L 12/13 RA 1348/00

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 9 RA 635/98
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 12/13 RA 1348/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 25. September 2000 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben sich einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab Oktober 1997 aus der Pflichtversicherung zu ihr zu befreien. Der 1937 geborene Kläger kündigte mit Schreiben vom 7. Oktober 1997 seine Rentenversicherungs-Mitgliedschaft zur Beklagten und dem damit verbundenen Zwang zur Entrichtung von monatlich abzuführenden Beiträgen. Er bezog sich dazu auf eine Pressemitteilung, wonach es Angestellten der Landesbanken Sch. und N. empfohlen worden sei,"aus dem versklavenden System der Rentenversicherung der BfA auszusteigen." Die Beklagte wies dies mit Bescheid vom 16. Oktober 1997 zurück. Der Kläger gehöre nicht zu Berufsgruppen, für die besondere Versorgungswerke eingerichtet seien. Den am 13. November 1997 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit dem Widerspruchsbescheid vom 17. März 1998 zurück. Der Kläger sei Angestellter in einem privaten Wirtschaftsunternehmen; er könne daher nicht den Mitarbeitern der genannten Landesbanken gleichgestellt werden.

Gegen den am gleichen Tage abgesandten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 15. April 1998 bei dem Sozialgericht Darmstadt (SG) Klage erhoben. Das SG hat die Klage durch Urteil vom 25. September 2000 aus den Gründen der angefochtenen Bescheide abgewiesen. Ergänzend hat es ausgeführt: Die Regelungen nach § 7 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) bzw. § 6 des Sozialgesetzbuches - VI. Buch (SGB VI), wonach die Befreiung von der Versicherungspflicht für bestimmte Berufsgruppen vom Bestehen besonderer Versorgungswerke abhängig sei, verstoße nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG). Deshalb käme auch nicht die Aussetzung des Verfahrens und die Anrufung des Bundesverfassungsgerichtes nach Art. 100 GG in Betracht.

Gegen das zum Zwecke der Zustellung gegen Einschreiben bei der Post am 2. Oktober 2000 aufgelieferte Urteil hat der Kläger bei dem Hessischen Landessozialgericht am 29. Oktober 2000 Berufung eingelegt. Er wiederholt im wesentlichen sein bisheriges Vorbringen. Vor allem macht er geltend: Das Grundrecht auf gleiche faire Behandlung gegenüber den Angestellten der benannten Landesbanken sei ihm gegenüber verletzt. Eine planwirtschaftliche sozialistische Unterdrückungsmachenschaft verhindere sein Grundrecht auf die freie Gestaltung der Alterssicherung nach marktwirtschaftlichen Parametern. Die Beklagte verletze ihre Informationspflicht in Bezug auf die Höhe der jährlich geleisteten Beiträge und der zu erwartenden Rentenhöhe. Seit 1952 würden seine eingezahlten Beiträge im Sinne von § 266 des Strafgesetzbuches (StGB) veruntreut.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 25. September 2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. Oktober 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. März 1998 aufzuheben und diese zu verurteilen,
1. ihn ab Oktober 1997 von der Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung bei der Beklagten zu befreien und
2. an ihn alle zur Beklagten gezahlten Zwangs-/freiwilligen Beiträge zurückzuzahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend und verweist auf ihre Bescheide.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Streit- und Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der Beratung war, verwiesen.

II.

Der Senat konnte ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter durch einstimmigen Beschluss die Berufung ohne mündliche Verhandlung zurückweisen, da die Beteiligten auf diese Möglichkeit mit dem Anhörungsschreiben vom 23. Februar 2001 hingewiesen worden sind (§ 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG).

Die zulässige Berufung (§§ 143, 144, 151) ist unbegründet. Das sozialgerichtliche Urteil trifft zu. Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Befreiung von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung bei der Beklagten. Dies haben die angefochtenen Bescheide und das sozialgerichtliche Urteil im einzelnen zutreffend dargelegt. Um Wiederholungen zu vermeiden, verweist der Senat auf die Gründe des sozialgerichtlichen Urteils, die er sich zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG). Danach ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Befreiung von der Versicherungspflicht (§ 6 Abs. 3 SGB VI) auf die sogenannte "Kündigung" des Klägers abgelehnt hat. Der in der Privatwirtschaft versicherungspflichtig tätige Kläger (vgl. u.a. die Rentenauskunft vom 23. Juni 1994) gehört nicht zu den Berufsgruppen, für die besondere Versorgungswerke eingerichtet sind. Dafür gibt es keine Anhaltspunkte. Der Kläger hat dazu weder im verwaltungs- noch im gerichtlichen Verfahren konkret etwas vorgetragen. Die Regelungen des § 6 SGB VI (früher: § 7 AVG) sind als Ausnahmevorschriften eng auszulegen (vgl. Gürtner in Kasseler Kommentar, Anm. 3 zu § 6 SGB VI). Als Pflichtversicherter wird der Kläger auch nicht von den Übergangsregelungen des § 231 SGB VI erfasst. Das SG hat mit zutreffenden Erwägungen dargelegt, dass die Befreiungsregelungen nach § 6 SGB VI dem freien, am Grundgesetz orientierten Gestaltungsermessen des Gesetzgebers entsprechen und insbesondere keinen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot aus Art. 3 GG darstellen.

Es liegt auch keine Verletzung der Beratungspflicht durch die Beklagte vor, dies schon deswegen nicht, weil diese nach Recht und Gesetz gehandelt hat. Auf die übrigen, offenkundig unqualifizierten Äußerungen des Klägers zum Vorwurf des planwirtschaftlich sozialistisch geprägten Handelns und der Untreue (§ 266 StGB) durch die Beklagte brauchte der Senat nicht näher einzugehen. Er weist dieses Vorbringen ausdrücklich zurück. Das SG hat zwar nicht ausdrücklich das Begehren des Klägers auf die Zurückzahlung von "Zwangs- und freiwilligen Beiträgen" seit 1952 durch die Beklagte zurückgewiesen. Der Senat legt jedoch das Urteil dahin aus, dass das SG auch in diesem Punkt die Klage, jedenfalls mindestens inzident, als unbegründet abgewiesen hat. Mit der Klageabweisung ist denknotwendig auch die Zurückweisung der Beitragserstattung verbunden, weil diese die Befreiung der Versicherungspflicht zur Grundlage hätte. Im übrigen würde es sich um eine zulässige Änderung der Klage (§ 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG) handeln. Diese wäre außerdem sachdienlich, weil prozessökonomisch (§ 99 Abs. 1 SGG), wie der Senat bejaht.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 193, 160 SGG.
Rechtskraft
Aus
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