L 3 U 576/99

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 3 U 190/98
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 576/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 43/02 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 30. März 1999 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Beklagte einen Unfall des Klägers vom 10. Januar 1996 als Arbeitsunfall zu entschädigen hat.

Der 1953 geborene Kläger war zur Zeit des Unfalls in K. bei M. wohnhaft und bei der Firma W. & F. AG, Tiefbauabteilung, F., als Bauingenieur/Bauleiter beschäftigt. Nach der im Berufungsverfahren eingeholten Auskunft der Firma vom 1. November 2001 war der Kläger seit seinem Wiedereintritt in den Betrieb im April 1987 immer nur auf Baustellen außerhalb von F. eingesetzt. Im August 1995 erfolgte sein Einsatz als Bauleiter auf einer Baustelle in H., der bis April 1996 geplant war. Ab 28. August 1995 bis Mitte Dezember und ab Januar 1996 wohnte der Kläger deshalb in der Woche jeweils von Montag bis Freitag in der Hotelpension "H." in H., H-Straße. Dort stürzte er am 10. Januar 1996 zwischen 21:00 Uhr und 21:20 Uhr (s. Durchgangsarztbericht und Rettungsdienstbericht - Bl. 8, 50 Verwaltungsakte) beim Begehen der Treppe zu seinem im zweiten Stock gelegenen Zimmer und fiel die Treppe herunter. Hierbei zog er sich ein offenes Schädelhirntrauma mit Felsenbeinfraktur links, Otoliquorrhoe links, Contusions- und Subarachnoidalblutung, Vestibularisausfall und nachfolgender symptomatischer Epilepsie zu. Von den Ärzten wurde am Unfalltag ein Fötor alcoholicus bemerkt. Eine Blutprobe wurde nicht entnommen. Ab 20. Mai 1996 wurde der Kläger bei dem selben Arbeitgeber im Büro als Kalkulator/Arbeitsvorbereiter weiter beschäftigt.

Am Unfalltag hatte der Kläger seinen Angaben zufolge zwischen 18:00 Uhr und 19:00 Uhr seine Arbeit beendet und im Baubüro mit einem Kollegen noch zwei bis drei Cognac getrunken. Anschließend fuhr er mit öffentlichen Verkehrsmitteln in Richtung seines Hotels (Fahrzeit ca. 30 bis 45 Min.). Zur Einnahme des Abendessens suchte er jedoch zunächst ein in der Nähe an der "M." gelegenes italienisches Restaurant auf, wo er gegen 19:30 Uhr eintraf. Nach dem Abendessen, bei dem er auch drei Glas Wein trank, begab er sich zur Hotelpension "H.", wo er dann auf dem direkten Weg zu seinem Zimmer auf der Treppe verunglückte. Die Inhaberin der Hotelpension konnte sich laut Mitteilung an die Beklagte vom 25. April 1996 den Unfall nicht erklären. Die Treppe sei gut zu begehen, sehr gut beleuchtet und dem Kläger genau bekannt gewesen. Seit Aufnahme des Betriebs 1967 sei es noch zu keinem weiteren Sturz gekommen.

Durch Bescheid vom 21. Oktober 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 1998 lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen ab, weil es sich bei dem Unfall vom 10. Januar 1996 nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Bei Dienst- oder Geschäftsreisen mit Unterbringung in einem Hotel etc. ende der Versicherungsschutz auf Wegen von und zum Ort der Beschäftigung zwar grundsätzlich nicht bereits mit dem Durchschreiten der Außentür des Hotels, sondern erst mit dem Durchschreiten der Tür des Hotelzimmers, weil der Ort der auswärtigen Unterbringung für den Reisenden einen Ersatz sowohl für die eigene Häuslichkeit als auch für die Arbeitsstätte darstelle. Das gelte jedoch nicht bei einem längeren Aufenthalt am Dienst- oder Geschäftsort, wie er beim Kläger, der zur Zeit des Unfalls bereits über 16 Wochen am auswärtigen Ort gewohnt und gearbeitet habe, vorgelegen habe. In diesen Fällen sei die Unterkunftsstätte - Hotel, Pension, Privatquartier etc. - der Wohnung des Versicherten gleichzusetzen und für die Beurteilung des Versicherungsschutzes die Vorschrift des § 550 Abs. 1 Reichversicherungsordnung (RVO) maßgebend mit der Folge, dass unter Berücksichtigung der Grundsätze zum sog. häuslichen Wirkungskreis der unter Versicherungsschutz stehende Weg zwischen Unterkunft und Arbeitsstätte mit dem Durchschreiten der Außentür des Hotels beginne und ende. Da der Unfall im Hotel auch nicht auf eine besondere Beschaffenheit der Hotelpension oder darauf zurückzuführen sei, dass der Kläger mit den örtlichen Gegebenheiten im Hotel nicht hinreichend vertraut gewesen sei, könne ein Versicherungsschutz auch nicht ausnahmsweise bejaht werden.

