Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 52 (10) R 74/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 96/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.04.2008 geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 11.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2008 verurteilt, der Klägerin als Rechtsnachfolgerin von Frau QL Regelaltersrente ab dem 01.07.1997 bis zum 31.12.2006 unter Berücksichtigung von Ghettobeitragszeiten für die Zeit von Januar 1941 bis Juni 1942 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere nach Entrichtung ggf. erforderlicher freiwilliger Beiträge zu gewähren. Die Beklagte trägt die Kosten des gesamten Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auch für den Berufungsrechtszug auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihrer am 00.00.2006 verstorbenen Tante QL auf Regelaltersrente bis zum 31.12.2006 unter Berücksichtigung von sogenannten Ghetto-Beitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung im Ghetto Wlodawa in dem Zeitraum von Januar 1941 bis Juni 1942.
Die am 00.00.1923 in Wlodawa/Polen unter dem Geburtsnamen L1 als polnische Staatsangehörige geborene jüdische QL (im Folgenden: die Verstorbene) war Opfer nationalsozialistischer Verfolgung. Sie wanderte im Februar 1946 nach Palästina/Israel ein. Sie lebte zuletzt bis zu ihrem Tod in Israel und besaß dort die israelische Staatsangehörigkeit.
Am 05.12.2002 beantragte die Verstorbene bei der Beklagten unter Hinweis auf das Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) die Zahlung einer Regelaltersrente rückwirkend ab dem 01.07.1997 sowie die freiwillige Weiterversicherung nach § 7 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Sie gab in dem Fragebogen für die Anerkennung von Zeiten unter Berücksichtigung der Vorschriften des ZRBG am 14.08.2003 an, dass sie im Ghetto Wlodawa im Bereich der Wasserwirtschaft unter dem "Leiter Faltenberg" gearbeitet habe. Im Sommer habe sie Kanäle für die Wasserwirtschaft gegraben und im Winter Bäume gefällt. Auf dem Weg von und zur Arbeit sei sie bewacht worden. Sie erinnere sich nicht durch wen. Der Arbeitseinsatz sei durch Vermittlung des Judenrates zustande gekommen. Der tägliche Arbeitseinsatz habe ca. 8 - 10 Stunden betragen. Als Entlohnung habe sie Geld erhalten; an die Höhe erinnere sie sich jedoch nicht. Sie erinnere sich nicht, ob sie Sachbezüge erhalten habe, wahrscheinlich nicht. Im Formantrag gab die Verstorbene unter dem 14.08.2003 ergänzend den Zeitraum der Beschäftigung von Ende 1939 bis Mai 1943 an. Die Höhe des Arbeitsverdienstes sei nicht erinnerlich.
Das Ministry of Finance - Office for Rehabilitation of Holocaust Survivors - in Tel Aviv/Israel, von dem die Verstorbene Entschädigungsleistungen erhielt, teilte unter dem 26.05.2005 mit, dass dort Angaben über Freiheitsentziehung und Beschäftigung z. Z. der Freiheitsentziehung sowie zu Forderungen von Leistungen von deutschen Stellen nicht vorhanden seien.
Nach den Auskünften der Bezirksregierung Düsseldorf, Dezernat 10, - Bundeszentralkartei - vom 16. und 23.09.2005 liegen dort keine Karteikarten vor, nach denen die Verstorbene Ansprüche nach dem BEG geltend gemacht hat.
Mit Schreiben vom 27.09.2005 teilte die Jewish Claims Conference (JCC) der Beklagten mit, dass die Verstorbene eine Entschädigung aus dem Stiftungsfonds der deutschen Wirtschaft "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" aufgrund ihres Verfolgungsschicksals im Ghetto Wlodawa im Jahre 1943 erhalten hat. Grundlage hierfür sei ihre Recherche beim Internationalen Suchdienst (ITS) gewesen.
Zur Verwaltungsakte nahm die Beklagte die beim Karl Ernst Osthaus-Museum gespeicherten Daten zu Wlodawa. Danach lag Wlodawa im Generalgouvernement, Distrikt Lublin (1939-1944). Die Liquidierung des Ghettos sei am 30.04.1943 erfolgt. Seit wann es bestand, wird nicht angegeben. Erstmals erwähnt für Juni/November 1942 wird ein Zwangsarbeitslager für Juden, und zwar für Frauen, das im Mai 1943 (letzte Erwähnung) geschlossen worden sei. Die Häftlinge seien bei Meliorationsarbeiten und Waldarbeiten für das Wasserwirtschaftsamt; die Firma B. Falkenberg (Berlin), die Firma Wilhelm Rode (oder Rude) Hoch- und Tiefbau und die Firma Holzhammer eingesetzt worden.
