Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
31
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 69 U 10/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 31 U 413/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juni 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Verletztengeld und eine Verletztenteilrente wegen der Folgen eines am 08. Januar 1971 erlittenen Unfalls.
Die 1953 geborene Klägerin war zum Unfallzeitpunkt in der ehemaligen DDR im Betrieb des VEB M M in M an einer Zylinderschleifmaschine, mit der Gitarrendecken auf die passende Stärke abgeschliffen wurden, tätig. Den Unfallhergang beschrieb die Klägerin u. a. mit einem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 18. September 2005 dahin, dass sie mit beiden Händen in die ungeschützte Zylinderschleifmaschine geraten sei, hierbei seien beide Hände bis zu den Fingerwurzeln in die Walzen hineingezogen worden. Die Klägerin wurde deswegen stationär im Krankenhaus B behandelt. Der Unfallhergang ist in einer Anamnese vom Unfalltag wie folgt beschrieben: "Pat. kam heute während der Nachtschicht mit bd. Händen in das Förderband und wurde von diesem erfaßt." Im Krankenblatt ist neben der Quetschverletzung der Finger II bis IV der rechten Hand und des 4. Fingers links noch die Einweisungsdiagnose "882.1" genannt. Im Entlassungsbericht des Dr. S ist über die Behandlung und den sich anschließenden Krankenhausaufenthalt bis zum 02. Februar 1971 ausgeführt, dass es sich um eine Quetschverletzung der Finger II bis IV der rechten Hand und des IV. Fingers der linken Hand gehandelt habe, wobei die Weichteile völlig zertrümmert erschienen und die Haut auf einzelne Stellen zusammen geschoben gewesen sei. Auch die Beuge- und Strecksehnen dieser betroffenen Finger seien teilweise verletzt gewesen. Man habe versucht, die Weichteildeckung zu rekonstruieren. Unter antibiotischem Schutz sei eine gute Wundheilung bei gutem kosmetischem Effekt erzielt worden. Bewegungsübungen hätten sodann eine freie Beweglichkeit in allen Gelenken gezeigt.
Am 12. Februar 2004 wandte sich die Klägerin an die Beklagte mit der Bitte um Feststellung ihrer Ansprüche aufgrund des am 08. Januar 1971 erlittenen Unfalls. Die Beklagte holte nähere Angaben der Klägerin zum Unfall ein und zog den Sozialversicherungsausweis bei. Die Beklagte versuchte weiter, Unterlagen des seinerzeitigen Arbeitgebers der Klägerin und über in der Folgezeit erfolgte Behandlungen beizuziehen. Hierbei übersandte die P Klinik A GmbH mit Schreiben vom 16. April 2004 die bereits genannten Unterlagen über die stationäre Behandlung im Anschluss an den Unfall. Das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Z übersandte eine Unfallliste des Berichtsjahres 1971, in der der von der Klägerin erlittene Unfall aufgeführt ist. Dr. T aus M und das Gesundheitsamt des Landratsamtes Vogtlandkreis übersandten ihnen noch vorliegende Patientenunterlagen. In letzteren ist u. a. vermerkt, dass die Klägerin 1988 nach einem Sturz auf den 3. und 4. Finger links geröntgt worden sei, wobei keine Fraktur nachweisbar gewesen sei. Die DISOS DV-InformationsSysteme, Organisation und Service GmbH übersandte mit Schreiben vom 07. Juni 2004 eine die Klägerin betreffende Abschlussbeurteilung des VEB "M", worin der streitgegenständliche Betriebsunfall erwähnt und ausgeführt ist, dass die Verletzung durch die Quetschung der Finger beider Hände der Klägerin bei der weiteren Beschäftigung ein Nachteil geworden sei.
Die Beklagte ließ sodann die bei der Klägerin an den Händen bestehenden Funktionseinschränkungen begutachten. Zunächst führte Dr. M, C, mit neurophysiologischem Zusatzgutachten vom 27. August 2004 aus, dass sich bei der Klägerin klinisch und elektrophysiologisch ein mäßig- bis mittelgradiges Karpaltunnelsyndrom rechtsseitig und linksseitig finde. Hierbei ging er von einem Unfallhergang aus, bei dem die Finger der linken und der rechten Hand bis zum Grundgelenk in die Walze gezogen worden seien. Unter anderem unter Auswertung dieses Zusatzgutachtens und nach einer Untersuchung der Klägerin kam sodann der Handchirurg Dr. I mit Gutachten vom 30. Oktober 2004 zu dem Ergebnis, dass als Unfallfolgen noch reizlose Narben der rechten und linken Hand, eine Faustschluss-Sperrdistanz der rechten Hand von 2 cm aktiv, passiv 0 cm und Dysästhesien (veränderte Wahrnehmung von äußeren Reizen) an den Langfingern der rechten Hand, v. a. Dig I bis IV bestünden. Subjektiv würden ein Verlust der Feinmotorik, Schmerzen in der Hand und eine Verlangsamung beider Hände wahrgenommen. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bestehe im Umfang von 10 v. H., bedingt allerdings allein durch das nicht posttraumatische Karpaltunnelsyndrom. Betreffend der Unfallfolgen sei keine Erwerbsminderung vorhanden. Der Beklagte holte sodann noch eine Stellungnahme des Dr. H, Unfallkrankenhaus B, ein, der mit Zwischenbericht vom 09. August 2005 ausführte, dass die von der Klägerin jetzt auch beklagten Schmerzen im rechten Handgelenk bei objektiv unauffälligem Handgelenksbefund nicht nachvollziehbar seien. Eine Mitverletzung des Handgelenkes sei 1971 nicht erfolgt. Die nunmehr durchgeführte Röntgenuntersuchung beider Handgelenke in zwei Ebenen habe eine vollkommen unauffällige Röntgenmorphologie beider Handgelenke ergeben. Es bestünden lediglich geringgradige degenerative Veränderungen im Bereich der Daumensattelgelenke. Mit Gutachten vom 08. August 2005 führten ferner Dr. H/Dr. E, Unfallkrankenhaus B, aus, dass die Auswertung von Röntgenbildern des linken Daumens keinen Hinweis auf Traumafolgen ergeben hätte. Die zunehmende Verschlechterung der Gefühlsstörungen in den letzten fünf Jahren mit entsprechenden nächtlichen Beschwerden in den Langfingern II bis IV sähe man ursächlich bedingt durch das nachgewiesene Karpaltunnelsyndrom und vom Unfall unabhängig. Als unfallunabhängig sähe man ebenfalls die radiologisch nachgewiesenen degenerativen Veränderungen im Interphalangealgelenk des linken Daumens sowie im Bereich des Daumensattelgelenkes; es gäbe keine Hinweise, dass der linke Daumen von der Verletzung beim Arbeitsunfall mitbetroffen gewesen sei. Zugrunde gelegt wurde ein Unfallhergang, wonach die Klägerin mit beiden Händen in die Walzen der Zylinderschleifmaschine geraten sei.
