L 6 AL 1424/00

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 5 AL 202/00
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AL 1424/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 AL 66/02 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 4. Oktober 2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Bewilligung von Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung ab 2. September 1998 für eine Ausbildung zum Erzieher.

Der 1958 geborene Kläger hat nach Erwerb der Hochschulreife im Jahr 1977 zunächst in Aachen (u.a.) Elektrotechnik und Soziologie ohne Abschluss studiert. Danach war er von September 1982 bis April 1985 als Hauswirtschafter bei einem Verein für Kinderheimerziehung in L. beschäftigt. Anschließend wurde er - gefördert von der Beklagten durch Übernahme der Ausbildungskosten und Zahlung von Unterhaltsgeld - zum Zahntechniker umgeschult und schloss die Ausbildung im Sommer 1988 erfolgreich ab. Ab Oktober 1988 war er - von kurzzeitiger Arbeitslosigkeit unterbrochen - bei verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt. Zuletzt bestand in diesem erlernten Beruf ein Beschäftigungsverhältnis bei der Firma S. Dental-Labor vom 18. April 1994 bis 28. Februar 1997 (monatliches Bruttoentgelt: 3.150,00 DM). Das Arbeitsverhältnis wurde im Rahmen eines Arbeitsgerichtsprozesses durch Vergleich mit Wirkung vom 28. Februar 1997 aufgehoben. In der Zeit vom 1. März bis 31. August 1997 war der Kläger bei einem Verein zur Betreuung Behinderter als Pflegekraft tätig und betreute einen schwerstbehinderten Menschen. Am 20. August 1997 meldete er sich zum 1. September 1997 arbeitslos und bewarb sich auch auf Stellen im erlernten Beruf. Ab 6. September 1997 wurde ihm Arbeitslosengeld bewilligt. Bereits in einem Beratungsgespräch am 20. August 1997 gab der Kläger zu erkennen, dass er einen Tätigkeitswechsel anstrebe und an einer Tätigkeit als Erzieher interessiert sei.

Anlässlich einer weiteren Beratung am 24. Februar 1998 wies der Kläger darauf hin, dass er wegen der Gründe, die zur Beendigung des letzten Beschäftigungsverhältnisses geführt hatten (Betriebsratstätigkeit), seine Beschäftigungschancen im erlernten Beruf als nicht gut einschätze. Er sprach die Frage einer Umschulung an, wobei ihm bereits bedeutet wurde, dass deren Notwendigkeit zweifelhaft sei. Unter Hinweis auf gesundheitliche Einschränkungen stellte der Kläger im Juni 1998 Antrag auf Durchführung von Maßnahmen zur beruflichen bzw. medizinischen Rehabilitation, weil er sich den Anforderungen des Zahntechnikerberufes gesundheitlich nicht gewachsen fühlte. Die von der Beklagten veranlasste ärztliche Untersuchung ergab (Stellungnahmen des Arztes B. vom 7. und 17. Juli 1998), dass der Kläger noch in der Lage sein müsste, als Zahntechniker zu arbeiten.

Bei Vorsprachen am 26. und 28. August 1998 teilte der Kläger dann mit, dass er ab 1. bzw. 2. September 1998 eine Ausbildung zum staatlich anerkannten Erzieher in H. beginnen werde, einem von der Beklagten als (so genannte freie) Weiterbildungsmaßnahme anerkannten Ausbildungsgang. Der Kläger begehrte weiterhin die Förderung der Teilnahme an dieser Maßnahme der beruflichen Weiterbildung (MbW) unter Hinweis auf den früher gestellten Antrag (Rehabilitation) und stellte am 20. Dezember 1999 (erneut) förmlich einen Antrag auf Förderung der beruflichen Weiterbildung (FbW). Dieser Antrag bezog sich nunmehr ausdrücklich auf die von der Beklagten anerkannte (freie) Maßnahme in H., welche die Ausbildung zum Erzieher mit staatlicher Prüfung zum Ziel hatte und (als FbW Maßnahme) vom 2. September 1998 bis 30. Juni 2000 lief. Der Kläger hat diese Ausbildung auch erfolgreich - einschließlich des sich daran anschließenden Praktikums von einjähriger Dauer - inzwischen durchlaufen und ist seit 1. August 2001 (befristet bis 31. Juli 2003) beschäftigt.

Den Antrag auf FbW lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 29. Dezember 1999 u.a. zunächst mit der Begründung ab, der Kläger habe nicht, wie nach dem Gesetz erforderlich, vor Beginn der Maßnahme einen Antrag gestellt. Im Übrigen bestehe keine Notwendigkeit für die beantragte Weiterbildungsmaßnahme, weil der Kläger in dem Ausbildungsberuf als Zahntechniker vermittelt werden könne. Der Kläger erhob Widerspruch (3. Januar 2000) und machte geltend, dass er vor der Antragstellung sich habe beraten lassen und bereits am 24. Februar 1998 mit der Arbeitsberaterin, Frau G., auch über das Thema berufliche Umschulung gesprochen habe, nachdem der zuständige Vermittler keine Vermittlungsmöglichkeiten im erlernten Beruf als Zahntechniker mehr gesehen habe. Bereits im Juni 1998 habe er auf Empfehlung von Frau G. dann einen Antrag auf Durchführung einer Rehabilitationsmaßnahme gestellt, der aber später abgelehnt worden sei. Eine Vermittlung im erlernten Beruf hätte er nicht erwarten können, was daran deutlich werde, dass ihm vom Arbeitsamt in der Zeit vom 1. September 1997 bis 30. Juli 1998 keine einzige offene Stelle benannt worden sei, und zwar weder innerhalb des Bezirks des Arbeitsamtes Marburg noch im Tagespendelbereich, noch sonst irgendwo.