Am 25. März 1998 hat der Kläger hiergegen beim Sozialgericht Marburg (SG) Klage erhoben.

Durch Urteil vom 30. März 1999 hat das SG die Beklagte verurteilt, das Unfallereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen und in gesetzlichem Umfang zu entschädigen. Es hat mit dem Kläger die Auffassung vertreten, dass dieser auf einem versicherten Rückweg von der Nahrungsaufnahme verunglückt sei. Auch bei einem längeren auswärtigen Aufenthalt seien die Grundsätze der Rechtsprechung zum Versicherungsschutz auf Wegen von und zur Nahrungsaufnahme während einer Dienst- oder Geschäftsreise anzuwenden. Denn die dafür maßgebenden Erwägungen, dass der Versicherte zwar auch zu Hause seine Mahlzeit hätte einnehmen müssen, dort jedoch nicht gehalten gewesen wäre, ein Restaurant aufzusuchen, gälten unabhängig davon, wie lange die auswärtige Beschäftigung bereits angedauert habe. Der ursächliche Zusammenhang des vom Kläger nach der Einnahme seines Abendessens zurückgelegten Weges mit seiner versicherten Tätigkeit sei auch mit dem Durchschreiten der Hotelaußentür nicht beendet worden. Eine Abgrenzung nach räumlichen Merkmalen sei bei längerem auswärtigem Aufenthalt mangels einer zuverlässigen räumlichen Grenze ebenso wenig möglich wie bei einer nur Tage andauernden Dienstreise. Auch hier seien die Grundsätze des sog. häuslichen Wirkungskreises entgegen der Ansicht der Beklagten nicht anzuwenden. Ausschlaggebend für den Versicherungsschutz bleibe der Zweck, welchem die konkrete, zum Unfall führende Tätigkeit gedient habe. Da ein alkoholbedingter Leistungsausfall oder -abfall als allein wesentliche Unfallursache nicht feststellbar sei, sei der Unfallversicherungsschutz beim Kläger auch unter diesem Gesichtspunkt nicht entfallen.

Gegen das ihr am 29. April 1999 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 7. Mai 1999 Berufung eingelegt. Sie ist weiterhin der Ansicht, dass bei einer über 16 Wochen andauernden auswärtigen Beschäftigung und Unterbringung andere Maßstäbe als bei einer ein- oder mehrtägigen Dienstreise anzulegen seien. Warum mangels einer "zuverlässigen räumlichen Grenze" die Grundsätze des sog. häuslichen Wirkungskreises nicht herangezogen werden könnten, sei nicht nachvollziehbar.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 30. März 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Zumindest die allen Hotelgästen zugänglichen Bereiche des Hotels könnten auch deshalb nicht dem "häuslichen Wirkungskreis" gleichgesetzt werden, weil von seinem Auftreten in der Öffentlichkeit der allgemeinen Hotelräumlichkeiten das Image seines Arbeitgebers, den er vertrete und repräsentiere, bestimmt werde und insofern ein erheblicher Bezug zu seinem Beschäftigungsverhältnis bestehe.