Mit Bescheid vom 14. September 2005 lehnte die Beklagte die Zahlung von Verletztengeld ab, da die – für die Zeiten vom 23. Dezember 2004 bis 23. Januar 2005 und vom 4. April bis 17. Mai 2005 bescheinigte - Arbeitsunfähigkeit nicht auf Unfallfolgen beruht habe; ferner lehnte der Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente ab, da die Erwerbsfähigkeit wegen der Unfallfolgen, die sie mit "reizlose und kaum erkennbare Narben im Bereich beider Hände, subjektiv empfundene Störungen der Feinsensibilität und Feinmotorik in den Fingern nach schwerer Quetschverletzung der Finger II bis IV der rechten Hand und des IV. Fingers der linken Hand" feststellte, nicht wenigstens 20 v. H. betrage.
Mit ihrem hiergegen erhobenen Widerspruch führte die Klägerin aus, dass sie aufgrund der Unfallfolgen nicht den Meisterbetrieb ihres Vaters hätte übernehmen können. Behandlungen der Unfallfolgen seien auch in der Folgezeit erfolgt, fehlende Diagnoseschlüssel im Sozialversicherungsbuch und bei Krankschreibungen seien auf die Verschleierungsbemühungen der beteiligten Ärzte zurückzuführen. Unfallfolgen bestünden weiterhin durch fast permanenten Schmerz und eine stark eingeschränkte Fein- und Grobmotorik. Die Beklagte holte daraufhin eine Stellungnahme der Dr. H/Dr. E vom 10. November 2005 ein, die erneut ausführten, dass die Arbeitsunfähigkeit und die Beschwerden der Klägerin im Sinne einer Rhizarthrose nicht Arbeitsunfallfolgen seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2005 wies die Beklagte den Widerspruch daraufhin zurück.
Im Klageverfahren hat die Fachärztin für Orthopädie Dipl. Med. L auf Anfrage des Gerichts, ob sie ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstellen würde, mit Schreiben vom 06. Oktober 2006 zunächst weitere Untersuchungen empfohlen. Nachdem das Gericht erneut auf die Möglichkeit einer Antragstellung nach § 109 SGG verwiesen hatte, überwies die Dipl.-Med. L die Klägerin an Dr. R, der mit Arztbrief vom 06. November 2006 zur Befunderhebung ausführte, dass sich bei der Klägerin ein Karpaltunnelsyndrom entwickelt habe. Dieses komme in der Normalbevölkerung häufig vor. Im vorliegenden Fall sei aber offenbar durch die Fraktur der Handgelenke eine Disposition geschaffen worden, was häufig beobachtet werde. Daher sei das beidseitige Karpaltunnelsyndrom seiner Auffassung nach mittelbare Folge des Unfallgeschehens aus dem Jahre 1971.
Mit Urteil vom 29. Juni 2007 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Erforderlich für die Bejahung von Unfallfolgen sei, dass die versicherte Tätigkeit mit Wahrscheinlichkeit wesentliche Teilursache der eingetretenen Gesundheitsstörungen sei. Die vorliegend als Unfallfolgen festgestellten reizlosen Narben und eine subjektiv empfundene Störung der Feinsensibilität und Feinmotorik bedingten nach den übereinstimmenden Gutachten der Dr. E/Dr. H und Dr. I jedoch keine MdE von 20 v. H. Das Karpaltunnelsyndrom und die Rhizarthrose der Daumensattelgelenke könnten nicht als Unfallfolgen anerkannt werden, was sich schon daraus ergebe, dass weder die Handgelenke noch die Daumen am Unfall beteiligt gewesen seien. Soweit Dr. R am 06. November 2006 etwas anderes ausgeführt habe, gehe dieser ersichtlich von einem Bruch der Handgelenke beim Unfall als unzutreffender Voraussetzung aus, denn die Handgelenke seien beim Unfall nicht betroffen gewesen.
