L 12 KA 48/08

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 38 KA 217/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 48/08
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Bewertung der hausärztlichen Leistungen im EBM 2000 plus verstößt nicht gegen höherrangiges Recht
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 30. Januar 2008 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens

Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


In diesem Rechtsstreit geht es um die Höhe der hausärztlichen Honorare nach dem einheitlichen Bewertungsmaßstab in der ab dem 1. April 2005 geltenden Fassung (EBM 2000 plus).

Der Kläger nimmt als Allgemeinarzt in W. an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Mit Honorarbescheid vom 7. November 2005 setzte die Beklagte sein Honorar für das Quartal 2/05, das erste, in dem der EBM 2000 plus zur Anwendung kam, auf 72.568,14 EUR fest.
Der Kläger hat dagegen mit einem Formblatt des Bayer. Hausärzteverbandes Widerspruch eingelegt. Auf diesem Formblatt findet sich eine Reihe von sieben Gründen, von denen der Kläger die Gründe 1, 2, 3 und 5 angekreuzt hat. Nach Punkt 1) richtet sich der Widerspruch gegen die gesamte Abrechnung, da die Kostenkalkulation der hausärztlichen Tätigkeit gutachterlich nachgewiesen falsch sei, da die hausärztlichen Kosten im Vergleich zu vielen fachärztlichen Bereichen deutlich zu niedrig angesetzt worden seien, da die fehlende Delegierbarkeit hausärztlicher Leistungen und die deutlich höhere Arzt-Patienten-Kontaktfrequenz keine Berücksichtigung gefunden habe. Punkt 2) betraf die Bewertung der Besuche und Altenheimbesuche und die Punkte 3) und 5) die EBM-Nrn. 01732 sowie 03350 und 03351. Diese sind nicht mehr streitig.

Die Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 2006 den Widerspruch zurückgewiesen. In der Begründung heißt es unter anderem, der Bewertungsausschuss habe mit Beschluss vom 29.04.2004 die Einführung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes zum 1. April 2005 beschlossen. Dieser bestimme nach § 87 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz Fünftes Buch (SGB V) den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander. Er sei in regelmäßigen Zeitabständen darauf hin zu überprüfen, ob die Leistungsbeschreibungen und ihre Bewertung noch dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik sowie dem Erfordernis der Rationalisierung im Rahmen wirtschaftlicher Leistungserbringung entspreche. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 15. Mai 2002 (Az.: B 6 KA 33/01 R) beschränke sich der EBM aber nicht nur auf die Funktion eines bloßen Leistungs- und Bewertungsverzeichnisses (vgl. BSG vom 17. September 1997, Az.: 6 RKA 36/97). Vielmehr handle es sich um ein aus mehreren Elementen bestehendes Bewertungssystem, das unterschiedlichen und teilweise gegenläufigen gesetzlichen Zielvorgaben gerecht werden müsse. Der gesetzliche Auftrag des Bewertungsausschusses erschöpfe sich nicht in einer Leistungsbewertung nach betriebswirtschaftlichen oder sonstigen kalkulatorischen Gesichtspunkten, sondern schließe die Möglichkeit ein, über die Definition und Bewertung ärztlicher Verrichtungen auch eine Steuerung des ärztlichen Leistungsverhaltens zu bewirken. Diesbezüglich habe der Bewertungsausschuss einen weiten Gestaltungsspielraum. Die Höhe des jährlichen kalkulatorischen Arztlohns sei durch Beschluss des erweiterten Bewertungsausschusses vom 10. Dezember 2003 (DÄ Heft 1 - 2 vom 5. Januar 2004) bundesweit einheitlich vorgegeben. Die Regelungen des EBM seien als Bestandteil der Bundesmantelverträge und der Gesamtverträge für die Beklagte verbindlich und im Honorarbescheid ordnungsgemäß umgesetzt worden.

