Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 4 KR 268/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 456/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 41/09 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 27. Juli 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger seit 01.01.1998 im Betrieb seines Vaters in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis steht.
Der 1968 geborene Kläger ist nach seinen eigenen Angaben seit 01.01.1991 als Juniorchef im Betrieb seines Vaters beschäftigt. Es handelt sich um ein Einzelunternehmen (Landmaschinen-Fahrzeuge). Laut Bestätigung des Beigeladenen zu 1) besitzt der Kläger seit 01.01.1991 eine mündliche Handlungsvollmacht, die in der Praxis auch definitiv ausgeübt werde. Bei der Beklagten ist er seit 1998 versichert.
Der Kläger hat am 08.11.2004 die Firma p. Gesellschaft für Consulting beauftragt, seine Beschäftigung sozialversicherungsrechtlich beurteilen zu lassen. Er hat im Schreiben an die Beklagte ausgeführt, er verfüge als Maschinenbauer über die zur Mitführung des Unternehmens erforderlichen Branchenkenntnisse. Im Feststellungsbogen ist die Tätigkeit des Klägers so beschrieben: Kundenanwerbung im Außendienst, Vertragsabschlüsse mit Kunden, Verkauf von Landmaschinen, selbständige Abwicklung des gesamten kaufmännischen Bereichs, mündliche, gelebte Handlungsvollmacht, Bankvollmacht.
Die Beklagte hat sich mit Schreiben vom 07.06.2005 an die LVA Niederbayern-Oberpfalz gewandt. Diese bestätigte mit Schreiben vom 17.06.2005 die Auffassung der Beklagten, der Kläger übe eine abhängige Beschäftigung aus. Die Beklagte hat daraufhin mit Bescheid vom 01.07.2005 festgestellt, der Kläger sei ab 01.01.1998 versicherungspflichtig beschäftigt. Hiergegen legte der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 01.08.2005 Widerspruch ein. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30.09.2005 zurückgewiesen Zur Begründung führte die Beklagte aus, eine Mitgliedschaft bei ihr bestehe erst seit 01.01.1998. Es sei weder tatsächlich nachgewiesen, dass der Kläger völlig eigenständig und autark wie der Betriebsinhaber handeln könne, noch sei nachvollziehbar, dass während eines über Jahre hinweg andauernden Zeitraums weder dem Steuerberater noch dem Kläger oder dessen Vater aufgefallen sein solle, dass der Kläger tatsächlich kein Arbeitnehmer, sondern Betriebsmitinhaber und somit Unternehmer und nicht versicherungspflichtig sei.
Hiergegen richtete sich die am 26.10.2005 beim Sozialgericht Landshut eingegangen Klage.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 27.07.2007 abgewiesen. Zur Begründung führt es aus, keines der Teilmerkmale zur Prüfung der persönlichen Abhängigkeit sei allein so gewichtig, dass aus einem Vorhandensein für sich betrachtet, bereits mit Sicherheit auf das Vorhandensein der Nichtselbständigkeit geschlossen werden könne. Wenn eine Tätigkeit Merkmale aufweise, die sowohl auf eine Abhängigkeit als auch auf eine Selbständigkeit hinwiesen, sei entscheidend, welche Merkmale überwiegen. Es müssten alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden. Der Kläger könne seine Arbeitszeit, seine Arbeitsdauer, den Ort seiner Arbeitsleistung und die Art der Ausführung in großem Umfang zwar frei bestimmen, doch er trage kein Unternehmerrisiko, er erhalte vielmehr einen monatlichen Lohn, der nach Überzeugung der Kammer mit seiner Höhe von 2.173,00 Euro der Arbeitsleistung in etwa entspreche. Es werde Lohnsteuer bezahlt. Der Lohn werde als Betriebsausgabe verbucht. Zwar bestehe kein schriftlicher Arbeitsvertrag, aufgrund der Aufgaben des Betriebs sei die Struktur des Betriebes jedoch vorgegeben und der Kläger sei mit