Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 732/08
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 52/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Honorarverteilungsmaßstab, der Honorareinbehalte aufgrund einer quartalsweise festzustellenden Restvergütungsquote vorsieht, die dann ggf. durch eine auf das Jahr bezogene Restvergütungsquote ausgeglichen werden, ist auch insoweit zulässig, als dadurch mehr als 5 % von dem tatsächlichen Honorar eines Quartals vorläufig einbehalten werden.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Beklagte berechtigt ist, mehr als 5 % von dem tatsächlichen Honorar eines Quartals vorläufig einzubehalten.
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis, bestehend aus einem Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie sowie drei Zahnärzten. Weiter ist ein Ausbildungsassistent in der Praxis tätig. Praxissitz ist A-Stadt.
Die Beklagte setzte mit der Vierteljahresabrechnung unter Datum vom 27.06.2008 für das Quartal I/08 den Gesamtumsatz auf 452.592,00 EUR fest. Den HVM-Einbehalt I/2008 – (KCH, PAR, KB) setzte sie auf 41.539,81 EUR fest.
Hiergegen legte die Klägerin am 31.07.2008 Widerspruch ein. Sie trug vor, bereits mit Widerspruch gegen die Quartalsabrechnung IV/07 habe sie geltend gemacht, dass der HVM-Einbehalt zu hoch angesetzt worden sei. Nunmehr ergebe sich, dass der HVM-Einbehalt 2007 53.770,10 EUR betrage. Demgegenüber seien aber tatsächlich 137.023,49 EUR, also 83.253,39 EUR zuviel einbehalten worden, die nunmehr erst ausgekehrt würden. Es werde daher geltend gemacht, dass die Honorareinbehalte deutlich zu hoch erfolgt seien.
Die Beklagte setzte für das Quartal II/08 mit Datum vom 29.09.2008 die gesamtvergütungsrelevante Abrechnung auf 349.727,82 EUR für den Bereich KCH/PAR/KB fest, die Restvergütungsforderung auf 180.815,94 EUR, den Restvergütungsminderungsprozentsatz auf 26,34 % und den HVM-Einbehalt auf 47.626,92 EUR fest.
Hiergegen legte die Klägerin am 15.10.2008 Widerspruch ein. Sie verwies auf ihren Widerspruch bezüglich des Vorquartals und hielt auch diesen Einbehalt für deutlich zu hoch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2008 wies die Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück. Darin führte sie aus, es sei nicht ersichtlich, weshalb in der Quartalsabrechnung und dem Kontoauszug bei den betreffenden Quartalen falsche EUR Angaben erfolgt sein sollten. Ob sich die eingelegten Widersprüche entgegen dem eindeutigen Wortlaut tatsächlich gegen die HVM-Mitteilungen und Berechnungen richten sollten, sei nicht Gegenstand des Widerspruchsverfahrens und mithin auch nicht zu bescheiden.
Hiergegen hat die Klägerin am 04.11.2008 die Klage erhoben. Sie ist weiterhin der Auffassung, die Höhe der Honorareinbehalte sei angesichts der zur Verfügung stehenden Summen zu hoch. Vermutlich würden die Einbehalte zinsgünstig angelegt werden. Sie habe jedoch einen Anspruch darauf, dass das Honorar in etwa der gleichen Größe gezahlt werde, wie es auch abgerechnet werde. Es handele sich nicht um einen einmaligen Vorgang, sondern dieser setzte sich fortlaufend fort. Der Einbehalt pro Jahr dürfte sich auf ca. 170.000,00 EUR belaufen und sei damit bei gleicher Abrechnung wie im Jahre 2007 um 90.000,00 EUR zu hoch. Es werde die Rechtswidrigkeit des HVV geltend gemacht. Jedenfalls fehle es an einer Begründung für den Honorareinbehalt.
Die Klägerin beantragt,
die Honorarbescheide I und II/08 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2008 aufzuheben und ihre Widersprüche unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
hilfsweise
festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, Einbehalte im Hinblick auf den Honorarverteilungsmaßstab von mehr als 5 % von dem tatsächlichen Honorar pro Quartal vorzunehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, ihre HVM-Mitteilung vollziehe die Regelungen nach den Ziffern 4.3 und 4.4 der Anlage A zum Honorarverteilungsmaßstab. Die Leistungen seien grundsätzlich gleichmäßig zu vergüten. Die Regelungen zur Restvergütung seien nicht sach- und gleichheitswidrig, da sie unterschiedliche Praxisstrukturen im Rahmen des Praxisstatus hinreichend berücksichtigten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragszahnärzte verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragszahnärzte handelt (§ 12 Abs. 3 S. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die zulässige Klage ist im Haupt- und Hilfsantrag unbegründet.