Dagegen hat der Kläger durch seine Bevollmächtigten Klage zum Sozialgericht München erhoben. Die Bewertung der einzelnen Leistungen des EBM 2000 plus basiere auf einer betriebswirtschaftlichen Kalkulation der Praxiskosten der einzelnen Fachgruppen. Bei zahlenförmigen Normen, die an tatsächliche Verhältnisse anknüpften, sei die Gestaltungsfreiheit des Normsetzers nicht unbegrenzt, insbesondere dann nicht, wenn auf tatsächliche Verhältnisse Bezug genommen werde, wie dies bei den Kostensätzen der Fall sei. Nach einem in einem Parallelverfahren vorgelegten Gutachten der Ludwigs-Maximilans-Universität B-Stadt (Prof. Dr. Fahrmeier) vom 2. September 2004, das von der Beklagten in Auftrag gegeben worden sei und nach dem weiter vorgelegten Gutachten der Beratungsgesellschaft für angewandte Systemforschung, Tayler Nelson Sofres (TNS) vom Februar 2006, das von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in Auftrag gegeben worden sei, werde deutlich, dass der EBM 2000 plus diese Grenze überschreite. Die Gruppe der Hausärzte werde bei der Honorierung bewusst benachteiligt. Die der Bewertung zugrunde liegende Schätzung der durchschnittlichen Kosten pro Arzt für die verschiedenen Fachgruppen weise unter statisch methodischen Gesichtspunkten gravierende Mängel auf, so Prof. Dr. Fahrmeier im Gutachten vom 02.09.2004. Bei der Ermittlung der Kostenwerte habe man sich von Datenmaterialien leiten lassen, die bereits in den Jahren 1993 bis 1995 gewonnen worden seien und dann auf das Jahr 2000 hochgerechnet worden seien. Diese Kostenwerte seien insbesondere fehlerhaft, weil das Datenmaterial veraltet sei und auf einer getrennten Erhebung für alte und neue Bundesländer beruhe, wobei nur die alten Länder in die Kostenerhebung eingegangen seien, weil die Gewichtung nicht methodisch-statistisch begründet vorgenommen worden sei und auch die Aufdatierung bzw. Aktualisierung der Daten methodisch zweifelhaft erfolgt sei. Selbst wenn man diese gutachterlich bestätigten Mängel noch hinnehmen wolle, blieben folgende weitere gravierende Mängel: Mangelnde Qualität und Repräsentativität der Daten, systematische Verzerrung der Schätzungen, Ungenauigkeit durch Stichprobendefizite. Es sei evident, dass der Kläger, der der Gruppe der Hausärzte zugehörig sei, dadurch gegenüber anderen Gruppen willkürlich und unsachgemäß benachteiligt worden sei. Das TNS-Gutachten vom Februar 2006 führe dazu aus, die empirische Datengrundlage sei zum Zeitpunkt der Entwicklung defizitär gewesen und es habe teilweise normative Vorgaben als Resultat von Verhandlungen im Bewertungsausschuss gegeben. Die in § 87 SGB V geforderte relative Bewertung der einzelnen Leistungen hätte unter Berücksichtigung des Zeitaufwands nach dem Durchschnittsprinzip auf der Basis einer Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung für 29 Praxisbetriebsmodelle umgesetzt werden sollen. Damit hätten die Kosten der Leistungen für die vertragsärztliche Versorgung vollständig erfasst und verteilt, verursachungs- bzw. beanspruchungsgerecht zugerechnet, transparent und nachvollziehbar kalkuliert und wirtschaftlich verteilt werden sollen. Diese Anforderungen erfülle die vorgenommene Kostenermittlung und mithin der EBM 2000 plus nicht. Die zugrunde gelegten Praxiskosten je Stunde bei den Hausärzten in Höhe von 94,18 DM sei nach alldem und vor allem in Relation zu den ermittelten Praxiskosten der anderen Arztgruppen willkürlich bestimmt. Die Kosten einer modernen an den Erfordernissen einer suffizienten Versorgung der Bevölkerung ausgerichteten Hausarztpraxis seien nicht geringer als beispielsweise die Kosten einer Pneumologen-, Angiologen-, Rheumatologen- oder Gastroenterologenpraxis, bei denen der EBM 2000 plus von Praxiskosten je Stunde in Höhe von durchschnittlich 145,09 DM ausgehe. Erschwerend komme hinzu, dass die Aufdatierung der Kosten auf das Jahr 2000 fehlerhaft vorgenommen worden sei. Das Gutachten von TNS stelle dazu fest, die Kostenarten und nicht die Kostenstellen seien fortgeschrieben worden. Veränderungen der Gesamtstrukturen seien nicht erfasst. Die Plausibilität der inneren Kostenstruktur (verschiedene Umsatzklassen der gleichen Fachrichtung) und der äußeren Kostenstruktur (verschiedene Stichproben) beinhalte keine fachübergreifende Prüfung. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass die Schätzung der durchschnittlichen Kosten pro Arzt, die für die jeweilige Vergleichsgruppe die Grundlage der Honorarverteilung der Ärzte der verschiedenen Fachgruppen sei, willkürlich und fehlerhaft, mithin nicht zu gebrauchen sei und zu ungerechten Ergebnissen führe, die zudem aufgrund fehlender Dokumentation nicht mehr objektiv nachvollziehbar seien. Damit sei die Festsetzung nicht willkürfrei. Der Bewertungsausschuss habe die Grenzen des ihm aufgrund seiner Normsetzungskompetenz zustehenden Entscheidungsspielraum überschritten.
Durch die Festsetzung des Honorars auf der Grundlage des EBM 2000 plus werde auch der sich aus Art.12 Abs.1 Satz 1 i.V.m. Art.3 Abs.1 Satz 1 Grundgesetz (GG) ergebende Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit verletzt. Das Minimum der Angemessenheit der Vergütung werde unterschritten. Der Hausarzt sei nicht mehr in der Lage, seine Versorgungsaufgabe gemessen an den einzelnen Leistungen rentabel zu erfüllen. Die Rentabilität der Arztpraxen sei aber Maßstab für die Gesamtvergütung. Zudem sei der Bewertungsausschuss gemäß § 87 Abs.2a SGB V verpflichtet, einer fortschreitenden Zergliederung der vertragsärztlichen Vergütung in eine ständig zunehmende Zahl von Vergütungspositionen entgegenzuwirken und die Grundlagen für eine gezielte Verbesserung der hausärztlichen Vergütung zu schaffen. Durch das von der Beklagten aufgrund der falschen Kostenansätze festgesetzte Honorar des Klägers für das Quartal 2/05 werde dem Gebot der angemessenen Vergütung nicht entsprochen.

Die Beklagte hat dem unter anderem entgegengehalten, dass ein Vergleich des Honorars des Klägers nach Einführung des EBM 2000 plus mit dem Vorjahresquartal 2/04 keine negative Auswirkung erkennen lasse. Vielmehr sei das Honorar um circa 4 % gestiegen, obgleich die Fallzahl von 1.323 auf 1.312 Fälle leicht gesunken sei.

Die zu 2) beigeladene Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat dazu mit Schriftsatz vom 7. Januar 2008 ausgeführt, die Bewertung der einzelnen Leistungen des EBM setze sich aus einem Bestandteil für die ärztliche Leistung einerseits und einer Kompensation für den zur Leistungserstellung notwendigen Ressourcenaufwand (technische Leistung) zusammen. Die Kalkulationsgrundlagen für die Bewertung des Anteils der ärztlichen Leistung seien einheitlich für alle Arztgruppen festgelegt. Die Bewertung des Anteils der technischen Leistungen sei auf der Basis der zur Verfügung stehenden Kostendaten arztgruppenspezifisch erfolgt. Bei der Ermittlung der Praxisbetriebskosten sei ausschließlich auf die Ergebnisse empirischer Erhebungen zurückgegriffen worden. In der von der KBV in Auftrag gegebenen und durch die MediTrust durchgeführte EBM-Praxiskostenstudie 2000 heiße es dazu, da durch einzelne Erhebungen nicht alle Fachgruppen erfasst und/oder nicht über alle Fachgruppen hinweg repräsentatives Datenmaterial geliefert worden sei, sei ein Datenpool gebildet worden, in dem die Aufwands- und Kostendaten teilweise sehr unterschiedlicher Erhebungen nach einem normativen Schlüssel berücksichtigt worden seien. Das höchste Gewicht sei der Erhebung durch das statistische Bundesamt beigemessen worden. Grundsätzlich seien in den Datenpool die Erhebungen folgender Institute eingeflossen und prozentual gewichtet worden:
Statistisches Bundesamt (60 %),
Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung (ZI) (30 %),
KPMG Deutsche Treuhandgesellschaft (5 %),
Rollende Kostenstudie (RoKo), durchgeführt durch die schweizerische Ärztekasse (5 %).