Im Widerspruchsverfahren ermittelte die Beklagte (interne Stellungnahme - I 17 -), dass der Kläger, hätte er bereits im Juni 1998 förmlich einen Antrag gestellt, für diesen FbW-Antrag zu diesem Zeitpunkt die Fördervoraussetzungen nicht vorgelegen hätten, da keine arbeitsmarktliche Notwendigkeit vorgelegen habe. Entsprechende Stellenangebote im Ausgangsberuf des Zahntechnikers seien vorhanden gewesen, vom Kläger aber aus persönlichen Gründen abgelehnt worden waren. Auch habe er eine überbezirkliche Vermittlung abgelehnt und sein Arbeitsgesuch nicht mehr erneuert bzw. zum 1. September 1998 sich aus der Arbeitslosigkeit abgemeldet, um auf Grund eigener Initiative eine Weiterbildungsmaßnahme ab 2. September 1998 zu beginnen.

Die Beklagte wies daraufhin durch Widerspruchsbescheid vom 20. März 2000 den Widerspruch zurück. In der Begründung erklärte sie sich zunächst bereit, den am 3. Juni 1998 gestellten Antrag auf berufliche Rehabilitationsleistungen zugleich als Antrag im Rahmen der allgemeinen Weiterbildung anzuerkennen. Dem Widerspruch könne dennoch nicht stattgegeben werden, weil eine erneute Förderung des Klägers, der von 1985 bis 1988 zum Zahntechniker mit Hilfe der Arbeitsverwaltung umgeschult worden sei, aus arbeitsmarktpolitischen Gründen abgelehnt werden müsse. Der Kläger hätte in seinem Ausgangsberuf als Zahntechniker vermittelt werden können, da entsprechende Stellenangebote vorhanden gewesen seien. Die Vermittlung sei aus persönlichen Gründen vom Kläger abgelehnt worden. Eine Förderung könne nur erfolgen, wenn die Weiterbildung notwendig sei, um Arbeitslose beruflich einzugliedern, eine drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder wenn - bei fehlendem Berufsabschluss - die Notwendigkeit der Weiterbildung anzuerkennen sei. Keine dieser Voraussetzungen seien in der Person des Klägers erfüllt.

Hiergegen hat der Kläger die am 7. April 2000 beim Sozialgericht Marburg eingegangene Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass er zum Zeitpunkt des Beginns der letzten Arbeitslosigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als Zahntechniker kaum eine realistische Chance für eine seiner Qualifikation entsprechende Beschäftigung gehabt hätte. Es sei auch in der Branche der Zahntechniker in der Folge der Gesundheitsreform zu einem massiven Stellenabbau gekommen. Hingegen hätte durch die begonnene berufliche Weiterbildung eine chancenreiche Möglichkeit zur beruflichen Eingliederung entstehen können. Die Beklagte ist diesem Vortrag u.a. mit dem Hinweis entgegengetreten, eine Notwendigkeit für den Besuch einer beruflichen Bildungsmaßnahme für den Kläger habe nicht bestanden, da noch Vermittlungsmöglichkeiten in seinem bisherigen Beruf bestanden hätten. Der Kläger habe es abgelehnt, überregional vermittelt zu werden; daraus könne sich nicht die Notwendigkeit einer Förderung und auch keine Berechtigung für eine FbW an seinem Wohnort ergeben.

Durch Urteil vom 4. Oktober 2000 hat das Sozialgericht Marburg die auf Bewilligung von Leistungen im Rahmen der allgemeinen beruflichen Weiterbildung (und nicht auf Ausübung sachgerechten Ermessens) gerichtete Klage abgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, es fehle an einer der Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), die kumulativ sämtlich vorliegen müssten. Nach Nr. 1 von Abs. 1 dieser Vorschrift müsse die Weiterbildung (u.a.) notwendig sein, um Arbeitslosigkeit zu beenden. Es könne offen bleiben, ob der Kläger in seinem Ausgangsberuf als Zahntechniker hätte vermittelt werden können, obwohl insoweit entsprechende Stellenangebote vorhanden gewesen seien. Es könne auch offen bleiben, ob der Kläger tatsächlich eine überbezirkliche Vermittlung abgelehnt habe. Bei der Beurteilung der Notwendigkeit der Weiterbildung handele es sich um eine Prognoseentscheidung, bei der zu klären sei, ob ohne die Bildungsmaßnahme in angemessener und absehbarer Zeit keine Vermittlungschancen bestehen würden. Nach der Rechtsprechung des BSG bedürfe es hierfür einer positiven Beschäftigungsprognose, was bedeute, dass die Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme erwarten lasse, dass sich die Eingliederungschancen nach Abschluss der Maßnahme erheblich verbessern würden und begründete Aussicht bestünde, dass der Antragsteller einen angemessenen Dauerarbeitsplatz erhalten könne (unter Bezugnahme auf das Urteil des BSG in: SozR 2-4100, § 44 Nr. 33). Hieran fehle es im Falle des Klägers. Die am 1. August 1998 aufgenommene Ausbildung sei noch nicht vollständig abgeschlossen, weil der Kläger noch ein praktisches Jahr abzuleisten habe. Es sei deshalb derzeit nicht absehbar, ob und inwieweit aufgrund dieser Ausbildung ein angemessener Dauerarbeitsplatz für den Kläger erreichbar sei. Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten gegen Empfangsbekenntnis am 18. Oktober 2000 zugestellte Urteil richtet sich die am 14. November 2000 beim Sozialgericht Marburg eingegangene Berufung. Der Kläger macht u.a. geltend, das Sozialgericht hätte nicht offen lassen dürfen, ob er tatsächlich eine überbezirkliche Vermittlung abgelehnt habe. Entscheidend sei für die Klärung der Frage nach der Notwendigkeit der Weiterbildung, ob es ohne die entsprechende Bildungsmaßnahme Vermittlungschancen im bisherigen Beruf in angemessener und absehbarer Zeit gegeben hätte. Während die Beschäftigungsmöglichkeiten als Zahntechniker schlecht gewesen seien, habe es eine sehr gute positive Beschäftigungsprognose für lebenserfahrene, männliche Erzieher in allen Teilbereichen des Berufes gegeben. Sowohl für Tagesgruppen als auch in Kindertagesstätten bestünde ein erheblicher Mangel an männlichen Erziehern. Der Kläger habe - nach Ende des Praktikumjahres, in dem er sich zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung befunden habe, gute Aussichten, einen Dauerarbeitsplatz zu erhalten. Als Zahntechniker hingegen sei er nicht mehr vermittelbar gewesen, weshalb die Beklagte die Teilnahme an der Ausbildung hätte fördern müssen.

Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 4. Oktober 2000 und den Bescheid der Beklagten vom 27. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2000 aufzuheben,
2. die Beklagte zu verurteilen, ihm für die berufliche Weiterbildungsmaßnahme zum Erzieher ab dem 2. September 1998 einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil, das sie für zutreffend hält und trägt weiter vor, für eine berufliche Weiterbildung mit dem Ziel des Erziehers habe keine arbeitsmarktliche Notwendigkeit bestanden, da es Stellenangebote im Ausgangsberuf des Zahntechnikers gegeben habe. Nach dem Stand Ende September 1998 seien im Bezirk des Arbeitsamtes Marburg 14 Zahntechniker arbeitslos und 3 offene Stellen gemeldet gewesen. Für den Bezirk Hessen lauteten die Zahlen für diesen Beruf: 389 arbeitslose Zahntechniker und 37 offene Stellen. Bundesweit sei von einer Zahl von 5.454 arbeitslosen Zahntechnikern und 374 offenen Stellen auszugehen. Der Kläger habe sich ausweislich der Beratungsvermerke am 2. Februar 1998 auch auf Stellen im erlernten Beruf beworben, aber mitgeteilt, dass er nicht glaube, eine Stelle zu erhalten, weil sein letztes Arbeitsverhältnis aufgrund seiner Betriebsratstätigkeit durch arbeitsgerichtlichen Vergleich beendet worden sei. Nach dem (elektronischen) Arbeitgeberinformationsservice (AIS) der Beklagten sei dem Kläger im Oktober 1997 auch das Interesse eines Arbeitgebers mitgeteilt worden. Der Kläger habe später auch eine überbezirkliche Arbeitsvermittlung abgelehnt (Beratung vom 14. Oktober 1998).

Für Erzieher habe es keine günstigere Beschäftigungsprognose als für Zahntechniker gegeben. Die Beklagte hat sich hierfür auf eine detaillierte Aufstellung über offene Stellen und Arbeitslose im Vergleich zwischen Zahntechnikern, Heimerziehern und Erziehern sowie Freizeitpädagogen (Stand: Ende September 1998) sowohl für den Bezirk des Arbeitsamtes Marburg als auch des Landesarbeitsamtes Hessen und den bundesweiten Arbeitsmarkt bezogen. Der Senat hat die Arbeitsvermittlerin K. G. im Termin zur mündlichen Verhandlung am 20. März 2002 als Zeugin gehört. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Für den Sach- und Streitstand im Übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der Beratungen und der mündlichen Verhandlung des Senats am 20. März 2002 waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) sowie an sich statthaft, weil Ausschließungsgründe im Sinne der §§ 143, 144 SGG nicht vorliegen, und somit insgesamt zulässig.

Die Berufung ist aber nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Das Urteil war nach der weiteren Sachaufklärung durch den Senat zu bestätigen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung (im Folgenden auch: FbW) für die Ausbildung zum Erzieher in der Zeit ab 2. September 1998 und auch keinen Anspruch – unter Aufhebung der seinen Antrag ablehnenden Bescheide - auf Neubescheidung seines Antrags unter Beachtung einer - von der der Beklagten abweichenden - anderen Rechtsauffassung des Senats.

Die Klage richtet sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 27. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2000 (§§ 95, 153 Abs. 1 SGG) und ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungs-Klage auch insoweit zulässig, als der Kläger in der Berufungsinstanz nunmehr – eingeschränkt – nur noch begehrt hat, die Beklagte zur Erteilung eines neuen Bescheides zu verurteilen. Eine Klageänderung im Sinne des § 99 Abs. 1 SGG liegt hierin nicht (Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl., § 99 Rdz. 2a, 4, 4a ); sie wäre im Übrigen als zulässig – weil zweckdienlich - anzusehen, zumal in der rügelosen Einlassung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung die Zustimmung zu sehen ist (§ 99 Abs. 2 SGG).

Soweit die Beklagte ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, sind die angefochtenen Bescheide (nur dann) rechtswidrig und beschweren den Kläger, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (§ 54 Abs. 2 SGG). Die Ablehnung der Förderung der Teilnahme des Klägers an der vom ihm absolvierten MbW ist nicht ermessensfehlerhaft erfolgt.

