L 18 B 1084/08 R PKH

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 R 248/08 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 B 1084/08 R PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Mangels hinreichender Erfolgsaussichten ist im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes Prozesskostenhilfe nicht zu bewilligen, wenn erst nach dem für die Entscheidung über den PKH-Antrag maßgeblichen Zeitpunkt der Eintritt der Hilfebedürftigkeit im Sinne der Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II durch eine Verrechnung nachgewiesen wird.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 17.07.2008 wird zurückgewiesen.
Der Antrag, dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes zu bewilligen, wird abgelehnt.
Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer (Bf) bezog von der Beschwerdegegnerin (Bg) Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer ab 01.09.2007. Mit Anhörung vom 29.11.2007 teilte die Bg mit, es sei beabsichtigt, ab 01.02.2008 zugunsten der AOK Bayern einen monatlichen Betrag von 284,98 EUR von der Rente einzubehalten. Die AOK Bayern habe die Bf ermächtigt, dort gegen den Bf bestehende Beitragsforderungen mit der laufenden Rente zu verrechnen. Von der Verrechnung könne abgesehen werden, wenn Hilfebedürftigkeit im Sinne des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) oder des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) nachgewiesen werde

Mit Bescheid vom 13.02.2008 hat die Bg die Rente ab 01.04.2008 neu festgestellt und die monatliche Rentenzahlung mit den Beitragsforderungen der AOK Bayern verrechnet. Sie hat einen Betrag von 285,25 EUR zugunsten der AOK Bayern einbehalten und einen Betrag von 285,26 EUR an den Bf zur Auszahlung gebracht. Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II oder des SGB XII habe der Bf nicht geltend gemacht.

Dagegen hat der Bf am 05.03.2008 Widerspruch erhoben und unter dem 16.04.2008 beim Sozialgericht (SG) Würzburg beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 13.02.2008 anzuordnen. Gleichzeitig hat er beantragt, ihm Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung seines bevollmächtigten Rechtsanwaltes zu bewilligen. Die Durchführung der Verrechnung führe dazu, dass Sozialhilfebedürftigkeit eintrete.

Mit Schreiben vom 24.04.2008 hat der Bf dem SG die Bescheide vom 28.01.2008 und 20.03.2008 der ARGE Landkreis A. über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II an den Bf und die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zugeleitet. Daraufhin hat die Bg mit Schreiben vom 29.04.2008 mitgeteilt, dass eine Verrechnung der Forderung mit der Rente des Bf ab 01.04.2008 nicht rechtmäßig sei. Sie erkläre sich daher bereit, die mit Bescheid vom 13.02.2008 durchgeführte Verrechnung wieder aufzuheben. Außergerichtliche Kosten könnten nicht übernommen werden, weil die entsprechenden Unterlagen erst im Antragsverfahren vorgelegt worden seien. Hierzu hat der Bf mit Schreiben vom 02.05.2008 um eine Entscheidung über den PKH-Antrag gebeten und erklärt, dass er das Angebot der Bg vom 29.04.2008 annehme.

Mit Bescheid vom 05.05.2008 hat die Bg den Bescheid vom 13.02.2008 mit Wirkung ab 01.05.2008 abgeändert und die Rente ohne Verrechnung neu berechnet. Der für den Monat April zugunsten der AOK Bayern abgetrennte Betrag von 285,25 EUR hat die Bg dem Bf nachgezahlt.

Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt (Beschluss vom 16.07.2008). Mangels Rechtsschutzinteresse sei der Antrag unzulässig, da die Bg mit Schreiben vom 29.04.2008 dem Begehren des Bf nachgekommen sei.

Ebenfalls mit Beschluss vom 16.07.2008 hat das SG den PKH-Antrag abgelehnt. Das im Eilverfahren erstrebte Ziel hätte der Bf durch vorherige Vorlage der Nachweise über den Eintritt der Hilfebedürftigkeit erreichen können. Daher sei der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bereits bei Antragstellung unzulässig gewesen und habe mithin keine hinreichende Aussicht auf Erfolg gehabt.

