Gruppengesprächen, an welchen der Patient im Krankenhaus teilgenommen habe, auch der wesentliche Inhalt von stationären Rehabilitationsmaßnahmen.

Unter Vorlage einer ärztlichen Stellungnahme des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie, Funktionsbereichsleiter Dr. Bx. vom 8. April 1999, wandte sich der Kläger nochmals gegen die Ablehnung der weiteren Kostenübernahme.

Am 23. Juli 1999 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Kassel wegen der Übernahme der restlichen Krankenhausbehandlungskosten erhoben.

Das Sozialgericht hat die Krankengeschichte des Versicherten von dem Kläger beigezogen und Beweis erhoben zur Frage der Krankenhausbehandlungsnotwendigkeit durch Einholung eines Gutachtens von dem Arzt für Neurologie/Psychiatrie-Psychotherapie Dr. U. vom 8. März 2000.

Mit Urteil vom 14. Juni 2000 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, dem Kläger als Krankenhausträger des Zentrums für Soziale Psychiatrie am M., H., die Kosten des stationären Aufenthalts des A. A. auch für die Zeit vom 2. Dezember 1998 bis zum 18. Dezember 1998 zu zahlen. Hinsichtlich der Erstattung der außergerichtlichen Kosten hat das Gericht festgestellt, die Beteiligten hätten einander keine Kosten zu erstatten. In den Entscheidungsgründen hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, das Klagebegehren des Klägers sei als allgemeine Leistungsklage zulässig und auch in der Sache begründet. Der Kläger habe Anspruch auf die von ihm geltend gemachten rechtlichen Behandlungskosten, da für den streitigen Zeitraum bei dem Patienten A. A. auf der Grundlage des von dem Gericht eingeholten Gutachtens von Dr. U. eine weitere Behandlungsnotwendigkeit im Krankenhaus bestanden habe. Nach dem Gutachten des Sachverständigen und ausweislich der Krankengeschichte sowie unter Zugrundelegung der Ausführungen des Krankenhauses selbst sei in dem streitigen Zeitraum weder Heimverlegungsfähigkeit noch Rehabilitationsfähigkeit des Patienten gegeben gewesen. Gegen die Krankenhausbehandlungsnotwendigkeit könne auch nicht eingewandt werden, dass die während des Aufenthalts angewandten Therapiemaßnahmen das Vorliegen von Rehabilitationsfähigkeit beinhaltet hätten, da derartige Therapiemaßnahmen unabdingbarer Bestandteil einer jeden psychiatrischen Krankenhausbehandlung seien. Zu Unrecht habe die Beklagte den Krankenhausbehandlungsanspruch des Herrn A. auf die Entgiftung reduziert. Dies könne in Fällen ohne "Zweiterkrankung" sein, bei der vorliegenden Fallgestaltung indes nicht, wobei allein darauf abzustellen wäre, dass stationäre Behandlungsbedürftigkeit der "Zweiterkrankung" vorgelegen habe. Nach Aktenlage könne im streitigen Zeitraum nicht davon ausgegangen werden, dass hinsichtlich einer Rehabilitation die notwendige Erfolgsaussicht im Sinne einer Motivation für den Antritt einer entsprechenden Entwöhnungsbehandlung gegeben gewesen sei. Sofern wie hier die Erlangung der Rehabilitationsfähigkeit Behandlungsziel einer (teil-)stationären Krankenhausbehandlung sei, ohne dass dieses Behandlungsziel auch ambulant hätte erzielt werden können, verbleibe es beim Vorliegen von Krankenhausbehandlungsnotwendigkeit.

Gegen das ihr am 2. August 2000 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 4. September 2000 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt und geltend gemacht, anhand der Krankenhausdokumentation lasse sich die Konstruktion einer Zweiterkrankung nicht aufrechterhalten. Die beim Versicherten aufgetretene ängstliche depressive Symptomatik stelle kein eigenes Krankheitsbild dar, die nur Behandlung im stationär-psychiatrischen Rahmen zugelassen hätte. Die Beklagte hat dazu eine Stellungnahme des Arztes des MDK B. vom 4. Mai 2001 aufgrund der Auswertung der Krankenhausakte vorgelegt.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 14. Juni 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und das Urteil des Sozialgerichts Kassel im Wege der Anschlussberufung zu ändern und der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Klägers aufzuerlegen.

Die Beklagte ist der Auffassung das erstinstanzliche Urteil sei in der Hauptsache zutreffend. Nicht richtig sei lediglich die Kostenentscheidung. Diese beruhe offensichtlich auf § 193 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), wobei es sich jedoch um ein Verfahren im Sinne des § 193 Abs. 4 Satz 2 SGG gehandelt habe. Zur Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit des Versicherten hat der Kläger nochmals eine fachärztliche Stellungnahme von Dr. Bx., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Funktionsbereichsleiter vom 30. Juli 2001 vorgelegt.

Die Beteiligten haben sich in einem Erörterungstermin vom 13. November 2002 übereinstimmend mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin als Vorsitzende einverstanden erklärt.

