L 18 R 385/08

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 7 R 692/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 R 385/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Nach Durchführung der Beitragserstattung erlöschen die Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis. Die Gewährung einer Versichertenrente allein aus den nicht erstatteten Arbeitgeberbeiträgen kann nicht verlangt werden.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 24.09.2007 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung einer Versichertenrente nach Beitragserstattung.

Der 1943 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in der Türkei. Er war nach den vorliegenden Unterlagen vom 02.11.1966 bis 05.01.1972 in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt und kehrte danach in die Türkei zurück.

Im November 1974 stellte der Kläger Antrag auf Beitragserstattung aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Mit Bescheid vom 22.10.1975 erstattete die zuständige Landesversicherungsanstalt (LVA) Berlin dem Kläger die Hälfte der für den Zeitraum vom 02.11.1966 bis 05.01.1972 zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Beiträge in Höhe von 5.985,20 DM, die dem Kläger ausgezahlt wurden.

Am 17.04.2002 ging bei der Beklagten der Antrag des Klägers auf Gewährung von Altersrente ein. Bei der Beitragserstattung seien die Arbeitgeberbeiträge einbehalten worden. Aufgrund der Arbeitgeberanteile stehe ihm Rente zu. Mit Bescheid vom 15.05.2002 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Durch die Beitragserstattung im Jahr 1975 sei das Versicherungsverhältnis aufgelöst worden. Beiträge, die die Arbeitgeber getragen hätten, seien nicht erstattungsfähig. Weitere Ansprüche aus der Rentenversicherung bestünden somit nicht mehr. Hiergegen legte der Kläger am 24.07.2003 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 29.09.2003 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Aufgrund der mit Bescheid vom 22.10.1975 durchgeführten Beitragserstattung seien keine auf die Wartezeit anrechnungsfähigen Zeiten aus der deutschen Rentenversicherung mehr vorhanden. Ein Anspruch auf Versichertenrente allein aus den von dem Arbeitgeber getragenen Beiträgen bestehe aufgrund der eindeutigen Gesetzeslage nicht.

Hiergegen hat der Kläger am 27.10.2003 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Mit Urteil vom 24.09.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger besitze keinen Anspruch auf Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Unter Berücksichtigung der durchgeführten Beitragserstattung seien keine auf die allgemeine Wartezeit anrechenbaren Versicherungszeiten mehr vorhanden. Für den Zeitraum von November 1966 bis Januar 1972 seien Beiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet worden. Durch die mit Bescheid der LVA Berlin vom 22.10.1975 durchgeführte Beitragserstattung seien gemäß § 1303 Abs 7 Reichsversicherungsordnung (RVO) weitere Ansprüche aus den bisher zurückgelegten Versicherungszeiten, also im Fall des Klägers aus den Versicherungszeiten für den Zeitraum November 1966 bis Januar 1972, ausgeschlossen. Sie könnten daher auch nicht mehr im Rahmen der Prüfung der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit als Voraussetzung für eine Altersrente berücksichtigt werden. Nachdem der Kläger nach dem Zeitpunkt der erfolgten Beitragserstattung keinerlei Versicherungszeiten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung mehr zurückgelegt habe, seien somit keine Zeiten vorhanden, welche auf die allgemeine Wartezeit als Voraussetzung für die Gewährung einer Altersrente angerechnet werden könnten. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass die Beitragserstattung gemäß § 1303 Abs 1 Satz 1 RVO ausdrücklich auf die Hälfte der entrichteten Beiträge (dies entspreche dem sogenannten Arbeitnehmeranteil) begrenzt sei. Ein Zugriff der Versicherten auf den sogenannten Arbeitgeberanteil sei nach deutschen Rechtsvorschriften verwehrt.

Das Urteil des SG ist dem Kläger laut Rückschein am 18.01.2008 zugestellt worden.

Hiergegen richtet sich die beim SG am 05.05.2008 und beim Bayer. LSG am 15.05.2008 eingegangene Berufung des Klägers. Er habe jahrelang in der Bundesrepublik Deutschland gearbeitet und begehre die ihm zustehende Altersrente.

Zur Nachfrage des Gerichts vom 29.05.2008, weshalb der Kläger die Berufungsfrist versäumt habe, hat dieser nicht inhaltlich Stellung genommen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 24.09.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15.05.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.09.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Altersrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 24.09.2007 als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.

Aufgrund der Beitragserstattung seien die Voraussetzungen für eine Altersrente nicht gegeben; es bestehe auch kein Anspruch auf Erstattung der Arbeitgeberbeiträge.

Das Gericht hat die Akte der Beklagten und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nach § 158 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als unzulässig zu verwerfen, denn sie ist nicht fristgerecht eingelegt worden, § 151 Abs 1 iVm § 153 Abs 1 iVm § 87 Abs 1 Satz 2 SGG.

Nach § 151 Abs 1 iVm § 153 Abs 1 iVm § 87 Abs 1 Satz 2 SGG ist die Berufung innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des angefochtenen Urteils im Ausland einzulegen. Das Urteil des SG enthält eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung. Laut Rückschein wurde das Urteil dem Kläger am 18.01.2008 zugestellt. Die Frist für die Einlegung der Berufung begann gemäß § 64 Abs 1 SGG mit dem Tag nach der Zustellung, d.h. am 19.01.2008, zu laufen.

Gemäß § 64 Abs 2 Satz 1 SGG endet eine nach Monaten bestimmte Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach der Zahl dem Tage entspricht, in den der Zeitpunkt fällt. Die Berufungsfrist endete somit mit Ablauf des 18.04.2008. Die Berufung des Klägers ist jedoch erst am 05.05.2008 beim SG eingegangen und somit nicht fristgerecht eingelegt worden.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG ist nicht zu gewähren. Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, § 67 Abs.1 SGG. Auf die gerichtliche Nachfrage vom 29.05.2008, ob beim Kläger Wiedereinsetzungsgründe vorliegen, antwortete der Kläger mit Schriftsätzen vom 07.06.2008 und 16.06.2008 nur mit dem Hinweis, dass er jahrelang in der Bundesrepublik Deutschland gearbeitet habe und ihm eine Altersrente zustehe. Auch dem Akteninhalt sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass der Kläger ohne Verschulden verhindert gewesen wäre, die Berufungsfrist einzuhalten.

Nach alledem ist die Berufung des Klägers als unzulässig zu verwerfen.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass dem Kläger gegen die Beklagte kein Anspruch auf Altersrente zusteht. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Altersrente gemäß § 35 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der Fassung vom 19.02.2002 (gültig ab 01.01.2002 bis 31.12.2007) liegen nicht vor, weil der Kläger die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI) nicht erfüllt hat. Der Kläger verfügt nämlich über keine auf die Wartezeit anrechenbaren Beitragszeiten mehr, weil seine Rentenanwartschaften aufgrund der mit Bescheid vom 22.10.1975 durchgeführten Beitragserstattung erloschen sind. Mit der Beitragserstattung erlöschen die Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis in ihrer Gesamtheit und nicht nur hinsichtlich des erstatteten Arbeitnehmeranteils. Ferner ist die vom Kläger begehrte Rente allein aus den Arbeitgeberanteilen aufgrund der eindeutigen Gesetzeslage nach § 1303 Abs 1 Satz 1 RVO - worauf das SG ebenfalls zutreffend hinweist - nicht möglich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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