Gegen diesen Beschluss hat der Bf Beschwerde erhoben und für das Beschwerdeverfahren die Bewilligung von PKH und Beiordnung des bevollmächtigten Rechtsanwaltes beantragt (Schreiben vom 21.07.2008 und 25.11.2008). Auch bei rechtzeitiger Vorlage der entsprechenden Nachweise zum Zeitpunkt der Stellung des Eilantrages wäre die Bg nicht in der Lage gewesen wäre, die rechtzeitige Auszahlung der Rente sicherzustellen.

Die Bg hat sich dahin geäußert, dass sich das Antragsverfahren erübrigt hätte, wenn der beizubringende Nachweis über den Eintritt der Hilfebedürftigkeit zeitnah nach der Anhörung vom 29.11.2007 vorgelegt worden wäre.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht den Antrag auf Bewilligung von PKH und Beiordnung des bevollmächtigten Rechtsanwaltes abgelehnt.

Nach § 73a Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 114 Zivilprozessordnung erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Bei der Prüfung der hinreichenden Aussicht auf Erfolg erfolgt nur eine vorläufige Prüfung. PKH ist zu gewähren, wenn eine gute Möglichkeit besteht, dass der Antragsteller in der Hauptsache siegen wird, sein Rechtsstandpunkt also vertretbar und die Beweisführung möglich ist; entfernte Erfolgschancen genügen nicht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 73a Rn 7).

Der Antrag des Bf auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hatte zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidungsreife des PKH-Antrages, dh hier zum Zeitpunkt der Antragstellung keine hinreichende Erfolgsaussicht. Nach § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Dies setzt voraus, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 86b Rn 12b).

Hinsichtlich des Bescheides vom 13.02.2008 ist vom Bestehen derartiger Zweifel nicht auszugehen. Nach § 52 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig ist. Gemäß § 51 Abs 2 SGB I darf der zuständige Leistungsträger mit Beitragsansprüchen, wie sie hier von der AOK Bayern geltend gemacht werden, gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen und damit auch gegen laufende Rentenzahlansprüche bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II wird. Die Bg hat eine Verrechnung in Höhe von weniger als der Hälfte der laufenden Rentenansprüche des Antragstellers vorgenommen. Der Bf hat auch erst im Laufe des Antragsverfahrens - zeitlich nach dem für die Entscheidung über den PKH-Antrag maßgeblichen Datum - die Hilfebedürftigkeit nachgewiesen. Insoweit ist auch nicht zu beanstanden, dass die Bg zuvor keine Feststellungen getroffen hat, ob der Bf durch die Verrechnung hilfebedürftig wird. Denn nach der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des § 51 Abs 2 SGB I obliegt dem Leistungsberechtigten der Nachweis des Eintretens von Hilfebedürftigkeit. Auf die Notwendigkeit des Nachweises der Hilfebedürftigkeit hat die Bg bereits im Anhörungsverfahren hingewiesen. Die Regelung des § 51 Abs 2 SGB I stellt einerseits sicher, dass die schutzwürdigen Interessen des Schuldners bzw. Leistungsberechtigten gewahrt sind, ermöglicht es andererseits dem Leistungsträger ohne erheblichen Verwaltungsaufwand, Erstattungsforderungen im gesetzlich zulässigen Umfang durch Aufrechnung geltend zu machen (BT-Drs 15/1516 S 68 zu Nr 5).

Schon mangels hinreichender Erfolgsaussichten des Beschwerdeverfahrens war auch der Antrag auf Bewilligung von PKH für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung des bevollmächtigten Rechtsanwaltes abzulehnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG (zur Notwendigkeit einer Kostenentscheidung vgl. BayLSG Beschluss vom 08.12.2008 - L 18 B 611/08 U PKH).

Die Entscheidung ist unanfechtbar § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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