Nach § 77 Abs. 1 SGB III (maßgebliche Fassung: Arbeitsförderungsreformgesetz – AFRG - vom 24. März 1997, BGBl. I., S. 594; spätere Änderungen in Abs. 3 und die Anfügung von Abs. 4 durch die Gesetze vom 19. Dezember 1998, BGBl. I., S. 3843 und vom 21. Juli 1999, BGBl. I., S. 1648 sind hier nicht einschlägig) können Arbeitnehmer bei Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung durch Übernahme von Weiterbildungskosten und Leistung von Unterhaltsgeld gefördert werden, wenn

1. die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden, oder wenn bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist,
2. die Vorbeschäftigungszeit erfüllt ist,
3. vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch das Arbeitsamt erfolgt ist und das Arbeitsamt der Teilnahme zugestimmt hat und
4. die Maßnahme für die Weiterbildungsförderung durch das Arbeitsamt anerkannt ist.

Aus der Formulierung "können" wird deutlich, dass der Beklagten bei der Entscheidung über die Förderung einer beruflichen Weiterbildung Ermessen auszuüben hat (vgl. hierzu auch § 3 Abs. 5 SGB III sowie Niewald, in: Gagel, SGB III, Loseblatt, Stand: August 2001, § 77 Rdz. 2, 84 ff.; U. Schmalz, in: Hauck/Noftz, SGB III Loseblatt, Stand: März 2002, K § 77 Rdz. 4; Dalichau/Grüner, Arbeitsförderung - SGB III, Loseblatt, Stand: Januar 2001, § 77 Anm. I 1; Menard, in: Niesel, SGB III, 2. Aufl. 2001, § 77 Rdz. 3).

Die Entscheidung und Ermessensausübung ist insoweit mehrstufig gestaltet, als zunächst das Vorliegen der in Nr. 1 bis 4 von § 77 Abs. 1 SGB III genannten Voraussetzungen, die grundsätzlich alle (kumulativ) vorliegen müssen (Hennig, in: Hennig, SGB III, Loseblattt, Stand: Januar 2002, § 77 Rdz. 4) von der Beklagten zu prüfen ist und erst dann eine – gegebenenfalls positive - Entscheidung über die Bewilligung von Förderleistungen zur FbW getroffen werden kann. Ermessen ist auf der Rechtsfolgenseite auszuüben, d.h. bei der Frage, ob - wenn die gesetzlichen Voraussetzungen des § 77 SGB III vorliegen - die FbW erfolgen soll oder nicht (Niewald, in: Gagel, a.a.O., § 77 Rdz. 85). Fehlt es an einer der zwingend vorgeschriebenen tatbestandlichen Voraussetzungen (deren Vorliegen gerichtlich überprüfbar ist, vgl. Niewald, a.a.O.), darf die Beklagte die Teilnahme an der MbW nicht fördern und handelt jedenfalls nicht ermessensmissbräuchlich, wenn sie die Förderung ablehnt. Zugunsten des Klägers sind die Voraussetzungen Nr. 4 und Nr. 2 des Abs. 1 von § 77 SGB III zweifelsfrei erfüllt, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist. Die Fortbildung zum staatlich anerkannten Erzieher an der Fachschule für Diakonie, Sozial- und Heilpädagogik des Hessischen Diakoniezentrums e.V. "H." in T. ist von der Beklagten anerkannt worden (Maßnahmebogen des Arbeitsamtes Marburg vom 02. September 1998, Ausdruck vom 03. November 1998, Bl. 201 f. der Verwaltungsakte). Der Kläger hatte auch die Vorbeschäftigungszeit gemäß § 77 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 78 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGB III erfüllt, weil er sowohl innerhalb der letzten drei Jahre vor Beginn der Teilnahme (also in der Zeit vom 31. August 1995 bis 01. September 1998) mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden, als auch die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt und Leistungen beantragt hatte (Antrag vom 20. August 1997, Bewilligungsbescheid - vermutlich - vom 29. Oktober 1997).

Die Voraussetzungen für eine Ermessensentscheidung zugunsten des Klägers sind auch nicht schon deshalb entfallen, weil das zuständige Arbeitsamt der FbW in der Form der beantragten MbW nicht (vorher) zugestimmt hat (§ 77 Abs. 1 Nr. 3 SGB III). Der Kläger hat sich – wie die Beklagte im Widerspruchsbescheid selbst anerkannt hat – bereits vor Beginn der MbW im Arbeitsamt beraten (lassen). Soweit das Arbeitsamt dabei der Teilnahme – wie vorliegend – nicht vor Beginn der MbW zugestimmt hat, sind damit zwar - formal gesehen - nicht alle Förderungsvoraussetzungen des Abs. 1 von § 77 SGB III erfüllt; dies kann aber zur Überzeugung des Senats hier nicht - endgültig und immer, gleichsam automatisch – zum Wegfall einer der Voraussetzungen der Förderung führen und entbindet die Beklagte nicht davon, erneut – jedenfalls im Widerspruchsverfahren – zugleich mit dem ihr obliegenden pflichtgemäßen Gebrauchs des eingeräumten (Entschließungs-)Ermessens auch zu prüfen, ob der FdW nicht doch zugestimmt werden kann und muss. Denn nur eine rechtmäßig ausgesprochene Verweigerung der Zustimmung zur FbW kann - als negatives Tatbestandsmerkmal - wirksam sein. Die Formulierung in § 77 Abs. 1 Nr. 3 SGB III - wonach das Arbeitsamt zugestimmt haben muss - ist einengend dahingehend auszulegen, dass bei zunächst verweigerter Zustimmung dann, wenn die anderen Voraussetzungen nach § 77 Abs. 1 SGB III vorliegen, zu prüfen ist, ob die Beklagte den ihr eingeräumten Beurteilungsspielraum sachwidrig ausgeübt hat. Dann muss die Zustimmung (genauer: Einwilligung) gegebenenfalls durch die Sozialgerichte ersetzt werden können (Dalichau/Grüner, a.a.O., Anm. II 3). Andernfalls bliebe nach der schlichten Weigerung der zuständigen Sachbearbeitung im örtlich zuständigen Arbeitsamt, der FbW durch eben die vom Antragsteller gewählten MbW (vorher) zuzustimmen (d.h.: einzuwilligen), kein Spielraum für eine Ermessensentscheidung mehr. Erweist sich die Verweigerung der vorherigen Zustimmung (Einwilligung) als nicht sachgemäß, kommt deshalb auch eine nachträgliche Bewilligung im Rahmen einer vom Gericht angeordneten erneuten Ermessensausübung selbst nach Ablauf der MbW in Betracht (für pflichtgemäße Ermessensausübung - auch - bei der Zustimmung: Menard, in Niesel, a.a.O. Rdz. 23; a.A.: U. Schmalz, in: Hauck/Noftz, a.a.O. Rdz. 11; differenzierter: Niewald, in Gagel, a.a.O., Rdz. 68 ff.).