seiner Tätigkeit in diesen Rahmen eingebunden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, die damit begründet wird, das erstinstanzliche Urteil begegne erheblichen Bedenken schon allein aufgrund der Tatsache, dass die Erkenntnisse der mündlichen Verhandlung am 27.07.2007 keinen Eingang in die letztendliche Entscheidungsfindung genommen haben. Die Niederschrift sei inhaltsleer und lasse die notwendige Dokumentation vermissen. In der mündlichen Verhandlung habe sich zumindest folgendes ergeben: Anfangs habe der Kläger noch gemeinsam mit seinem Vater den gesamten Kundenkreis des Betriebes abgearbeitet. Weil die Verkaufszahlen so schlecht gewesen seien, habe sich der Vater des Klägers entschlossen, den Landmaschinenanbieter zu wechseln. Er habe sich jedoch dem Kläger untergeordnet. Es seien bereits Umstrukturierungen durch den Kläger durchgeführt worden. Die Verkaufszahlen hätten sich gebessert. Die EDV sei eingeführt worden. Der Vater des Klägers wisse nicht einmal, wie man einen Computer ein- respektive ausschalte. Er habe auch gesundheitliche Probleme. Er unterzeichne nach Maßgabe des Klägers lediglich die notwendigen Papiere im Rahmen des betriebstypischen Anfalls. Der Kläger habe in Erwartung der Übernahme der Firma wesentlich intensiver mitgearbeitet als ein familienfremder Mitarbeiter. Einkommensteuererklärungen gebe er nicht ab.
Im Protokoll der Schlussbesprechung zur Betriebsprüfung am 02.03.2006 durch die Deutsche Rentenversicherung findet sich keine Beanstandung bezüglich des Klägers.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11.12.2008 beantragt der Klägervertreter,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 27.07.2007 und den Bescheid der Beklagten vom 01.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2005 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit im väterlichen Betrieb seit dem 01.01.1998, hilfsweise seit dem 01.01.2003 nicht der Gesamtsozialversicherungspflicht unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht sei deutlich geworden, dass der Vater des Klägers als Betriebsinhaber die Leitung des Unternehmens aus verschiedenen Gründen noch nicht vollständig aus der Hand geben wollte und letztlich nach wie vor die Geschicke des Unternehmens bestimme. Nach ihrer Auffassung sei der Kläger im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig gewesen.
Die Beigeladene zu 2) schließt sich dem Antrag der Beklagten an.
Die Beigeladenen zu 1), 3) und 4) stellen keine Anträge.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestands auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten und der Beigeladenen zu 2) sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die nicht der Zulassung gemäß § 144 SGG bedarf, ist zulässig, erweist sich aber als unbegründet. Der Kläger ist seit 01.01.1991 im Betrieb seines Vaters versicherungspflichtig beschäftigt.
Dies hat das Sozialgericht im angefochtenen Urteil zutreffend festgestellt. Es durfte auch die Klage als zulässig erachten, denn nach Auffassung des Senats (vgl. Urteil vom 18.10.2007, L 4 KR 79/06 und spätere Urteile) ist dem Kläger ein Rechtsschutzinteresse auf gesonderte Statusfeststellung zuzubilligen, es handelt sich nicht um eine unzulässige Elementenfeststellungsklage hinsichtlich des möglichen späteren Begehrens auf Beitragserstattung. Dabei kommt im Ergebnis der am 02.03.2006 von der Deutschen Rentenversicherung Bund durchgeführten Betriebsprüfung wohl eine Bedeutung bei der materiellen Würdigung des klägerischen Anliegens zu, hindert aber nicht das Rechtsschutzinteresse an der endgültigen Klärung des am 17.07.2004 gestellten Antrages (vgl. dazu BSG vom 24.06.2008, B 12 KR 24/07 R, Rn. 18).