Dazu heiße es in der EBM-Praxiskostenstudie 2000 (MediTrust) weiter, trotz einer Reihe notwendiger (nachvollziehbar dokumentierter) Hilfsschritte, die erforderlich waren, um ein möglichst vollständiges, zeitnahes und realitätsgetreues Bild entwickeln zu können, könne der ermittelte Kosteninput als robustes Ergebnis eines durchaus komplexen Verfahrens angesehen werden. So hätten die Datenerhebungen bereits 1994 bzw. 1995 stattgefunden. Sie spiegelten Höhe und Struktur der Kosten von Arztpraxen im jeweiligen Erhebungsjahr wieder. Während eine approximative Aufdatierung der Kosten auf das Jahr 2000 möglich und auch zulässig erscheine, ließen sich eventuelle Strukturänderungen in den Kostenarten nicht abbilden. Gewisse Ungenauigkeiten seien bei einzelnen Daten somit einzuräumen. Sie seien nach Ansicht der Autoren jedoch mangels besserer Alternativen hinzunehmen, da die Kostenhöhe genau habe ermittelt werden können und die Kostenstrukturen der Praxisbetriebsmodelle in ihrer Gesamtheit hinreichend plausibel erschienen. Unschärfen bei Einzelergebnissen auf der Ebene der Kostenarten beträfen im Wesentlichen die Relation der Kosten untereinander; die letztlich vorzunehmende Bewertung der technischen Leistungen werde betragsmäßig davon kaum tangiert.
Bedingt durch die Größe und die Bedeutung der Gruppe der Hausärzte hätten alle vier Studien die Kosten der hausärztlichen Praxis erhoben. Deren Ergebnisse seien in das Standardbewertungssystem eingeflossen. Darüber hinaus seien die Ergebnisse der im Auftrag der Beklagten durch das Unternehmen McKinsey durchgeführten repräsentativen Erhebung der Praxiskosten im hausärztlichen Bereich für das Jahr 2000 herangezogen worden. Dadurch habe die Qualität der Datengrundlage weiter verbessert werden können. Insgesamt hätten sich nach Zusammenführung der Ergebnisse unter Berücksichtigung der notwendigen Anpassungen EBM-relevante Gesamtkosten in Höhe von 112.475 EUR pro Jahr ergeben. Grundsätzlich habe die Studie die Höhe der Kosten laut Datenpool sowie insbesondere auch die Relation der Höhe der Kosten in den einzelnen Kostenarten bestätigt.
Das statistische Bundesamt und das ZI erhöben seit vielen Jahren auf der Basis von Stichproben Daten zur Höhe der Kosten in den vertragsärztlichen Praxen. Aufgrund der Gewichtung dieser Kostenerhebungen (60 bzw. 30 %) stellten sie die wesentliche Grundlage der im Standardbewertungssystem verwendeten Kostengrundlagen dar. Von den Krankenkassen als Beteiligte im Bewertungsausschuss sei ein Gutachten zur Prüfung der Kostenkalkulation und Bewertung ärztlicher Leistungen im EBM 2000 plus in Auftrag gegeben worden. Dies sei von der Firma PriceWaterhouseCoopers Unternehmensberatung GmbH erstellt worden und habe die Kalkulationssystematik des EBM 2000 plus bestätigt.
Das im Auftrag der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns erstellte Gutachten der LMU B-Stadt kritisiere, dass die von der KBV ermittelte Schätzung der durchschnittlichen Kosten pro Arzt für die verschiedenen Gruppen unter statistisch-methodischen Gesichtspunkten gravierende Mängel aufweise. Dieses Gutachten sei ohne Kenntnis über den Kosten-Datenpool des Standardbewertungssystems erstellt worden. Eine konkrete Beurteilung der verwendeten Kostenschätzer sei daher nicht möglich. Auf Seite 1 des Gutachtens heiße es, da aufgrund fehlender Dokumentation der Vorgehensweise zu vielen Sachverhalten keine schriftlichen Unterlagen vorlägen, müsse man an dieser Stelle auf Aussagen des Auftraggebers (KVB) und Abschlussfolgerungen aus den hier vorgestellten Unterergebnissen Bezug nehmen. Es handle sich demnach bei dem Gutachten der LMU um ein wirtschaftstheoretisches Gutachten, das mangels Kenntnis nicht auf die konkreten Schätzer im EBM-Kostendatenpool eingehen konnte.
Die KBV habe nach Einführung des EBM 2000 plus die Arbeitsgemeinschaft TNS/BASYS mit der Evaluierung der Datengrundlagen des EBM 2000 plus und einer Plausibilitätsprüfung der Kalkulation der Leistungen beauftragt. Zur Erstellung des Gutachtens sei den Auftragnehmern in vollem Umfang Einsicht in das Standardbewertungssystem sowie die verwerteten Datengrundlagen gewährt worden. Diese Begutachtung sei zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen wie die EBM-Praxiskostenstudie 2000. Es werde dort ausgeführt, dass die Stichprobengröße und die Repräsentativität der Stichprobe in den einzelnen Praxisbetriebsmodellen unterschiedlich seien. Im Ergebnis benenne das Gutachten einzelne Fachgruppen, bei denen eine Nacherhebung notwendig erscheine. Es benenne auch diejenigen Arztgruppen für die aufgrund der Validität der Datengrundlage keine Nacherhebung notwendig sei. Dazu zähle insbesondere die Gruppe der Hausärzte.
Zusammenfassend stellt die Beigeladene zu 1) fest, dass alle Gutachten, bei denen die konkreten Datengrundlagen des EBM 2000 plus zur Verfügung standen, das Vorgehen des Bewertungsausschusses im Rahmen des Standardbewertungssystems bestätigt hätten. Keines der Gutachten komme zu dem Ergebnis, dass die zur Verfügung stehenden Kostendaten für die Hausärzte nicht oder nur eingeschränkt hätten verwendet werden dürfen. Im TNS/BASYS-Gutachten werde festgestellt, dass für die Gruppe der Hausärzte eine Nacherhebung nicht notwendig sei. Sowohl die Größe der Stichprobe als auch die Repräsentativität sei als sachgerecht bestätigt worden.
Aus Sicht der Beigeladenen sei bei keiner Betrachtung erkennbar, dass der Bewertungsausschuss den ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum überschritten habe.