Gegen dieses ihr am 11. Juli 2007 zugegangene Urteil richtet sich die am 06. August 2007 eingegangene Berufung der Klägerin. Die Klägerin trägt weiterhin vor, dass bei ihr erhebliche Einschränkungen als Unfallfolgen fortbestünden. Tatsächlich seien bei dem Arbeitsunfall beide Hände verletzt worden; es sei gar nicht möglich gewesen, sich durch die Schleifmaschine nur einzelne Finger zu verletzen. Der im Entlassungsbericht vom 02. Februar 1971 genannte Diagnoseschlüssel 882/1 besage, dass es sich um offene Wunden der Hand exklusive der Finger gehandelt habe, der Zusatz hinter dem Schrägstrich bedeute, dass es sich um einen komplizierten Zustand gehandelt habe. Sie sei nach dem Unfall "in fast regelmäßigen Abständen" in Behandlung bei dem Unfallarzt Dr. S gewesen, im Jahr seien etwa vier bis sechs Wochen Krankschreibungen aufgrund der Hände erfolgt. Auch etwa eine 1995 erlittene Sehnenansatzentzündung sei Unfallfolge gewesen. Die Störung der Feinmotorik sei auch nicht nur ihr subjektives Empfinden.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juni 2007 den Bescheid der Beklagten vom 14. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie vom 09. Januar 1971 bis 22. Dezember 2004, vom 24. Januar 2005 bis 03. April 2005 und vom 18. April 2005 an Verletztenrente in Höhe von mindestens 20 v. H. der Vollrente zu zahlen, sowie für den Zeitraum vom 23. Dezember 2004 bis zum 23. Januar 2005 und vom 04. April 2005 bis zum 17. April 2005 Verletztengeld zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf das Ergebnis der medizinischen Ermittlungen; Unfallfolgen in rentenberechtigendem Ausmaß lägen nicht vor.
Das Gericht hat auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten des Arztes für Orthopädie und Rheumatologie Dr. S vom 11. März 2008 eingeholt. Dieser führte aus, dass als Unfallfolgen lediglich völlig abgeheilte Narben der betroffenen Finger bestünden. Die Fingergelenke seien beidseitig bei aktiver und passiver Überprüfung frei beweglich, allenfalls am rechten Daumensattelgelenk sei eine geringe Einschränkung feststellbar. Eine Einschränkung der Feinmotorik der Finger, die subjektiv benannt worden sei, könne nicht nachvollzogen werden. Das wiederholt nachgewiesene Karpaltunnelsyndrom beidseitig, rechts stärker als links, erkläre die geklagten Beschwerden hinreichend. Gegen eine traumatische Genese dieses Karpaltunnelsyndroms spreche, dass anamnestisch und aktenkundig keine Verletzung des Handgelenkes oder der Handwurzel eingetreten sei. Radiologisch lägen bei der Klägerin Verletzungen der Handwurzelknochen und des Handgelenkes aktuell nicht vor, auch zurückliegende Brüche seien nicht erkennbar. Unfallunabhängig bestünden ein Karpaltunnelsyndrom beidseitig, eine sensible Neuropathie des Nervus ulnaris links, eine leichtgradige Daumensattelgelenkarthrose rechts, subjektiv Dysästhesien der Langfinger beiderseits. Insbesondere sei bezüglich der Nervenläsion ein Unfallzusammenhang ebenfalls auszuschließen. Es sei davon auszugehen, dass Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit nach dem Unfall 1971 maximal für sechs Monate bestanden hätten. Die Zeiträume der Arbeitsunfähigkeit in den Jahren 2004 und 2005 seien nicht durch den Unfall von 1971 erklärbar.
Das Gericht hat ferner die Klägerin in einem Erörterungstermin vom 07. Mai 2009 gehört.
Die Klägerin hat im Erörterungstermin und die Beklagte mit Schriftsatz vom 18. Mai 2009 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG erklärt.
Entscheidungsgründe:
Über die Berufung konnte mit Zustimmung der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG).
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das erstinstanzliche Urteil und die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Verletztengeld oder eine Verletztenteilrente infolge ihres am 08. Januar 1971 erlittenen Unfalls.
Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, die nach § 45 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) als Verletztengeld und bei Minderung der Erwerbsfähigkeit über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus nach § 56 Abs. 1 SGB VII als Rente erbracht werden, setzen voraus, dass Schäden, die zu einer Erwerbsminderung geführt haben, "infolge" eines Versicherungsfalls entstanden sind. Gesundheitsstörungen können nur dann als "infolge" eines versicherten Ereignisses entstanden anerkannt werden, wenn sie mit Wahrscheinlichkeit zumindest ihre wesentliche Teilursache in dem versicherten Unfallereignis haben. Eine solche hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSGE 19, 52; 32, 203, 209; 45, 285, 287) liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die für den wesentlichen Ursachenzusammenhang sprechenden so stark überwiegen, dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann und ernstliche Zweifel ausscheiden (BSG SozR Nr. 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr. 20 zu § 542 RVO a. F.; BSGE 19, 52, 56; BSG SozR 3 1300 § 48 Nr. 67). Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang positiv festgestellt werden muss und dass es keine Beweisregel gibt, wonach bei fehlender Alternativursache die naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist.
