L 2 B 68/05 AS ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 22 AS 615/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 B 68/05 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Tenor des Beschlusses ist mit dem
angehefteten Berichtigungsbeschluss vom
16. Januar 2006 berichtigt worden.
Halle, den 17. Januar 2006 gez. Mahnert , Justizfachangestellte

Der Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 20. Oktober 2005 wird abgeändert. Der Beschwerdeführer wird im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, die Kosten für Liefe-rung und Montage eines Warmwasserspeichers zu ein Drittel bei Vorlage der Rechnung oder einer Vorkasseaufforderung im We-ge eines Darlehens vorläufig bis zu einer endgültigen Entschei-dung zu übernehmen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurück-gewiesen. Der Beschwerdegegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin zu einem Drittel.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme der Kosten für die Reparatur der Heizung in ihrem Wohnhaus.

Die am 1972 geborene Antragstellerin ist seit Jahren arbeitslos und be-zieht seit dem 1. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – SGB II. Sie erhielt vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 Leistungen in Höhe von 505,20 EUR monatlich und bekommt ab 1. Juli 2005 monatlich 464,94 EUR von dem Antragsgegner. Die Antragstelle-rin ist Eigentümerin eines Grundstückes in B. , F. straße 2, welches ihr ihre Eltern R. und C. L. mit notariellem Grundstückskaufvertrag vom 28. Dezember 2002 (Urk.-Nr. 866/2002) zu einem Kaufpreis von 33.956,91 EUR übertrugen. Zur Kaufpreiszahlung vereinbarten die Antragstellerin und ihre Eltern unter § 5 des Vertrages, dass die Antragstellerin anstelle ihrer Eltern eine Darlehensschuld gegenüber der CTB Bank von E. GmbH & Co übernehme. Das Darlehen valutierte zum Zeit-punkt der Übertragung auf 33.956,91 EUR und ist durch eine Grundschuld im Grundbuch gesichert. Die Antragstellerin räumte ihren Eltern unentgeltlich ein Wohnrecht auf Le-benszeit an der im Erd- und Obergeschoss des Haupthauses belegenen Wohnung, beste-hend aus vier Zimmer, Küche und Bad ein (§ 8 des Vertrages). Sie verpflichtete sich weiterhin zur Rückauflassung an ihre Eltern, sofern sie beabsichtige, das Grundstück zu veräußern (§ 9 des Vertrages); zugunsten der Eltern wurde eine Rückauflassungsvor-merkung ins Grundbuch eingetragen. Die Gesamtwohnfläche des Hauses beträgt 216 m². Davon bewohnt die Antragstellerin die Einliegerwohnung mit drei Zimmer, Küche und Bad (58, 49 m²).

Die Antragstellerin beantragte beim Antragsgegner am 19. September 2005 ein zinslo-ses Darlehen wegen der Reparatur der Heizungsanlage. Sie legte einen Kostenvoran-schlag der Firma W & P GmbH H. und B. aus H. vor. Danach fiel für die Lieferung und Montage eines Warmwasserspeichers ein Betrag von 605,98 EUR an. In einem ergänzenden Schreiben vom 9. September 2005 empfahl die Firma der Be-schwerdegegnerin die gesamte Sanierung der Heizungsanlage mit der Begründung, die Heizungsanlage weise Schäden auf, die nur mit hohem finanziellem Aufwand repariert werden könnten. Selbst nach Reparatur der Heizung könnten weitere Defekte und Stö-rungen in kurzen Zeitabständen nicht ausgeschlossen werden. Der Reparaturaufwand, der noch in nächster Zeit auf die Antragstellerin zukommen könne, sei vergleichbar mit einer Erneuerung der Heizungsanlage.

Mit Bescheid vom 11. Oktober 2005 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf ein Dar-lehen ab. Er führte aus, die Reparatur der Heizung sei kein Bestandteil der Regelleis-tung. Dies werde bereits in den Instandhaltungskosten bei der Rentabilitätsberechnung der Hauslasten berücksichtigt und zwar als Bewirtschaftungskosten in Höhe von 10% des Jahreswertes von 5,00 EUR je Quadratmeter Wohnfläche. Der Antragstellerin und ihrer Mutter seien von Januar bis Oktober 2005 Instandhaltungskosten sowie weitere sonstige Bewirtschaftungskosten (10% von den Instandhaltungskosten) in Höhe von 753,50 EUR gezahlt worden. Dieser Betrag sei anzusparen gewesen, um sie für einen Notfall einset-zen zu können.