In der vom Senat eingeholten Auskunft vom 1. November 2001 hat die Firma W. & F. I.AG u.a. mitgeteilt, dass es sich beim Kläger um keine Dienstreise, sondern um einen Baustelleneinsatz gehandelt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Der Kläger hat entgegen der Ansicht des SG am 10. Januar 1996 keinen Arbeitsunfall erlitten, als er zwischen 21:00 Uhr und 21:20 Uhr auf der Treppe der Hotelpension "H." in H. verunglückte.

Nach den im vorliegenden Fall noch anzuwendenden Vorschriften der RVO (s. § 212 Sozialgesetzbuch -SGB- VII) ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet (§ 548 Abs. 1 Satz 1 RVO). Nach § 550 Abs. 1 RVO gilt als Arbeitsunfall auch ein Unfall auf einem mit einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten zusammenhängenden Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit. Von dem Versicherungsschutz nach § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO werden auch Betriebswege/Dienstwege sowie Dienstreisen/Geschäftsreisen erfasst. Denn sie werden einschließlich des Hin- und Rückweges zur Ausübung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt und sind Teil der versicherten Tätigkeit, während Wege von und zum Ort der Tätigkeit im Sinne des § 550 Abs. 1 RVO der versicherten Tätigkeit nachfolgen oder ihr vorangehen und deshalb nicht in einem so unmittelbaren Betriebsinteresse stehen (Bundessozialgericht -BSG- SozR 2200 § 548 Nr. 63; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Rdnr. 88 zu § 8 SGB VII). Um eine Dienstreise handelt es sich dann, wenn der Versicherte sich aus betrieblichen oder beruflichen Gründen auf Anordnung oder mit Ermächtigung seines Arbeitgebers an einen anderen Ort außerhalb des Dienstortes/Beschäftigungsortes, d.h. des Mittelpunktes seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit, begibt (s. dazu auch Brackmann, Rdnrn. 89 und 95 zu § 8 SGB VII). Eine Dienstreise ist somit der vom Arbeitgeber angeordnete Wechsel vom Ort der regelmäßigen Arbeitsstätte (Beschäftigungsort) zu einem anderen Ort einschließlich Hin- und Rückfahrt aus Anlass einer vorübergehenden Auswärtstätigkeit.

Der Kläger hat sich zur Zeit seines Unfalls in der Hotelpension "H." in H. am 10. Januar 1996 zwischen 21:00 Uhr und 21:20 Uhr nicht auf einer von der Firma W. & F. AG, F., angeordneten Dienstreise befunden, sondern hatte auf einer Baustelle in H., die zu dieser Zeit seine regelmäßige Arbeitsstätte bzw. sein Beschäftigungsort und Ort der Tätigkeit im Sinne des § 550 Abs. 1 RVO war, für seinen Arbeitgeber als Bauleiter Arbeiten durchzuführen. Bei Aufnahme seiner Tätigkeit in H. im August 1995 hat er sich nicht von seinem Beschäftigungsort weg begeben, sondern im Gegenteil zu diesem hin begeben. Die Hotelpension "H." in H. war seine Unterkunft/Zweitwohnung im Sinne des § 550 Abs. 3 RVO, die er sich wegen der räumlichen Entfernung seiner ständigen Familienwohnung in K. bei M. von seinem Beschäftigungsort in H. und nicht zur Durchführung einer Dienstreise genommen hatte. Nach Auskunft der Firma W. und F. AG, F., vom 1. November 2001 war der Kläger seit seinem Wiedereintritt in den Betrieb im April 1987 immer nur auf Baustellen außerhalb von F. eingesetzt und in H. seit August 1995 im Rahmen eines solchen Baustelleneinsatzes tätig. Es handelte sich somit um eine sog. Einsatzwechseltätigkeit, die vorliegt, wenn Arbeitnehmer bei ihrer individuellen beruflichen Tätigkeit typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten eingesetzt werden, z.B. Bau- oder Montagearbeiter, Leiharbeitnehmer, Rechtsreferendare. In diesen Fällen ist die jeweilige Tätigkeitsstätte als regelmäßige Arbeitsstätte/Beschäftigungsort anzusehen auch wenn die Einstellung im Betrieb - hier F. - erfolgte und von dort der Lohn gezahlt wird (s. auch § 9 Abs. 1 und 2 SGB IV). Das gilt selbst dann, wenn - was beim Kläger nicht der Fall war - zwar vorwiegend Einsatzwechseltätigkeiten ausgeübt werden, aber durchschnittlich mindestens vier Stunden wöchentlich oder an mindestens 40 Arbeitstagen im Kalenderjahr mindestens vier Stunden im Betrieb eine mit der Einsatzwechseltätigkeit zusammenhängende Arbeit verrichtet wird (z.B. Vorbereitung oder Abschluss der Einsatzwechseltätigkeit oder Berichterstattung), wie der Bundesfinanzhof - BfH - (Urteil vom 26. Januar 1994 - BStBl. II S. 529) abweichend von der früheren Praxis der Finanzbehörden im Rahmen des § 9 Abs. 1 Nrn. 4 und 5 Einkommensteuergesetz (EStG) entschieden hat, die in diesen Fällen eine Einsatzwechseltätigkeit an der selben Tätigkeitsstätte für die Dauer von drei Monaten als Dienstreise/Dienstgang werteten und erst nach Ablauf einer Dreimonatsfrist die auswärtige Tätigkeitsstätte als regelmäßige Arbeitsstätte ansahen (s. BMF 27. Juni 1994 - BStBl. I S. 454). Demgemäß hat die Firma W. & F. AG in ihrer Auskunft vom 1. November 2001 auch ausdrücklich bestätigt, dass es sich in H. um einen Baustelleneinsatz des Klägers und nicht um eine Dienstreise gehandelt hat.

