Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 8 KR 108/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 51/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 85/09 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB als unzulässig verworfen
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25. Februar 2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten bzw. um einen höheren Kostenanteil für die zahnärztliche Versorgung der Klägerin.
Bei der 1937 geborenen Klägerin bestand ein stark atrophierter zahnloser Oberkiefer. Den von dem behandelnden Zahnarzt Dr. A zunächst ausgestellten Heil- und Kostenplan vom 18.05.2006 genehmigte die Beklagte, bei der die Klägerin gegen Krankheit versichert ist, am 08.07.2006 und bewilligte einen Festzuschuss in Höhe von 357,66 EUR. Den Antrag der Klägerin auf Erhöhung des Festzuschusses lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 08.06.2006 im Hinblick auf die dies nicht rechtfertigenden Einkommensverhältnisse der Klägerin ab. Eine Abrechnung der Kosten mit der Beklagten erfolgte nicht. Statt dessen reichte die Klägerin einen geänderten zweiten Heil- und Kostenplan des Zahnarztes Dr. A vom 16.02.2007 ein, den die Beklagte am 23.02.2007 genehmigte. Sie bewilligte einen Festzuschuss in Höhe von 335,31 EUR. Erneut erfolgte keine Umsetzung und Abrechnung. Auf Vorlage des dritten Heil- und Kostenplans für den Oberkiefer vom 06.09.2007 bewilligte die Beklagte erneut am 12.09.2007 einen Festzuschuss in Höhe von 335,31 EUR. Am 26.09.2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die volle Kostenerstattung (KE) für den nunmehr vollständig eingegliederten Zahnersatz im Oberkiefer. Nachdem der Beklagten Rechnungen über eine Gesamtsumme von 9.657,42 EUR vorlagen, bewilligte und zahlte sie am 11.10.2007 den zuvor bewilligten Zuschuss in Höhe von 335,31 Euro aus.
Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin Widerspruch ein, mit dem sie die Erstattung von 30 Prozent der Gesamtkosten geltend machte. Sie legte eine Bescheinigung ihres Zahnarztes Dr. A vor. Danach stellte die durchgeführte implantatgestützte Versorgung des stark atrophierten zahnlosen Oberkiefers der Klägerin die einzige Möglichkeit dar, eine gaumenfreie kaufunktionell ausreichende Versorgung zu erreichen. Mit Bescheid vom 20.12.2007 lehnte die Beklagte eine über die Bewilligung des Festzuschusses hinausgehende KE ab. Die Voraussetzungen der Richtlinien für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung (Behandlungs-Richtlinien (BehandlRL-ZÄ)) in der ab dem 18.06.2006 gültigen Fassung (lit. B Ziff. VII 2) seien nicht erfüllt. Es liege keine sog. Ausnahmeindikation für Implantate und Suprakontruktionen im Sinne des § 28 Abs. 2 S. 9 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) vor. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2008 als unbegründet zurück. Sie führte ergänzend aus, ein höherer Festzuschuss gemäß § 55 Abs. 1 i. V. m. § 57 Abs. 1 S. 6 und Abs. 2 S. 6 und 7 SGB V ergebe sich nicht. Für die Suprakonstruktionen nach Erstversorgung mit Implantaten bestehe ein Anspruch auf den Festzuschuss zur Versorgung der Befundsituation, die vor dem Setzen der Implantate bestanden habe. Nach dem Heil- und Kostenplan vom 06.09.2007 wäre dies der Zuschuss für die Totalprothese für den Oberkiefer gewesen. Für diese Versorgung könne ein Festbetrag in Höhe von 257,93 EUR erstattet werden. Da die Klägerin in den letzten zehn Jahren regelmäßig zahnärztliche Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt habe, erhöhe sich der Festzuschuss um einen Bonus von 30 Prozent auf 335,31 EUR.
Zur Begründung ihrer am 26.03.2008 zu dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhobenen Klage hat die Klägern geltend gemacht, dass es sich entgegen den Ausführungen der Beklagten um einen medizinischen Ausnahmefall gehandelt habe. Die Behandlung sei medizinisch notwendig gewesen, um ihr wieder ein ausreichendes Kauvermögen zu verschaffen. Letztendlich habe es sich auch um eine wirtschaftliche Behandlung gehandelt: Eine unzureichende prothetische Versorgung oder ein zahnlos belassener Oberkiefer werde mit großer Sicherheit zu weit höheren Folgekosten für die Beklagte führen. Auch erwarte sie die Erstattung der inzwischen aufgewandten Kosten als Gegenleistung für ihre regelmäßig von der Rente abgeführten Beitragszahlungen. Alternativ müsse die Beklagte, wenn sie die medizinisch notwendigen Behandlungskosten nicht übernehme, eine Beitragsrückzahlung für die letzten fünf Jahre oder eine Beitragsbefreiung für die nächsten fünf Jahre gewähren. Die Klägerin hat weiter geltend gemacht, der von ihr abgeschlossene Zusatzvertrag über die Gewährung zahnärztlicher Leistungen bei der E, einer privaten Krankenversicherungs AG mit Sitz in L, müsse rückgängig gemacht und die von ihr seit Abschluss des Vertrages im Mai 2005 gezahlten Beiträge müssten zurückerstattet werden; denn die E Krankenversicherungs AG habe aus fadenscheinigen Gründen das Eintreten ihrer Leistungspflicht verneint.
Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, unter Änderung der Bescheide vom 11.10.2007 und 20.12.2007, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2008, die für die Implantatversorgung aufgewandten Kosten zu erstatten,
hilfsweise,
die Beklagte zu einer Beitragsrückzahlung der Beiträge für die letzten fünf Jahre oder Beitragsbefreiung für die bevorstehenden fünf Jahre zu verurteilen,
sowie weiter hilfsweise,
den Zusatzvertrag bei der E Krankenversicherungs AG rückgängig zu machen und diese zur Erstattung der Beiträge ab Mai 2005 zu verurteilen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die angefochtenen Bescheide aus den dort aufgeführten Gründen als rechtmäßig erachtet. Bezüglich der Ansprüche gegen die E Krankenversicherungs AG sei der Rechtsweg zu den Sozialgerichten offensichtlich nicht gegeben. Für die geltend gemachten Ansprüche auf Beitragsrückerstattung bzw. -befreiung für die Zukunft gebe es keine Rechtsgrundlage.
Das SG hat zur weiteren Ermittlung des Sachverhalts in medizinischer Hinsicht einen Befundbericht des behandelnden Implantologen Dr. H eingeholt. Dieser hat unter dem 04.9.2008 mitgeteilt, es habe bei der Klägerin keine der im Einzelnen vom SG aufgeführten Ausnahmeindikationen für eine implantologische Behandlung bestanden.
Mit Gerichtsbescheid vom 25.02.2009 hat das SG nach Anhörung sodann die Klage abgewiesen. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf eine höhere oder vollständige Erstattung der für die Implantatbehandlung aufgewandten Kosten zu. Eine sog. Ausnahmeindikation gemäß § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V habe bei der Klägerin nicht vorgelegen. Dies sei insbesondere durch den behandelnden Implantologen Dr. H in seinem Befundbericht vom 04.09.2008 bestätigt worden. Auch die Ausführungen der Klägerin zur Leidensgeschichte ihrer Versorgung mit einer Teilprothese und dem hieraus folgenden Motiv für die Entscheidung für den implantatgestützten Zahnersatz ergäben keine der oben dargelegten Ausnahmeindikationen. Der Standpunkt der Klägerin, dass die bei ihr durchgeführte implantologische Behandlung bei einem stark atrophierten Oberkiefer bzw. bei einer mit Entzündungen verbundenen Unverträglichkeit einer Vollprothese medizinisch notwendig gewesen sei, sei zwar nachvollziehbar; der Gesetzgeber habe jedoch solche Behandlungsfälle, die auch bei anderen älteren Versicherten auftreten könnten, nicht als medizinische Ausnahmeindikation aufgenommen. Diese gesetzgeberische Entscheidung werde in ständiger Rechtsprechung vom Bundessozialgericht (BSG) bestätigt und als verfassungsgemäß beurteilt.
Die Beklagte habe die Höhe des Zuschusses ebenfalls zutreffend berechnet. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Zuschuss gemessen an den gesetzlichen Regelungen falsch ermittelt worden sei, seien nicht ersichtlich. Im Übrigen sei die Berechnung dieses Zuschusses von der Klägerin über den bereits oben genannten Einwand hinaus auch nicht beanstandet worden.
Soweit die Klägerin eine Beitragserstattung bzw. -befreiung geltend mache, sei die Klage bereits unzulässig; denn die Beklagte habe keine diesbezüglichen Bescheide erlassen, die die Klägerin anfechten könne. Darüber hinaus sei auch keine Rechtsgrundlage für die Beitragserstattung bzw. -befreiung ersichtlich. Unzulässig sie die Klage auch hinsichtlich der Rechtsansprüche gegenüber der E Krankenversicherungs AG. Insoweit handele es sich um eine private Versicherungsgesellschaft. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit seien jedoch nur für Entscheidungen über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, § 51 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), zuständig.
Gegen den ihr am 27.02.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 11.03.2009 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie ihr bisheriges Vorbringen vertieft. Auf den Hinweis des Senates, dass bezüglich der geltend gemachten Ansprüche gegen die E Krankenversicherungs AG eine Verweisung an das zuständige Amtsgericht erfolgen müsse, hat die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung am 07.05.2009 diesbezüglich die Klage zurückgenommen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des SG Düsseldorf vom 25.02.2009 zu ändern und die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 11.10.2007 und 20.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2007 zu verurteilen, 9.657,42 EUR abzüglich des gewährten Festzuschusses in Höhe von 335,31 EUR an sie zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet das angefochtene Urteil als zutreffend.