Im Ergebnis zu Recht hat es aber die Beklagte abgelehnt, von dem ihr eingeräumten Ermessen zugunsten des Klägers Gebrauch zu machen, weil die FbW nicht notwendig war, um den – arbeitslosen – Kläger beruflich (wieder) einzugliedern (§ 77 Abs. 1 Nr. 1 - 1. Alternative – SGB III. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu Vorläufervorschriften im Arbeitsförderungsgesetz (- AFG - §§ 42a, 44 Abs. 2, 45 AFG in Verbindung mit der – alten – Anordnung "Fortbildung und Umschulung" - A FuU -) setzt die Notwendigkeit der FdW voraus, dass die MbW mehr ist als nur zweckmäßig nach generellen Kriterien zu Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes (BSG, Urt. Vom 5. Oktober 1982 – 7 Rar 1112/81 – SozR 2 -4100 § 44 Nr. 37) sondern unerlässlich sein muss, um (gerade) den – arbeitslosen – Antragsteller unter Berücksichtigung seines beruflichen Status einerseits und des Maßnahmezweckes andererseits beruflich (wieder) einzugliedern (Niewald, in: Gagel, a.a.O. Rdz. 9).

Dies setzt sowohl eine Einschätzung der aktuellen Arbeitsmarktsituation und (dabei) der Vermittlungschancen des Antragstellers voraus als auch eine Beurteilung der zukünftigen Entwicklung von Arbeitsmarkt und Vermittlungschancen des Antragstellers und zwar sowohl im Ausgangsberuf wie in dem, den er nach – erfolgreichem – Abschluss der beantragten MbW ergreifen will. Diese Prognosen sind – einerseits - von den Tatsachengerichten (und nur von diesen, vgl. BSG, Urt vom 07. April 1987 – 11b RAr 7/86 – SozR 2-4100 § 44 Nr. 47; vom 26. September 1990 - 9b/11 RAr 151/88 - SozR 3-4100 § 36 Nr. 1; und vom 31. März 1992 - 9b RAr 18/91 - SozR 3-4100 § 45 Nr. 2) im Rahmen der diesen obliegenden Amtsermittlungspflicht zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren. Andererseits folgt aus dem Umstand, dass die Beklagte aus ihrer Sicht letztmals bei Erlass des Widerspruchsbescheides Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und der Vermittlungschancen des Antragstellers/Klägers zu prognostizieren hat (und auch nur prognostizieren kann), dass ihr ein gewisser Beurteilungsspielraum (man sollte besser sagen: eine Einschätzungsprärogative) verbleibt und verbleiben muss, und spätere Veränderungen bzgl. der Arbeitsmarktlage und deren Einschätzung (auch bzgl. der tatsächlichen Eingliederung des Klägers in eine neue – versicherungspflichtige - berufliche Tätigkeit) keine Berücksichtigung mehr finden können, insbesondere dann, wenn es sich um vorher nicht absehbare tatsächliche Entwicklungen handelt (BSG, Urt. vom 31. März 1992 – 9b RAr 18/91 – SozR 2-4100 § 45 Nr. 2). Anders als bei der Frage der (persönlichen) Eignung eines Antragstellers für eine MbW, wo nach der Rechtsprechung des BSG zu § 36 Nr. 2 AFG nunmehr auch die Verhältnisse zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung anzuerkennen sind, wenn dann eine (negative) Prognose der Beklagten widerlegt worden ist (weil eine MbW erfolgreich absolviert wurde und u.U. im – neuen – Beruf bereits eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen worden ist – vgl. BSG, Urt. vom 11. Mai 2000 – B 7 AL 18/99 R – SozR3-4100 § 36 Nr. 5), hat es bei der primär auf die Beurteilung von Arbeitsmarkt- und Vermittlungschancen gerichteten Prognose, bei der nicht die persönliche Eignung für eine MbW zur Diskussion steht (die jetzt nach § 1 Abs.1 Satz 1 Halbs. 1 der A FbW im Rahmen der "Notwendigkeit" mit zu prüfen ist - vgl. Niewald, in: Gagel, a.a.O., Rdz. 9 - und die hier beim Kläger auch nie zweifelhaft war) nach Auffassung des Senats dabei zu bleiben, dass für die Beurteilung der Tatsachen, Kenntnisse und Einschätzungen der Zeitpunkt der letzten Prognose der Verwaltung (d.h.: der Erlass des Widerspruchsbescheides) maßgeblich ist.