Die Antragstellerin hat am 12. Oktober 2005 den Erlass einer einstweiligen Regelung beim Sozialgericht Magdeburg beantragt und zur Begründung ausgeführt, die Gesund-heit ihrer Familie sei nicht mehr gewährleistet.

Das Sozialgericht Magdeburg hat mit Beschluss vom 20. Oktober 2005 den Antrags-gegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, der Antragstellerin ins-gesamt 605,98 EUR und hiervon 144,09 EUR darlehensweise zu zahlen. Im Übrigen hat es den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht Folgendes ausgeführt: Die notwendige Heizungsreparatur stelle eine Erhaltungsaufwendung dar, die die An-tragstellerin als Eigentümerin allein zu tragen habe. Die an die Eltern gezahlten Pau-schalbeträge könnten nicht berücksichtigt werden, da die Eltern als Berechtigte des un-entgeltlichen Wohnrechts nicht zur Reparatur der Heizungsanlage herangezogen werden könnten. Die Antragstellerin habe keine Rücklagen bilden können, da ihr Bedarf hin-sichtlich der übrigen Kosten der Unterkunft und Heizung nicht ausreichend gedeckt worden sei. Die Berechnung der Kosten für Unterkunft und Heizung durch den An-tragsgegner sei fehlerhaft gewesen. So habe der Antragsgegner die Heizkosten auf einen Betrag von 0,80 EUR/m² reduziert, obwohl die Kosten der Antragstellerin höher seien. Der Antragsgegner lege dabei – nach seinem Vortrag in anderen Verfahren der Kammer – für die Bestimmung der Angemessenheit von Heizkosten die Regelung der Wohngeld-verordnung aus dem Jahre 1988 zu Grunde. Seit 1988 gebe es jedoch erhebliche Preis-steigerungen bei den Kosten für Erdgas bzw. Heizöl. Ausgehend von 225,00 EUR monat-lich bei zwölf Abschlagszahlungen Erdgas entfielen auf die Antragstellerin bei einem Anteil von 1/3 75,00 EUR monatlich. Abzüglich eines Anteils von 18 % für Warmwasser müssten bei ihr 61,50 EUR berücksichtigt werden. Dieser Betrag hätte ihr seit dem 1. Janu-ar 2005 zugestanden. Insoweit sei für die Monate Januar bis September 2005 eine De-ckungslücke in Höhe von 121,59 EUR aufgetreten. Hinsichtlich dieses Betrages könne der Antragstellerin nicht vorgeworfen werden, dass sie zur Deckung des offenen Betrages auf die gezahlten Pauschalbeträge für Erhaltungsaufwendungen zurückgreifen müsse. Aus den bis September 2005 gezahlten Pauschalbeträgen hätte die Antragstellerin wei-terhin lediglich eine Summe von 144,09 EUR für Reparaturleistungen zurücklegen müssen. Hinsichtlich dieses Betrages müsse sie sich vorhalten lassen, dass sie ihn nicht zweck-entsprechend zurückgelegt habe. Es würde aber gegen das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit verstoßen werden, wenn die Heizung nicht repariert werden könnte. In diesem Spannungsfeld zwischen bereits gezahlten Leistungen und dem akuten Bedarf könne nur eine darlehensweise Gewährung des Differenzbetrages zu sachgerechten Er-gebnissen führen.