Die Klägerseite hat in ihrer dazu wiederum abgegebenen Stellungnahme daran festgehalten, dass die Kosten einer Hausarztpraxis viel zu niedrig angesetzt worden seien. Davon seien die Beklagte und die Beigeladene zu 1) durch ein Rundschreiben des beratenden Fachausschusses informiert worden. Darin würden Gesamtkosten einer hausärztlichen Praxis in Höhe von 500.225,57 DM angesetzt gegenüber dem im Standardbewertungssystem eingestellten Wert von 219.982,78 DM. Es werden dann einzelne Leistungen, insbesondere die EBM Nr.01732 als unterbewertet dargestellt und auf einen Vertrag zwischen der AOK Bayern und der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft e.G. verwiesen.

Dem hat wiederum die Beigeladene zu 1) entgegengehalten, die Bewertung des EBM 2000 plus sei nicht deswegen insgesamt rechtswidrig, weil die Vergütung für eine bestimmte Leistung angeblich nicht kostendeckend sei, denn Basis der vertragsärztlichen Versorgung sei eine Mischkalkulation, was bedeute, dass es durchaus Leistungen geben könne, bei denen selbst für eine kostengünstig organisierte Praxis kein Gewinn zu erzielen sei. Entscheidend sei nämlich, dass der Vertragsarzt insgesamt Anspruch auf eine leistungsgerechte Teilhabe an der Gesamtvergütung habe. Die Konzeption des Fachausschusses beruhe auf einem normativen kalkulativen Ansatz. Dies wird anhand der Ermittlungen der Personalkosten dargestellt. Unabhängig von einer empirischen Beschäftigungsstruktur sei durch die Mitglieder des beratenden Fachausschusses die Anzahl des zu beschäftigenden Personals je Arzt als Soll vorgegeben. Darüber hinaus seien die Einstufungen nach dem gültigen Tarifverträgen für Arzthelferinnen vorgegeben worden. Hieraus resultiere nach den normativen Vorgaben des beratenden Fachausschusses für die Personalkosten ein Gesamtbetrag, für den zusätzlich ein 10 %-iger Aufschlag zu gewähren sei, in Höhe von 87.713,52 EUR. Dieser normative Ansatz beschreibe weder die konkrete Kostenstruktur noch den Betrag der Personalkosten in der Arztpraxis des Klägers. Grundlage der im EBM 2000 plus verwendeten Kosten bildeten empirische Kostenerhebungen in Vertragsarztpraxen. Bei der speziell für die Modellierung des Kostenansatzes für Hausarztpraxen dem EBM zugrunde gelegte Kostenstruktur seien die Daten aus der Kostenerhebung des Statistischen Bundesamtes, des ZI, einer Kostenerhebung der KPMG im Auftrag der Beigeladenen zu 1), der RoKo in der Schweiz und eine durch die Beklagte in Auftrag gegebene Kostenerhebung in bayerischen Hausarztpraxen verwendet worden. Bei dieser Vorgehensweise mit Berücksichtigung von tatsächlich aufgebrachten Kosten zum Betrieb einer Hausarztpraxis in einer Stichprobe von mehreren 1000 Praxen sei der Willkür wesentlich weniger Spielraum gelassen, als in dem normativen Ansatz des beratenden Fachausschusses für die hausärztliche Versorgung, in dem zehn Mitglieder die Kostenstruktur einschätzten.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mit Urteil vom 30. Januar 2008 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen führt es aus, dass dem Bewertungsausschuss ein weiter Gestaltungsspielraum zu stehe von dem dieser in zulässiger Weise Gebrauch gemacht habe. Wie die Beigeladene zu 1) ausführe, setze sich die Bewertung der einzelnen Leistungen des EBM aus einem Bestandteil für ärztliche Leistungen und einer Kompensation für den zur Leistungserstellung notwendigen Ressourcenaufwand (technische Leistung) zusammen. In Zusammenführung der Daten des Statistischen Bundesamtes (60 %), des ZI (30 %), der KPMG (5 %) und der RoKo (5 %) gehe der Bewertungsausschuss bei den Hausärzten von EBM-relevanten Gesamtkosten in Höhe von 112.474 EUR aus. Dies sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die Vorgehensweise des Ausschusses zeige, dass nicht willkürlich Kosten zugrunde gelegt worden seien, sondern versucht worden sei, die konkrete Kostensituation aufgrund sorgfältiger ermittelter Daten im Rahmen der Bewertung abzubilden. Es sei nicht zu beanstanden, dass das Datenmaterial bereits aus den Jahren 1993 bis 1994 stamme. Hierzu sei zu bemerken, dass dieses nach wie vor Gültigkeit besitze, zumal die damals erhobenen Daten entsprechend angepasst worden seien und keine erheblichen strukturellen Veränderungen festzustellen seien. Insgesamt teile das SG die Auffassung, die auch in der EBM-Praxiskostenstudie 2000 ihren Niederschlag finde, wonach der ermittelte Kosten-Input als robustes Ergebnis eines durchaus komplexen Verfahrens angesehen werden könne. Auch eine approximative Aufdatierung der Kosten auf das Jahr 2000 erscheine möglich und zulässig. Gewisse Ungenauigkeiten seien mangels einer besseren Alternative hinzunehmen. Die Datenerhebung beruhe auf einem Datenpool, der nach Auffassung des SG eine breite und aussagekräftige Datengrundlage darstelle. Die Anzahl der untersuchten Hausärzte habe auch die notwendige Stichprobengröße überstiegen. Für eine systematische Verzerrung der Schätzung gebe es keinerlei Anhaltspunkte. Für die Sichtweise der Klägerseite spreche einzig und allein das Gutachten der LMU B-Stadt, das dem Kostenansatz unter statistisch-methodischen Gesichtspunkten gravierende Mängel bescheinige. Die dort geäußerten Kritikpunkte seien aber nicht geeignet, die Auffassung des Gerichts ernsthaft in Frage zu stellen. Denn es werde in dem Gutachten selbst eingeräumt, dass zu vielen Sachverhalten keine schriftlichen Unterlagen vorgelegen hätten. Man müsse sich daher an diesen Stellen an Aussagen der Auftraggeber beziehen. Es hätten keine Kenntnisse über den Datenpool vorgelegen. Es sei auch nicht gänzlich auszuschließen, dass dieses Gutachten eine völlig andere Zielrichtung habe. Andererseits lägen vier Gutachten vor, die die Kostenkalkulation, wie sie der Bewertungsausschuss zugrunde gelegt habe, nicht beanstandet. Es handle sich dabei auch um renommierte Institute bzw. Institutionen, so McKinsey, PriceWaterhouse und TNS Health Care: Letzteres Gutachten sei zu einem Zeitpunkt erstellt worden, als der EBM 2000 plus bereits in Kraft war, weshalb ihm eine besondere Aussagekraft zukomme. Dort würden zwar vereinzelt Nacherhebungen gefordert. Diese beträfen jedoch gerade nicht die Hausärzte. Eine geeignete Alternative stelle jedenfalls die Kostenkalkulation der Klägerseite nicht dar. Zutreffend weise die Beigeladene zu 1) darauf hin, dass bei der Vorgehensweise des Bewertungsausschusses mit der Berücksichtigung von tatsächlich aufgebrachten Kosten zum Betrieb einer Haushaltspraxis in einer Stichprobe von mehreren 1000 Praxen der Willkür weniger Spielraum gelassen werde, als bei dem normativen Ansatz des beratenden Fachausschusses für die hausärztliche Versorgung, in dem zehn Mitglieder die Kostenstruktur einschätzten. Zu beachten sei ferner, dass es sich bei dem Abrechnungsquartal 2/05 um das erste Quartal nach Inkrafttreten des EBM 2000 plus handle. Es gelte deshalb der Grundsatz für Anfangs- und Erprobungsregelungen mit der Konsequenz, dass dem Bewertungsausschuss erweiterte Ermittlungs-, Erprobungs- und Umsetzungsspielräume zuzugestehen seien.