Der Kläger, der obwohl er seit vielen Jahren in der Firma seines Vater arbeitet, ist noch immer in keiner Weise an der Firma beteiligt, er wird vielmehr wie ein leitender Angestellter eingesetzt und bezahlt. Er ist in der bisherigen Gestaltung seines Arbeitslebens als Arbeitnehmer im Sinne von § 7 SGB IV einzuschätzen. Er unterliegt einer Weisungsgebundenheit seines Arbeitgebers, also seines Vaters, was wiederum für eine familiäre Rücksichtnahme spricht und für eine weitgehende Weisungsunabhängigkeit im täglichen Betriebsablauf, der von den Fachkenntnissen des Klägers bestimmt wird. Jedoch fehlt es dem Kläger am Unternehmerrisiko, was ein weiteres Indiz für die Abhängigkeit seiner Beschäftigung ist. Es mag tatsächlich durchaus so sein, dass der Kläger Kenntnisse hat, die seinem Vater nicht zur Verfügung steht, z.B. der Umgang mit Computern. Die Überlegenheit in gewissen Bereichen führt jedoch nicht dazu, dass von einer selbständigen Tätigkeit ausgegangen werden kann. Es ist vielmehr noch immer davon auszugehen, dass der Vater des Klägers, unabhängig von seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung, die Firma dominiert und der Kläger sich bezüglich einer Beteiligung an der Firma nicht durchsetzen konnte. Wichtiger Schriftverkehr in Firmenangelegenheiten ist ihm zur Unterschrift vorzulegen. Ein Indiz für die abhängige Beschäftigung ist auch, dass der Kläger Einkommensteuerbescheide nicht vorgelegt hat. Ergäbe sich aus diesen Bescheiden, dass das Einkommen des Klägers nicht aus abhängiger Beschäftigung erzielt wird, wäre nicht nachvollziehbar, weshalb dies dem Senat nicht zur Kenntnis gebracht werden sollte.
Darüber hinaus bezieht sich der Senat auf seine bisherige Rechtsprechung, z.B. sein Urteil vom 18.10.2007, L 4 KR 79/06. Dort, wie auch im vorliegenden Fall sprechen keine rechtlich vernünftigen Gründe dafür, nunmehr rückwirkend in das jahrelang mit Billigung aller Beteiligten bestehende Versicherungsverhältnis einzugreifen. Schwerwiegende Fehler, Ungereimtheiten oder Erschleichung eines Versicherungsschutzes sind beim Kläger auszuschließen. Gerade weil eine solche in die Vergangenheit zielende Umwandlung eines jahrelang aus dem Blickwinkel verschiedenster Beteiligter zutreffenden Rechtszustandes zu solchen Unklarheiten und Unsicherheiten wie im vorliegenden Fall führt, hat das Bundessozialgericht den einleuchtenden Rechtssatz formuliert, dass die Versicherungsverhältnisse grundsätzlich rückwirkend nicht geändert werden sollen (BSG vom 08.12.1999, BSGE 85, 208, 213). Der Gedanke von der Kontinuität eines Versicherungslebens, wonach Änderungen dann erst für die Zukunft gelten sollen, ist ein beachtlicher Grundsatz und Grundlage einer soliden Zukunftssicherung, wie sie von der Beigeladenen zu 2) ohne Rücksicht auf konjunkturbestimmte oder andere Gestaltungsmöglichkeiten konstant zu leisten ist. Dass Änderungen in der Vergangenheit schon aus Abgrenzungsschwierigkeiten problematisch sind, zeigt der vorliegenden Fall deutlich. Kein ernst zu nehmender Vortrag wird dahingehen, dass bereits zum Eintrittstag an bei dem damals noch nicht einmal 23-jährigen Kläger Unternehmereigenschaft und Selbständigkeit vorlagen. Dass eine derart weit zurückreichende Umwandlung der sozialversicherungsrechtlichen Biographie nicht im gesetzgeberischen Sinne ist, lässt sich auch aus § 28b Abs. 1 i.V.m. § 28f Abs. 1 SGB IV folgern. In diesen Vorschriften ist, ähnlich wie bei der Verjährung, eine Vier-Jahres-Frist als Regel gesetzt, nämlich der Rhythmus der Betriebsprüfungen und der damit zusammenhängenden Aufbewahrungsfrist von Unterlagen. Es sollen also grundsätzlich die mehr als vier Jahre zurückliegenden Vorgänge nicht mehr aufgegriffen werden, mithin die oben skizzierte Rechtssicherheit für die Vergangenheit platzgreifen.
