L 5 V 1302/98

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
5
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 12 V 4356/97
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 V 1302/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 V 6/03 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 27. August 1998 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin zu 1. und der Kläger zu 2. begehren von dem Beklagten die Gewährung von Versorgungsleistungen an den Kläger zu 2. nach dem Bundesversorgungsgesetz bzw. nach Vorschriften, die das Bundesversorgungsgesetz (BVG) entsprechend für anwendbar erklären.

Der Kläger zu 2. ist 1977 in der Bundesrepublik Deutschland geboren. Bei ihm liegt eine - angeborene - frühkindliche Rückenmarksschädigung, Operationszustand, Klumpfuss links, Gehunfähigkeit, Blasen- und Mastdarmlähmung mit künstlichem Harnabgang vor, wofür ihm vom Hessischen Amt für Versorgung und Soziales F. - Versorgungsamt - nach dem Schwerbehindertengesetz ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 und die Nachteilsausgleiche B, G, aG, H und RF (Bescheide vom 18. März 1998 und vom 20. April 1988) zuerkannt worden sind. Nach einem im Rahmen des Schwerbehindertenverfahrens eingeholten Gutachten der Kinderärzte Dr. E. und Dr. H. vom 17. Januar 1996 bedingt die Gesamtheit der bei dem Kläger zu 2. vorliegenden Behinderungen eine schwere Entwicklungsverzögerung und eine Minderung der intellektuellen Leistungsfähigkeit vom Ausmaß einer Lernbehinderung sowie eine Antriebsschwäche.

Die Klägerin zu 1. ist die Mutter des Klägers zu 2. Sie ist 1953 in Nowosibirsk geboren, wo sie bis zu ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland am 20. November 1976 lebte. Die Klägerin zu 1. ist die Tochter der Eheleute R. und M. A ... Diese lebten vor dem Krieg als deutschstämmige Siedler in der Ukraine. Im Zuge des deutschen Angriffs wurde das Siedlungsgebiet von deutschen Truppen besetzt und die Eheleute A. zunächst in den Warthegau verbracht. Später wurden sie von russischen Truppen überrollt und dann nach Sibirien gebracht, wo sie interniert und zu Zwangsarbeit herangezogen wurden. Die Eheleute A. erhalten Versorgungsleistungen wegen Schädigungsfolgen, die sie im Zusammenhang mit ihrer Internierung erlitten haben. Die Klägerin zu 1. wurde während der Internierung ihrer Eltern in einem sowjetischen Arbeitslager geboren. Im Jahre 1971 heiratete sie den aus der Ukraine stammenden W. A., mit dem sie außer dem Kläger zu 2. noch zwei weitere Kinder hat. Der Kindesvater, von dem die Klägerin zu 1. mittlerweile geschieden ist, blieb in der Sowjetunion.

Der Kläger zu 2. beantragte am 10. September 1982 die Gewährung von Beschädigtenversorgung. Als damalige gesetzliche Vertreterin des Klägers zu 2. trug die Klägerin zu 1. vor, sie sei wegen ihres Ausreiseantrages im November 1976 sowohl von dem KGB als auch von ihrem Ehemann psychisch gequält und unmenschlich geschlagen worden, zudem habe man ihr Spritzen und Tabletten verabreicht. Zu diesem Zeitpunkt sei sie mit dem Kläger zu 2. etwa acht bis zehn Wochen schwanger gewesen. Der Kläger zu 2. sei nur deshalb behindert zur Welt gekommen, weil sie selbst im schwangeren Zustand mißhandelt worden sei. Die Klägerin zu 1. legte eine Heimkehrerbescheinigung des Grenzdurchgangslagers F. vom 24. November 1976 und einen Bescheid über die Feststellung der Entschädigung nach dem Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz vom 14. März 1977 vor.

Durch Bescheid vom 16. Juli 1984 lehnte der Beklagte die Gewährung von Beschädigtenversorgung an den Kläger zu 2. ab; eine unmittelbare Kriegseinwirkung, wie sie das BVG verlange, liege 31 Jahre nach Beendigung des Krieges nicht mehr vor. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies das beklagte Land durch Widerspruchsbescheid vom 27. März 1985 zurück, da der Kläger zu 2. nicht zu dem Personenkreis der nach dem BVG zu entschädigenden Personen gehöre.

Die dagegen erhobene Klage war erfolglos (Urteile des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 27. Februar 1987 Az.: S-2/15/V-269/85 und des Hessischen Landessozialgerichts vom 18. Juli 1991 Az.: L-5/V-609/87).