Gegen den ihr am 20. Oktober 2005 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 25. Oktober 2005 Beschwerde eingelegt. Das Sozialgericht Magdeburg hat der Be-schwerde mit Beschluss vom 26. Oktober 2005 nicht abgeholfen und sie dem Landesso-zialgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Der Antragsgegner und Beschwerdeführer hat zur Begründung ausgeführt, gemäß der eingereichten Jahresabrechnung seien jährlich elf Abschlagszahlungen von je 225,00 EUR, also insgesamt 2.475,00 EUR fällig. Das ergebe eine monatliche Kostenlast von 206,25 EUR. Der Anteil der Antragstellerin betrage daran 58/216 (Umlage entsprechend der Wohn-fläche, nicht nach Personen), also 55,38 EUR. Nach Bereinigung um die Kosten der Warmwasseraufbereitung von 18 % würden Heizungskosten in Höhe von 45,41 EUR verbleiben. Bei den Kosten der Unterkunft und Heizung habe die Antragstellerin somit Anspruch auf 166,48 EUR monatlich. Sie habe aber als Kosten der Unterkunft und Heizung monatlich 174,20 EUR (vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2005) sowie monatlich 168,53 EUR ab 1. Juli 2005 bewilligt und ausgezahlt bekommen. Die Höhe der bewilligten Leistungen liege demnach sogar über dem tatsächlichen Bedarf. Es bestehe somit keine Deckungslücke. Die Antragstellerin habe deshalb auch Rücklagen bilden können. Wei-terhin seien die Kosten für die Heizungsreparatur nicht allein von der Antragstellerin zu tragen. Sie könne dafür auch ihre Eltern in Anspruch nehmen. Als Bedarf der Kosten für die Reparatur der Heizung sei dafür bei der Antragstellerin lediglich ein Anteil von 58/216 zu berücksichtigen (Berücksichtigung nach m², wie auch die pauschale Gewäh-rung von Instandhaltungs- und Bewirtschaftungskosten), also 162,72 EUR. Dafür seien in der Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 1. Oktober 2005 bereits Leistungen in Höhe von 295,20 EUR gewährt worden.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 20. Oktober 2005 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte des Antragsgegners verwiesen. Die Akten haben vorgelegen und sind vom Senat bei seiner Entscheidung berücksichtigt worden.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und form- und fristgerecht beim Sozialgericht Magdeburg eingelegt worden (§§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG). Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt zur Entscheidung vorgelegt (§ 174 SGG).

Die Beschwerde ist teilweise begründet. Der Antragstellerin ist im Wege eines Darle-hens vorläufig Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von einem Drittel der Reparaturkos-ten bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu gewähren.

Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige An-ordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streiti-ges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteilenötig erscheint. Ein solcher Antrag ist nach § 86b Abs. 3 SGG auch vor Kla-geerhebung in der Hauptsache zulässig. Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Er-lass einer einstweiligen Anordnung liegen hier vor.

Der Antragstellerin drohen ohne die vorläufige Regelung wesentliche Nachteile. Die besondere Eilbedürftigkeit, die den Anordnungsgrund kennzeichnet, liegt vor, wenn der Antragstellerin unter Berücksichtigung auch der widerstreitenden öffentlichen Belange ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten ist. Hier besteht bei einem unrechtmäßigen Vorenthalten von Leistungen die akute Gefahr, dass die An-tragstellerin in gesundheitliche Not gerät. Sie selbst verfügt über keine weiteren finan-ziellen Mittel, um die Heizung reparieren zu können.

Die Antragstellerin hat auch den erforderlichen Anordnungsanspruch glaubhaft ge-macht. Die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß § 34 Abs. 1 des Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – SGB XII sind gegeben.

Der Senat geht nach der Prüfung der Sach- und Rechtslage davon aus, dass die Voraus-setzungen für einen Anspruch der Antragstellerin auf Übernahme der Reparaturkosten für die Heizung gegen den Antragsgegner nach dem SGB II nicht besteht.

Die Übernahme von unterkunftsbezogenen Aufwendungen kommt im Rahmen des SGB II nur nach § 22 Abs. 1 in Betracht. Danach werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Erfasst werden sowohl die laufenden, als auch einma-lige Aufwendungen, die dem Hilfeempfänger für eine Unterkunft entstehen. Dabei hat sich die Prüfung, welche konkreten Aufwendungen von dieser Norm erfasst sind, an der (bisherigen) sozialhilferechtlichen Praxis zu orientieren. Sachlich knüpft § 22 SGB II nämlich an das Sozialhilferecht an. Die amtliche Begründung zu § 22 Abs. 1 SGB II verdeutlicht die Ausrichtung am "Maßstab der Sozialhilfepraxis": Die Kosten für Un-terkunft und Heizung sollen "wie in der Sozialhilfe ... " berücksichtigt werden; "die hierbei zu beachtenden Voraussetzungen entsprechen den sozialhilferechtlichen Rege-lungen" (BT-Drucks. 15/1516).

Die Pflichtleistung nach § 12 des Bundessozialhilfegesetzes - BSHG umfasste die not-wendigen Schönheitsreparaturen, die nach dem Mietvertrag dem Mieter obliegen, die Aufwendungen für wohnungsbezogene Kleinreparaturen, Einzugs- oder Auszugsreno-vierungen (dazu umfassend Hammel ZfSH/SGb 2002, 263 ff m.w.N.). Für die einmali-ge Leistung zur Deckung eines Bedarfs, der außer der Reihe durch Reparaturarbeiten entstand, kam die nachrangige Regelung des § 15a BSHG in Betracht. Danach konnte Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt war.