Gegen das ihm am 5. Mai 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger durch seine Bevollmächtigten am 4. Juni 2008 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. In der Begründung wird ausgeführt, der Kläger habe Anspruch auf eine tatsächliche, wirksame gerichtliche Kontrolle (Art.19 Abs.4 GG). Diese habe das SG ihm versagt mit der Argumentation, man habe sich in einem sog. Anfangs- und Erprobungsquartal befunden, in dem dem Normgeber ein erweiterter Ermittlungs-, Erprobungs- und Umsetzungsspielraum eingeräumt werde. Damit bleibe der effektive Rechtsschutz des Klägers auf der Strecke.
Auch wenn die gerichtliche Kontrolle auf die Überprüfung zu beschränken sei, ob der Bewertungsausschuss alle Arztgruppen nach denselben Maßstäben behandelt habe, und ob seine Festsetzungen inhaltlich frei von Willkür seien, hätte das SG aufgrund des im Parallelverfahren mit dem Az.: als Anlage vorgelegten Gutachten der LMU B-Stadt (Prof. Fahrmeier) vom 2. September 2004, das von der Beklagten selbst in Auftrag gegeben worden sei, und dem weiter vorgelegten Gutachten der Beratungsgesellschaft TNS vom Februar 2006, das von der Beigeladenen zu 1) in Auftrag gegeben worden sei, annehmen müssen, dass der beschlossene EBM 2000 plus die vom Gericht zu prüfenden Grenzen überschreite. Zur Sache wird im Wesentlichen das Vorbringen aus dem Klageverfahren wiederholt. Die vorgenommenen Schätzungen der durchschnittlichen Kosten seien willkürlich, was der Beklagten spätestens seit Ende 2004 bekannt sei. Gleichwohl sei sie erst zum 01.01.2008 ihrer gesetzlichen Verpflichtung gemäß § 87 Abs.2 Satz 2 SGB V nachgekommen und habe den zuvor beschlossenen EBM nachgebessert. Die im streitigen Quartal zugrunde gelegten Praxiskosten je Stunde bei den Hausärzten in Höhe von 94,18 DM seien in Relation zu den ermittelten Praxiskosten der anderen Arztgruppen willkürlich bestimmt worden. Der Hinweis auf das Anfangs- und Erprobungsquartal könne hier nicht überzeugen, denn offensichtlich Falsches und Willkürliches müsse nicht erprobt werden. Die Kosten einer modernen an den Erfordernissen einer suffizienten Versorgung der Bevölkerung ausgerichteten Hausarztpraxis seien keinesfalls geringer als die beispielsweise einer Pneumologen-, Angiologen-, Rheumatologen- oder Gastroenterologenpraxis, bei denen der EBM 2000 plus von Praxiskosten je Stunde von durchschnittlich 145,09 DM ausgehe. Ohne eine Anhebung des Punktwertes sei die Versorgung der Versicherten im hausärztlichen Bereich gefährdet.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts vom 30. Januar 2008 und den Honorarbescheid der Beklagten für das Quartal 2/05 vom 7. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Februar 2006 aufzuheben,
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen.

Die Beklagte sowie die Beigeladenen zu 1) und zu 2) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat liegen die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts München sowie die Berufungsakte vor. Außerdem wurde die Akte des SG B-Stadt mit dem Az.: beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Dieses Verfahren war von den Beteiligten ursprünglich - bis zur Rücknahme der Klage - als sogenanntes Musterverfahren vorgesehen und enthält unter anderem die in dem hiesigen Rechtsstreit von den Beteiligten, insbesondere von der Klägerseite in Bezug genommenen Gutachten und Stellungnahmen.



Entscheidungsgründe:


Die gemäß § 151 Abs.1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und statthafte (§ 143 SGG) Berufung ist zulässig aber unbegründet.

Die Beklagte hat das Honorar des Klägers auf der Grundlage des ab dem 1. April 2005 und mithin erstmals im hier streitgegenständlichen Quartal 2/05 geltenden EBM 2000 plus zutreffend festgesetzt. Die ordnungsgemäße Anwendung des EBM ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Vielmehr geht die Klägerseite davon aus, dass die Bewertung der vom Kläger als Hausarzt erbrachten und abgerechneten Leistungen im EBM 2000 plus in Relation zu den Leistungen anderer Arztgruppen zu niedrig sei und damit auch das Honorar des Klägers. Die Rede ist von einer willkürlichen Benachteiligung der Gruppe der Hausärzte. Eine solche vermag der Senat indessen nicht zu erkennen.