In den Entscheidungsgründen hatte das Hessische Landessozialgericht dabei im Wesentlichen ausgeführt, der Versorgungsanspruch des Klägers zu 2. sei zu verneinen, da die Mutter des Klägers zum Zeitpunkt ihrer Schwangerschaft im Jahre 1976 nicht mehr interniert im Sinne von § 1 Abs. 2 Buchstabe c BVG gewesen sei und nicht mehr der unmittelbaren Kriegseinwirkung infolge der mit der zwangsweisen Umsiedlung bzw. Verschleppung zusammenhängenden besonderen Gefahr ausgesetzt gewesen sei (§ 5 Abs. 1 Buchstabe d). Ein unmittelbarer Kriegszusammenhang müsse schon aufgrund des zeitlichen Abstandes verneint werden. Entscheidend sei darüber hinaus, dass durch das Dekret des Präsidiums des obersten Sowjets der UdSSR vom 13. Dezember 1955 die Beschränkung der Rechtsstellung der Deutschen und ihrer Familienangehörigen beendet worden sei. Durch das Dekret von 1955 sei das Regime der Sonderansiedlung in Verbannungsgebieten aufgehoben und den Deutschen das Recht eröffnet worden, sich westlich des Urals, in Südsibirien und Mittelasien anzusiedeln. Es habe ab diesem Zeitpunkt die Möglichkeit bestanden, die Sonderansiedlung zu verlassen, wenn gleich die Freizügigkeit weiterhin stark eingeschränkt geblieben sei und eine Rückkehr in das Heimatgebiet verboten gewesen sei. Die Verschleppung habe geendet, da die Betroffenen über ihren Aufenthalt und die Verwertung ihrer Arbeitskraft im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten selbst hätten bestimmen können. Spätestens seit dem Erlass vom 29. August 1964 hätten die Deutschen in der Sowjetunion zumindest formal die gleichen politischen Rechte wie jeder andere Sowjetbürger auch gehabt. Die sicherlich weiterhin vorhandene Beeinträchtigung gegenüber den übrigen Sowjetbürgern habe ab 1955 und insbesondere ab 1964 nur noch im menschlich-psychologischen Bereich bestanden, nicht jedoch im rechtlichen. Diese menschlich-psychologischen Diskriminierungen und Beeinträchtigungen seien indes vom Schutz des BVG nicht erfasst. Hierzu zählten auch die Behandlung der Mutter des Klägers zu 2. durch ihren Ehemann und den staatlichen Stellen der UdSSR, denen sie aufgrund ihrer Herkunft und ihres Ausreiseantrages ausgesetzt gewesen sei. Eine Verschleppung bzw. Umsiedlung als eigentümliche Gefahr habe sich demgegenüber bei der Mutter des Klägers im Jahre 1976 nicht mehr realisiert. Da der Kläger zu 2. bereits grundsätzlich einen Versorgungsanspruch nach dem BVG nicht habe, seien weitere Ermittlungen hinsichtlich seines Gesundheitszustandes und der Ursächlichkeit dieser Gesundheitsstörungen entbehrlich gewesen und einem entsprechenden Antrag des Klägers zu 2. nicht zu folgen gewesen.

Der Kläger zu 2. hat gegen dieses Urteil des Hessischen Landessozialgerichts (HLSG) vom 18. Juli 1991 zweimal erfolglos Restitutionsklage erhoben (vgl. Urteil des HLSG vom 12. Dezember 1991 - L 5 V 804/91 W -, Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29. Mai 1992 - 9a BV 54/92 - sowie Urteil des HLSG vom 26. März 1993 - L 5 V 1088/92 - verbunden mit L 5 V 1089/92). Wiederholte Anträge auf Rücknahme des Bescheides vom 16. Juli 1984 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 1985 lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 16. Februar 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 1995, durch Bescheid vom 16. April 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 1996 und durch Bescheid vom 4. September 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 1997 ab.

Gegen den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 1997 haben sowohl der Kläger zu 2. als auch seine Mutter die Klägerin zu 1. am 19. Dezember 1997 Klage beim Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben. Sie tragen vor, der Kläger zu 2. gehöre zu dem berechtigten Personenkreis nach dem Häftlingshilfegesetz (HHG) sowie nach dem strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG) und dem verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (VwRehaG) und sei in entsprechender Anwendung des BVG für seine gesundheitlichen Schäden zu entschädigen. Die Kläger berufen sich dafür auf die von den zuständigen Behörden für die Klägerin zu 1. ausgestellte Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 des HHG vom 30. November 1990. Die Kläger tragen weiter vor, der medizinische Sachverhalt und der ursächliche Zusammenhang der aktuell bestehenden Gesundheitsstörungen sei durch ein Gutachten festzustellen, welches sie gemäß § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beantragen würden.