Vorliegend steht aufgrund des Ergebnisses der medizinischen Ermittlungen für das Gericht fest, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung hat, weil Unfallfolgen nicht in rentenberechtigendem Ausmaß bestehen und weil die Arbeitsunfähigkeitszeiten 2004 und 2005 ebenfalls nicht auf den 1971 erlittenen Unfall ursächlich zurückzuführen sind. Das Gericht stützt sich dabei auf die übereinstimmenden Feststellungen der Gutachter Dr. M/Dr. I vom 27. August und 30. Oktober 2004, der Dr. H/Dr. E vom 08./09. August 2005 und des Dr. S vom 11. März 2008. Sämtliche Gutachter sind übereinstimmend nach einer Untersuchung der Klägerin, einer Anamneseerhebung und Würdigung der vorliegenden Fremdbefunde zu dem Ergebnis gekommen, dass die von der Klägerin geklagten Beschwerden auf ein Karpaltunnelsyndrom zurückzuführen sind, welches jedoch unfallunabhängig ist. Insbesondere Dr. S hat dies sorgfältig begründet und ausgeführt, dass nur bei einer Verletzung der Handwurzelknochen eine traumatische Verursachung eines Karpaltunnelsyndroms in Betracht kommt. Dies stimmt überein mit der wissenschaftlichen Lehrmeinung, wonach Ursache, vielleicht Hauptursache des Karpaltunnelsyndroms eine fibröse Beugesehnenscheide-Hyperplasie ist und ein Unfallzusammenhang, der in 10 bis 15% der Fälle gegeben sei, eine Verletzung durch eine überwiegend distale Radiusfraktur, ein stumpfes Handgelenkstrauma oder Weichteilquetschungen des distalen Vorderarms oder Frakturen oder Luxationen von Handwurzelknochen voraussetzt (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, S. 636 ff,). Derartige Verletzungen lagen bei der Klägerin jedoch nicht vor. Insbesondere hat 1971 eine Verletzung der Handwurzelknochen nicht stattgefunden. Dies steht zunächst einmal deshalb fest, weil solche Verletzungen bei der Klägerin radiologisch nicht nachweisbar sind. Ferner sind für die Frage, welche Beeinträchtigungen auf einen Unfall zurückzuführen sind, stets die zeitnah festgestellten Verletzungen von besonderer Relevanz. Hierzu ist in der Epikrise des Dr. S und im Krankenhausentlassungsbericht ausschließlich eine Verletzung von insgesamt vier Fingern festgehalten, nämlich der Finger II bis IV der rechten Hand und des 4. Fingers der linken Hand. Etwas anderes folgt auch nicht aufgrund der Nennung der Diagnoseziffer "882.1" in den Krankenunterlagen der Klinik B. Auch unter Zugrundelegung der von der Klägerin mit ihrer Berufungsschrift überreichten Erläuterungen aus der internationalen Klassifikation der Krankheiten der DDR ist hierunter lediglich eine "offene Wunde der Hand, exkl. Finger (ein oder mehrere), isoliert" zu verstehen, während Handgelenksverletzungen die Diagnoseziffer 881 trugen. Da die Diagnoseziffer 882.1 zudem lediglich neben der ausführlichen Beschreibung der Quetschverletzung der Finger benannt wird, ist davon auszugehen, dass, selbst wenn dies eine Handverletzung umschreiben sollte, der schwerwiegende Teil der Verletzung die Finger betraf, und allenfalls eine Mitverletzung der Hand beschrieben ist. Jedenfalls aber ist an keiner Stelle der medizinischen Befundunterlagen eine Verletzung der Handwurzelknochen, die allein als ursächlich für ein Karpaltunnelsyndrom auch nur in Betracht käme, beschrieben.
Das Gericht hatte keine Bedenken, sich den genannten Feststellungen der Gutachter anzuschließen, da diese ihre Schlussfolgerungen nach einer Untersuchung der Klägerin und Auswertung der vorhandenen medizinischen Befunde gut nachvollziehbar begründet haben. Anderer Auffassung war allein Dr. R, der ausweislich seines Kurzbefundes vom 06. November 2006 jedoch von einer "Fraktur der Handgelenke" ausgegangen ist, die definitiv nicht vorgelegen hat.
Es war auch nicht erforderlich, das von der Klägerin geforderte "Maschinengutachten" einzuholen. Sämtliche Gutachter sind bei der Beurteilung der Frage, welche derzeit noch bestehenden Beeinträchtigungen auf den Unfall zurückgeführt werden können, von dem durch die Klägerin geschilderten Unfallhergang ausgegangen, ohne hiervon irgendwie abzuweichen. Die Klägerin hatte geschildert, mit beiden Händen bis zu den Fingerwurzeln in die Walzen der Maschine hineingezogen worden zu sein. Dieser Hergang wurde von den Gutachtern zugrunde gelegt. Ein Sachverständigengutachten ist jedoch grundsätzlich nicht geeignet, einen Unfallhergang zu belegen, welcher nicht einmal vom Kläger bzw. von der Klägerin behauptet worden ist. Hierbei handelt es sich vielmehr um sog. Anknüpfungstatsachen, die auch ein fachunkundiger Dritter bekunden kann, diese sind gemäß § 118 Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 404 a Abs. 3 ZPO dem Sachverständigen vom Gericht für dessen Begutachtung vorzugeben, ihre Feststellung fällt jedoch nicht in die Kompetenz des Sachverständigen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 118 Rdnr. 11 l). Abgesehen davon könnte ein derartiges "Maschinengutachten" auch keine Verletzungen belegen, die ärztlicherseits zu keinem Zeitpunkt durch irgendjemanden festgestellt worden sind.
Nicht entscheidungserheblich war damit nach allem, ob die Unterlagen über Behandlungen und Arbeitsunfähigkeitszeiten, wie von der Klägerin vorgetragen, unvollständig sind. Denn jedenfalls sind die von der Klägerin derzeit geklagten Beschwerden im Bereich ihrer Hände nicht ursächlich auf den Unfall zurückzuführen, so dass Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung hierfür nicht zu erbringen sind.