Auf Antrag der Beteiligten, die sich mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin einverstanden erklärt haben, ist die Öffentlichkeit hergestellt und mündlich verhandelt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Prozess- und Verwaltungsakte Bezug genommen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat durch die Berichterstatterin entscheiden können, denn die Beteiligten haben sich mit einer Einzelrichterentscheidung gemäß § 155 Abs. 3 und 4 SGG einverstanden erklärt.
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat zu Recht mit Urteil vom 25.02.2009 die Klage abgewiesen. Die Bescheide vom 11.10.2007 und 20.12.2007, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2007, sind rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Recht eine weitere KE für die implantologische Versorgung des Oberkiefers der Klägerin abgelehnt.
Ein Anspruch der Klägerin auf die geltend gemachte und inzwischen bezifferte KE könnte sich nur aus § 13 Abs. 3 SGB V ergeben. Die Voraussetzungen dieser Norm liegen jedoch nicht vor. Die Vorschrift lautet: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Eine unaufschiebbare Leistung hat erkennbar nicht vorgelegen. Die Beklagte hat - über die Bewilligung des Festzuschusses hinaus - auch nicht zu Unrecht die weitere KE abgelehnt.
Nach § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB V umfasst der Anspruch des Versicherten auf zahnärztliche Behandlung die Versorgung mit Zahnersatz. Ob dazu auch implantatgetragener Zahnersatz gehört, war zunächst unklar und im Gesetz nicht geregelt (vgl. zum früheren Rechtszustand: BSG Sozialrecht (SozR) 3-5555 § 12 Nr. 5; Bundestags-Drucksache (BT-Drucks)13/4615 S. 9). Durch das Beitragsentlastungsgesetz (BeitrEntlG) vom 01.11.1996 (Bundesgesetzblatt (BGBl) I 1631) hat der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem 01.01.1997 bestimmt, dass implantologische Leistungen einschließlich der Suprakonstruktion nicht zur zahnärztlichen Behandlung gehören und von den Krankenkassen auch nicht bezuschusst werden dürfen (§ 28 Abs. 2 S. 8 SGB V idF des BeitrEntlG). Hiervon wurden in der Folge Ausnahmen zugelassen: Seit dem 01.07.1997 wird - bei Beibehaltung der Ausschlussregelung im Übrigen - eine Implantatversorgung von der Krankenkasse als Sachleistung gewährt, wenn seltene, vom Gemeinsamen Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V festzulegende Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle vorliegen, in denen der implantatgestützte Zahnersatz Bestandteil einer medizinischen Gesamtbehandlung ist, vgl. § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V idF des Zweiten Gesetzes zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung (2. GKV-Neuordnungsgesetz - 2. GKV-NOG). Seit dem 01.01.2000 schließlich bestand in weiteren vom Gemeinsamen Bundesausschuss festzulegenden Ausnahmefällen ein nach Maßgabe des § 30 SGB V an eine Eigenbeteiligung geknüpfter Anspruch auf Gewährung der zur implantologischen Versorgung gehörenden Suprakonstruktion, der jedoch die notwendigen Vorleistungen wie Implantate, Implantataufbauten und implantatbedingte Verbindungselemente nicht umfasste (§ 30 Abs. 1 S. 5 SGB V idF des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKVRefG 2000) vom 22.12.1999 BGBl I 2626). Die zuletzt genannte Regelung ist jedoch mit Wirkung zum 01.01.2005 durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-ModernisierungsG BGBl I 2190) ersatzlos wieder gestrichen worden. Es ist bei dem Leistungsausschluss für implantologische Leistungen, vgl. § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V, einschließlich Suprakonstruktion geblieben, es sei denn, dass eine seltene vom Gemeinsamen Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V festzulegende Ausnahmeindikation für besonders schwere Fälle vorliegt, in denen die Krankenkasse diese Leistung einschließlich Suprakonstruktion als Sachleistung im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung erbringt.
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in lit. B Ziff. VII 2 BehandlRL-ZÄ lediglich folgende Ausnahmeindikationen aufgestellt:
a) größere Kiefer- oder Gesichtsdefekte, die ihre Ursache in Tumoroperationen, in Entzündungen des Kiefers, in Operationen infolge von großen Zysten (z.B. große follikuläre Zysten oder Keratozysten), in Operationen infolge von Osteopathien, sofern keine Kontraindikation für eine Implantatversorgung vorliegt, in angeborene Fehlbildungen des Kiefers (Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalten) oder - in Unfällen haben,
b) dauerhaft bestehende extreme Xerostomie, insbesondere im Rahmen einer Tumorbehandlung,
c) generalisierte genetische Nichtanlage von Zähnen,
d) nicht willentlich beeinflussbare muskuläre Fehlfunktionen im Mund- und Gesichtsbereich (z.B. Spastiken).