Schließlich ist noch hinzuweisen auf die neueste Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, nämlich das Urteil vom 24.06.2008, B 12 KR 24/07 R. Der 12. Senat des Bundessozialgerichts weist auf Bedenken bezüglich des Rechtsschutzbedürfnisses für eine Feststellung der fehlenden Versicherungspflicht in der Vergangenheit hin. Zumindest hinsichtlich der Angriffe gegen die Feststellung der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung seien diese Bedenken gegeben, weil gemäß § 26 Abs. 1 SGB IV Rentenversicherungsbeiträge, die trotz Fehlens der Versicherungspflicht nicht bei der nächsten Prüfung des Arbeitgebers beanstandet wurden und nicht beanstandet werden dürfen, als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge gelten. Im Falle des Klägers wurde im März 2006 eine Betriebsprüfung durchgeführt. Eine Beanstandung der Beiträge für den Kläger erfolgte nicht.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Verfahrensausgang.
Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben. Dass die Klägervertreterin bzw. die Firma p. im Verwaltungsverfahren an einer ganzen Reihe solcher Rechtsstreitigkeiten vor dem Senat namens Angehöriger einer Familienfirma beteiligt ist, macht den anhängigen Rechtsstreit nicht zu einem, der grundsätzliche Fragen aufwirft.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger seit 01.01.1998 im Betrieb seines Vaters in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis steht.
Der 1968 geborene Kläger ist nach seinen eigenen Angaben seit 01.01.1991 als Juniorchef im Betrieb seines Vaters beschäftigt. Es handelt sich um ein Einzelunternehmen (Landmaschinen-Fahrzeuge). Laut Bestätigung des Beigeladenen zu 1) besitzt der Kläger seit 01.01.1991 eine mündliche Handlungsvollmacht, die in der Praxis auch definitiv ausgeübt werde. Bei der Beklagten ist er seit 1998 versichert.
Der Kläger hat am 08.11.2004 die Firma p. Gesellschaft für Consulting beauftragt, seine Beschäftigung sozialversicherungsrechtlich beurteilen zu lassen. Er hat im Schreiben an die Beklagte ausgeführt, er verfüge als Maschinenbauer über die zur Mitführung des Unternehmens erforderlichen Branchenkenntnisse. Im Feststellungsbogen ist die Tätigkeit des Klägers so beschrieben: Kundenanwerbung im Außendienst, Vertragsabschlüsse mit Kunden, Verkauf von Landmaschinen, selbständige Abwicklung des gesamten kaufmännischen Bereichs, mündliche, gelebte Handlungsvollmacht, Bankvollmacht.
Die Beklagte hat sich mit Schreiben vom 07.06.2005 an die LVA Niederbayern-Oberpfalz gewandt. Diese bestätigte mit Schreiben vom 17.06.2005 die Auffassung der Beklagten, der Kläger übe eine abhängige Beschäftigung aus. Die Beklagte hat daraufhin mit Bescheid vom 01.07.2005 festgestellt, der Kläger sei ab 01.01.1998 versicherungspflichtig beschäftigt. Hiergegen legte der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 01.08.2005 Widerspruch ein. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30.09.2005 zurückgewiesen Zur Begründung führte die Beklagte aus, eine Mitgliedschaft bei ihr bestehe erst seit 01.01.1998. Es sei weder tatsächlich nachgewiesen, dass der Kläger völlig eigenständig und autark wie der Betriebsinhaber handeln könne, noch sei nachvollziehbar, dass während eines über Jahre hinweg andauernden Zeitraums weder dem Steuerberater noch dem Kläger oder dessen Vater aufgefallen sein solle, dass der Kläger tatsächlich kein Arbeitnehmer, sondern Betriebsmitinhaber und somit Unternehmer und nicht versicherungspflichtig sei.