Die Honorarbescheide für die Quartale I und II/08 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2008 sind, soweit sie angefochten sind, rechtmäßig und waren daher nicht aufzuheben. Die Klage war daher im Haupt- und Hilfsantrag abzuweisen.
Die Honorarbescheide für die Quartale I und II/08 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2008 sind, soweit sie angefochten sind, rechtmäßig. Die Beklagte war berechtigt, einen Honorareinbehalt von mehr als 5 % festzusetzen.
Nach Nr. 4.3 des Honorarverteilungsmaßstabs vom 01.01.1996 mit Stand 01.07.2007, der seit Juli 2004 als Verteilungsmaßstab mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich vereinbart wurde (§ 85 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 SGB V), gilt, dass die zugrunde gelegte kalenderjährliche Gesamtvergütung und die errechneten individuellen Basisvergütungen je Praxis je Quartal mit 25 % festgelegt werden. Überschreitet die gesamtvergütungsrelevante Abrechnung eines Quartals die quartalsmäßig höchstzulässige Gesamtvergütung, werden Überschreitungen der Basisvergütung entsprechend 4.2 gekürzt. Nach Nr. 4.2 erfolgt die Kürzung anhand der Quote der verbleibenden Gesamtvergütung im Verhältnis zur Summe aller Restvergütungsforderungen. Insoweit besteht grundsätzlich eine Rechtsgrundlage für die Vorgehensweise der Beklagten, die diese auch zutreffend angewandt hat. Dies wird insoweit von der Klägerin auch nicht bestritten.
Nr. 4.3 Honorarverteilungsmaßstab ist rechtmäßig.
Nach § 85 Abs. 4 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung v. 20.12.1988, BGBl. I S. 2477 in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) v. 26.03.2007, BGBl. I S. 378 mit Gültigkeit ab 01.04.2007 (SGB V), verteilt die Kassenärztliche Vereinigung die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte (§ 85 Abs. 4 Satz 1 HS 1 SGB V). Sie wendet dabei ab dem 1. Juli 2004 den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen erstmalig bis zum 30. April 2004 gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden Verteilungsmaßstab an (§ 85 Abs. 4 Satz 2 HS 1 SGB V). Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zu Grunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zu Grunde zu legen (§ 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V). Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden (§ 85 Abs. 4 Satz 5 SGB V). Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes vorzusehen (§ 85 Abs. 4 Satz 6 SGB V). Insbesondere sind arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina) (§ 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V). Für den Fall der Überschreitung der Grenzwerte ist vorzusehen, dass die den Grenzwert überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten vergütet wird (§ 85 Abs. 4 Satz 8 SGB V).
Die Regelungen zur Restvergütungsminderung befinden sich im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben und sind grundsätzlich nicht zu beanstanden. Durch sie wird gewährleistet, dass die Honorarverteilung sich einem eventuell geringeren Gesamtvergütungsvolumen anpasst, indem dann entweder der Bereich der Honorierung nach den vollen – vertraglich vorgesehenen - Punktwerten stärker begrenzt wird und/oder die Restvergütungsquote entsprechend geringer ausfällt. Mit der Vorgabe einer individuellen Basisvergütung aufgrund fester Punktwerte gibt der HVM dem einzelnen Vertragsarzt für den streitbefangenen Leistungsbereich eine ausreichende Kalkulationssicherheit. Darüber hinausgehende Leistungen werden noch in dem Maß vergütet, als noch Mittel aus der Gesamtvergütung zur Verteilung zur Vergütung stehen; die Kürzung wird als Verhältnis der der KZVH verbleibenden Gesamtvergütung zur Summe der Restvergütungsforderungen errechnet (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 11.02.2009 – L 4 KA 20/06 –).