Eine der oben enumerativ genannten Ausnahmeindikationen liegt bei der Klägerin nicht vor. Der von ihrem behandelnden Implantologen bescheinigte atrophierte zahnlose Oberkiefer ist nicht als Ausnahmeindikation aufgeführt. Kieferdefekte im Sinne der oben genannten Bestimmung sind nach ausdrücklicher Klarstellung nur solche Veränderungen, die ihre Ursache in einer Operation wegen eines Tumors, einer Zyste oder einer Osteopathie, in einer Entzündung des Kiefers, einer angeborenen Fehlbildung oder in einem Unfall haben. Bei der allmählichen Rückbildung des zahnlosen Kieferknochens im Sinne einer Atrophie handelt es sich dagegen um einen natürlichen Vorgang bei jedem Zahnverlust (vgl. stellvertretend Schimming/Schmelzeisen, Klinikarzt 2000, Jg. 29, 188). Dass die Atrophie nicht zu den Ausnahmeindikationen gehören sollte, zeigt sich auch daran, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (damals noch: Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen) anlässlich der Neufassung der BehandlRL-ZÄ an den Gesetzgeber appelliert hat, den Anwendungsbereich des § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V auf die Versorgung mit Implantaten zu beschränken und alle Arten von Zahnersatz unabhängig von der Frage der implantologischen Versorgung in die Regelung des § 30 SGB V einzubeziehen, weil andernfalls Patienten mit schweren und schwersten Kieferatrophien nicht einmal Anspruch auf den Zuschuss zum Zahnersatz nach § 30 SGB V hätten (Erklärung des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen zur Versorgung mit Implantaten und Zahnersatz vom 24.07.1998). Im Lichte dieser Erklärung können die BehandlRL-ZÄ nur dahingehend verstanden werden, dass darin Kieferatrophien nicht erfasst sind (BSG SozR 3-2500 § 28 Nr. 6, zuletzt BSG Beschl. vom 26.07.2004, Az.: B 1 KR 30/04 B, www.juris.de).
Die Nichtberücksichtigung der Atrophiefälle in den BehandlRL-ZÄ steht mit der Ermächtigung in § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V in Einklang. Danach soll eine implantologische Versorgung von den Krankenkassen nur bei seltenen Ausnahmeindikationen in besonders schweren Fällen bezahlt werden, wenn sie im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung erfolgt. Das Letztere schließt von vornherein Fallgestaltungen aus, in denen das Ziel der implantologischen Behandlung nicht über die reine Versorgung mit Zahnersatz zur Wiederherstellung der Kaufähigkeit hinausreicht. Da der Anspruch auf seltene Ausnahmeindikationen beschränkt bleiben soll, kann er im Übrigen nicht schon in all denjenigen Fällen bestehen, in denen Implantate medizinisch geboten sind; vielmehr müssen weitere Umstände hinzukommen, die eine außergewöhnliche Situation begründen. Das ist bei Kieferatrophien schon deshalb nicht der Fall, weil sie bei jedem größeren Zahnverlust auftreten, also in der Praxis außerordentlich häufig sind. Für die einschränkende Auslegung sprechen neben dem Wortlaut die in der Gesetzesbegründung herangezogenen Fallbeispiele (Tumoroperationen bzw. Schädel- und Gesichtstraumata) sowie die Begründung für die spätere Erweiterung des Leistungskatalogs bei Zahnersatz um den Anspruch auf implantatgestützte Suprakonstruktionen in § 30 Abs. 1 S. 5 SGB V, für die gerade das Beispiel des atrophierten zahnlosen Kiefers angeführt wurde (BT-Drucks 14/1245 S 65). Dazu hätte kein Anlass bestanden, wenn diese Indikation von § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V aus Sicht des Gesetzgebers bereits erfasst worden wäre (BSG a. a. O.). Schließlich ist aktenkundig, dass im Gesetzgebungsverfahren zum 2. GKV-NOG Abgrenzungsprobleme für den Fall befürchtet wurden, dass die Atrophiefälle in die Ausnahmeregelung aufgenommen würden (vgl. die Erklärung des Vertreters des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) vor dem Arbeitsausschuss "BehandlRL-ZÄ" des (damaligen) Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen vom 27.03.1998). Das wiederum lässt darauf schließen, dass deren Ausschluss bewusst in Kauf genommen wurde (BSG a. a. O). Angesichts all dessen ist für die Annahme einer durch Analogie zu schließenden Regelungslücke kein Raum. Dass der Gesetzgeber bei der Fassung der Ausnahmevorschrift gerade die Kieferatrophie als den Hauptanwendungsfall einer implantologischen Versorgung übersehen haben könnte, ist angesichts der zuvor wiedergegebenen Äußerungen auszuschließen (BSG a. a. O.). Die Nichteinbeziehung der Kieferatrophien in die Ausnahmeregelung des § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V verletzt schließlich auch kein Verfassungsrecht. Zur Begründung bezieht sich der Senat auch insoweit auf die ständige Rechtsprechung des BSG (a. a. O.).
Die Beklagte hat die Höhe des bewilligten Festzuschusses ebenfalls dem Grunde und der Höhe nach zu Recht festgesetzt. Der Senat nimmt insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die - auch insoweit - zutreffenden erstinstanzlichen Gründe Bezug, denen er sich nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage vollinhaltlich anschließt.
Ihre Hilfsanträge hat die Klägerin in der Berufungsinstanz nicht weiterverfolgt, so dass sich insoweit Ausführungen erübrigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
Anlass für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG hat nicht bestanden.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten bzw. um einen höheren Kostenanteil für die zahnärztliche Versorgung der Klägerin.