Nach alledem war die Berufung daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Verletztengeld und eine Verletztenteilrente wegen der Folgen eines am 08. Januar 1971 erlittenen Unfalls.
Die 1953 geborene Klägerin war zum Unfallzeitpunkt in der ehemaligen DDR im Betrieb des VEB M M in M an einer Zylinderschleifmaschine, mit der Gitarrendecken auf die passende Stärke abgeschliffen wurden, tätig. Den Unfallhergang beschrieb die Klägerin u. a. mit einem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 18. September 2005 dahin, dass sie mit beiden Händen in die ungeschützte Zylinderschleifmaschine geraten sei, hierbei seien beide Hände bis zu den Fingerwurzeln in die Walzen hineingezogen worden. Die Klägerin wurde deswegen stationär im Krankenhaus B behandelt. Der Unfallhergang ist in einer Anamnese vom Unfalltag wie folgt beschrieben: "Pat. kam heute während der Nachtschicht mit bd. Händen in das Förderband und wurde von diesem erfaßt." Im Krankenblatt ist neben der Quetschverletzung der Finger II bis IV der rechten Hand und des 4. Fingers links noch die Einweisungsdiagnose "882.1" genannt. Im Entlassungsbericht des Dr. S ist über die Behandlung und den sich anschließenden Krankenhausaufenthalt bis zum 02. Februar 1971 ausgeführt, dass es sich um eine Quetschverletzung der Finger II bis IV der rechten Hand und des IV. Fingers der linken Hand gehandelt habe, wobei die Weichteile völlig zertrümmert erschienen und die Haut auf einzelne Stellen zusammen geschoben gewesen sei. Auch die Beuge- und Strecksehnen dieser betroffenen Finger seien teilweise verletzt gewesen. Man habe versucht, die Weichteildeckung zu rekonstruieren. Unter antibiotischem Schutz sei eine gute Wundheilung bei gutem kosmetischem Effekt erzielt worden. Bewegungsübungen hätten sodann eine freie Beweglichkeit in allen Gelenken gezeigt.
Am 12. Februar 2004 wandte sich die Klägerin an die Beklagte mit der Bitte um Feststellung ihrer Ansprüche aufgrund des am 08. Januar 1971 erlittenen Unfalls. Die Beklagte holte nähere Angaben der Klägerin zum Unfall ein und zog den Sozialversicherungsausweis bei. Die Beklagte versuchte weiter, Unterlagen des seinerzeitigen Arbeitgebers der Klägerin und über in der Folgezeit erfolgte Behandlungen beizuziehen. Hierbei übersandte die P Klinik A GmbH mit Schreiben vom 16. April 2004 die bereits genannten Unterlagen über die stationäre Behandlung im Anschluss an den Unfall. Das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Z übersandte eine Unfallliste des Berichtsjahres 1971, in der der von der Klägerin erlittene Unfall aufgeführt ist. Dr. T aus M und das Gesundheitsamt des Landratsamtes Vogtlandkreis übersandten ihnen noch vorliegende Patientenunterlagen. In letzteren ist u. a. vermerkt, dass die Klägerin 1988 nach einem Sturz auf den 3. und 4. Finger links geröntgt worden sei, wobei keine Fraktur nachweisbar gewesen sei. Die DISOS DV-InformationsSysteme, Organisation und Service GmbH übersandte mit Schreiben vom 07. Juni 2004 eine die Klägerin betreffende Abschlussbeurteilung des VEB "M", worin der streitgegenständliche Betriebsunfall erwähnt und ausgeführt ist, dass die Verletzung durch die Quetschung der Finger beider Hände der Klägerin bei der weiteren Beschäftigung ein Nachteil geworden sei.
Die Beklagte ließ sodann die bei der Klägerin an den Händen bestehenden Funktionseinschränkungen begutachten. Zunächst führte Dr. M, C, mit neurophysiologischem Zusatzgutachten vom 27. August 2004 aus, dass sich bei der Klägerin klinisch und elektrophysiologisch ein mäßig- bis mittelgradiges Karpaltunnelsyndrom rechtsseitig und linksseitig finde. Hierbei ging er von einem Unfallhergang aus, bei dem die Finger der linken und der rechten Hand bis zum Grundgelenk in die Walze gezogen worden seien. Unter anderem unter Auswertung dieses Zusatzgutachtens und nach einer Untersuchung der Klägerin kam sodann der Handchirurg Dr. I mit Gutachten vom 30. Oktober 2004 zu dem Ergebnis, dass als Unfallfolgen noch reizlose Narben der rechten und linken Hand, eine Faustschluss-Sperrdistanz der rechten Hand von 2 cm aktiv, passiv 0 cm und Dysästhesien (veränderte Wahrnehmung von äußeren Reizen) an den Langfingern der rechten Hand, v. a. Dig I bis IV bestünden. Subjektiv würden ein Verlust der Feinmotorik, Schmerzen in der Hand und eine Verlangsamung beider Hände wahrgenommen. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bestehe im Umfang von 10 v. H., bedingt allerdings allein durch das nicht posttraumatische Karpaltunnelsyndrom. Betreffend der Unfallfolgen sei keine Erwerbsminderung vorhanden. Der Beklagte holte sodann noch eine Stellungnahme des Dr. H, Unfallkrankenhaus B, ein, der mit Zwischenbericht vom 09. August 2005 ausführte, dass die von der Klägerin jetzt auch beklagten Schmerzen im rechten Handgelenk bei objektiv unauffälligem Handgelenksbefund nicht nachvollziehbar seien. Eine Mitverletzung des Handgelenkes sei 1971 nicht erfolgt. Die nunmehr durchgeführte Röntgenuntersuchung beider Handgelenke in zwei Ebenen habe eine vollkommen unauffällige Röntgenmorphologie beider Handgelenke ergeben. Es bestünden lediglich geringgradige degenerative Veränderungen im Bereich der Daumensattelgelenke. Mit Gutachten vom 08. August 2005 führten ferner Dr. H/Dr. E, Unfallkrankenhaus B, aus, dass die Auswertung von Röntgenbildern des linken Daumens keinen Hinweis auf Traumafolgen ergeben hätte. Die zunehmende Verschlechterung der Gefühlsstörungen in den letzten fünf Jahren mit entsprechenden nächtlichen Beschwerden in den Langfingern II bis IV sähe man ursächlich bedingt durch das nachgewiesene Karpaltunnelsyndrom und vom Unfall unabhängig. Als unfallunabhängig sähe man ebenfalls die radiologisch nachgewiesenen degenerativen Veränderungen im Interphalangealgelenk des linken Daumens sowie im Bereich des Daumensattelgelenkes; es gäbe keine Hinweise, dass der linke Daumen von der Verletzung beim Arbeitsunfall mitbetroffen gewesen sei. Zugrunde gelegt wurde ein Unfallhergang, wonach die Klägerin mit beiden Händen in die Walzen der Zylinderschleifmaschine geraten sei.