Mit Bescheid vom 11.10.2005 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass nach den ihr vorliegenden historischen Erkenntnissen des Karl-Ernst-Osthaus-Museums Hagen in Wlodawa sowohl ein Ghetto als auch ein Zwangsarbeitslager bestanden habe. Die von der Verstorbenen geschilderten Arbeiten für die Fa. Falkenberg seien von den Bewohnern des Zwangsarbeitslagers verrichtet worden. Zeiten in einem Zwangsarbeitslager würden jedoch nicht vom ZRBG erfasst. Im Übrigen habe die Verstorbene von der JCC eine Entschädigung aus dem Zwangsarbeiterfonds erhalten aufgrund ihres Verfolgungsschicksals im Ghetto Wlodawa, was ebenfalls gegen eine Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss gegen Entgelt spreche.
Gegen diesen Bescheid legte die Verstorbene am 02.11.2005 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie im Wesentlichen angab, dass die Zwangsarbeiterentschädigung aufgrund von Verfolgungsmaßnahmen gewährt worden sei, denen sie nach ihrer Zeit im Ghetto Wlodawa ab Mai 1943 ausgesetzt gewesen sei. Sie verweise insofern auch auf § 16 Abs. 3 Gesetz zur Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZStiftG). Des Weiteren seien die von ihr verrichteten Arbeiten (auch) von Bewohnern des Ghettos Wlodawa verrichtet worden. Insofern verweise sie auf Parallelverfahren (UU1, U2F, DS, JA) und das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (www.doew.at), das unter anderem zum Ghetto Wlodawa (Deportationsziel von 1000 Wiener Juden) ausführe:
"Lediglich jene arbeitsfähigen Männer, die vom Wasserwirtschaftsamt Cholm bei Entwässerungs- und Flussregulierungsarbeiten eingesetzt wurden, erhielten zumindest eine gewisse minimale Verpflegung und Entlohnung. Die Zahl dieser Arbeiter betrug schließlich bei Liquidation des Ghetto ca. 1500 Mann."
Die Verstorbene übersandte ferner eine Zeugenerklärung von F1G vom 24.07.2006, in der dieser wie folgt ausführte:
"Ich kenne die Ast. Frau LQ seit unserer Kindheit von unserer Heimatstadt Wlodawa. Jeder kannte jeden in der jüdischen Gemeinde, und ich war mit der Familie L1 befreundet. Nach dem Einmarsch der deutschen Armee begannen die antijüdischen Maßnahmen. Im Frühling 1941 wurde in Wlodawa das Ghetto errichtet und wir, die jüdische Bevölkerung wurde im Ghetto inhaftiert. Wir wendeten uns an den Judenrat, um eine Arbeit zu erhalten. Der Judenrat vermittelte uns die Arbeit bei der Firma Falkenberg, wo wir einen Kanal errichtet haben, damit das Wasser eingesammelt wurde. Für unserer Arbeit in der Wasserwirtschaft erhielten wir Coupons, welche zum Kauf von Lebensmittel benützt wurden, sowie jeden Donnerstag erhielten wir ein Gehalt in Form von Geld. Im Mai 1943 wurde das Ghetto liquidiert und wir flüchteten in die Wälder in der Umgebung von Wlodawa."
Die Beklagte zog die den Zeugen F1G betreffende Verwaltungsakte bei. Nach seiner darin enthaltenen Erklärung vom 07.04.2003, arbeitete er von Juli 1940 bis zum 30.11.1942 außerhalb des Ghettos Wlodawa für die Firma Falkenberg. Auf dem Weg von und zur Arbeit sei er von einem Gruppenführer bewacht worden, während der Arbeit nicht. Der Arbeitseinsatz sei freiwillig und dank Vermittlung des Judenrates des Ghettos zustande gekommen. Für die Firma Falkenberg habe er Kanäle gegraben, damit das Wasser von den Feldern habe abfließen können, und Baumstämme vom Wald gebracht, die für den Kanalbau nötig gewesen seien. Er habe 8-10 Stunden täglich gearbeitet. Er habe für die Arbeit Quittungen erhalten, mit welchen er Nahrungsmittel habe einkaufen können. Er habe wöchentlich von der Firma einen kleinen Barlohn erhalten, an den Betrag erinnere er sich nicht, ein kleiner Zusatz zu den Coupons.
Des Weiteren befindet sich in der beigezogenen Verwaltungsakte die Erklärung der Zeugin TP vom 10.04.2003, die folgenden Wortlaut hat:
"Ich kenne den Herrn F1G seit dem Jahr 1940. Wir waren mit ihm zusammen im Ghetto Wlodawa bis 1942. Wir haben zusammen bei der Firma Falkenberg gearbeitet. Für unsere Arbeit haben wir Quittungen erhalten. Für diese Quittungen konnten wir in einem speziellen Laden Lebensmittel bekommen. Auch bekamen wir eine kleine Summe Geld jeden Monat. Am Ende des Jahres 1942 wurde in Wlodawa ein Arbeitslager errichtet."