Bei der 1937 geborenen Klägerin bestand ein stark atrophierter zahnloser Oberkiefer. Den von dem behandelnden Zahnarzt Dr. A zunächst ausgestellten Heil- und Kostenplan vom 18.05.2006 genehmigte die Beklagte, bei der die Klägerin gegen Krankheit versichert ist, am 08.07.2006 und bewilligte einen Festzuschuss in Höhe von 357,66 EUR. Den Antrag der Klägerin auf Erhöhung des Festzuschusses lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 08.06.2006 im Hinblick auf die dies nicht rechtfertigenden Einkommensverhältnisse der Klägerin ab. Eine Abrechnung der Kosten mit der Beklagten erfolgte nicht. Statt dessen reichte die Klägerin einen geänderten zweiten Heil- und Kostenplan des Zahnarztes Dr. A vom 16.02.2007 ein, den die Beklagte am 23.02.2007 genehmigte. Sie bewilligte einen Festzuschuss in Höhe von 335,31 EUR. Erneut erfolgte keine Umsetzung und Abrechnung. Auf Vorlage des dritten Heil- und Kostenplans für den Oberkiefer vom 06.09.2007 bewilligte die Beklagte erneut am 12.09.2007 einen Festzuschuss in Höhe von 335,31 EUR. Am 26.09.2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die volle Kostenerstattung (KE) für den nunmehr vollständig eingegliederten Zahnersatz im Oberkiefer. Nachdem der Beklagten Rechnungen über eine Gesamtsumme von 9.657,42 EUR vorlagen, bewilligte und zahlte sie am 11.10.2007 den zuvor bewilligten Zuschuss in Höhe von 335,31 Euro aus.
Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin Widerspruch ein, mit dem sie die Erstattung von 30 Prozent der Gesamtkosten geltend machte. Sie legte eine Bescheinigung ihres Zahnarztes Dr. A vor. Danach stellte die durchgeführte implantatgestützte Versorgung des stark atrophierten zahnlosen Oberkiefers der Klägerin die einzige Möglichkeit dar, eine gaumenfreie kaufunktionell ausreichende Versorgung zu erreichen. Mit Bescheid vom 20.12.2007 lehnte die Beklagte eine über die Bewilligung des Festzuschusses hinausgehende KE ab. Die Voraussetzungen der Richtlinien für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung (Behandlungs-Richtlinien (BehandlRL-ZÄ)) in der ab dem 18.06.2006 gültigen Fassung (lit. B Ziff. VII 2) seien nicht erfüllt. Es liege keine sog. Ausnahmeindikation für Implantate und Suprakontruktionen im Sinne des § 28 Abs. 2 S. 9 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) vor. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2008 als unbegründet zurück. Sie führte ergänzend aus, ein höherer Festzuschuss gemäß § 55 Abs. 1 i. V. m. § 57 Abs. 1 S. 6 und Abs. 2 S. 6 und 7 SGB V ergebe sich nicht. Für die Suprakonstruktionen nach Erstversorgung mit Implantaten bestehe ein Anspruch auf den Festzuschuss zur Versorgung der Befundsituation, die vor dem Setzen der Implantate bestanden habe. Nach dem Heil- und Kostenplan vom 06.09.2007 wäre dies der Zuschuss für die Totalprothese für den Oberkiefer gewesen. Für diese Versorgung könne ein Festbetrag in Höhe von 257,93 EUR erstattet werden. Da die Klägerin in den letzten zehn Jahren regelmäßig zahnärztliche Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt habe, erhöhe sich der Festzuschuss um einen Bonus von 30 Prozent auf 335,31 EUR.
Zur Begründung ihrer am 26.03.2008 zu dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhobenen Klage hat die Klägern geltend gemacht, dass es sich entgegen den Ausführungen der Beklagten um einen medizinischen Ausnahmefall gehandelt habe. Die Behandlung sei medizinisch notwendig gewesen, um ihr wieder ein ausreichendes Kauvermögen zu verschaffen. Letztendlich habe es sich auch um eine wirtschaftliche Behandlung gehandelt: Eine unzureichende prothetische Versorgung oder ein zahnlos belassener Oberkiefer werde mit großer Sicherheit zu weit höheren Folgekosten für die Beklagte führen. Auch erwarte sie die Erstattung der inzwischen aufgewandten Kosten als Gegenleistung für ihre regelmäßig von der Rente abgeführten Beitragszahlungen. Alternativ müsse die Beklagte, wenn sie die medizinisch notwendigen Behandlungskosten nicht übernehme, eine Beitragsrückzahlung für die letzten fünf Jahre oder eine Beitragsbefreiung für die nächsten fünf Jahre gewähren. Die Klägerin hat weiter geltend gemacht, der von ihr abgeschlossene Zusatzvertrag über die Gewährung zahnärztlicher Leistungen bei der E, einer privaten Krankenversicherungs AG mit Sitz in L, müsse rückgängig gemacht und die von ihr seit Abschluss des Vertrages im Mai 2005 gezahlten Beiträge müssten zurückerstattet werden; denn die E Krankenversicherungs AG habe aus fadenscheinigen Gründen das Eintreten ihrer Leistungspflicht verneint.
Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, unter Änderung der Bescheide vom 11.10.2007 und 20.12.2007, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2008, die für die Implantatversorgung aufgewandten Kosten zu erstatten,
hilfsweise,
die Beklagte zu einer Beitragsrückzahlung der Beiträge für die letzten fünf Jahre oder Beitragsbefreiung für die bevorstehenden fünf Jahre zu verurteilen,
sowie weiter hilfsweise,
den Zusatzvertrag bei der E Krankenversicherungs AG rückgängig zu machen und diese zur Erstattung der Beiträge ab Mai 2005 zu verurteilen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die angefochtenen Bescheide aus den dort aufgeführten Gründen als rechtmäßig erachtet. Bezüglich der Ansprüche gegen die E Krankenversicherungs AG sei der Rechtsweg zu den Sozialgerichten offensichtlich nicht gegeben. Für die geltend gemachten Ansprüche auf Beitragsrückerstattung bzw. -befreiung für die Zukunft gebe es keine Rechtsgrundlage.
Das SG hat zur weiteren Ermittlung des Sachverhalts in medizinischer Hinsicht einen Befundbericht des behandelnden Implantologen Dr. H eingeholt. Dieser hat unter dem 04.9.2008 mitgeteilt, es habe bei der Klägerin keine der im Einzelnen vom SG aufgeführten Ausnahmeindikationen für eine implantologische Behandlung bestanden.
Mit Gerichtsbescheid vom 25.02.2009 hat das SG nach Anhörung sodann die Klage abgewiesen. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf eine höhere oder vollständige Erstattung der für die Implantatbehandlung aufgewandten Kosten zu. Eine sog. Ausnahmeindikation gemäß § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V habe bei der Klägerin nicht vorgelegen. Dies sei insbesondere durch den behandelnden Implantologen Dr. H in seinem Befundbericht vom 04.09.2008 bestätigt worden. Auch die Ausführungen der Klägerin zur Leidensgeschichte ihrer Versorgung mit einer Teilprothese und dem hieraus folgenden Motiv für die Entscheidung für den implantatgestützten Zahnersatz ergäben keine der oben dargelegten Ausnahmeindikationen. Der Standpunkt der Klägerin, dass die bei ihr durchgeführte implantologische Behandlung bei einem stark atrophierten Oberkiefer bzw. bei einer mit Entzündungen verbundenen Unverträglichkeit einer Vollprothese medizinisch notwendig gewesen sei, sei zwar nachvollziehbar; der Gesetzgeber habe jedoch solche Behandlungsfälle, die auch bei anderen älteren Versicherten auftreten könnten, nicht als medizinische Ausnahmeindikation aufgenommen. Diese gesetzgeberische Entscheidung werde in ständiger Rechtsprechung vom Bundessozialgericht (BSG) bestätigt und als verfassungsgemäß beurteilt.
Die Beklagte habe die Höhe des Zuschusses ebenfalls zutreffend berechnet. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Zuschuss gemessen an den gesetzlichen Regelungen falsch ermittelt worden sei, seien nicht ersichtlich. Im Übrigen sei die Berechnung dieses Zuschusses von der Klägerin über den bereits oben genannten Einwand hinaus auch nicht beanstandet worden.
Soweit die Klägerin eine Beitragserstattung bzw. -befreiung geltend mache, sei die Klage bereits unzulässig; denn die Beklagte habe keine diesbezüglichen Bescheide erlassen, die die Klägerin anfechten könne. Darüber hinaus sei auch keine Rechtsgrundlage für die Beitragserstattung bzw. -befreiung ersichtlich. Unzulässig sie die Klage auch hinsichtlich der Rechtsansprüche gegenüber der E Krankenversicherungs AG. Insoweit handele es sich um eine private Versicherungsgesellschaft. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit seien jedoch nur für Entscheidungen über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, § 51 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), zuständig.
Gegen den ihr am 27.02.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 11.03.2009 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie ihr bisheriges Vorbringen vertieft. Auf den Hinweis des Senates, dass bezüglich der geltend gemachten Ansprüche gegen die E Krankenversicherungs AG eine Verweisung an das zuständige Amtsgericht erfolgen müsse, hat die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung am 07.05.2009 diesbezüglich die Klage zurückgenommen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des SG Düsseldorf vom 25.02.2009 zu ändern und die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 11.10.2007 und 20.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2007 zu verurteilen, 9.657,42 EUR abzüglich des gewährten Festzuschusses in Höhe von 335,31 EUR an sie zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet das angefochtene Urteil als zutreffend.
Auf Antrag der Beteiligten, die sich mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin einverstanden erklärt haben, ist die Öffentlichkeit hergestellt und mündlich verhandelt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Prozess- und Verwaltungsakte Bezug genommen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat durch die Berichterstatterin entscheiden können, denn die Beteiligten haben sich mit einer Einzelrichterentscheidung gemäß § 155 Abs. 3 und 4 SGG einverstanden erklärt.