Mit Bescheid vom 14. September 2005 lehnte die Beklagte die Zahlung von Verletztengeld ab, da die – für die Zeiten vom 23. Dezember 2004 bis 23. Januar 2005 und vom 4. April bis 17. Mai 2005 bescheinigte - Arbeitsunfähigkeit nicht auf Unfallfolgen beruht habe; ferner lehnte der Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente ab, da die Erwerbsfähigkeit wegen der Unfallfolgen, die sie mit "reizlose und kaum erkennbare Narben im Bereich beider Hände, subjektiv empfundene Störungen der Feinsensibilität und Feinmotorik in den Fingern nach schwerer Quetschverletzung der Finger II bis IV der rechten Hand und des IV. Fingers der linken Hand" feststellte, nicht wenigstens 20 v. H. betrage.
Mit ihrem hiergegen erhobenen Widerspruch führte die Klägerin aus, dass sie aufgrund der Unfallfolgen nicht den Meisterbetrieb ihres Vaters hätte übernehmen können. Behandlungen der Unfallfolgen seien auch in der Folgezeit erfolgt, fehlende Diagnoseschlüssel im Sozialversicherungsbuch und bei Krankschreibungen seien auf die Verschleierungsbemühungen der beteiligten Ärzte zurückzuführen. Unfallfolgen bestünden weiterhin durch fast permanenten Schmerz und eine stark eingeschränkte Fein- und Grobmotorik. Die Beklagte holte daraufhin eine Stellungnahme der Dr. H/Dr. E vom 10. November 2005 ein, die erneut ausführten, dass die Arbeitsunfähigkeit und die Beschwerden der Klägerin im Sinne einer Rhizarthrose nicht Arbeitsunfallfolgen seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2005 wies die Beklagte den Widerspruch daraufhin zurück.
Im Klageverfahren hat die Fachärztin für Orthopädie Dipl. Med. L auf Anfrage des Gerichts, ob sie ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstellen würde, mit Schreiben vom 06. Oktober 2006 zunächst weitere Untersuchungen empfohlen. Nachdem das Gericht erneut auf die Möglichkeit einer Antragstellung nach § 109 SGG verwiesen hatte, überwies die Dipl.-Med. L die Klägerin an Dr. R, der mit Arztbrief vom 06. November 2006 zur Befunderhebung ausführte, dass sich bei der Klägerin ein Karpaltunnelsyndrom entwickelt habe. Dieses komme in der Normalbevölkerung häufig vor. Im vorliegenden Fall sei aber offenbar durch die Fraktur der Handgelenke eine Disposition geschaffen worden, was häufig beobachtet werde. Daher sei das beidseitige Karpaltunnelsyndrom seiner Auffassung nach mittelbare Folge des Unfallgeschehens aus dem Jahre 1971.
Mit Urteil vom 29. Juni 2007 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Erforderlich für die Bejahung von Unfallfolgen sei, dass die versicherte Tätigkeit mit Wahrscheinlichkeit wesentliche Teilursache der eingetretenen Gesundheitsstörungen sei. Die vorliegend als Unfallfolgen festgestellten reizlosen Narben und eine subjektiv empfundene Störung der Feinsensibilität und Feinmotorik bedingten nach den übereinstimmenden Gutachten der Dr. E/Dr. H und Dr. I jedoch keine MdE von 20 v. H. Das Karpaltunnelsyndrom und die Rhizarthrose der Daumensattelgelenke könnten nicht als Unfallfolgen anerkannt werden, was sich schon daraus ergebe, dass weder die Handgelenke noch die Daumen am Unfall beteiligt gewesen seien. Soweit Dr. R am 06. November 2006 etwas anderes ausgeführt habe, gehe dieser ersichtlich von einem Bruch der Handgelenke beim Unfall als unzutreffender Voraussetzung aus, denn die Handgelenke seien beim Unfall nicht betroffen gewesen.