Rechtsgrundlage für den der Honorierung des Klägers und der anderen Vertragsärzte zugrunde liegenden einheitlichen Bewertungsmaßstab, hier den sog. EBM 2000 plus, der am 1. April 2005 in Kraft getreten ist, ist § 87 SGB V. Nach § 87 Abs.1 Satz 1 SGB V vereinbaren die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen durch Bewertungsausschüsse als Bestandteil der Bundesmantelverträge einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen und einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die zahnärztlichen Leistungen. Nach § 87 Abs.2 Satz 1 SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 14. November 2003 (BGBl I S.2190) bestimmt der einheitliche Bewertungsmaßstab den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander. Auf dieser Grundlage ist der ab 1. April 2005 geltende EBM 2000 plus hinsichtlich der hier streitgegenständlichen hausärztlichen Vergütung nicht zu beanstanden.

Wie von der Beigeladenen zu 1) mit Schriftsatz vom 7. Januar 2008 unwidersprochen vorgetragen wurde, setzt sich die Bewertung der einzelnen Leistungen des einheitlichen Bewertungsmaßstabes aus einem Bestandteil für die ärztliche Leistung einerseits und einer Kompensation für den zur Leistungserstellung notwendigen Ressourcenaufwand andererseits (technische Leistung) zusammen. Bei der Bewertung der ärztlichen Leistung geht der Bewertungsausschuss gemäß Beschluss des erweiterten Bewertungsausschusses vom 10. Dezember 2003 (DÄ vom 5. Januar 2004 Heft 1/2 A 65) von einem für alle Arztgruppen prinzipiell gleichen Arztlohn aus. Insoweit wird der EBM im vorliegenden Rechtsstreit nicht angegriffen. Anders ist es mit der Bewertung des technischen Anteils. Hier ist die Klägerseite der Meinung, dass dieser bei den Hausärzten bewusst zu deren Lasten zu niedrig angesetzt worden sei. Dies ist indessen nicht erkennbar. Wie von Seiten der Beigeladenen zu 1), die Vertragspartnerin im Bewertungsausschuss ist (§ 87 Abs.1 Satz 1 SGB V), unwidersprochen und nachvollziehbar dargelegt wurde, wurde zur Ermittlung der Kosten in den einzelnen Arztgruppen ein Datenpool gebildet, in den die Erhebungen des Statistischen Bundesamtes, des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI), der KPMG Deutsche Treuhandgesellschaft und der sog. Rollenden Kostenstudie (RoKo) der schweizerischen Ärztekasse eingeflossen sind. Diese Daten wurden in der Auswertung entsprechend ihrer angenommenen Validität gewichtet. Dabei wurde der Kostenerhebung des Statistischen Bundesamtes aufgrund ihres Charakters als amtliche Statistik die höchste Validität beigemessen. Diese Daten wurden zu 60 % bei der Entscheidung herangezogen. An zweiter Stelle stehen die Daten des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung, dem insoweit eine besondere Sachnähe beigemessen wurde (30 %). Für die beiden anderen genannten Datenquellen verbleiben jeweils 5 %. Diese Vorgehensweise, und auch insbesondere die vorgenommene Gewichtung erscheint dem Senat sachgerecht und jedenfalls als Basis einer normgeberischen Beurteilung und Ermessensausübung nicht zu beanstanden (vgl. BSG v. 15.05.2002, Az: B 6 KA 33/01 R, Rn.21).

Beanstandet wird auch tatsächlich von Klägerseite weniger die Gewichtung der herangezogenen Datenquellen, als vielmehr die Tatsache, dass die Daten auf Erhebungen in den Jahren 1994 und 1995 basieren. Dem wird von Seiten der Beigeladenen zu 1) zu Recht entgegengehalten, dass nicht die damals erhobenen Werte unverändert zugrunde gelegt wurden, sondern eine Hochrechnung auf die Zeit ab 2000 vorgenommen wurde. Wie dabei im Einzelnen vorgegangen wurde ist in dem bereits erwähnten Sachverständigengutachten von TNS Healthcare/ BASYS vom Februar 2006 S.16 (Bl.49 der beigezogenen Akte des SG B-Stadt mit dem Az.: ) dargestellt. Danach bildeten die Grundlage der Aufdatierung die Gesamtkostenerhebungen des ZI für eine Durchschnittspraxis der jeweiligen Arztgruppen in den Jahren !996, 1997 und 1998, die dann mit einer an der Zeitnähe orientierten Gewichtung (1996: 1x, 1997: 2x, 1998: 3x) auf das Jahr 2000 (in dem der EBM hätte in Kraft treten solle) aufdatiert wurden. Auch wenn dadurch - wie in dem Gutachten weiter ausgeführt wird -strukturelle Änderungen in den Kostenarten nicht abgebildet werden können, kann der Senat in dieser Vorgehensweise Willkür zu lasten der Hausärzte nicht erkennen.

Wenn von Klägerseite weiter gerügt wird, dass nur Daten aus den alten Bundesländern verwendet wurden, ist dem entgegenzuhalten, dass der Kläger sich hierauf jedenfalls nicht berufen kann, da seine Praxis in den alten Bundesländern liegt. Im Übrigen erscheint dies auch deswegen gerechtfertigt, weil relativ kurze Zeit nach der Wiedervereinigung mit einer Anpassung der Daten in den neuen Bundesländern an die der alten Bundesländer zu rechnen war. Die Werte der neuen Bundesländer waren insofern wesentlich weniger repräsentativ.