Wegen weiterer Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsunterlagen der Beklagten sowie die Krankenakte über den Patienten A. verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Entscheidung konnte durch den Einzelrichter ergehen, da sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 155 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Berufung ist zulässig; sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie auch an sich statthaft (§§ 143, 144 Abs. 1, 151 Abs. 1 SGG).

In der Sache hat die Berufung der Beklagten keinen Erfolg. Das Sozialgericht Kassel hat mit Urteil vom 14. Juni 2000 die Beklagte zu Recht verurteilt, dem Kläger die restlichen Krankenhausbehandlungskosten für die Zeit vom 2. Dezember 1998 bis zum 18. Dezember 1998 zu zahlen.

Die Klage ist als echte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zulässig; denn es geht um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2001 - B 3 KR 11/01 R -, Urteil vom 11. April 2002 - B 3 KR 24/01 R - sowie Urteil vom 21. August 1996 - 3 RK 2/96 -).

Rechtsgrundlage des hier geltend gemachten Vergütungsanspruchs für weitere 16 Tage Krankenhausbehandlung bei einem Abteilungspflegesatz von DM 277,40 und einem Basispflegesatz von DM 105,47 pro Tag ist § 109 Abs. 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) i.V.m. den zwischen der Hessischen Krankenhausgesellschaft e.V. und den Landesverbänden der Krankenkassen abgeschlossenen Sicherstellungsverträgen auf der Grundlage von § 112 Abs. 2 SGB V. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkassen entsteht dann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteile vom 13. Dezember 2001, vom 11. April 2001 sowie vom 21. August 1996, jeweils a.a.O.), der sich der Senat anschließt, unabhängig von einer Kostenzusage der Krankenkasse unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten. Die Krankenkasse ist bei einem zugelassenen Krankenhaus im Sinne des § 108 SGB V wie im vorliegenden Fall als Korrelat zu dessen Behandlungspflicht auch ohne zusätzliche vertragliche Vereinbarungen verpflichtet, die normativ festgelegten Entgelte zu zahlen, sofern die Versorgung im Krankenhaus erforderlich ist. Einen Vertrag über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung einschließlich der Aufnahme und Entlassung der Versicherten, der Kostenübernahme, der Abrechnung der Entgelte, Berichte und Bescheinigungen gab es in Hessen für den hier streitigen Zeitraum nicht. Die Hessische Krankenhausgesellschaft und die Landesverbände der Krankenkassen haben indes mit Datum vom 1. August 1990 einen (bisher nicht gekündigten) Vertrag zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V geschlossen. Dieser Vertrag ist nach § 112 Abs. 2 Satz 2 für die Krankenkassen und die zugelassenen Krankenhäuser im Land Hessen unmittelbar verbindlich. Der Vertrag ist aber auch für die hier beklagte rheinlandpfälzische AOK verbindlich gewesen, obwohl weder sie noch ein übergreifender Verband, etwa der AOK-Bundesverband, vertragsschließende Partei war. Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit der Regelung in § 112 Abs. 1 SGB V eine Verbindlichkeit des Sicherstellungsvertrages länderübergreifend für diejenigen jeweiligen Krankenkassen mitangestrebt hat, die den vertragsschließenden Krankenkassen entsprechen (vgl. BSG, Urteil vom 21. August 1996, a.a.O.). Auch die Beteiligten in diesem Verfahren haben in dem Termin zur mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass sie von einer Verbindlichkeit dieses Vertrages ausgehen. Die Verbindlichkeit der Rahmenverträge nach § 112 Abs. 2 SGB V hat nach der Rechtsprechung des BSG beim Fehlen einer Kostenübernahmeerklärung in Bezug auf eine bestimmte Behandlungszeit Auswirkungen auf die Beweislast. Das Krankenhaus - vorliegend der Kläger - muss entsprechend dem allgemeinen Grundsatz, dass derjenige, der ein Recht beansprucht, die entsprechenden Voraussetzungen beweisen muss, das Vorliegen weiterer Behandlungsbedürftigkeit nur dann nachweisen, wenn die Beklagte das Verfahren eingehalten hat, dass in den nach § 112 Abs. 2 SGB V abgeschlossenen Rahmenverträgen hierfür vereinbart worden ist oder wenn das Krankenhaus durch sein Verhalten die Durchführung des vereinbarten Verfahrens unmöglich gemacht oder zumindest erheblich erschwert hat (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2001, a.a.O.).