Hiergegen richtete sich die am 26.10.2005 beim Sozialgericht Landshut eingegangen Klage.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 27.07.2007 abgewiesen. Zur Begründung führt es aus, keines der Teilmerkmale zur Prüfung der persönlichen Abhängigkeit sei allein so gewichtig, dass aus einem Vorhandensein für sich betrachtet, bereits mit Sicherheit auf das Vorhandensein der Nichtselbständigkeit geschlossen werden könne. Wenn eine Tätigkeit Merkmale aufweise, die sowohl auf eine Abhängigkeit als auch auf eine Selbständigkeit hinwiesen, sei entscheidend, welche Merkmale überwiegen. Es müssten alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden. Der Kläger könne seine Arbeitszeit, seine Arbeitsdauer, den Ort seiner Arbeitsleistung und die Art der Ausführung in großem Umfang zwar frei bestimmen, doch er trage kein Unternehmerrisiko, er erhalte vielmehr einen monatlichen Lohn, der nach Überzeugung der Kammer mit seiner Höhe von 2.173,00 Euro der Arbeitsleistung in etwa entspreche. Es werde Lohnsteuer bezahlt. Der Lohn werde als Betriebsausgabe verbucht. Zwar bestehe kein schriftlicher Arbeitsvertrag, aufgrund der Aufgaben des Betriebs sei die Struktur des Betriebes jedoch vorgegeben und der Kläger sei mit seiner Tätigkeit in diesen Rahmen eingebunden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, die damit begründet wird, das erstinstanzliche Urteil begegne erheblichen Bedenken schon allein aufgrund der Tatsache, dass die Erkenntnisse der mündlichen Verhandlung am 27.07.2007 keinen Eingang in die letztendliche Entscheidungsfindung genommen haben. Die Niederschrift sei inhaltsleer und lasse die notwendige Dokumentation vermissen. In der mündlichen Verhandlung habe sich zumindest folgendes ergeben: Anfangs habe der Kläger noch gemeinsam mit seinem Vater den gesamten Kundenkreis des Betriebes abgearbeitet. Weil die Verkaufszahlen so schlecht gewesen seien, habe sich der Vater des Klägers entschlossen, den Landmaschinenanbieter zu wechseln. Er habe sich jedoch dem Kläger untergeordnet. Es seien bereits Umstrukturierungen durch den Kläger durchgeführt worden. Die Verkaufszahlen hätten sich gebessert. Die EDV sei eingeführt worden. Der Vater des Klägers wisse nicht einmal, wie man einen Computer ein- respektive ausschalte. Er habe auch gesundheitliche Probleme. Er unterzeichne nach Maßgabe des Klägers lediglich die notwendigen Papiere im Rahmen des betriebstypischen Anfalls. Der Kläger habe in Erwartung der Übernahme der Firma wesentlich intensiver mitgearbeitet als ein familienfremder Mitarbeiter. Einkommensteuererklärungen gebe er nicht ab.