Im Lichte dieser Abwägung erscheint es geboten, bei den Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 1 SGB II zwischen Reparaturkosten mit Instandsetzungsaufwand und (periodisch anfallenden) Instandhaltungskosten zu differenzieren. Die Reparatur einer Heizungsan-lage übersteigt den fortlaufend fällig werdenden Instandhaltungsaufwand. Über die Re-paratur würde nicht nur dem Eintritt einer (faktischen) Wohnungslosigkeit – bedingt durch eine sich ansonsten einstellende Unbewohnbarkeit – durchgreifend entgegenge-wirkt werden. Das von der Antragstellerin bewohnte Haus erführe durch die Erneuerung der Heizungsanlage und den Austausch des Warmwasserspeichers auch eine Aufwer-tung, die über notwendige Kleinreparaturen und Wartungsarbeiten hinausgeht. Sie ist deshalb nicht mehr eine Aufwendung, die den periodischen Schönheitsreparaturen gleich steht. Die Kosten dafür sind nicht nach § 22 Abs. 1 SGB II von der Antragsgeg-nerin zu tragen.

Die §§ 22 Abs. 5 und 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II verpflichten die Agentur für Arbeit zur Erbringung des Bedarfs auch durch Gewährung eines Darlehens. So können nach § 22 Abs. 5 SGB II unter näher bezeichneten Voraussetzungen "Mietschulden" als Darlehen übernommen werden. Die Norm bezieht sich aber ausdrücklich auf "Mietschulden". Die mit der Reparatur der Heizung verbundenen Kosten sind keine aus einem Mietverhältnis heraus entstandenen Schulden, etwa des Mietzinses. Ein erweiterndes oder entsprechen-des Heranziehen des § 22 Abs. 5 SGB II für Kosten, die nicht Mietschulden sind, aber im Zusammenhang mit dem Grundbedarf "Unterkunft" stehen, ist ausgeschlossen. Die amtliche Begründung zu § 22 Abs. 5 SGB II (BT-Drucks. 15/1749) verdeutlicht einen entgegenstehenden Willen des Gesetzgebers. Danach nämlich ist beabsichtigt gewesen, mit Änderung des § 22 Abs. 5 SGB II die Übernahme von Mietschulden an die entspre-chende Regelung des § 35 Abs. 1 Satz 2 des Entwurfs eines Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch anzugleichen (jetzt: § 34 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – SGB XII). Somit ist ausdrücklich vorgesehen, dass Leis-tungen nach § 34 SGB XII neben solchen des SGB II an erwerbsfähige Hilfebedürftige gewährt werden können. Sowohl die übereinstimmende und ausführliche Regelung in § 22 Abs. 5 und § 5 Abs. 2 Satz 2 SGB II wie auch die im Verhältnis zu § 34 SGB XII unterschiedlichen Voraussetzungen (Abhängigkeit von einer konkret in Aussicht ste-henden Beschäftigung) und die weniger weit reichende Rechtsfolge (Beschränkung auf Darlehen) zeigen, dass es sich insoweit nicht um ein Redaktionsversehen im Gesetzge-bungsverfahren handelt. Die nach § 22 Abs. 5 SGB II beschränkte Möglichkeit be-zweckt nur die Sicherung der gegenwärtig genutzten Unterkunft zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit.

Die Auffangvorschrift des § 23 Abs. 1 SGB II zur Deckung besonderer Bedarfe schei-det ebenfalls aus. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Gewährung eines Darle-hens bei einem unabweisbaren Bedarf nach § 23 Abs. 1 SGB II liegen nicht vor. Danach kann im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts bei entsprechendem Nach-weis durch Darlehensleistungen gedeckt werden. Allerdings muss es sich um einen von der Regelleistung umfassten Bedarf handeln. Die Regelleistung umfasst nach § 20 Abs. 1 SGB II (mehr oder minder) den gesamten Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts und damit insbesondere für Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. Nicht umfasst sind die Leistungen in Bezug auf die Unterkunft. Die Leistungen für Unterkunft und Heizung werden zusätzlich zu den Regelleistungen nach § 22 SGB II gewährt und sind durch diese nicht abgegolten. We-gen dieser Differenzierung scheidet für nicht von der Regelleistung umfasste Bedarfe eine abweichende Erbringung von Leistungen nach § 23 Abs. 1 SGB II aus.