Gegen dieses ihr am 11. Juli 2007 zugegangene Urteil richtet sich die am 06. August 2007 eingegangene Berufung der Klägerin. Die Klägerin trägt weiterhin vor, dass bei ihr erhebliche Einschränkungen als Unfallfolgen fortbestünden. Tatsächlich seien bei dem Arbeitsunfall beide Hände verletzt worden; es sei gar nicht möglich gewesen, sich durch die Schleifmaschine nur einzelne Finger zu verletzen. Der im Entlassungsbericht vom 02. Februar 1971 genannte Diagnoseschlüssel 882/1 besage, dass es sich um offene Wunden der Hand exklusive der Finger gehandelt habe, der Zusatz hinter dem Schrägstrich bedeute, dass es sich um einen komplizierten Zustand gehandelt habe. Sie sei nach dem Unfall "in fast regelmäßigen Abständen" in Behandlung bei dem Unfallarzt Dr. S gewesen, im Jahr seien etwa vier bis sechs Wochen Krankschreibungen aufgrund der Hände erfolgt. Auch etwa eine 1995 erlittene Sehnenansatzentzündung sei Unfallfolge gewesen. Die Störung der Feinmotorik sei auch nicht nur ihr subjektives Empfinden.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juni 2007 den Bescheid der Beklagten vom 14. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie vom 09. Januar 1971 bis 22. Dezember 2004, vom 24. Januar 2005 bis 03. April 2005 und vom 18. April 2005 an Verletztenrente in Höhe von mindestens 20 v. H. der Vollrente zu zahlen, sowie für den Zeitraum vom 23. Dezember 2004 bis zum 23. Januar 2005 und vom 04. April 2005 bis zum 17. April 2005 Verletztengeld zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf das Ergebnis der medizinischen Ermittlungen; Unfallfolgen in rentenberechtigendem Ausmaß lägen nicht vor.
Das Gericht hat auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten des Arztes für Orthopädie und Rheumatologie Dr. S vom 11. März 2008 eingeholt. Dieser führte aus, dass als Unfallfolgen lediglich völlig abgeheilte Narben der betroffenen Finger bestünden. Die Fingergelenke seien beidseitig bei aktiver und passiver Überprüfung frei beweglich, allenfalls am rechten Daumensattelgelenk sei eine geringe Einschränkung feststellbar. Eine Einschränkung der Feinmotorik der Finger, die subjektiv benannt worden sei, könne nicht nachvollzogen werden. Das wiederholt nachgewiesene Karpaltunnelsyndrom beidseitig, rechts stärker als links, erkläre die geklagten Beschwerden hinreichend. Gegen eine traumatische Genese dieses Karpaltunnelsyndroms spreche, dass anamnestisch und aktenkundig keine Verletzung des Handgelenkes oder der Handwurzel eingetreten sei. Radiologisch lägen bei der Klägerin Verletzungen der Handwurzelknochen und des Handgelenkes aktuell nicht vor, auch zurückliegende Brüche seien nicht erkennbar. Unfallunabhängig bestünden ein Karpaltunnelsyndrom beidseitig, eine sensible Neuropathie des Nervus ulnaris links, eine leichtgradige Daumensattelgelenkarthrose rechts, subjektiv Dysästhesien der Langfinger beiderseits. Insbesondere sei bezüglich der Nervenläsion ein Unfallzusammenhang ebenfalls auszuschließen. Es sei davon auszugehen, dass Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit nach dem Unfall 1971 maximal für sechs Monate bestanden hätten. Die Zeiträume der Arbeitsunfähigkeit in den Jahren 2004 und 2005 seien nicht durch den Unfall von 1971 erklärbar.
Das Gericht hat ferner die Klägerin in einem Erörterungstermin vom 07. Mai 2009 gehört.
Die Klägerin hat im Erörterungstermin und die Beklagte mit Schriftsatz vom 18. Mai 2009 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG erklärt.
Entscheidungsgründe:
Über die Berufung konnte mit Zustimmung der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG).
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das erstinstanzliche Urteil und die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Verletztengeld oder eine Verletztenteilrente infolge ihres am 08. Januar 1971 erlittenen Unfalls.
Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, die nach § 45 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) als Verletztengeld und bei Minderung der Erwerbsfähigkeit über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus nach § 56 Abs. 1 SGB VII als Rente erbracht werden, setzen voraus, dass Schäden, die zu einer Erwerbsminderung geführt haben, "infolge" eines Versicherungsfalls entstanden sind. Gesundheitsstörungen können nur dann als "infolge" eines versicherten Ereignisses entstanden anerkannt werden, wenn sie mit Wahrscheinlichkeit zumindest ihre wesentliche Teilursache in dem versicherten Unfallereignis haben. Eine solche hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSGE 19, 52; 32, 203, 209; 45, 285, 287) liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die für den wesentlichen Ursachenzusammenhang sprechenden so stark überwiegen, dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann und ernstliche Zweifel ausscheiden (BSG SozR Nr. 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr. 20 zu § 542 RVO a. F.; BSGE 19, 52, 56; BSG SozR 3 1300 § 48 Nr. 67). Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang positiv festgestellt werden muss und dass es keine Beweisregel gibt, wonach bei fehlender Alternativursache die naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist.