Zutreffend ist wohl, dass bei allen Erhebungen im Vergleich zur Gesamtzahl der jeweiligen Ärzte z.T. eher kleine Gruppen untersucht wurden, was nicht zuletzt auf die fehlende Mitwirkung der Ärzteschaft zurückzuführen ist.
Wenn der Bewertungsausschuss gleichwohl die vorhandenen Daten zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht hat, ist dies mangels geeigneter Alternativen nicht zu beanstanden. Auffallend ist, dass alle in den vorliegenden Rechtsstreit bzw. in das bereits genannte Parallelverfahren vor dem SG B-Stadt (Az.: ) eingebrachten Sachverständigengutachten oder Erhebungen in sich gewisse Widersprüche und Ungereimtheiten aufweisen und zu teilweise unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Das wird neben Problemen bei der Datengewinnung und Auswertung auch daran liegen, dass die Kosten, die bei der Erbringung gleicher oder ähnlicher ärztlicher Leistungen anfallen, je nach Praxis sehr unterschiedlich sein können. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Größe und die sachliche und personelle Ausstattung der Praxen, deren individuelle Ausrichtung, die Zusammensetzung des Patientengutes und nicht zuletzt auch die Behandlungsweise des/ der jeweiligen Praxisinhaber(s). Das kann aber nicht bedeuten, dass mangels unzureichender Datenbasis eine (Neu-) Bewertung der ärztlichen Leistungen schlechterdings nicht möglich wäre. Vielmehr ist der Bewertungsausschuss kraft des gesetzlichen Auftrages in § 87 SGB V gehalten, die ihm obliegende Bewertung ärztlicher Leistungen mangels alternativer Möglichkeiten auf der ihm zur Verfügung stehenden Datenbasis vorzunehmen.
Zumindest ist diese Vorgehensweise seitens des Gerichtes nicht zu beanstanden. Wie das BSG in seinem Urteil vom 15. Mai 2002 (Az.: B 6 KA 33/01 R) zur Festsetzung der Kostensätze bei Einführung der ab dem 3. Quartal 1997 geltenden Budgetregelung des EBM 96 ausführt, handelte es sich auch insoweit um einen Akt der Normsetzung mit der Folge, dass der Bewertungsausschuss einen weiten Gestaltungsspielraum hat, und dass seine Entscheidungen gerichtlich nur eingeschränkt zu überprüfen sind. Bei den Kostenanteilen handelt es sich um Näherungswerte, die aufgrund einer Bewertung der zur Verfügung stehenden, zum Teil erheblich voneinander abweichenden statistischen und betriebswirtschaftlichen Daten festgelegt worden sind. Wie jedem anderen Normsetzer steht auch dem Bewertungsausschuss bei der ihm überantworteten Rechtsfestsetzung Gestaltungsfreiheit zu, die grundsätzlich auch von der Rechtsprechung zu respektieren ist und von dieser nur in ‚Ausnahmefällen korrigiert werden darf (BSG a.a.O.). Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine gerichtliche Überprüfung gänzlich ausgeschlossen wäre. Insbesondere ist zu überprüfen, ob die Benachteiligung einer bestimmten Arztgruppe, hier angeblich der Hausärzte, vorliegt, und ob die Bewertung auf Willkür beruht. Beides vermag der Senat hier nicht zu erkennen.

Die Klägerseite beruft sich zum Beleg für die nach ihrer Meinung durch den EBM 2000 plus bewirkte gleichheitssatzwidrige Schlechterstellung der Gruppe der Hausärzte auf ein von der Beklagten in Auftrag gegebenes Gutachten der LMU B-Stadt (Prof. Fahrmeier) vom 2. September 2004 (Bl. 24 ff. der beigezogenen SG-Akte ). Zwar trifft es zu, dass dieses Gutachten in seiner Zusammenfassung zu dem Ergebnis kommt, dass die von der Beigeladenen zu 1) ermittelte Schätzung der durchschnittlichen Kosten pro Arzt für die verschiedenen Fachgruppen unter statistisch-methodischen Gesichtspunkten gravierende Mängel aufweise, die insgesamt eine höchst unzuverlässige Schätzung der Kostenstruktur ergäben. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass es sich bei diesem Gutachten um ein wissenschaftliche Analyse auf dem Gebiet der Statistik handelt, in der zwar die Methode der von der Beigeladenen zu 1) dargestellten Datenerhebung analysiert und kritisiert wird, aber andererseits auch zum Ausdruck kommt, dass die Mängel weitgehend auf dem Fehlen von exakten Daten beruhen, und gefordert wird, dass, um eine möglichst hohe Repräsentativität der Daten zu erzielen, die Antwortverweigerung der befragten Ärzte möglichst klein gehalten werden müsse. Dieser Forderung wird man schwerlich widersprechen können. Bei späteren Korrekturen (bzw. bei der zwischenzeitlich bereits erfolgten Neufassung des EBM) Sollte dem nach Möglichkeit Rechnung getragen werden. Für den hier streitigen EBM 2000 plus im Quartal 2/05 musste der Bewertungsausschuss mit den vorhandenen - möglicherweise lückenhaften - Daten auskommen.

Des Weiteren wird in dem Gutachten die Aufdatierung der Kosten als nicht nachvollziehbar bezeichnet. Unter Ziff. 4 (S. 13 des GA; a.a.O. Bl. 36) heißt es dazu aber, da man nicht wisse, wie die Aufdatierung durchgeführt worden sei, könne man sich zu diesem Punkt nur insoweit äußern, als solche Vorgänge so durchzuführen seien, dass sie reproduzierbar und auch für Außenstehende nachvollziehbar seien. Die Vorgehensweise bei der Aufdatierung ist in dem TNS/BASYS-Gutachten vom Februar 2006 auf S.16 (a.a.O. Bl.49) dargestellt. Den Sachverständigen der LMU war dies offenbar nicht bekannt (vgl. Einlassungen der Beigel. zu 1) vom 01.01.2008, Bl. 128 LSG-Akte). Eine den Gestaltungsspielraum überschreitende Fehleinschätzung durch den Bewertungsausschuss, durch die speziell die Hausärzte benachteiligt worden wären, lässt sich mit dem Gutachten der LMU vom 4. September 2004 jedenfalls nicht belegen.

Ähnliches gilt für das von der Beigeladenen zu 1) eingeholte Gutachten von TNS/BASYS vom Februar 2006, auf das sich sowohl die Klägerseite als auch die Beklagte und insbesondere die Beigeladene zu 1) berufen. Auch dieses Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass einige Stichproben der hier ursprünglich genutzten Datensätze (Statistisches Bundesamt, ZI, KPMG, RoKo) zu klein waren und versucht worden sei, zum Ausgleich von Datenlücken über Expertenurteile Grundlagen zu schaffen. Als Konsequenz könnten systematische Verzerrungen bei der Kalkulation einzelner Kostenstellen entstehen. Weiter kommt es zu dem Ergebnis, dass in bestimmten Bereichen Nacherhebungen notwendig seien. Dies betrifft allerdings nicht die Hausärzte, für die ausreichend Datenmaterial nach dem Ergebnis dieses Gutachtens vorliegt, sodass sich eine Irrtumswahrscheinlichkeit von nur 0,01% ergibt (vgl. S. 19, 20 TNS/BASYS, = Bl. 51 SG-Akte ). Auch damit lässt sich der klägerische Standpunkt nicht begründen.