Dies gilt auch für die quartalsweise erfolgten Einbehalte. Durch sie wird sichergestellt, dass eine gleichmäßige Vergütungsverteilung für das ganze Jahr erfolgt. Ein Ausgleich erfolgt zum Jahresende durch eine einheitliche Restvergütungsquote. Die Einbehalte stellen sicher, dass entsprechend dieser einheitlichen Restvergütungsquote auch evtl. Honorarnachzahlungen erfolgen können und führt nicht zu Belastungen einzelner Praxen durch Honorarrückforderungen. Bei geringeren Honorareinbehalten liefe die Beklagte Gefahr, nach Abschluss der Jahresrechnung nicht sofort die Gelder zur Verfügung zu haben, die sie auszahlen muss. Die jahresbezogene Quotierung garantiert den Vertragszahnärzten eine Kalkulationssicherheit im Rahmen der individuellen Basisvergütung für das gesamte Jahr. Eventuelle Überzahlungen, die sich im Fall der Klägerin im Jahr 2007 auf ca. 6,9 % des Gesamthonorars beschränkt haben, haben die Vertragszahnärzte hinzunehmen. Würde die Beklagte die Quotierung quartalsweise endgültig vornehmen, so würde gerade die Klägerin insgesamt ein geringeres Honorar erhalten. Die Regelungen der Beklagten führen daher zu einer gleichmäßigeren Verteilung und gleichen Jahresschwankungen aus. Der Beklagten ist zum Zeitpunkt der Quartalsabrechnung nicht bekannt, welche Gelder sie tatsächlich zur Verfügung hat. Ausgehend von der Gesamtvergütung für das Vorjahr wird ein Viertel hiervon für jedes Quartal zur Verfügung gestellt. Wie viel die Beklagte von der einzelnen Krankenkasse erhält, hängt wesentlich von der erst nach Jahresende feststehenden Mitgliederzahl der Krankenkasse ab. Ebenso wenig ist der Beklagten vor Erstellung der Quartalsabrechnung bekannt, in welchem Umfang ihre Mitglieder Leistungen abgerechnet haben. Der jahresbezogene Verteilungsmaßstab hat für die Beklagte und insofern auch für die Vertragszahnärzteschaft den Vorteil, das quartalsbezogene Budgetüberschreitungen mit den anderen Quartalen verrechnet werden können. Gerade dies ist mit ein Grund dafür, dass es aufgrund einer niedrigeren endgültigen Restvergütungsquote zu Nachzahlungen für einzelne Vertragsärzte kommen kann. Von daher waren die Regelungen zu den Quartaleinbehalten nicht zu beanstanden.
Im Ergebnis war die Klage daher im Haupt- und Hilfsantrag unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Beklagte berechtigt ist, mehr als 5 % von dem tatsächlichen Honorar eines Quartals vorläufig einzubehalten.
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis, bestehend aus einem Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie sowie drei Zahnärzten. Weiter ist ein Ausbildungsassistent in der Praxis tätig. Praxissitz ist A-Stadt.
Die Beklagte setzte mit der Vierteljahresabrechnung unter Datum vom 27.06.2008 für das Quartal I/08 den Gesamtumsatz auf 452.592,00 EUR fest. Den HVM-Einbehalt I/2008 – (KCH, PAR, KB) setzte sie auf 41.539,81 EUR fest.
Hiergegen legte die Klägerin am 31.07.2008 Widerspruch ein. Sie trug vor, bereits mit Widerspruch gegen die Quartalsabrechnung IV/07 habe sie geltend gemacht, dass der HVM-Einbehalt zu hoch angesetzt worden sei. Nunmehr ergebe sich, dass der HVM-Einbehalt 2007 53.770,10 EUR betrage. Demgegenüber seien aber tatsächlich 137.023,49 EUR, also 83.253,39 EUR zuviel einbehalten worden, die nunmehr erst ausgekehrt würden. Es werde daher geltend gemacht, dass die Honorareinbehalte deutlich zu hoch erfolgt seien.
Die Beklagte setzte für das Quartal II/08 mit Datum vom 29.09.2008 die gesamtvergütungsrelevante Abrechnung auf 349.727,82 EUR für den Bereich KCH/PAR/KB fest, die Restvergütungsforderung auf 180.815,94 EUR, den Restvergütungsminderungsprozentsatz auf 26,34 % und den HVM-Einbehalt auf 47.626,92 EUR fest.