Der Versicherungsschutz für den vom Kläger am 10. Juni 1996 nach Beendigung seiner Tätigkeit als Bauleiter auf der Baustelle in H. zwischen 18:00 Uhr und 19:00 Uhr und einem kleinen Umtrunk mit einem Kollegen unternommenen Weg beurteilt sich demgemäß nach § 550 Abs. 1 RVO, wie auch § 550 Abs. 3 RVO zeigt (s. dazu BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 13 - für einen Montageeinsatz von vier bis sechs Wochen). Versicherungsschutz nach § 550 Abs. 1 RVO auf dem Weg vom Ort der Tätigkeit bestand danach zweifellos während der Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln in Richtung der Hotelpension "H.", wo der Kläger seine Unterkunft hatte. Ob das noch vor Betreten der Hotelpension zur Einnahme des Abendessens aufgesuchte, in der Nähe gelegene italienische Restaurant auf einem Umweg oder einem Abweg erreicht wurde und auf diesem u.a. unter Heranziehung der Rechtsprechung zum Versicherungsschutz auf Wegen von und zur Essenseinnahme auf Dienstreisen gemäß § 548 Abs. 1 RVO Versicherungsschutz bestand, ist für die Beurteilung des Versicherungsschutzes im Zeitpunkt des späteren Unfalls in der Hotelpension zwischen 21:00 Uhr 21:20 Uhr letztlich unerheblich. Denn die dafür aufgewendete Zeit einschließlich der Zeit des gegen 19:30 Uhr begonnenen Aufenthalts in der italienischen Gaststätte lag den Umständen nach in jedem Fall unter zwei Stunden, so dass eine Lösung vom Versicherungsschutz nicht zu diskutieren ist. Spätestens vor der Hotelpension und dem Durchschreiten der Außentür hatte der Kläger auch seinen nach § 550 Abs. 1 RVO unter Versicherungsschutz stehenden Weg vom Ort der Tätigkeit wieder erreicht.