Des Weiteren beruft sich die Klägerseite auf ein Rundschreiben des beratenden Fachausschusses der Hausärzte vom 7. Juni 2006, das sich ebenfalls in der beigezogenen Akte des SG mit dem Az.: befindet. Darin werden die jährlichen Gesamtkostenkosten einer hausärztlichen Praxis mit 500.225,57 DM beziffert gegenüber dem im Standartbewertungssystem eingestellten Betrag von 219.982,78 DM. Diese Arbeit wurde jedoch nicht auf der Grundlage von in Hausarztpraxen empirisch erhobenen Daten erstellt. Vielmehr haben die Autoren bestimmte Kosten etwa im Personalbereich abstrakt und nicht bezogen auf einzelne Praxen als erforderlich zugrunde gelegt und diese als Soll vorgegeben. Abgesehen davon, dass diese Aufstellung, die eher den Charakter eines Forderungskataloges hat, erst nach dem hier streitgegenständlichen Zeitraum verfasst wurde und sich nicht auf zurückliegende Zeiten bezieht, sondern auf das Jahr der Erstellung (2006), sind auch die dort genannten Zahlen weitgehend Schätzungen bzw. Forderungen, die dem Bewertungsausschuss naturgemäß noch nicht vorgelegen haben, und eine Fehlerhaftigkeit der Ermessensausübung durch den Bewertungsausschuss schon deswegen nicht zu begründen vermögen. Sie können allenfalls als Grundlage für Korrekturen des EBM bzw. für eine Neufassung dienen. Nach der Auffassung des Senats kommt den nach dem Standardbewertungssystem der Beigeladenen zu 1) verwerteten Daten eine höhere Objektivität zu.

Dafür spricht auch, dass eine im Auftrag der Beklagten durch das Unternehmen McKinsey durchgeführte "Repräsentative Erhebung der Praxiskosten im hausärztlichen Bereich für das Jahr 2000", die dem Senat zwar nicht vorliegt, deren Ergebnis aber von der Beigeladenen zu 1) eingebracht wurde (Schriftsatz vom 7. Januar 2008, Bl. 124 ff. der SG-Akte), und dem von den übrigen Beteiligten nicht widersprochen wurde, mit 215.773,67 DM zu einem ganz ähnlichen Ergebnis kommt, wie das Standardbewertungssystem (203.843,88 DM).

Der Senat kommt damit unter Würdigung des Vorbringens der Beteiligten und insbesondere auch der in diesem bzw. im Parallelrechtsstreit vorgelegten Erhebungen und Sachverständigengutachten zu dem Ergebnis, dass zwar die der Bewertung der hausärztlichen Vergütung zugrunde liegende Datenbasis nicht in vollem Umfang zu befriedigen vermag, und dass möglicherweise weitere Erhebungen ein zuverlässigeres Ergebnis ermöglicht hätten. Eine das normgeberische Ermessen überschreitende willkürliche Vorgehensweise, mit der insbesondere die Gruppe der Hausärzte in gleichheitswidriger Weise benachteiligt wird, vermag der Senat jedoch nicht zu erkennen. Zu bedenken ist an dieser Stelle, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Quartal um das erste Quartal handelte, in dem der EBM 2000 plus Anwendung gefunden hat, es sich somit um eine Anfangs- und Erprobungsregelung handelte, die gegebenenfalls der weitergehenden Überwachung und Korrektur bedarf (vgl. BSG. v. 16.05.2001, Az: B 6 KA 20/00 R = BSGE 88.126,138). Eine Nachbesserungspflicht kommt für das hier streitige Quartal demnach nicht in Betracht. Für spätere Quartale, die hier allerdings nicht Streitgegenstand sind, wäre eine solche wohl auch nicht anzunehmen, da der hier einschlägige EBM 2000 plus bereits seit Anfang des Jahres 2008 nicht mehr in Kraft ist.

Die von Klägerseite behauptete Gefährdung der hausärztlichen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung ist nicht erkennbar. Dies betrifft namentlich die Praxis des Klägers, in der das Honorar trotz eines geringfügigen Rückganges der Patientenzahl gegenüber dem Vergleichsquartal des Vorjahres geringfügig zugenommen hat. Dies wäre kaum denkbar, wenn bei der Kalkulation der hausärztlichen Leistungen tatsächlich ein erheblich zu niedriger Kostenanteil zugrunde gelegt worden wäre.
Auch für eine angeblich unangemessen niedrige Vergütung ergeben sich angesichts dieser Zahlen keine Anhaltspunkte. Außerdem kann aus dem Grundsatz der angemessenen Vergütung (§ 72 Abs.2 SGB V) ein Anspruch auf Vergütung in bestimmter Höhe nicht hergeleitet werden. (vgl. BSG Urteil vom 9. Dezember 2004, Az: B 6 KA 44/03 R Leits.5).

Eine weitere Ermittlung des Sachverhalts, insbesondere hinsichtlich der angeblichen Höhe von Hausarztkosten durch ein weiteres Gutachten seitens des Gerichts war nicht erforderlich, denn es handelt sich hier nicht um einen Akt der Tatsachenfeststellung, der vom Gericht voll zu überprüfen wäre, sondern um einen Akt der Normsetzung (vgl. BSG vom 15. Mai 2002, Az.: B 6 KA 33/01 R S.8).

Die Beiziehung der Akte des "Musterverfahrens" mit dem Az.: S 22 KA 229/06 erfolgte auf Veranlassung des Klägerbevollmächtigten, der auch den dortigen Kläger vertreten hat, und ist somit auch unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs.2 Verwaltungsgerichtsordnung. Danach fallen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt ...

Die Revision war nicht zuzulassen, da der streitgegenständliche EBM bereits seit dem 01.01.2008 nicht mehr gilt.
Rechtskraft
Aus
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