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat zu Recht mit Urteil vom 25.02.2009 die Klage abgewiesen. Die Bescheide vom 11.10.2007 und 20.12.2007, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2007, sind rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Recht eine weitere KE für die implantologische Versorgung des Oberkiefers der Klägerin abgelehnt.
Ein Anspruch der Klägerin auf die geltend gemachte und inzwischen bezifferte KE könnte sich nur aus § 13 Abs. 3 SGB V ergeben. Die Voraussetzungen dieser Norm liegen jedoch nicht vor. Die Vorschrift lautet: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Eine unaufschiebbare Leistung hat erkennbar nicht vorgelegen. Die Beklagte hat - über die Bewilligung des Festzuschusses hinaus - auch nicht zu Unrecht die weitere KE abgelehnt.
Nach § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB V umfasst der Anspruch des Versicherten auf zahnärztliche Behandlung die Versorgung mit Zahnersatz. Ob dazu auch implantatgetragener Zahnersatz gehört, war zunächst unklar und im Gesetz nicht geregelt (vgl. zum früheren Rechtszustand: BSG Sozialrecht (SozR) 3-5555 § 12 Nr. 5; Bundestags-Drucksache (BT-Drucks)13/4615 S. 9). Durch das Beitragsentlastungsgesetz (BeitrEntlG) vom 01.11.1996 (Bundesgesetzblatt (BGBl) I 1631) hat der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem 01.01.1997 bestimmt, dass implantologische Leistungen einschließlich der Suprakonstruktion nicht zur zahnärztlichen Behandlung gehören und von den Krankenkassen auch nicht bezuschusst werden dürfen (§ 28 Abs. 2 S. 8 SGB V idF des BeitrEntlG). Hiervon wurden in der Folge Ausnahmen zugelassen: Seit dem 01.07.1997 wird - bei Beibehaltung der Ausschlussregelung im Übrigen - eine Implantatversorgung von der Krankenkasse als Sachleistung gewährt, wenn seltene, vom Gemeinsamen Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V festzulegende Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle vorliegen, in denen der implantatgestützte Zahnersatz Bestandteil einer medizinischen Gesamtbehandlung ist, vgl. § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V idF des Zweiten Gesetzes zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung (2. GKV-Neuordnungsgesetz - 2. GKV-NOG). Seit dem 01.01.2000 schließlich bestand in weiteren vom Gemeinsamen Bundesausschuss festzulegenden Ausnahmefällen ein nach Maßgabe des § 30 SGB V an eine Eigenbeteiligung geknüpfter Anspruch auf Gewährung der zur implantologischen Versorgung gehörenden Suprakonstruktion, der jedoch die notwendigen Vorleistungen wie Implantate, Implantataufbauten und implantatbedingte Verbindungselemente nicht umfasste (§ 30 Abs. 1 S. 5 SGB V idF des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKVRefG 2000) vom 22.12.1999 BGBl I 2626). Die zuletzt genannte Regelung ist jedoch mit Wirkung zum 01.01.2005 durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-ModernisierungsG BGBl I 2190) ersatzlos wieder gestrichen worden. Es ist bei dem Leistungsausschluss für implantologische Leistungen, vgl. § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V, einschließlich Suprakonstruktion geblieben, es sei denn, dass eine seltene vom Gemeinsamen Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V festzulegende Ausnahmeindikation für besonders schwere Fälle vorliegt, in denen die Krankenkasse diese Leistung einschließlich Suprakonstruktion als Sachleistung im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung erbringt.
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in lit. B Ziff. VII 2 BehandlRL-ZÄ lediglich folgende Ausnahmeindikationen aufgestellt:
a) größere Kiefer- oder Gesichtsdefekte, die ihre Ursache in Tumoroperationen, in Entzündungen des Kiefers, in Operationen infolge von großen Zysten (z.B. große follikuläre Zysten oder Keratozysten), in Operationen infolge von Osteopathien, sofern keine Kontraindikation für eine Implantatversorgung vorliegt, in angeborene Fehlbildungen des Kiefers (Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalten) oder - in Unfällen haben,
b) dauerhaft bestehende extreme Xerostomie, insbesondere im Rahmen einer Tumorbehandlung,
c) generalisierte genetische Nichtanlage von Zähnen,
d) nicht willentlich beeinflussbare muskuläre Fehlfunktionen im Mund- und Gesichtsbereich (z.B. Spastiken).