Vorliegend steht aufgrund des Ergebnisses der medizinischen Ermittlungen für das Gericht fest, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung hat, weil Unfallfolgen nicht in rentenberechtigendem Ausmaß bestehen und weil die Arbeitsunfähigkeitszeiten 2004 und 2005 ebenfalls nicht auf den 1971 erlittenen Unfall ursächlich zurückzuführen sind. Das Gericht stützt sich dabei auf die übereinstimmenden Feststellungen der Gutachter Dr. M/Dr. I vom 27. August und 30. Oktober 2004, der Dr. H/Dr. E vom 08./09. August 2005 und des Dr. S vom 11. März 2008. Sämtliche Gutachter sind übereinstimmend nach einer Untersuchung der Klägerin, einer Anamneseerhebung und Würdigung der vorliegenden Fremdbefunde zu dem Ergebnis gekommen, dass die von der Klägerin geklagten Beschwerden auf ein Karpaltunnelsyndrom zurückzuführen sind, welches jedoch unfallunabhängig ist. Insbesondere Dr. S hat dies sorgfältig begründet und ausgeführt, dass nur bei einer Verletzung der Handwurzelknochen eine traumatische Verursachung eines Karpaltunnelsyndroms in Betracht kommt. Dies stimmt überein mit der wissenschaftlichen Lehrmeinung, wonach Ursache, vielleicht Hauptursache des Karpaltunnelsyndroms eine fibröse Beugesehnenscheide-Hyperplasie ist und ein Unfallzusammenhang, der in 10 bis 15% der Fälle gegeben sei, eine Verletzung durch eine überwiegend distale Radiusfraktur, ein stumpfes Handgelenkstrauma oder Weichteilquetschungen des distalen Vorderarms oder Frakturen oder Luxationen von Handwurzelknochen voraussetzt (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, S. 636 ff,). Derartige Verletzungen lagen bei der Klägerin jedoch nicht vor. Insbesondere hat 1971 eine Verletzung der Handwurzelknochen nicht stattgefunden. Dies steht zunächst einmal deshalb fest, weil solche Verletzungen bei der Klägerin radiologisch nicht nachweisbar sind. Ferner sind für die Frage, welche Beeinträchtigungen auf einen Unfall zurückzuführen sind, stets die zeitnah festgestellten Verletzungen von besonderer Relevanz. Hierzu ist in der Epikrise des Dr. S und im Krankenhausentlassungsbericht ausschließlich eine Verletzung von insgesamt vier Fingern festgehalten, nämlich der Finger II bis IV der rechten Hand und des 4. Fingers der linken Hand. Etwas anderes folgt auch nicht aufgrund der Nennung der Diagnoseziffer "882.1" in den Krankenunterlagen der Klinik B. Auch unter Zugrundelegung der von der Klägerin mit ihrer Berufungsschrift überreichten Erläuterungen aus der internationalen Klassifikation der Krankheiten der DDR ist hierunter lediglich eine "offene Wunde der Hand, exkl. Finger (ein oder mehrere), isoliert" zu verstehen, während Handgelenksverletzungen die Diagnoseziffer 881 trugen. Da die Diagnoseziffer 882.1 zudem lediglich neben der ausführlichen Beschreibung der Quetschverletzung der Finger benannt wird, ist davon auszugehen, dass, selbst wenn dies eine Handverletzung umschreiben sollte, der schwerwiegende Teil der Verletzung die Finger betraf, und allenfalls eine Mitverletzung der Hand beschrieben ist. Jedenfalls aber ist an keiner Stelle der medizinischen Befundunterlagen eine Verletzung der Handwurzelknochen, die allein als ursächlich für ein Karpaltunnelsyndrom auch nur in Betracht käme, beschrieben.
Das Gericht hatte keine Bedenken, sich den genannten Feststellungen der Gutachter anzuschließen, da diese ihre Schlussfolgerungen nach einer Untersuchung der Klägerin und Auswertung der vorhandenen medizinischen Befunde gut nachvollziehbar begründet haben. Anderer Auffassung war allein Dr. R, der ausweislich seines Kurzbefundes vom 06. November 2006 jedoch von einer "Fraktur der Handgelenke" ausgegangen ist, die definitiv nicht vorgelegen hat.
Es war auch nicht erforderlich, das von der Klägerin geforderte "Maschinengutachten" einzuholen. Sämtliche Gutachter sind bei der Beurteilung der Frage, welche derzeit noch bestehenden Beeinträchtigungen auf den Unfall zurückgeführt werden können, von dem durch die Klägerin geschilderten Unfallhergang ausgegangen, ohne hiervon irgendwie abzuweichen. Die Klägerin hatte geschildert, mit beiden Händen bis zu den Fingerwurzeln in die Walzen der Maschine hineingezogen worden zu sein. Dieser Hergang wurde von den Gutachtern zugrunde gelegt. Ein Sachverständigengutachten ist jedoch grundsätzlich nicht geeignet, einen Unfallhergang zu belegen, welcher nicht einmal vom Kläger bzw. von der Klägerin behauptet worden ist. Hierbei handelt es sich vielmehr um sog. Anknüpfungstatsachen, die auch ein fachunkundiger Dritter bekunden kann, diese sind gemäß § 118 Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 404 a Abs. 3 ZPO dem Sachverständigen vom Gericht für dessen Begutachtung vorzugeben, ihre Feststellung fällt jedoch nicht in die Kompetenz des Sachverständigen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 118 Rdnr. 11 l). Abgesehen davon könnte ein derartiges "Maschinengutachten" auch keine Verletzungen belegen, die ärztlicherseits zu keinem Zeitpunkt durch irgendjemanden festgestellt worden sind.
Nicht entscheidungserheblich war damit nach allem, ob die Unterlagen über Behandlungen und Arbeitsunfähigkeitszeiten, wie von der Klägerin vorgetragen, unvollständig sind. Denn jedenfalls sind die von der Klägerin derzeit geklagten Beschwerden im Bereich ihrer Hände nicht ursächlich auf den Unfall zurückzuführen, so dass Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung hierfür nicht zu erbringen sind.
Nach alledem war die Berufung daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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