Anspruchsgrundlage ist auch nicht § 23 Abs. 3 SGB II. Diese Norm regelt zwar die ge-sonderte Leistung für einmalige Bedarfe, die nicht von der Regelleistung umfasst sind. Einmalige Leistungen in Bezug auf die Unterkunft werden aber nicht von der als ab-schließend gedachten Aufzählung einmaliger Bedarfe (z. B. Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräte) erfasst.

Für die Übernahme von Reparaturkosten kommt als Anspruchsgrundlage und damit Anordnungsanspruch § 34 SGB XII in Betracht. Der Antragsgegner ist auch An-spruchsverpflichteter für ein auf § 34 SGB XII gestütztes Begehren. Der Antragsgegner vertritt in diesem Verfahren nicht nur seine Verpflichtungen aus dem SGB II als Leis-tungsträger nach § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 1 der Kommunalträger-Zulassungsverordung - KomtrZV. Der Landkreis Wernigerode ist nach § 3 Abs. 2 SGB XII auch Träger der Sozialhilfe.

Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB XII können Schulden übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerecht-fertigt ist. Zwar können nach dem Gesetz nur "Schulden" übernommen werden. Diese Norm überträgt aber nach der amtlichen Begründung inhaltsgleich den bisherigen § 15a BSHG (BT-Drucks. 15/1514). Die Änderung in § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB XII dient der Verständlichkeit; eine inhaltliche Änderung soll nach den Motiven des Gesetzgebers dadurch nicht eintreten. Mit der Regelung soll dem Umstand Rechnung getragen wer-den, dass in bestimmten Fällen die üblichen Leistungen zum Lebensunterhalt nicht aus-reichen, um dringende Bedarfslagen zu beseitigen. Dies bedeutet nicht, dass die Schul-den bereits gemacht wurden bzw. Schulden entstanden sind. In Hinblick auf den Sinn und den Zweck der Regelung sollte die Auslegung nicht zu eng erfolgen.

Einer einstweiligen Anordnung steht nicht entgegen, dass es sich bei den Geldleistun-gen nach § 34 Abs. 1 SGB XII um eine Leistung handelt, bei der der Beschwerdeführer ein Ermessen ausüben kann. Geldleistungen können als Beihilfe oder als Darlehen er-bracht werden (§ 34 Abs. 1 Satz 3 SGB XII); Schulden sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht (§ 34 Abs. 1 Satz 2 SGB XII). Bei dem Vorliegen dieses Falles ist die Hilfeleis-tung indiziert, das heißt sie kann nur in Ausnahmefällen abgelehnt werden. Die mögli-che Verwaltungsentscheidung hat sich hier auf eine Leistungsgewährung verdichtet. Eine Verurteilung allein zu einer ermessensfehlerfreien Entscheidung würde die Rechts-schutzgewährung verzögern und daher zu Rechtsschutzdefiziten führen, die bei einer wahrscheinlich positiven Entscheidung nicht hinnehmbar sind.

Möglicherweise hätte der Sozialhilfeträger in die Abwägung einfließen lassen können, dass zunächst nachgewiesen wird, dass eine anderweitige Anschaffung der Mittel auf dem freien Kapitalmarkt unter Einsatz des Hausgrundstückes als dinglicher Sicherung nicht möglich ist (vgl. OVG Nordrhein Westfalen, Beschluss vom 3. Oktober 1979 – VIII A 163/87, Juris; Hess. VHG Urteil vom 19. Oktober 1993 – 9 UE 1430/90, FEVS 45, 29 – 32). Er hätte auch die Angemessenheit der Teilreparatur mit den Kosten einer Gesamtsanierung abwägen können. Der Prüfungsumfang des Antragsgegners hat sich hier jedoch maßgeblich reduziert, als der Antrag nicht an das zuständige Amt (Jugend- und Sozialamt des Antragsgegners) weitergeleitet wurde bzw. kein Hinweis auf die Notwendigkeit der Antragstellung beim Sozialamt erfolgte. Im Hinblick auf das Gebot der engen Zusammenarbeit der Leistungsträger nach §§ 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II, 4 Abs. 1 SGB XII und 86 SGB X wäre dies nach Auffassung des Senats angezeigt gewesen. Dieses Gebot zur Zusammenarbeit gilt um so mehr, als der Antragsgegner sowohl Leis-tungsträger nach dem SGB II als auch nach dem SGB XII ist. Zum bestimmungsgemä-ßen Gebrauch einer Wohnung bzw. eines Hauses ist die Beheizung der Raumluft und auch die Beheizung des Wassers für den Gebrauch in Bad und Küche erforderlich. Ohne Heizung kann eine Unterkunft nach den in Deutschland üblichen sozialen Standards nicht bestimmungsgemäß benutzt werden. Diese Versorgung rechnet zum unabdingba-ren Grundbedarf, der mit der Benutzung einer Wohnung untrennbar verbunden ist. So-mit ist eine positive Entscheidung des Sozialhilfeträgers wahrscheinlich. Eine Prüfung durch ein Bank- bzw. Kreditinstitut, ob eine Kreditvergabe möglich ist, würde nach der Lebenserfahrung bis in den Dezember dauern. Im Übrigen stünde einer Kreditvergabe entgegen, dass das Grundstück bereits mit einer Grundsicherung belastet und ein dingli-ches Wohnrecht sowie eine Rückauflassungsvormerkung zugunsten der Eltern eingetra-gen ist.