Dieser Versicherungsschutz endete jedoch mit Durchschreiten der Außentür der Hotelpension, in der der Kläger seine Unterkunft im Sinne von § 550 Abs. 3 RVO hatte. Denn insoweit sind nach zutreffender Ansicht der Beklagten die von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze zu den räumlichen Grenzen des häuslichen/privaten Wirkungskreises anzuwenden, die der Rechtssicherheit dienen und unabhängig davon gelten, ob Zielpunkt des Weges nach § 550 Abs. 1 RVO vom Ort der Tätigkeit nun die (Familien)Wohnung des Versicherten oder eine Unterkunft/Zweitwohnung in Form eines Hotelzimmers, eines möblierten Zimmers, einer Gemeinschaftsunterkunft o.ä. oder aber ein anderer Ort ist. Grenze ist stets die Außentür des jeweils vom Versicherten bewohnten oder - bei Aufsuchen eines anderen Ortes - jedenfalls betretenen Gebäudes, mit deren Durchschreiten der Versicherungsschutz nach § 550 Abs. 1 RVO endet (Brackmann, aaO, Rdnr. 182 ff zu § 8 SGB VII m.w.N.). Zwar hat das BSG entschieden, dass es bei einem ins Ausland entsandten Arbeitnehmer gerechtfertigt sein könne, ihn an seinem ausländischen Beschäftigungsort und Wohnort auf seinen Wegen von und nach der Nahrungsaufnahme so unter Versicherungsschutz zu stellen, als ob er sich auf einer Dienstreise befände (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 92). Das mag zwar auch für typische Einsatzwechseltätigkeiten im Bundesgebiet gelten soweit es darum geht, Versicherungsschutz für Wege von und zur Nahrungsaufnahme auch nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit überhaupt zu begründen und soweit hier oder in anderen Zusammenhängen Unterbrechungszeiten zu beurteilen sind, die normalerweise zu einer endgültigen Lösung des Versicherungsschutzes führen. Die räumliche Grenze der Unterkunfts-/Übernachtungsstätte, ab der der Versicherungsschutz für Wege im Sinne von § 550 Abs. 1 RVO beginnt und endet, bei Einsatzwechseltätigkeiten anders festzulegen, besteht ungeachtet dessen jedoch keinerlei Anlass, weil dies u.a. im Vergleich zu Arbeitnehmern, die sich unter anderen Verhältnissen am Beschäftigungsort oder in seiner Nähe eine Unterkunft nehmen oder nehmen müssen, zu einer nicht zu rechtfertigenden Begünstigung führen würde. Insbesondere kommt dem von der Rechtsprechung zum Versicherungsschutz im räumlichen Bereich der Übernachtungsstätte auf Dienst- oder Geschäftsreisen u.a. für bedeutsam erachteten Umstand, dass das Hotel für den dienstlich dort weilenden Gast einen Ersatz sowohl für die Häuslichkeit als auch für die Arbeitsstätte bilde und deshalb von vornherein weder die Außentür des Hotels noch die Tür des Hotelzimmers ein geeignetes Abgrenzungskriterium für die private und die betriebliche Sphäre darstelle (s. BSGE 8, 48; BSG, Urteil vom 26. Januar 1988 - 2 RU 1/87 -), auch in Fällen, in denen der Einsatzwechseltätigkeiten verrichtende Arbeitnehmer sich wegen der Entfernung seiner Familienwohnung vom Beschäftigungsort eine Unterkunft nimmt, keinerlei Bedeutung zu, da privater und dienstlicher Bereich klar zu trennen sind. Die Unterkunftsstätte ist für ihn lediglich Ersatz für den häuslichen Bereich und nicht zugleich auch Ersatz für die Arbeitsstätte. Daran ändert es nichts, dass der Versicherte in seiner Unterkunft - ebenso wie in seiner Familienwohnung oder auch an einem anderen statt dessen als Endpunkt des Weges im Sinne von § 550 Abs. 1 RVO gewählten Aufenthaltsort - u.U. betriebliche Arbeiten verrichten und im Zusammenhang damit dann nach § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO unter Versicherungsschutz stehen kann. Um betriebliche Arbeiten oder damit in einem engen sachlichen Zusammenhang stehende Verrichtungen handelt es sich allerdings zweifellos nicht bereits dann, wenn der Versicherte meint, auch in seiner Freizeit außerhalb seines eigentlichen Wohnbereichs, d.h. seines (Hotel)Zimmers, seiner Wohnung o.ä., sein Verhalten so einrichten zu müssen, dass es dem "Image" seines Arbeitgebers nicht schadet, selbst wenn dies den Wünschen und Erwartungen des Arbeitgebers entsprechen sollte. Ebenso wenig lassen sich unter diesem Aspekt die Grenzen des häuslichen/privaten Wirkungskreises verschieben. Mit der selben Begründung könnte der Kläger ggf. auch Versicherungsschutz für den Aufenthalt in Gaststätten oder an allen anderen denkbaren Orten der Freizeitgestaltung in der "Öffentlichkeit" verlangen. Auch aus dem von der Rechtsprechung für den Versicherungsschutz auf Dienst- oder Geschäftsreisen im Bereich der Übernachtungsstätte letztendlich als entscheidend angesehenen Gesichtspunkt, dass der Reisende mit den räumlichen Gegebenheiten seiner Unterbringungsstätte nicht oder nur mangelhaft vertraut ist und deshalb auch bei einer unmittelbar nur der persönlichen Bedürfnisbefriedigung dienenden unfallbringenden Tätigkeit unter Versicherungsschutz stehen soll, wenn er wegen der Unkenntnis der örtlichen Gegebenheiten des fremden Gefahrenbereichs durch das Wirksamwerden besonderer Gefahrenmomente verunglückt (s. dazu u.a. BSG SozR 2200 § 548 Nr. 6), lässt sich für den Kläger von vornherein schon deshalb nichts Positives herleiten, weil sein Unfall sich am 10. Januar 1996 nicht unter derartigen Verhältnissen ereignete. Denn unstreitig ist, dass die Treppe, auf der der Kläger in der Hotelpension "H." am 10. Januar 1996 verunglückte, keine den Unfall wesentlich mitverursachende Besonderheiten aufwies, gut begehbar und sehr gut beleuchtet war und dem Kläger zudem seit Monaten bzw. seit dem 28. August 1995 durch mehrmaliges tägliches Begehen von montags bis freitags bestens bekannt war. Selbst eine Behandlung seines Baustelleneinsatzes in H. für die Dauer von drei Monaten als Dienstreise würde dem Kläger nichts nützen, weil der Unfall sich außerhalb dieser Zeitgrenze ereignet hat.