Jede Entscheidung darüber, ob eine MbW zur beruflichen Eingliederung eines Arbeitslosen "notwendig" ist, enthält eine solche Prognose, die unter Würdigung aller zum Zeitpunkt der Prognoseerstellung in Betracht kommenden Umstände zu erfolgen hat. Die Einschätzungsprärogative der Beklagten ist insoweit anzuerkennen, als sie zu diesem Zeitpunkt und unter Einbeziehung der dann erkennbaren zukünftigen Entwicklung – jedenfalls bis zum geplanten Abschluss der MbW - Bestand haben muss. Für das die Entscheidung kontrollierende Gericht kann es dann (und nur insoweit) – in einschränkender Auslegung von § 54 Abs. 1 und Abs. 4 SGG - dabei bleiben, auch für die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen, insbesondere dann, wenn dieser nach Ablauf des – beantragten – Bewilligungszeitraums lag (BSG, Urt. 26. September 1990 - 9b/11 RAr 151/88 - SozR 3-4100 § 36 Nr. 1 und vom 31. März 1992 - 9b RAr 18/91 - SozR 3-4100 § 45 nr. 2; U. Schmalz, in: Hauck/Noftz, a.a.O., K § 77 Rdz. 9). Die Einbeziehung späterer Entwicklungen durch die Gerichte dient dann der Kontrolle, ob die Verwaltungsentscheidung tatsächlich unter Berücksichtigung aller – seinerzeit – verfügbarer Daten in einer dem Sachverhalt angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet worden ist (U. Schmalz, a.a.O.). Später zur Verfügung stehende Erkenntnisse bieten Anhaltspunkte für die Richtigkeit der im maßgeblichen Zeitpunkt durch die Verwaltung der Beklagten getroffenen Einschätzung. Nur solche - später eingetretene - tatsächliche Entwicklungen, die nicht vorhersehbar waren, müssen dabei außer Betracht bleiben (BSG, Urt. vom 31. März 1992 – 9b Rar 18/91 – SozR 3-4100 § 45 Nr. 2; U. Schmalz, a.a.O.). Soweit die Beklagte dabei zu einer positiven Beschäftigungsprognose (hier: im Ausgangsberuf) gekommen ist, wird angesichts der bestehenden schwierigen Arbeitsmarktlage in nahezu allen Berufs- und Beschäftigungsbereichen ein weiter Beurteilungsspielraum anzuerkennen sein, der allerdings auch nicht eng zum Nachteil der Antragsteller ausfallen kann und darf (Dalichau/Grüner, a.a.O., Anm. II 1). Anders als bei der Frage der (individuellen) Eignung für eine MbW wird es aber praktisch kaum eine expost Korrektur der Prognoseentscheidung geben können: selbst wenn ein Antragsteller nach einer – selbst finanzierten – Teilnahme an der MbW mit der neu erworbenen Qualifikation eine versicherungspflichtige Beschäftigung gefunden hat, widerlegt dies nicht zwingend die von der Beklagten vorgenommene prognostische Einschätzung, weil die Beklagte – ex ante – zwei Prognosen gegeneinander abzuwägen hat. Einerseits ist abzuschätzen, wie die Vermittlungs- und Eingliederungschancen im erlernten und/oder zuletzt ausgeübten Beruf des Arbeitslosen aktuell sind und sich zukünftig entwickeln werden. Andererseits ist zu bewerten, ob die Teilnahme an der MbW in der Zukunft (nach Abschluss der MbW) zu besseren Eingliederungschancen führen wird. Denn selbst bei der Bewertung von Eingliederungschancen als gleich gut, kann nicht von der (vorrangigen) "Notwendigkeit" der Teilnahme an der MbW ausgegangen werden um die Eingliederung eines Arbeitslosen sicherzustellen (das wird auch von Niewald, in: Gagel, a.a.O. unter Rdz. 23 - zum "Vorrang der Vermittlung" - anerkannt). Soweit Kritik an der bisherigen Praxis der Beklagten, der Rechtsprechung (und am Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Neu-Regelung) zu den Prognose(n)erfordernissen und zur Abwägung der Beschäftigungschancen formuliert wird (vgl. Niewald, in: Gagel, a.a.O., Rdz. 30 ff. unter Hinweis auf Richter, in: Gagel, AFG § 44 Rdz. 36), ist aber auch anerkannt worden, dass eine reine expost Betrachtung nicht dazu führen würde, eine Prognose-Entscheidung letztlich entbehrlich oder gar sinnlos zu machen (Niewald, in: Gagel, a.a.O., Rdz. 28 unter Hinweis auf BSG, Urt. vom 11. Mai 2000 – B 7 AL 18/99 RSozR 3-4100 § 36 Nr. 5 und in Abgrenzung von BSG, Urt. vom 7. April 1987 – 11b RAr 5/86 – SozR 2-4100 § 44 Nr. 46 und Urt. vom 27. September 1989 - 11 RAr 73/88 – SozR 2-4100 § 44 Nr. 53).

Bei der Frage des Zeitraums, auf den sich die Prognose der Beklagten zu beziehen hat, ist die Einschätzungsprärogative von der Rspr. schon früher zeitlich auf ein Jahr begrenzt worden (BSG, Urt. vom 17. Mai 1987 – 11b RAr 5/86 und 7/86 – SozR 2-4100 § 44 Nrn. 46 und 47). Angesichts der fortdauernden generell schwierigen Lage auf dem Arbeitsmarkt und den stark unterschiedlichen Entwicklungen auf (regionalen und/oder beruflich-/fachlichen) Teilarbeitsmärkten hält es der erkennende Senat (noch) für vertretbar, den Zeitraum von einem Jahr als Mindestgrenze für die Überprüfung der Einschätzungsprärogative der Beklagten (derzeit noch) anzuerkennen.