Im Protokoll der Schlussbesprechung zur Betriebsprüfung am 02.03.2006 durch die Deutsche Rentenversicherung findet sich keine Beanstandung bezüglich des Klägers.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11.12.2008 beantragt der Klägervertreter,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 27.07.2007 und den Bescheid der Beklagten vom 01.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2005 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit im väterlichen Betrieb seit dem 01.01.1998, hilfsweise seit dem 01.01.2003 nicht der Gesamtsozialversicherungspflicht unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht sei deutlich geworden, dass der Vater des Klägers als Betriebsinhaber die Leitung des Unternehmens aus verschiedenen Gründen noch nicht vollständig aus der Hand geben wollte und letztlich nach wie vor die Geschicke des Unternehmens bestimme. Nach ihrer Auffassung sei der Kläger im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig gewesen.
Die Beigeladene zu 2) schließt sich dem Antrag der Beklagten an.
Die Beigeladenen zu 1), 3) und 4) stellen keine Anträge.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestands auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten und der Beigeladenen zu 2) sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die nicht der Zulassung gemäß § 144 SGG bedarf, ist zulässig, erweist sich aber als unbegründet. Der Kläger ist seit 01.01.1991 im Betrieb seines Vaters versicherungspflichtig beschäftigt.
Dies hat das Sozialgericht im angefochtenen Urteil zutreffend festgestellt. Es durfte auch die Klage als zulässig erachten, denn nach Auffassung des Senats (vgl. Urteil vom 18.10.2007, L 4 KR 79/06 und spätere Urteile) ist dem Kläger ein Rechtsschutzinteresse auf gesonderte Statusfeststellung zuzubilligen, es handelt sich nicht um eine unzulässige Elementenfeststellungsklage hinsichtlich des möglichen späteren Begehrens auf Beitragserstattung. Dabei kommt im Ergebnis der am 02.03.2006 von der Deutschen Rentenversicherung Bund durchgeführten Betriebsprüfung wohl eine Bedeutung bei der materiellen Würdigung des klägerischen Anliegens zu, hindert aber nicht das Rechtsschutzinteresse an der endgültigen Klärung des am 17.07.2004 gestellten Antrages (vgl. dazu BSG vom 24.06.2008, B 12 KR 24/07 R, Rn. 18).
Der Kläger, der obwohl er seit vielen Jahren in der Firma seines Vater arbeitet, ist noch immer in keiner Weise an der Firma beteiligt, er wird vielmehr wie ein leitender Angestellter eingesetzt und bezahlt. Er ist in der bisherigen Gestaltung seines Arbeitslebens als Arbeitnehmer im Sinne von § 7 SGB IV einzuschätzen. Er unterliegt einer Weisungsgebundenheit seines Arbeitgebers, also seines Vaters, was wiederum für eine familiäre Rücksichtnahme spricht und für eine weitgehende Weisungsunabhängigkeit im täglichen Betriebsablauf, der von den Fachkenntnissen des Klägers bestimmt wird. Jedoch fehlt es dem Kläger am Unternehmerrisiko, was ein weiteres Indiz für die Abhängigkeit seiner Beschäftigung ist. Es mag tatsächlich durchaus so sein, dass der Kläger Kenntnisse hat, die seinem Vater nicht zur Verfügung steht, z.B. der Umgang mit Computern. Die Überlegenheit in gewissen Bereichen führt jedoch nicht dazu, dass von einer selbständigen Tätigkeit ausgegangen werden kann. Es ist vielmehr noch immer davon auszugehen, dass der Vater des Klägers, unabhängig von seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung, die Firma dominiert und der Kläger sich bezüglich einer Beteiligung an der Firma nicht durchsetzen konnte. Wichtiger Schriftverkehr in Firmenangelegenheiten ist ihm zur Unterschrift vorzulegen. Ein Indiz für die abhängige Beschäftigung ist auch, dass der Kläger Einkommensteuerbescheide nicht vorgelegt hat. Ergäbe sich aus diesen Bescheiden, dass das Einkommen des Klägers nicht aus abhängiger Beschäftigung erzielt wird, wäre nicht nachvollziehbar, weshalb dies dem Senat nicht zur Kenntnis gebracht werden sollte.
