L 11 SO 20/09 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
11
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 10 SO 123/08 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 SO 20/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Der Beschwerdewert des § 144 Abs 1 S 1 SGG ist abhängig von der Antragstellung im Beschwerdeverfahren und kann daher geringer als der Wert der vom Beschluss ausgehenden Beschwer sein.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts
Bayreuth vom 21.01.2009 wird verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem
Bayer. Landessozialgericht wird abgelehnt.

Gründe:

I.
Die Antragstellerin (ASt) begehrt von der Antragsgegnerin (Ag) die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) ab dem 23.12.2008 ohne Einbehalt einer Überzahlung.
Die 1947 geborene ASt erhält seit vielen Jahren Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII von der Ag.
Aufgrund eines Beschlusses des Amtsgerichts G. vom 12.07.2007 (Az: 62 F 306/01 VA) wurden Rentenanwartschaften vom Ehemann der ASt auf diese übertragen. Mit Bescheid vom 14.12.2007 berechnete die Deutsche Rentenversicherung Bund die Erwerbsunfähigkeitsrente der ASt ab 01.10.2007 neu. Neben geänderten laufenden Leistungen ergab sich für die Zeit vom 01.10.2007 bis 31.01.2008 eine Nachzahlung in Höhe von 546,20 EUR. Dieser Betrag wurde an die ASt ausbezahlt, die Ag hatte einen Erstattungsanspruch nicht angemeldet.
Mit Bescheid vom 03.01.2008 teilte die Ag der ASt mit, dass die Grundsicherungsleistungen der ASt ab 01.10.2007 wegen geänderter Rente neu festgesetzt würden. Die Überzahlung von 546,20 EUR würde ab Februar 2008 in 18 monatlichen Raten à 30,00 EUR und einer letzten Rate im August 2009 à 6,20 EUR einbehalten. Im hiergegen geführten Widerspruchsverfahren hob die Ag mit Bescheid vom 22.10.2008 den Bescheid vom 28.06.2007 gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X mit Wirkung vom 01.10.2007 auf. Die Überzahlung von 546,20 EUR für die Monate Oktober 2007 bis Januar 2008 werde ab Februar 2008 in 18 monatlichen Raten zu je 30,00 EUR und einer letzten Rate im August 2009 zu 6,20 EUR einbehalten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.11.2008 wies die Regierung von Oberfranken den Widerspruch der ASt zurück. Das hiergegen erhobene Klageverfahren vor dem Sozialgericht Bayreuth (SG) - Az: S 10 SO 118/08 - ist derzeit noch anhängig.
Den am 23.12.2008 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf ungekürzte Auszahlung der Leistungen zur Grundsicherung an die ASt ab 01.02.2008 lehnte das SG mit Beschluss vom 21.01.2009 ab. Der Antrag sei hinsichtlich einer Rückabwicklung der seit Februar 2008 einbehaltenen Rückzahlungsraten unbegründet, denn für zurückliegende Zeiträume könne durch eine Eilentscheidung der tatsächliche Zustand ohne (unzulässige) Vorwegnahme der Hauptsachenentscheidung nicht mehr verändert werden. Der ASt könne für die Vergangenheit kein tatsächlicher Nachteil mehr entstehen, der ohne eine Eilentscheidung nicht wieder gutzumachen wäre. Auch für die Zeit ab dem Erlass der gerichtlichen Entscheidung bis zum Zeitpunkt der Schlusszahlung im August 2009 sei eine Eilbedürftigkeit nicht erkennbar. Der ASt verbliebe im Monat Januar 2009 insgesamt ein Betrag in Höhe von 1.458,88 EUR, aus dem sie ihren laufenden Lebensunterhalt, Medikamente und sonstige Ausgaben bestreiten könne.
Gegen diesen Beschluss hat die ASt am 30.01.2009 insoweit Beschwerde eingelegt, als der ASt ab dem 23.12.2008 die gesetzmäßigen Grundsicherungsleistungen ohne Einbehalt einer Überzahlung auszuzahlen seien. Die Entscheidung des SG werde insoweit nicht angefochten, als eine "Rückabwicklung" seit Februar 2008 abgelehnt worden wäre. Für die Zeit nach Stellung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim SG sei jedoch sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch gegeben. Die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit liege vor, weil der ASt neben der sehr niedrigen Rente lediglich Regelleistungen zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts zur Verfügung stünden. Aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigung der ASt sei diese auf das Tragen von speziellen Schuhen und Gelenksschonern angewiesen. Ein Anordnungsanspruch sei gegeben, weil die Ag das ihr eingeräumte Ermessen nicht richtig ausgeübt habe, zudem sei die Rentennachzahlung als Vermögen und nicht als Einkommen zu berücksichtigen, die finanzielle Situation der ASt wäre zu beachten gewesen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Akten der Ag sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.
Die Beschwerde ist als nicht statthaft zu verwerfen.
Nach § 172 Abs 3 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - (i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 BGBl I S 444 ff mWz 01.04.2008) ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre.
Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG). Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG).
Soweit diese Grenze bzw. zeitliche Grenze nicht überschritten wird, bedarf die Berufung der Zulassung, die u.a. erfolgen kann, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 144 Abs 2 SGG). Nach dem Wortlaut des § 172 Abs 3 SGG soll eine Beschwerde im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes jedoch nur dann zulässig sein, wenn in der Hauptsache die Berufung zulässig ist, und nicht bereits dann, wenn sie zugelassen werden kann. Darüber hinaus ist eine Zulassung der Beschwerde durch das SG in der Regelung des § 172 SGG nicht vorgesehen, so dass für die Frage der Statthaftigkeit der Beschwerde allein auf den Wert des Beschwerdegegenstandes und - ggf. - auf den umstrittenen Zeitraum abzustellen ist. Dieser ist danach zu bestimmen, was das SG dem Rechtsmittelkläger versagt hat und was von diesem mit seinem Beschwerdebegehren weiterverfolgt wird (Leitherer in Meyer-Ladewig /Keller/Leitherer SGG 9. Aufl. § 144 Rdnr. 14).
Im Rahmen der Beschwerde ist lediglich noch der Zeitraum vom 23.12.2008 bis Juli 2009 mit einem monatlichen Einbehalt von 30,00 EUR und der Monat August 2009 mit einer Schlussrate von 6,20 EUR streitgegenständlich, somit insgesamt ein Betrag von maximal 246,20 EUR für die Zeit von weniger als 9 Monaten. Die Berufung in der Hauptsache ist somit nicht zulässig und die Beschwerde damit nicht statthaft, weil weder Leistungen für mehr als ein Jahr streitig sind (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG), noch der Beschwerdewert von 750,00 EUR erreicht wird (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG).
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Beschwerdeverfahren war ebenso abzulehnen.
Gemäß § 73a SGG i.V.m. §§ 114 ff Zivilprozessordnung erhält ein Berechtigter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Prozesskosten nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussichten bestehen bei einer unzulässigen Beschwerde nicht. Damit kommt es auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der ASt nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und ergibt sich aus dem Unterliegen der ASt.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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