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechungsgrundsätze und Literaturmeinungen, die sich der Senat nach eigener Prüfung in der dargelegten Form zu eigen macht, erweisen sich die Beurteilung der Beklagten und ihre Prognosen - auch nach den weiteren Darlegungen der Beklagten und der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme - als ausreichend, um die "Notwendigkeit" der vom Kläger beantragen MbW für seine dauerhafte Eingliederung zu verneinen.

Die Beklagte durfte sowohl bei ihrer erstmals bei der Beratung des Klägers am 24. Februar 1997 geäußerten Ablehnung der Notwendigkeit der FbW als auch bei Erlass des Bescheides vom 27. Dezember 1999 und des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2000 bei ihrer Einschätzung bleiben, dass für die Eingliederung des Klägers die Vermittlung in den erlernten Beruf Vorrang zu haben hatte. Zum Zeitpunkt der ersten Beratung (24. Februar 1997) des Klägers (der zuletzt bis 31. August 1997 als Pflegekraft einen Schwerstbehinderten im Rahmen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses betreut hatte) lag zwar die letzte Beschäftigung im erlernten Beruf des Zahntechnikers bereits fast ein Jahr zurück, der Kläger war aber noch nicht ein Jahr arbeitslos (Arbeitlosmeldung am 20. August 1997 zum 01. September 1997). Auch zum Zeitpunkt der Besprechung am 25. Mai 1998, in deren Rahmen der Kläger erstmals (auch) gesundheitliche Gründe dafür geltend machte, im Beruf des Zahntechnikers nicht mehr tätig sein zu können und nicht mehr vermittelbar sei, bestand die Arbeitslosigkeit noch nicht ein Jahr. Die Beklagte hat auch unverzüglich eine ärztliche Untersuchung veranlasst (ärztliches Formblatt-"Gutachten" des Arztes B. vom 7. Juli, ergänzt am 17. Juli 1998), und nach Vorliegen des Ergebnisses an der Auffassung festgehalten, dass Vermittlungsbemühungen für eine Tätigkeit als Zahntechniker vorrangig zu sein hätten. Die Haltung der Beklagten ist bestätigt worden durch den letztlich (wenn auch wegen Fehlens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen) erfolglosen Versuch des Klägers, die MbW im Rahmen eines Antrages auf Durchführung einer Maßnahme der Rehabilitation von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte bewilligt zu bekommen sowie durch eine spätere ärztliche Beurteilung (Formblatt-"Gutachten" des Arztes B. vom 9. Februar 1999). Jedenfalls ab 28. August 1998 stand der Kläger für Vermittlungsbemühungen in eine Beschäftigung als Zahntechniker nicht mehr zur Verfügung, weshalb die prognostische Einschätzung der Beklagten (im Dezember 1999 bzw. im März 2000) nicht schon deshalb als unzureichend gelten kann, weil sie – nunmehr - mehr als ein Jahr (bzw. mehr als ein und ein halbes Jahr) seit der letzten Arbeitslosmeldung des Klägers und zwei Jahre nach Ende der letzten Beschäftigung als Zahntechniker erfolgt ist. Zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung im März 2000 stand der Kläger für eine Vermittlung als Zahntechniker endgültig nicht mehr zur Verfügung, weshalb die Beklagte insoweit (lediglich) die Stichhaltigkeit ihrer zunächst im April 1998 und dann wieder im Juni 1998 sowie bei Erlass des Bescheides vom 29. Dezember 1999 getroffenen (negative) Prognosen zu überprüfen und gegebenenfalls zu bestätigen hatte. Insgesamt hatte die Beklagte längstens ein – knappes - Jahr (vom 28. September 1997 bis 28. August 1998) Zeit, den Kläger in eine Beschäftigung zu vermitteln. Dass dies nicht gelungen ist, kann nach den insoweit überzeugenden Darlegungen der Beklagten und nach der Vernehmung der Zeugin G. nicht alleine der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes geschuldet sein (insbesondere wenn auch überbezirkliche Angebote berücksichtigt werden) sondern muss auch vor dem Hintergrund gesehen werden, dass der Kläger – jedenfalls seit Ende Mai 1998 – nicht mehr in erster Linie eine Rückkehr in den Beruf des Zahntechnikers favorisierte, sondern sich anders orientiert hatte und nunmehr in erster Linie eine Qualifizierung zum und Beschäftigung als Erzieher anstrebte. Die prognostischen Feststellungen der Beklagten halten der Überprüfung durch den Senat Stand. Die Beklagte hat (Schriftsatz vom 9. März 2001) dargelegt, dass es 1997 und 1998 immer wieder Beschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger als Zahntechniker gegeben hat und dass eine Vermittlung innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr jedenfalls nicht ausgeschlossen war. Der Gegenbeweis wäre nach der von der Rechtsprechung für maßgeblich gehaltenen Jahresfrist erst möglich gewesen, wenn sich der Kläger auch über den 2. September 1999 hinaus ausdrücklich weiter für eine Vermittlung als Zahntechniker zur Verfügung gestellt hätte. Dies ist nicht geschehen, weshalb die Beklagte insoweit jedenfalls ab dem 28. August 1999 ihre Vermittlungsbemühungen vollends einstellen konnte. Für September 1998 und den davor liegenden Zeitraum – d.h.: den letzten, auf den sich ihre Vermittlungsbemühungen noch hatten erstrecken können und zu erstrecken hatten - hat die Beklagte dargelegt (Schriftsatz vom 9. März 2001), dass in dem Segment des für den Kläger relevanten berufspezifischen Arbeitsmarktes auch noch Ende September 1998 durchaus Vermittlungschancen gegeben waren. Die von der Beklagten vorgelegte Aufstellung (Schriftsatz vom 9. März 2001) zeigt auch, dass zum Stichtag im September 1998 jedenfalls im Arbeitsamtsbezirk Marburg und auch in Hessen offene Stellen gemeldet waren und dass von daher eine Vermittlungschance nicht völlig ausgeschlossen erschien. Die Zeugin G. hat hierzu auch ausgeführt, dass der Arbeitsmarkt für Zahntechniker - trotz eines gewissen Rückgangs Anfang der 90-er Jahre - insgesamt stabil geblieben war.