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte das in dem hessischen Sicherstellungsvertrag vom 1. August 1990 vereinbarte Verfahren nicht eingehalten. Nach § 2 Abs. 2 des betreffenden Vertrages erfolgt die Überprüfung der Krankenhausbehandlungsnotwendigkeit in der Regel während der Zeit, in der sich der Patient in stationärer Krankenhausbehandlung befindet. In diesen Fällen soll - so § 2 Abs. 2 Satz 2 des Vertrages - die Überprüfung im Krankenhaus stattfinden, und zwar im Zusammenwirken durch Ärzte des MDK mit dem behandelnden Krankenhausarzt (§ 2 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 und Abs. 5 des entsprechenden Vertrages vom 1. August 1990). Nach dem Vertrag soll die Begutachtung nach Entlassung aus der stationären Behandlung somit die Ausnahme sein. "Soll" in § 2 Abs. 2 Satz 2 des Vertrages bedeutet, dass von einer Überprüfung im Krankenhaus nur abgesehen werden kann, wenn sachliche Gründe dies rechtfertigen (vgl. gemeinsame Erläuterungen und Umsetzungshinweise der Hessischen Krankenhausgesellschaft e.V. und der Verbände der Krankenkassen in Hessen zu dem Vertrag nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V). Das in dem Vertrag vereinbarte Verfahren ist somit auf eine zeitnahe Durchführung ausgerichtet. Dadurch ist ein Gutachter nicht nachträglich allein auf schriftliche Dokumentationen angewiesen, sondern die anschauliche Beurteilung des laufenden Falles oder die frische Erinnerung des behandelnden Krankenhausarztes im Zusammenwirken mit dem Vertreter des MDK nutzbar. Sofern die Krankenkassen das vertraglich vorgesehene Überprüfungsverfahren nicht durchführen, sind sie dann aber nach Treu und Glauben mit solchen Einwendungen endgültig ausgeschlossen, die bis dahin geltend gemacht werden konnten (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2001). Auch eine gerichtliche Sachaufklärung der Behandlungsnotwendigkeit - so das BSG - findet nicht mehr statt. Vielmehr kann in diesen Fällen der durch die Beurteilung des Krankenhausarztes begründete Anscheinsbeweis der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit (entsprechend § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V) nicht (mehr) erschüttert werden.

Vorliegend lag es in der Sphäre der Beklagten, dass es entgegen den vertraglichen Bestimmungen des Vertrages vom 1. August 1990 nicht zu einer Überprüfung im Krankenhaus gekommen ist. Der Kläger hatte der Beklagten mit Schreiben vom 23. November 1998 (Eingang bei der Beklagten am 26. November 1998) entsprechend § 2 Abs. 1 des Vertrages vom 1. August 1990 einen Kurzbericht des behandelnden Krankenhausarztes zukommen lassen und um Kostenverlängerung gebeten. Obgleich sich der Versicherte noch in der stationären Krankenhausbehandlung befand, hat die Beklagte nach einem ablehnenden Schreiben und weiterem Schriftwechsel mit der Klinik zwar ein Gutachten durch den MDK veranlasst, welches aber am 11. Dezember 1998 nach Aktenlage erfolgte. Im Ergebnis kann indes dahinstehen, ob die Beklagte deswegen die Beweislast hinsichtlich der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit tragen muss bzw. ob diese auch mit (substantiierten) Einwendungen im Prozess ausgeschlossen ist. Nach Aktenlage, insbesondere auch aufgrund der hier tatsächlich erfolgten gerichtlichen Sachaufklärung im erstinstanzlichen Verfahren zur Frage der Behandlungsnotwendigkeit steht für den Senat fest, dass in dem streitigen Zeitraum vom 2. Dezember 1998 bis zum 18. Dezember 1998 weiterhin die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung für den Versicherten bestanden hat. Die Entscheidung des Krankenhausarztes stellt sich aufgrund der Sachaufklärung nachträglich nicht als unvertretbar heraus. Nur bei einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Fehlentscheidung des Krankenhausarztes, wobei auf dessen jeweilige Erkenntnismöglichkeiten im Zeitpunkt der Behandlung abzustellen ist ("ex ante" Betrachtung), haftet indes das Krankenhaus gegenüber der Krankenkasse, ansonsten bleibt es bei der Zahlungspflicht der Krankenkasse für die stationäre Versorgung (BSG, Urteil vom 21. August 1996, a.a.O., Urteil vom 13. Dezember 2001, a.a.O.).

Hinsichtlich der Vertretbarkeit der Entscheidung des Krankenhausarztes nach dessen Erkenntnismöglichkeiten verweist der Senat ausdrücklich auf die insoweit zutreffenden Gründe in dem erstinstanzlichen Urteil (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 4 Satz 2 SGG in der hier maßgeblichen (bis zum 2. Januar 2002) geltenden Fassung durch Artikel 15 Nr. 2 des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21. Dezember 1992. Der Kläger konnte die fehlerhafte Kostenentscheidung des erstinstanzlichen Urteils im Wege der unselbständigen Anschlussberufung (§ 202 SGG i.V.m. § 522 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO -) geltend machen. § 144 Abs. 4 SGG, wonach die Berufung ausgeschlossen ist, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt, gilt insoweit nicht. Die unselbständige Anschlussberufung kann auch auf die Kostenentscheidung beschränkt werden (Bayrisches Landessozialgericht, Urteil vom 8. Januar 1980 - L 16-Ar 441/78 -).

Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorgelegen haben.
Rechtskraft
Aus
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