Mit Gerichtsbescheid vom 27. August 1998 hat das Sozialgericht Frankfurt am Main die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen im Wesentlichen ausgeführt, die Klage der Klägerin zu 1. sei unzulässig, da sie als Mutter des geschäftsfähigen Klägers zu 2. dessen Ansprüche gegen den Beklagten nicht geltend machen könne. Die Klage des Klägers zu 2. sei zwar im Hauptantrag zulässig, jedoch unbegründet. Zu Recht habe der Beklagte bereits 1984 den Versorgungsanspruch des Klägers zu 2. verneint, weil die Klägerin zu 1. zum Zeitpunkt ihrer Schwangerschaft 1976 nicht mehr interniert im Sinne von § 1 Abs. 2 Buchstabe c BVG gewesen sei und nicht mehr der unmittelbaren Kriegseinwirkung infolge der mit der zwangsweisen Umsiedlung bzw. Verschleppung zusammenhängenden Gefahr ausgesetzt gewesen sei (§ 5 Abs. 1 Buchstabe d BVG). Das Gericht folge in vollem Umfang den Entscheidungsgründen in dem Urteil des HLSG vom 18. Juli 1991. Auch der Hilfsantrag des Klägers auf Einholung eines medizinischen Gutachtens nach § 109 Abs. 1 SGG müsse erfolglos bleiben. Da der Kläger zu 2. nicht Opfer eines schädigenden Ereignisses im Sinne des BVG sei, könne es keine Rolle spielen, ob seine heutigen Gesundheitsstörungen auf ein derartiges Ereignis zurückzuführen seien.

Gegen den der Klägerin zu 1. und dem Kläger zu 2. jeweils am 4. September 1998 zugestellten Gerichtsbescheid haben diese am 21. September 1998 Berufung beim HLSG in Darmstadt eingelegt. Sie berufen sich wiederum darauf, dass sie "politisch Verfolgte" und Berechtigte im Sinne des HHG und StrRehaG seien und "ausdrücklich" die Anhörung eines Sachverständigen beantragten.

Die Kläger beantragen (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 27. August 1998 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 4. September 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 1997 zu verurteilen, unter Rücknahme des Bescheides vom 16. Juli 1984 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 1985 und der nachfolgenden Überprüfungsbescheide vom 16. Februar 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 1995 und vom 16. April 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Juli 1996 dem Kläger zu 2. Beschädigtenversorgung zu gewähren,
hilfsweise,
ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Er hält den erstinstanzlichen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen weiterer Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakten des Beklagten (B-Akten, Grundlisten-Nr. XXX sowie Schwerbehindertenakte Gesch.-Z.: YYYY) verwiesen, die zum Verfahren beigezogen worden sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte trotz Abwesenheit der Kläger in der mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden, da die Kläger mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1 S. 2, 126 Sozialgerichtsgesetz - SGG)

Die Berufung ist zulässig, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und auch an sich statthaft (§§ 151 Abs. 1, 143, 141 Abs. 1 SGG).

In der Sache kann die Berufung der Klägerin zu 1. und des Klägers zu 2. keinen Erfolg haben.

Zu Recht hat das Sozialgericht Frankfurt am Main - im Ergebnis - den Antrag der Klägerin zu 1. als unzulässig abgewiesen. Schon nach ihrem eigenen Vortrag behauptet die Klägerin zu 1. nicht, dass sie durch die Bescheide des Beklagten beschwert ist, mit denen eine Beschädigtenversorgung ihres Sohnes, des Klägers zu 2. abgelehnt worden ist. Vielmehr begehrt die Klägerin zu 1. Leistungen an den Kläger zu 2. Diesbezüglich besitzt sie aber keine Prozessführungsbefugnis.

Der Klageantrag des Klägers zu 2. ist zulässig. Der Senat geht zwar davon aus, dass der Kläger zu 2. insbesondere nach dem medizinischen Gutachten in der Schwerbehindertenakte von den Kinderärzten Dr. E. und Dr. H. vom 17. Januar 1996 nicht prozessfähig ist. Der Senat hat aber die Klägerin zu 1., die Mutter des Klägers zu 2. als besondere Vertreterin nach § 72 SGG bestellt.

In der Sache ist die Berufung des Klägers zu 2. nicht begründet. Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat die Klage zu Recht mit Urteil vom 27. August 1998 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Versorgungsleistungen nach dem BVG bzw. dem HHG, dem StrRehaG und dem VwRehaG in Verbindung mit dem BVG.