Die Verpflichtung der Antragstellerin, die Reparaturkosten zu tragen, ist aber auf ein Drittel beschränkt. Die Regelungen des dinglichen Wohnrechts verweisen nämlich zur Frage, wen die Verpflichtung zur Erhaltung der Sache trifft, auf die Regelungen über den Nießbrauch (§§ 1039, 1041 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB). Danach oblie-gen dem Berechtigten des Wohnrechts auch Ausbesserungen und Erneuerungen, soweit sie zur gewöhnlichen Unterhaltung der Sache gehören. Ihm stehen auch die gewöhnli-chen Nutzungen zu. Der dinglich Berechtigte hat nach diesen Gesichtspunkten die im Rahmen der Bewirtschaftung regelmäßig anfallenden Kosten zu tragen. Unabhängig davon haben die Eltern der Antragstellerin eine eigentümerähnliche Stellung inne. Sie haben das Haus selbst erbaut und tragen trotz der Übertragung an die Antragstellerin die Darlehensraten. Sie bewohnen etwa 3/4 der Gesamtwohnfläche des Hauses; die Antrag-stellerin nutzt lediglich die kleine Einliegerwohnung. Aufgrund der Rückauflassungs-vormerkung zugunsten der Eltern ist es der Antragstellerin nicht möglich, über das Grundstück frei zu verfügen, es möglicherweise an andere Interessenten zu veräußern.

Der Antragsgegner hat der Antragstellerin daher ein Drittel der Reparaturkosten zu-nächst als Darlehen zu gewähren. Es liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen, ob eine nicht rückzahlbare Beihilfe oder ein Darlehen vergeben wird. Dies bleibt der endgülti-gen Entscheidung vorbehalten.

In diesem Verfahren war auch nicht darüber zu entscheiden, ob die Eltern und konkret die Mutter als SGB II - Leistungsbezieherin einen eigenen Anspruch gegen den An-tragsgegner hat. Ihr bleibt vorbehalten, einen eigenen Antrag zu stellen, sofern sie nicht aus eigenen Mitteln die Kosten der Reparatur aufbringen kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Der Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar. Auf § 178a SGG wird hingewiesen.

gez. Lauterbach gez. Wulff gez. Bombeck

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt
L 2 B 68/05 AS ER
S 22 AS 615/05 ER (Sozialgericht Magdeburg)
Aktenzeichen

Beschluss
In dem Beschwerdeverfahren

- Antragstellerin und Beschwerdegegnerin -

Prozessbevollmächtigter:

gegen

- Antragsgegner und Beschwerdeführer -

Der 2. Senat des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt in Halle hat am 16. Januar 2006 durch den Vorsitzender Richter am Landessozialgericht Lauterbach beschlossen:

Der Tenor des Beschlusses des Landessozialgerichts vom 16. November 2005 wird be-richtigt:

Die Kostenentscheidung lautet: "Der Beschwerdeführer trägt die außergerichtlichen Kos-ten der Beschwerdegegnerin zu einem Drittel."

Gründe: I.

Der Berichtigungsbeschluss ergeht nach §§ 138, 142 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Es liegt eine offensichtliche Unrichtigkeit vor, weil die Beteiligten mit der Bezeich-nung im Kostenausspruch "verwechselt" worden sind. Die Offensichtlichkeit ergibt sich aus dem vorangehenden Ausspruch zur Sache.

gez. Lauterbach
Rechtskraft
Aus
Saved