L 20 R 248/09 B

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 6 R 57/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 R 248/09 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Übernahme auf die Staatskasse, wenn Gutachtennach § 109 SGG Gericht zur Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 106 SGG aus einem vergleichbarem mediz. Fachgebiet veranlasst
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 12.03.2009 aufgehoben.
Die Kosten des gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz von Dr.M. am 13.06.2008 erstatteten Gutachtens werden auf die Staatskasse übernommen.

Gründe:

I.
Streitig ist die Übernahme der Kosten des gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholten Gutachten von Dr.M. auf die Staatskasse.
Mit ihrer gegen den Bescheid vom 16.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2007 zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung begehrt. Gemäß § 106 SGG hat der Neurologe Dr.L. am 09.04.2008 ein Gutachten vor der mündlichen Verhandlung (sog. Terminsgutachten) erstattet. Die Klägerin sei imstande, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 6 Stunden täglich bei qualitativen Einschränkungen tätig zu sein. Auf Antrag der Klägerin hat Dr.M. (Arzt für Orthopäde und Unfallchirurgie sowie spezielle Schmerztherapie) die Klägerin begutachtet. Sie könne nur noch weniger als 6 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein. Auf Veranlassung des SG hat Dr.H. (Neurologe und Psychiater) vor einer weiteren mündlichen Verhandlung ein sog. Terminsgutachten erstattet. Er kommt zu dem Ergebnis, die Klägerin könne 6 Stunden täglich bei qualitativen Einschränkungen tätig sein. Mit Urteil vom 17.12.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Dem Gutachten von Dr.M. könne nicht gefolgt werden, da dies in keinster Weise darlege, dass die vorhandene Schmerzsymptomatik bereits dermaßen die Organisation der Lebensführung der Klägerin übernommen habe, dass nicht einmal mehr leichte Arbeiten mit qualitativen Funktionseinschränkungen für 6 Stunden täglich möglich seien. Insbesondere sei bei der Klägerin nach den Erhebungen aller Gutachter weder die soziale Partizipation noch das Alltagsleben beeinträchtigt. Dagegen hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt.
Den Antrag der Klägerin auf Übernahme der Kosten des Gutachtens von Dr.M. auf die Staatskasse hat das SG mit Beschluss vom 12.03.2009 abgelehnt. Das Gutachten von Dr.M. habe die notwendige Sachverhaltsaufklärung nicht gefördert und auch keine bisher nicht erkannten oder gewürdigten Gesichtspunkte aufgezeigt. Vielmehr habe Dr.M. seine andere Einschätzung der quantitativen Leistungseinschränkungen nicht überzeugend dargelegt.
Dagegen hat die Klägerin Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Nach dem Gutachten von Dr.M. habe sich das SG veranlasst gesehen, ein weiteres Gutachten einzuholen. Im Rahmen der Begutachtung durch Dr.M. seien nach dem Terminsgutachten von Dr.L. ausführlichere Untersuchungen und Befunderhebungen erfolgt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 SGG) ist zulässig - eine Abhilfeentscheidung ist nicht mehr erforderlich - und auch begründet. Der Beschluss des SG ist aufzuheben. Die Kosten der Begutachtung durch Dr.M. sind auf die Staatskasse zu übernehmen.
Die Übernahme der für ein Gutachten nach § 109 SGG veranlassten Kosten auf die Staatskasse im Wege einer "anderen Entscheidung" i.S. des § 109 Abs 1 Satz 2 Halbs 2 SGG ist in der Regel dann gerechtfertigt, wenn das Gutachten in beträchtlichem Umfang beweiserheblich ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn es durch Aufzeigen bis dahin nicht berücksichtigter medizinischer Gesichtspunkte zur Aufklärung des Sachverhaltes wesentlich beigetragen oder die Erledigung des Rechtsstreites in sonstiger Weise wesentlich gefördert hat. Über die endgültige Kostentragung entscheidet das Gericht nach Ermessen durch Beschluss (Beschluss des Senates vom 24.04.2007 - L 20 B 82/07 R mwN).
Die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme liegen vor. Nach der Begutachtung durch Dr.M. hat sich das SG veranlasst gesehen, ein weiteres Gutachten bei dem Neurologen/ Psychiater Dr.H. einzuholen, obwohl die Klägerin bereits vorher im Auftrag des Gerichts durch Dr.L. im Rahmen eines Terminsgutachtens begutachtet wurde. Das SG hat nicht lediglich Dr.L. zu einer weiteren Stellungnahme aufgefordert.
Auch wenn das SG in seiner Entscheidung letztendlich der Auffassung von Dr.M. hinsichtlich der quantitativen Leistungseinschränkung nicht gefolgt ist, so ist zudem davon auszugehen, dass durch die Begutachtung von Dr.M. eine weitere Begutachtung durch Dr.H. erforderlich geworden ist, das Gutachten von Dr.M. somit Erkenntnisse erbracht hat, die nur durch eine weitere Begutachtung von Amts wegen überprüft werden konnten.
Für die Übernahme der Kosten des Gutachtens gemäß § 109 SGG auf die Staatskasse ist nicht allein erforderlich, dass der vom Kläger benannte Sachverständige neue Befunde erhebt bzw. andere Diagnosen stellt. Es genügt vielmehr auch, dass dieser ein andere Einschätzung der Leistungsfähigkeit vornimmt, die zu einer weiteren Begutachtung im Rahmen eines ähnlichen Fachgebietes (hier: SchmerzTherapie und Neurologie bzw Psychiatrie) führt.
Nach alledem war der Beschluss des SG aufzuheben. Die Kosten des Gutachtens durch Dr.M. sind auf die Staatskasse zu übernehmen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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