Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 30 R 1049/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 60/09 ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 13.11.2008 - Az.: S 30
R 1049/07 wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten für das Antragsverfahren sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der vorliegende Streit betrifft die Frage, ob der Kläger und Antragsteller (Ast.) seit 01.04.2000 als Selbstständiger der Rentenversicherungspflicht unterliegt.
Der Ast. arbeitet als Vermittler von Finanzanlagen, hauptsächlich im Bausparbereich. Alle Beteiligten gehen davon aus, er sei selbstständig tätig. Mit Bescheid vom 06.06.2006 stellte die Beklagte und Antragsgegnerin (Ag.) fest, der Ast. unterliege seit April 2000 der Rentenversicherungspflicht als ("arbeitnehmerähnlicher") Selbstständiger (§ 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VI). Denn er sei auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig. Zudem ordnete die Beklagte die Nachzahlung von Beiträgen in Höhe von 34.341,54 EUR an. Damit ist der Ast. nicht einverstanden. Sein Widerspruch blieb jedoch ebenso ohne Erfolg wie seine Klage zum Sozialgericht München.
Gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 13.11.2008 hat der Ast. Berufung eingelegt (Az.: L 13 R 63/09) und zugleich beantragt, die aufschiebende Wirkung dieses Rechtsmittels anzuordnen.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Berufung ist zulässig. Die Berufung hat nach § 154 Abs. 1 in Verbindung mit § 86 a Abs. 2 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) keine aufschiebende Wirkung; somit bedarf es einer gerichtlichen Entscheidung, um diese zu bewirken. Es besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis. Zwar hat die Mitarbeiterin der Ag., Frau F., gegenüber dem Berichterstatter am 04.03.2009 telefonisch versichert, die Beitragsforderung würde während eines laufenden gerichtlichen Verfahrens nicht vollstreckt. Jedoch vermag eine solche Erklärung keine Bindungswirkung gegenüber dem Ast. zu erzeugen.
Der Antrag ist aber nicht begründet.
Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage - ebenso die Berufung - keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Grundsätzlich ist die Frage, ob die aufschiebende Wirkung anzuordnen ist, im Rahmen einer umfassenden und einzelfallbezogenen Interessenabwägung zu beantworten. Dabei spielen die Erfolgsaussichten in der Hauptsache eine ganz wesentliche Rolle. Für den hier vorliegenden Fall, dass die aufschiebende Wirkung nach § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfällt, enthält das Gesetz einen speziellen materiell-rechtlichen Prüfungsmaßstab: § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG schreibt - allerdings unmittelbar nur für das behördliche Aussetzungsverfahren - vor, in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Diese Vorgabe ist indes auch für das gerichtliche Verfahren nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG maßgebend.
Ernstliche Zweifel im Sinn von § 86 a Abs. 2 Satz 3 SGG bestehen dann, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (Keller in: Meyer-Ladewig/ ders./Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage 2008, § 86 b RdNr. 27a). In diesem Zusammenhang kann sich das Gericht grundsätzlich auf eine lediglich summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache beschränken. Vor diesem Hintergrund bestehen nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand an der Richtigkeit des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts vom 13.11.2008 keine ernstlichen Zweifel.
Verschiedene Anzeichen deuten darauf hin, dass der Ast. im Wesentlichen und auf Dauer tatsächlich nur für einen Auftraggeber im rechtlichen Sinn tätig wird. Den vom Ast. für insgesamt neun Jahre vorgelegten Einkommensnachweisen lässt sich entnehmen, dass häufig ein Herr G. auch bei Geschäftsbeziehungen mitgewirkt hat, von denen der Ast. behauptet, sie seien mit anderen Auftraggebern unterhalten worden. Herr G. erscheint in den Unterlagen bei manchen Belegen als Vertriebsdirektor für die L., andere Male dagegen wieder als Einzelunternehmer. Es spricht sehr viel dafür, dass es sich bei Herrn G. um eine "Zentralfigur" handelt, die möglicherweise häufiger der unmittelbare Geschäftspartner des Ast. war und ist, als es dieser dargestellt hat. Die einzelnen Geschäftspartner weisen auf jeden Fall weitaus mehr Zusammenhänge miteinander auf, als es der Ast. bislang eingeräumt hat. In diese Richtung deutet auch, dass der Ast. Rechnungen für so genannte eigenständige Geschäftspartner mitunter mit dem Briefkopf der L. ausgestellt hat. Vor diesem Hintergrund muss der Senat nach gegenwärtigem Erkenntnisstand davon ausgehen, dass erhebliche "Verquickungen" vorhanden sind.