Gemäß § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) ist ein Verwaltungsakt, bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, auch nach dem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Vorliegend ist der Beklagte nicht verpflichtet gewesen, seinen ursprünglichen Bescheid vom 16. Juli 1984 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 1985 zurückzunehmen. In diesen Bescheiden ist zutreffend festgestellt worden, dass der Kläger zu 2. die Voraussetzungen für die von ihm begehrte Leistung nach dem BVG nicht erfüllt, da ein versorgungsrechtlicher Tatbestand, eine Schädigung im Sinne des § 1 Abs. 2 BVG nicht nachgewiesen ist. Weder kann vorliegend eine Schädigung nach § 1 Abs. 2 Buchstabe c (Internierung im Ausland oder in den nicht unter deutscher Verwaltung stehenden deutschen Gebieten wegen der deutschen Staatsangehörigkeit oder deutscher Volkszugehörigkeit) noch nach § 1 Abs. 2 Buchstabe a in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Buchstabe d BVG (schädigende Vorgänge, die infolge einer mit der militärischen Besetzung deutschen oder ehemals deutschen besetzten Gebietes oder mit der zwangsweisen Umsiedlung oder Verschleppung zusammenhängenden besonderen Gefahr eingetreten sind) angenommen werden. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die zutreffenden Entscheidungsgründe in dem angefochtenen erstinstanzlichen Gerichtsbescheid bzw. auf die Gründe in dem Urteil des HLSG vom 18. Juli 1991 - L 5 VG 609/87 -, auf dass der erstinstanzliche Gerichtsbescheid Bezug genommen hat.

Der Kläger zu 2. hat auch keinen Anspruch aufgrund von Gesetzen, die das BVG für entsprechend anwendbar erklären. Nach § 4 HHG hat ein nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG Berechtigter, der infolge des Gewahrsams eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen dieser Schädigung auf Antrag Anspruch auf Versorgung in entsprechender Anwendung des BVG, soweit ihm nicht wegen des selben schädigenden Ereignisses ein Anspruch auf Versorgung unmittelbar aufgrund des BVG zusteht. Der Kläger gehört indes nicht zu dem nach § 1 berechtigten Personenkreis. Nach § 1 Abs. 7 1. Halbsatz HHG erhalten keine Leistungen nach diesem Gesetz die im Gewahrsam geborenen Abkömmlinge von in Gewahrsam geborenen Berechtigten. Die Mutter des Klägers zu 2., die Klägerin zu 1., ist eine im Gewahrsam geborene Berechtigte, nämlich Abkömmling der Großeltern des Klägers zu 2., der Eheleute R. und M. A., die wiederum Berechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG sind. Der Kläger zu 2. selbst ist nicht mehr im Gewahrsam geboren, sondern schon nach der Ausreise der Klägerin zu 1. in die Bundesrepublik Deutschland. Zu der Zeit, als sich die Klägerin zu 1. im Jahre 1976 noch in Gewahrsam befand und das behauptete schädigende Ereignis eintrat, befand sich der Kläger zu 2. selbst noch im Zustand der ungeborenen Leibesfrucht (Nasciturus). Dem Nasciturus können indes keine weitergehenden Ansprüche nach dem HHG zustehen, als dem im Gewahrsam geborenen Abkömmling. Aufgrund von § 1 Abs. 7 HHG kann der Kläger somit aus dem HHG keine Rechte herleiten.

Auch Ansprüche nach dem StrRehaG bzw. dem VwRehaG kommen für den Kläger zu 2. nicht in Betracht. Diese Gesetze betreffen nur Ansprüche von Personen aus dem sogenannten Beitrittsgebiet (vgl. § 1 StrRehaG und § 1 VwRehaG), und zwar aufgrund strafrechtlicher Entscheidungen bzw. rechtsstaatswidriger Verwaltungsentscheidungen und kommen daher für den Kläger zu 2. nicht in Betracht.

Zu Recht ist das Sozialgericht Frankfurt am Main in der angefochtenen Entscheidung auch dem Hilfsantrag des Klägers auf Einholung eines medizinischen Gutachtens nach § 109 SGG nicht nachgekommen. Auch der Senat hält eine solche Beweiserhebung nicht für erforderlich, da es auf den Umstand (Ursachenzusammenhang zwischen den aktuellen Gesundheitsstörungen des Klägers zu 2. und der Schädigung), zu dem der Arzt Stellung nehmen soll, nicht ankommt. Hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche nach dem BVG unmittelbar fehlt es wie oben ausgeführt schon an dem Vorliegen eines versorgungsrechtlich geschützten Tatbestandes. Hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche nach dem HHG, nach dem StrRehaG und dem VwRehaG fehlt es an der Zugehörigkeit zu dem berechtigten Personenkreis. Einen Antrag nach § 109 SGG muss das Gericht indes nur dann nachgehen, wenn das Beweisthema rechtserheblich ist, welches vorliegend nicht der Fall ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorgelegen haben.
Rechtskraft
Aus
Saved