Hiergegen legte die Klägerin am 15.10.2008 Widerspruch ein. Sie verwies auf ihren Widerspruch bezüglich des Vorquartals und hielt auch diesen Einbehalt für deutlich zu hoch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2008 wies die Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück. Darin führte sie aus, es sei nicht ersichtlich, weshalb in der Quartalsabrechnung und dem Kontoauszug bei den betreffenden Quartalen falsche EUR Angaben erfolgt sein sollten. Ob sich die eingelegten Widersprüche entgegen dem eindeutigen Wortlaut tatsächlich gegen die HVM-Mitteilungen und Berechnungen richten sollten, sei nicht Gegenstand des Widerspruchsverfahrens und mithin auch nicht zu bescheiden.
Hiergegen hat die Klägerin am 04.11.2008 die Klage erhoben. Sie ist weiterhin der Auffassung, die Höhe der Honorareinbehalte sei angesichts der zur Verfügung stehenden Summen zu hoch. Vermutlich würden die Einbehalte zinsgünstig angelegt werden. Sie habe jedoch einen Anspruch darauf, dass das Honorar in etwa der gleichen Größe gezahlt werde, wie es auch abgerechnet werde. Es handele sich nicht um einen einmaligen Vorgang, sondern dieser setzte sich fortlaufend fort. Der Einbehalt pro Jahr dürfte sich auf ca. 170.000,00 EUR belaufen und sei damit bei gleicher Abrechnung wie im Jahre 2007 um 90.000,00 EUR zu hoch. Es werde die Rechtswidrigkeit des HVV geltend gemacht. Jedenfalls fehle es an einer Begründung für den Honorareinbehalt.
Die Klägerin beantragt,
die Honorarbescheide I und II/08 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2008 aufzuheben und ihre Widersprüche unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
hilfsweise
festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, Einbehalte im Hinblick auf den Honorarverteilungsmaßstab von mehr als 5 % von dem tatsächlichen Honorar pro Quartal vorzunehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, ihre HVM-Mitteilung vollziehe die Regelungen nach den Ziffern 4.3 und 4.4 der Anlage A zum Honorarverteilungsmaßstab. Die Leistungen seien grundsätzlich gleichmäßig zu vergüten. Die Regelungen zur Restvergütung seien nicht sach- und gleichheitswidrig, da sie unterschiedliche Praxisstrukturen im Rahmen des Praxisstatus hinreichend berücksichtigten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragszahnärzte verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragszahnärzte handelt (§ 12 Abs. 3 S. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die zulässige Klage ist im Haupt- und Hilfsantrag unbegründet.
Die Honorarbescheide für die Quartale I und II/08 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2008 sind, soweit sie angefochten sind, rechtmäßig und waren daher nicht aufzuheben. Die Klage war daher im Haupt- und Hilfsantrag abzuweisen.
Die Honorarbescheide für die Quartale I und II/08 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2008 sind, soweit sie angefochten sind, rechtmäßig. Die Beklagte war berechtigt, einen Honorareinbehalt von mehr als 5 % festzusetzen.
Nach Nr. 4.3 des Honorarverteilungsmaßstabs vom 01.01.1996 mit Stand 01.07.2007, der seit Juli 2004 als Verteilungsmaßstab mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich vereinbart wurde (§ 85 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 SGB V), gilt, dass die zugrunde gelegte kalenderjährliche Gesamtvergütung und die errechneten individuellen Basisvergütungen je Praxis je Quartal mit 25 % festgelegt werden. Überschreitet die gesamtvergütungsrelevante Abrechnung eines Quartals die quartalsmäßig höchstzulässige Gesamtvergütung, werden Überschreitungen der Basisvergütung entsprechend 4.2 gekürzt. Nach Nr. 4.2 erfolgt die Kürzung anhand der Quote der verbleibenden Gesamtvergütung im Verhältnis zur Summe aller Restvergütungsforderungen. Insoweit besteht grundsätzlich eine Rechtsgrundlage für die Vorgehensweise der Beklagten, die diese auch zutreffend angewandt hat. Dies wird insoweit von der Klägerin auch nicht bestritten.
Nr. 4.3 Honorarverteilungsmaßstab ist rechtmäßig.