Hauptsächlich wirkt sich zu Lasten des Ast. jedoch aus, dass er anscheinend bislang sehr wichtige Unterlagen vorenthalten hat. Im Rahmen des Verfahrens mit dem Az.: S 16 RA 780/03 versicherte der Ast. gegenüber dem Sozialgericht, es gebe keine Handelsvertreterverträge. Dagegen weist Herr G. in den jährlichen Zusagen für Zusatzvergütungen immer in gleicher Weise auf den bestehenden Handelsvertretervertrag hin. Zudem mag der Senat kaum glauben, dass unbestreitbar seriöse Institutionen wie die L. und die Sparkassen keine schriftlichen Handelsvertreterverträge abschließen. Dieser offenkundige Widerspruch zwischen der Einlassung des Ast. und den Äußerungen des Herrn G. lässt befürchten, dass die Informationen des Ast. in gewisser Weise "gefiltert" sind.
Der Senat war nicht gehalten, im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes entsprechende Ermittlungen bei Herrn G., der L. oder den betroffenen Sparkassen anzustellen. Das gilt umso mehr, als auch aus dem Blickwinkel des Ast. die überragende Bedeutung eines Handelsvertretervertrags mit Herrn G., der L. oder einer Sparkasse auf der Hand liegt. Zwar ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes der Amtsermittlungsgrundsatz nicht aufgehoben; er wird jedoch durch erhöhte Mitwirkungsobliegenheiten eines Antragstellers, nämlich die Obliegenheit zur Glaubhaftmachung der anspruchsbegründenden Umstände, überlagert. Zudem führt der summarische Charakter der Entscheidungsfindung dazu, dass die Amtsermittlung unter Umständen reduziert werden kann.
Eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte im Sinn von § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG besteht nicht, zumal eine Vollstreckung seitens der Ag. nicht unmittelbar bevorsteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG und berücksichtigt den negativen Ausgang des Antragsverfahrens. Für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bedarf es einer eigenen Kostenregelung; sie wird nicht von der Kostenentscheidung in der Hauptsache umfasst (vgl. Keller, a.a.O., § 86 b RdNr. 55).
Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar (§ 177 SGG).
R 1049/07 wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten für das Antragsverfahren sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der vorliegende Streit betrifft die Frage, ob der Kläger und Antragsteller (Ast.) seit 01.04.2000 als Selbstständiger der Rentenversicherungspflicht unterliegt.
Der Ast. arbeitet als Vermittler von Finanzanlagen, hauptsächlich im Bausparbereich. Alle Beteiligten gehen davon aus, er sei selbstständig tätig. Mit Bescheid vom 06.06.2006 stellte die Beklagte und Antragsgegnerin (Ag.) fest, der Ast. unterliege seit April 2000 der Rentenversicherungspflicht als ("arbeitnehmerähnlicher") Selbstständiger (§ 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VI). Denn er sei auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig. Zudem ordnete die Beklagte die Nachzahlung von Beiträgen in Höhe von 34.341,54 EUR an. Damit ist der Ast. nicht einverstanden. Sein Widerspruch blieb jedoch ebenso ohne Erfolg wie seine Klage zum Sozialgericht München.
Gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 13.11.2008 hat der Ast. Berufung eingelegt (Az.: L 13 R 63/09) und zugleich beantragt, die aufschiebende Wirkung dieses Rechtsmittels anzuordnen.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Berufung ist zulässig. Die Berufung hat nach § 154 Abs. 1 in Verbindung mit § 86 a Abs. 2 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) keine aufschiebende Wirkung; somit bedarf es einer gerichtlichen Entscheidung, um diese zu bewirken. Es besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis. Zwar hat die Mitarbeiterin der Ag., Frau F., gegenüber dem Berichterstatter am 04.03.2009 telefonisch versichert, die Beitragsforderung würde während eines laufenden gerichtlichen Verfahrens nicht vollstreckt. Jedoch vermag eine solche Erklärung keine Bindungswirkung gegenüber dem Ast. zu erzeugen.
Der Antrag ist aber nicht begründet.
Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage - ebenso die Berufung - keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Grundsätzlich ist die Frage, ob die aufschiebende Wirkung anzuordnen ist, im Rahmen einer umfassenden und einzelfallbezogenen Interessenabwägung zu beantworten. Dabei spielen die Erfolgsaussichten in der Hauptsache eine ganz wesentliche Rolle. Für den hier vorliegenden Fall, dass die aufschiebende Wirkung nach § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfällt, enthält das Gesetz einen speziellen materiell-rechtlichen Prüfungsmaßstab: § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG schreibt - allerdings unmittelbar nur für das behördliche Aussetzungsverfahren - vor, in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Diese Vorgabe ist indes auch für das gerichtliche Verfahren nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG maßgebend.
Ernstliche Zweifel im Sinn von § 86 a Abs. 2 Satz 3 SGG bestehen dann, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (Keller in: Meyer-Ladewig/ ders./Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage 2008, § 86 b RdNr. 27a). In diesem Zusammenhang kann sich das Gericht grundsätzlich auf eine lediglich summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache beschränken. Vor diesem Hintergrund bestehen nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand an der Richtigkeit des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts vom 13.11.2008 keine ernstlichen Zweifel.
Verschiedene Anzeichen deuten darauf hin, dass der Ast. im Wesentlichen und auf Dauer tatsächlich nur für einen Auftraggeber im rechtlichen Sinn tätig wird. Den vom Ast. für insgesamt neun Jahre vorgelegten Einkommensnachweisen lässt sich entnehmen, dass häufig ein Herr G. auch bei Geschäftsbeziehungen mitgewirkt hat, von denen der Ast. behauptet, sie seien mit anderen Auftraggebern unterhalten worden. Herr G. erscheint in den Unterlagen bei manchen Belegen als Vertriebsdirektor für die L., andere Male dagegen wieder als Einzelunternehmer. Es spricht sehr viel dafür, dass es sich bei Herrn G. um eine "Zentralfigur" handelt, die möglicherweise häufiger der unmittelbare Geschäftspartner des Ast. war und ist, als es dieser dargestellt hat. Die einzelnen Geschäftspartner weisen auf jeden Fall weitaus mehr Zusammenhänge miteinander auf, als es der Ast. bislang eingeräumt hat. In diese Richtung deutet auch, dass der Ast. Rechnungen für so genannte eigenständige Geschäftspartner mitunter mit dem Briefkopf der L. ausgestellt hat. Vor diesem Hintergrund muss der Senat nach gegenwärtigem Erkenntnisstand davon ausgehen, dass erhebliche "Verquickungen" vorhanden sind.
Hauptsächlich wirkt sich zu Lasten des Ast. jedoch aus, dass er anscheinend bislang sehr wichtige Unterlagen vorenthalten hat. Im Rahmen des Verfahrens mit dem Az.: S 16 RA 780/03 versicherte der Ast. gegenüber dem Sozialgericht, es gebe keine Handelsvertreterverträge. Dagegen weist Herr G. in den jährlichen Zusagen für Zusatzvergütungen immer in gleicher Weise auf den bestehenden Handelsvertretervertrag hin. Zudem mag der Senat kaum glauben, dass unbestreitbar seriöse Institutionen wie die L. und die Sparkassen keine schriftlichen Handelsvertreterverträge abschließen. Dieser offenkundige Widerspruch zwischen der Einlassung des Ast. und den Äußerungen des Herrn G. lässt befürchten, dass die Informationen des Ast. in gewisser Weise "gefiltert" sind.
Der Senat war nicht gehalten, im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes entsprechende Ermittlungen bei Herrn G., der L. oder den betroffenen Sparkassen anzustellen. Das gilt umso mehr, als auch aus dem Blickwinkel des Ast. die überragende Bedeutung eines Handelsvertretervertrags mit Herrn G., der L. oder einer Sparkasse auf der Hand liegt. Zwar ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes der Amtsermittlungsgrundsatz nicht aufgehoben; er wird jedoch durch erhöhte Mitwirkungsobliegenheiten eines Antragstellers, nämlich die Obliegenheit zur Glaubhaftmachung der anspruchsbegründenden Umstände, überlagert. Zudem führt der summarische Charakter der Entscheidungsfindung dazu, dass die Amtsermittlung unter Umständen reduziert werden kann.
Eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte im Sinn von § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG besteht nicht, zumal eine Vollstreckung seitens der Ag. nicht unmittelbar bevorsteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG und berücksichtigt den negativen Ausgang des Antragsverfahrens. Für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bedarf es einer eigenen Kostenregelung; sie wird nicht von der Kostenentscheidung in der Hauptsache umfasst (vgl. Keller, a.a.O., § 86 b RdNr. 55).
Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar (§ 177 SGG).
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