Darüber hinaus bezieht sich der Senat auf seine bisherige Rechtsprechung, z.B. sein Urteil vom 18.10.2007, L 4 KR 79/06. Dort, wie auch im vorliegenden Fall sprechen keine rechtlich vernünftigen Gründe dafür, nunmehr rückwirkend in das jahrelang mit Billigung aller Beteiligten bestehende Versicherungsverhältnis einzugreifen. Schwerwiegende Fehler, Ungereimtheiten oder Erschleichung eines Versicherungsschutzes sind beim Kläger auszuschließen. Gerade weil eine solche in die Vergangenheit zielende Umwandlung eines jahrelang aus dem Blickwinkel verschiedenster Beteiligter zutreffenden Rechtszustandes zu solchen Unklarheiten und Unsicherheiten wie im vorliegenden Fall führt, hat das Bundessozialgericht den einleuchtenden Rechtssatz formuliert, dass die Versicherungsverhältnisse grundsätzlich rückwirkend nicht geändert werden sollen (BSG vom 08.12.1999, BSGE 85, 208, 213). Der Gedanke von der Kontinuität eines Versicherungslebens, wonach Änderungen dann erst für die Zukunft gelten sollen, ist ein beachtlicher Grundsatz und Grundlage einer soliden Zukunftssicherung, wie sie von der Beigeladenen zu 2) ohne Rücksicht auf konjunkturbestimmte oder andere Gestaltungsmöglichkeiten konstant zu leisten ist. Dass Änderungen in der Vergangenheit schon aus Abgrenzungsschwierigkeiten problematisch sind, zeigt der vorliegenden Fall deutlich. Kein ernst zu nehmender Vortrag wird dahingehen, dass bereits zum Eintrittstag an bei dem damals noch nicht einmal 23-jährigen Kläger Unternehmereigenschaft und Selbständigkeit vorlagen. Dass eine derart weit zurückreichende Umwandlung der sozialversicherungsrechtlichen Biographie nicht im gesetzgeberischen Sinne ist, lässt sich auch aus § 28b Abs. 1 i.V.m. § 28f Abs. 1 SGB IV folgern. In diesen Vorschriften ist, ähnlich wie bei der Verjährung, eine Vier-Jahres-Frist als Regel gesetzt, nämlich der Rhythmus der Betriebsprüfungen und der damit zusammenhängenden Aufbewahrungsfrist von Unterlagen. Es sollen also grundsätzlich die mehr als vier Jahre zurückliegenden Vorgänge nicht mehr aufgegriffen werden, mithin die oben skizzierte Rechtssicherheit für die Vergangenheit platzgreifen.
Schließlich ist noch hinzuweisen auf die neueste Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, nämlich das Urteil vom 24.06.2008, B 12 KR 24/07 R. Der 12. Senat des Bundessozialgerichts weist auf Bedenken bezüglich des Rechtsschutzbedürfnisses für eine Feststellung der fehlenden Versicherungspflicht in der Vergangenheit hin. Zumindest hinsichtlich der Angriffe gegen die Feststellung der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung seien diese Bedenken gegeben, weil gemäß § 26 Abs. 1 SGB IV Rentenversicherungsbeiträge, die trotz Fehlens der Versicherungspflicht nicht bei der nächsten Prüfung des Arbeitgebers beanstandet wurden und nicht beanstandet werden dürfen, als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge gelten. Im Falle des Klägers wurde im März 2006 eine Betriebsprüfung durchgeführt. Eine Beanstandung der Beiträge für den Kläger erfolgte nicht.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Verfahrensausgang.
Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben. Dass die Klägervertreterin bzw. die Firma p. im Verwaltungsverfahren an einer ganzen Reihe solcher Rechtsstreitigkeiten vor dem Senat namens Angehöriger einer Familienfirma beteiligt ist, macht den anhängigen Rechtsstreit nicht zu einem, der grundsätzliche Fragen aufwirft.
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