Auch im Hinblick auf die Gesamtzahl der in der Bundesrepublik beschäftigten Zahntechniker (+/- 50.000) und der Zahlen für gemeldete offene Stellen und arbeitssuchend Gemeldete, kann der Auffassung des Klägers nicht gefolgt werden, dass es für ihn auf dem Arbeitsmarkt - bezogen auf die gesamte Bundesrepublik Deutschland - keine Vermittlungsmöglichkeiten gegeben hätte. Unter diesen Voraussetzungen war die Beklagte - auch noch nach einem Jahr der Arbeitslosigkeit - grundsätzlich berechtigt, für die Frage der Notwendigkeit der Eingliederung vom Vorrang der Vermittlung vor der beruflichen Weiterbildung (Umschulung) auszugehen.

Dem steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte nicht das gesamte Vermittlungsgeschehen und den gesamten berufsspezifischen Arbeitsmarkt für Zahntechniker überblicken kann, wie dies auch die Zeugin G. bestätigt hat. Das BSG hat bereits entschieden (BSG, Urteil vom 27. September 1989 - 11 RAr 73/88 - SozR 2-4100 § 44 Nr. 53), dass sich das erkennende (Tatsachen-)Gericht bei seinen Ermittlungen auch auf Arbeitsmarktinformationen, außerhalb der von der Beklagten ermittelten und vorgelegten Arbeitsmarktdaten stützen kann. Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass dann, wenn sich aus den von der Beklagten vorgelegten und von ihr ermittelten Daten die Überzeugung gewinnen lässt, ein relevanter Arbeitsmarkt, auf dem für den Kläger - grundsätzlich - Vermittlungschancen bestanden hätten und haben, sei vorhanden (gewesen), weitere und zusätzliche Ermittlungen zur Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes nicht angestellt werden müssen.

Auch die Tatsache, dass ein erheblicher Teil des Vermittlungsgeschehens an der Bundesanstalt für Arbeit vorbeigeht, spricht nicht zwingend dafür, dass der Kläger ausschließlich über eine berufliche Weiterbildungsmaßnahme hätte eingegliedert werden können. Wenn ein Teil des Arbeitsmarktes (insbesondere, wie von der Zeugin G. ausgeführt, im Bereich der Zahnarztpraxen) sich außerhalb der Vermittlungsbemühungen der Beklagten entwickelt, dann kann dies auch bedeuten, dass die Vermittlungschancen für den Kläger größer waren, als sie sich in den bei der Beklagten gemeldeten offenen Stellen wiederspiegeln konnten. Insoweit entkräftet diese Feststellung nicht ohne weiteres das von der Beklagten vorgelegte Datenmaterial, das die Zeugin G. erläutert hat, im Hinblick auf die Entwicklung des Arbeitsmarktes für Zahntechniker. Zur Überzeugung des Senats steht deshalb fest, dass der Kläger jedenfalls zu dem Zeitpunkt, als mit Beginn der Teilnahme an der MbW Vermittlungsbemühungen der Beklagten endgültig hinfällig wurden, noch in angemessener Zeit in eine Beschäftigung im erlernten Beruf hätte vermittelt werden können. Schon insoweit war die Notwendigkeit für die berufliche Weiterbildungsmaßnahme nicht gegeben. Darauf, ob der Kläger nach Abschluss der Weiterbildung zum Erzieher überhaupt oder jedenfalls besser in eine Beschäftigung hätte vermittelt werden können, kann es bei dieser Sachlage im Hinblick auf die von der Beklagten Ende August/Anfang September 1998 zu treffende Prognose nicht mehr ankommen. Darüber hinaus war nach den der Beklagten vorliegenden Daten die Arbeitsmarktlage für Erzieher jedenfalls nicht günstiger. Schon eine nur gleich gute Arbeitsmarklage bei Erziehern hätte aber dazu führen müssen, die "Notwendigkeit" der FbW zu verneinen, weil bei einer solchen Prognose die Eingliederung für die Beklagte mit einem erheblichen Kostenaufwand verbunden gewesen wäre.

Damit fehlte es - wie das Sozialgericht im Ergebnis zu Recht entschieden hat - auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch den Senat für die vom Kläger durchlaufene MbW bereits an der Voraussetzung "Notwendigkeit für die Eingliederung" , weshalb die Beklagte keine Ermessensentscheidung zu seinen Gunsten treffen konnte. Darüber hinaus wäre es auch nicht ermessensmißbräuchlich gewesen, wenn bei der Prognose auch nur gleichwertiger Eingliederungschancen die Beklagte zunächst weiter auf dem Vorrang der Vermittlung - bundesweit - bestanden hätte.

Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision war zuzulassen, weil der Senat von der grundsätzlichen Bedeutung i.S.d. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG ausgeht.
Rechtskraft
Aus
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