Abgesehen davon muss es nach Überzeugung des Senats jedoch auch bei sog. Einsatzwechseltätigkeiten dabei bleiben, dass die Außentür des Gebäudes, in dem sich die Unterkunft des Versicherten befindet, die Grenze für den Versicherungsschutz auf Wegen im Sinne von § 550 Abs. 1 RVO vom und zum Ort der Tätigkeit darstellt, und zwar unabhängig davon, wie lange die Tätigkeit dauern soll und bis zum Unfall tatsächlich schon gedauert hat. Selbst wenn einem Arbeitnehmer wie dem Kläger für Wege nach und von der Nahrungsaufnahme in Anlehnung an die Rechtsprechung zum Versicherungsschutz für derartige Wege auf Dienst- und Geschäftsreisen Versicherungsschutz nicht nur dann zugebilligt werden könnte, wenn er solche Wege nicht - wie hier - im Rahmen einer Unterbrechung des Heimweges vom Ort der Tätigkeit im Sinne von § 550 Abs. 1 RVO zurückgelegt hat, sondern auch dann, wenn der Versicherte sich erst nach Aufsuchen seines Zimmers von dort in eine Gaststätte begibt, bestände immer noch kein Grund, den Versicherungsschutz für solche Wege zu und von einer Nahrungsaufnahme anders als für Wege im Sinne von § 550 Abs. 1 RVO von und zum Ort der Tätigkeit, d.h. an der Zimmertür oder gar im Zimmer, enden zu lassen. Ein Versicherungsschutz für Unfälle im Bereich des Gebäudes der Unterkunft ist vielmehr allenfalls dann zu diskutieren, wenn zu der wesentlichen Mitwirkung einer dem Versicherten unbekannten Gefahr der Unterbringungsstätte noch hinzukommt, dass der Versicherte aus betrieblichen Gründen gezwungen war, gerade in diesem Gebäude seine Unterkunft zu nehmen, was beim Kläger ebenfalls nicht der Fall war. Unberührt davon bleibt der Versicherungsschutz für Unfälle während der Erledigung von Betriebsarbeiten im Bereich der Unterkunftsstätte.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG), diejenige über die Zulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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