Eine der oben enumerativ genannten Ausnahmeindikationen liegt bei der Klägerin nicht vor. Der von ihrem behandelnden Implantologen bescheinigte atrophierte zahnlose Oberkiefer ist nicht als Ausnahmeindikation aufgeführt. Kieferdefekte im Sinne der oben genannten Bestimmung sind nach ausdrücklicher Klarstellung nur solche Veränderungen, die ihre Ursache in einer Operation wegen eines Tumors, einer Zyste oder einer Osteopathie, in einer Entzündung des Kiefers, einer angeborenen Fehlbildung oder in einem Unfall haben. Bei der allmählichen Rückbildung des zahnlosen Kieferknochens im Sinne einer Atrophie handelt es sich dagegen um einen natürlichen Vorgang bei jedem Zahnverlust (vgl. stellvertretend Schimming/Schmelzeisen, Klinikarzt 2000, Jg. 29, 188). Dass die Atrophie nicht zu den Ausnahmeindikationen gehören sollte, zeigt sich auch daran, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (damals noch: Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen) anlässlich der Neufassung der BehandlRL-ZÄ an den Gesetzgeber appelliert hat, den Anwendungsbereich des § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V auf die Versorgung mit Implantaten zu beschränken und alle Arten von Zahnersatz unabhängig von der Frage der implantologischen Versorgung in die Regelung des § 30 SGB V einzubeziehen, weil andernfalls Patienten mit schweren und schwersten Kieferatrophien nicht einmal Anspruch auf den Zuschuss zum Zahnersatz nach § 30 SGB V hätten (Erklärung des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen zur Versorgung mit Implantaten und Zahnersatz vom 24.07.1998). Im Lichte dieser Erklärung können die BehandlRL-ZÄ nur dahingehend verstanden werden, dass darin Kieferatrophien nicht erfasst sind (BSG SozR 3-2500 § 28 Nr. 6, zuletzt BSG Beschl. vom 26.07.2004, Az.: B 1 KR 30/04 B, www.juris.de).
Die Nichtberücksichtigung der Atrophiefälle in den BehandlRL-ZÄ steht mit der Ermächtigung in § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V in Einklang. Danach soll eine implantologische Versorgung von den Krankenkassen nur bei seltenen Ausnahmeindikationen in besonders schweren Fällen bezahlt werden, wenn sie im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung erfolgt. Das Letztere schließt von vornherein Fallgestaltungen aus, in denen das Ziel der implantologischen Behandlung nicht über die reine Versorgung mit Zahnersatz zur Wiederherstellung der Kaufähigkeit hinausreicht. Da der Anspruch auf seltene Ausnahmeindikationen beschränkt bleiben soll, kann er im Übrigen nicht schon in all denjenigen Fällen bestehen, in denen Implantate medizinisch geboten sind; vielmehr müssen weitere Umstände hinzukommen, die eine außergewöhnliche Situation begründen. Das ist bei Kieferatrophien schon deshalb nicht der Fall, weil sie bei jedem größeren Zahnverlust auftreten, also in der Praxis außerordentlich häufig sind. Für die einschränkende Auslegung sprechen neben dem Wortlaut die in der Gesetzesbegründung herangezogenen Fallbeispiele (Tumoroperationen bzw. Schädel- und Gesichtstraumata) sowie die Begründung für die spätere Erweiterung des Leistungskatalogs bei Zahnersatz um den Anspruch auf implantatgestützte Suprakonstruktionen in § 30 Abs. 1 S. 5 SGB V, für die gerade das Beispiel des atrophierten zahnlosen Kiefers angeführt wurde (BT-Drucks 14/1245 S 65). Dazu hätte kein Anlass bestanden, wenn diese Indikation von § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V aus Sicht des Gesetzgebers bereits erfasst worden wäre (BSG a. a. O.). Schließlich ist aktenkundig, dass im Gesetzgebungsverfahren zum 2. GKV-NOG Abgrenzungsprobleme für den Fall befürchtet wurden, dass die Atrophiefälle in die Ausnahmeregelung aufgenommen würden (vgl. die Erklärung des Vertreters des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) vor dem Arbeitsausschuss "BehandlRL-ZÄ" des (damaligen) Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen vom 27.03.1998). Das wiederum lässt darauf schließen, dass deren Ausschluss bewusst in Kauf genommen wurde (BSG a. a. O). Angesichts all dessen ist für die Annahme einer durch Analogie zu schließenden Regelungslücke kein Raum. Dass der Gesetzgeber bei der Fassung der Ausnahmevorschrift gerade die Kieferatrophie als den Hauptanwendungsfall einer implantologischen Versorgung übersehen haben könnte, ist angesichts der zuvor wiedergegebenen Äußerungen auszuschließen (BSG a. a. O.). Die Nichteinbeziehung der Kieferatrophien in die Ausnahmeregelung des § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V verletzt schließlich auch kein Verfassungsrecht. Zur Begründung bezieht sich der Senat auch insoweit auf die ständige Rechtsprechung des BSG (a. a. O.).
Die Beklagte hat die Höhe des bewilligten Festzuschusses ebenfalls dem Grunde und der Höhe nach zu Recht festgesetzt. Der Senat nimmt insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die - auch insoweit - zutreffenden erstinstanzlichen Gründe Bezug, denen er sich nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage vollinhaltlich anschließt.
Ihre Hilfsanträge hat die Klägerin in der Berufungsinstanz nicht weiterverfolgt, so dass sich insoweit Ausführungen erübrigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
Anlass für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG hat nicht bestanden.
Rechtskraft
Aus
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