Nach § 85 Abs. 4 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung v. 20.12.1988, BGBl. I S. 2477 in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) v. 26.03.2007, BGBl. I S. 378 mit Gültigkeit ab 01.04.2007 (SGB V), verteilt die Kassenärztliche Vereinigung die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte (§ 85 Abs. 4 Satz 1 HS 1 SGB V). Sie wendet dabei ab dem 1. Juli 2004 den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen erstmalig bis zum 30. April 2004 gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden Verteilungsmaßstab an (§ 85 Abs. 4 Satz 2 HS 1 SGB V). Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zu Grunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zu Grunde zu legen (§ 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V). Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden (§ 85 Abs. 4 Satz 5 SGB V). Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes vorzusehen (§ 85 Abs. 4 Satz 6 SGB V). Insbesondere sind arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina) (§ 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V). Für den Fall der Überschreitung der Grenzwerte ist vorzusehen, dass die den Grenzwert überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten vergütet wird (§ 85 Abs. 4 Satz 8 SGB V).
Die Regelungen zur Restvergütungsminderung befinden sich im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben und sind grundsätzlich nicht zu beanstanden. Durch sie wird gewährleistet, dass die Honorarverteilung sich einem eventuell geringeren Gesamtvergütungsvolumen anpasst, indem dann entweder der Bereich der Honorierung nach den vollen – vertraglich vorgesehenen - Punktwerten stärker begrenzt wird und/oder die Restvergütungsquote entsprechend geringer ausfällt. Mit der Vorgabe einer individuellen Basisvergütung aufgrund fester Punktwerte gibt der HVM dem einzelnen Vertragsarzt für den streitbefangenen Leistungsbereich eine ausreichende Kalkulationssicherheit. Darüber hinausgehende Leistungen werden noch in dem Maß vergütet, als noch Mittel aus der Gesamtvergütung zur Verteilung zur Vergütung stehen; die Kürzung wird als Verhältnis der der KZVH verbleibenden Gesamtvergütung zur Summe der Restvergütungsforderungen errechnet (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 11.02.2009 – L 4 KA 20/06 –).
Dies gilt auch für die quartalsweise erfolgten Einbehalte. Durch sie wird sichergestellt, dass eine gleichmäßige Vergütungsverteilung für das ganze Jahr erfolgt. Ein Ausgleich erfolgt zum Jahresende durch eine einheitliche Restvergütungsquote. Die Einbehalte stellen sicher, dass entsprechend dieser einheitlichen Restvergütungsquote auch evtl. Honorarnachzahlungen erfolgen können und führt nicht zu Belastungen einzelner Praxen durch Honorarrückforderungen. Bei geringeren Honorareinbehalten liefe die Beklagte Gefahr, nach Abschluss der Jahresrechnung nicht sofort die Gelder zur Verfügung zu haben, die sie auszahlen muss. Die jahresbezogene Quotierung garantiert den Vertragszahnärzten eine Kalkulationssicherheit im Rahmen der individuellen Basisvergütung für das gesamte Jahr. Eventuelle Überzahlungen, die sich im Fall der Klägerin im Jahr 2007 auf ca. 6,9 % des Gesamthonorars beschränkt haben, haben die Vertragszahnärzte hinzunehmen. Würde die Beklagte die Quotierung quartalsweise endgültig vornehmen, so würde gerade die Klägerin insgesamt ein geringeres Honorar erhalten. Die Regelungen der Beklagten führen daher zu einer gleichmäßigeren Verteilung und gleichen Jahresschwankungen aus. Der Beklagten ist zum Zeitpunkt der Quartalsabrechnung nicht bekannt, welche Gelder sie tatsächlich zur Verfügung hat. Ausgehend von der Gesamtvergütung für das Vorjahr wird ein Viertel hiervon für jedes Quartal zur Verfügung gestellt. Wie viel die Beklagte von der einzelnen Krankenkasse erhält, hängt wesentlich von der erst nach Jahresende feststehenden Mitgliederzahl der Krankenkasse ab. Ebenso wenig ist der Beklagten vor Erstellung der Quartalsabrechnung bekannt, in welchem Umfang ihre Mitglieder Leistungen abgerechnet haben. Der jahresbezogene Verteilungsmaßstab hat für die Beklagte und insofern auch für die Vertragszahnärzteschaft den Vorteil, das quartalsbezogene Budgetüberschreitungen mit den anderen Quartalen verrechnet werden können. Gerade dies ist mit ein Grund dafür, dass es aufgrund einer niedrigeren endgültigen Restvergütungsquote zu Nachzahlungen für einzelne Vertragsärzte kommen kann. Von daher waren die Regelungen zu den Quartaleinbehalten nicht zu beanstanden.
Im Ergebnis war die Klage daher im Haupt- und Hilfsantrag unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
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