Aus dem von der Beklagten beigezogenen, den Antrag ablehnenden Bescheid vom 13.10.2004 betreffend Frau UU1 ist mittelbar zu ersehen, dass diese ebenfalls erklärte, für die Zeit der Beschäftigung im Ghetto Wlodawa von Ende 1939 bis Mai 1943 Geld erhalten zu haben. Sie habe durch Vermittlung des Judenrates im Sommer Kanäle für die Wasserwirtschaft gegraben und im Winter Bäume gefällt. Schließlich zog die Beklagte aus der Verwaltungsakte des Zeugen U2F seine eigene Erklärung im Entschädigungsverfahren und die seiner Witwe im Verwaltungsverfahren bei.
Die Erklärung von U2F lautet wie folgt:
" Nachdem die Deutschen Kalisz besetzten, wurde ich Ende 1939 zusammen mit meiner Familie nach Wlodawa ausgesiedelt Im Juni 1941 kam ich in das Ghetto Wlodawa, das mit Stacheldraht umzäunt war und von SS bewacht wurde. Im Sommer verrichtete ich Wasser-Regulierungsarbeiten und in Winter Waldarbeiten. Täglich wurde ich unter Bewachung ca. 7 km zu Fuss zur Arbeit geführt. Im Juli 1943, bei der Liquidierung des Ghettos, gelang es mir, zu flüchten. Ich entkam in den nahegelgenen Wald und schlug mich dann bis nach Adampol durch. Dort verrichtete ich beim Gutsverwalter T1 verschiedene Feldarbeiten unter Bewachung von Volksdeutschen. "
Die Witwe von U2F, U3F2, gab im Verwaltungsverfahren Folgendes an: Ihr Ehemann habe von Juni 1941 bis Juli 1943 im Ghetto Wlodawa Kanalisationsarbeiten verrichtet und dafür Lebensmittel erhalten.
Mit dem an die Verstorbene gerichteten und an ihre Prozessbevollmächtigte adressierten Widerspruchsbescheid vom 22.02.2007 wies die Beklagte den Widerspruch unter Wiederholung und Vertiefung der Begründung des Ausgangsbescheides zurück.
Die Klägerin, die als Erbin und Rechtsnachfolgerin der Verstorbenen das Verfahren fortführt, hat am 19.03.2007 Klage zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben, zu deren Begründung sie das Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt. Aus den Strafakten 2 Ks 4/63 des Landgerichts (LG) Hannover ergebe sich, dass die von der Verstorbenen angegebenen Beschäftigungen durch Bewohner des Ghettos ausgeübt und die Arbeiter von Falkenberg verpflegt und entlohnt worden seien. Sie habe die Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss angenommen und ausgeübt. Im Übrigen nehme sie Bezug auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 14.12.2006 (B 4 R 29/06 R). Die Verstorbene habe zumindest einen Lohnanspruch gehabt und damit gegen Entgelt gearbeitet.
Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
den Bescheid vom 11.10.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr als Rechtsnachfolgerin rückwirkend aus der Versicherung der verstorbenen Frau QL ab dem 01.07.1997 bis zum Ablauf deren Todesmonats die dieser zustehende Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Beitragszeiten für die Tätigkeit der Verstorbenen im Ghetto Wlodawa von Anfang 1940 bis Mai 1943 nach den Vorschriften des ZRBG und unter Berücksichtigung von Ersatzzeiten zu gewähren.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie auf die angefochtenen Bescheide Bezug genommen.
Mit Urteil vom 07.04.2008 hat das SG Düsseldorf die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, ein Anspruch auf Regelaltersrente scheitere gem. § 16 Abs. 1 EVZStiftG bereits deshalb, weil die Verstorbene für die Zeit im Ghetto Wlodawa bereits nach dem EVZStiftG entschädigt worden sei.
Gegen das ihr am 17.04.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 06.05.2008 Berufung eingelegt. Sie sei Rechtsnachfolgerin, aber nicht Sonderrechtsnachfolgerin der Verstorbenen gem. §§ 56, 57 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I). Ihr Rentenanspruch sei nicht gem. § 16 Abs. 1 EVZStiftG ausgeschlossen (Bezugnahme auf Senat, Urteil v. 29.06.2005, L 8 RJ 97/02, sozialgerichtsbarkeit.de). Im Übrigen wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen aus Verwaltungs-, Widerspruchs- und Klageverfahren.
Der Senat hat unter Darlegung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und des Oberverwaltungsgerichts Münster sowie der verwaltungsverfahrensrechtlichen Kommentarliteratur darauf hingewiesen, dass der Widerspruchsbescheid vom 22.02.2007 nicht wirksam geworden bzw. nichtig sei. Daraufhin hat die Beklagte mit Schreiben vom 16.10.2008 den Widerspruchsbescheid vom 22.02.2007 aufgehoben und den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2008 zurückgewiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.04.2008 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2008 zu verurteilen, ihr als Rechtsnachfolgerin von Frau QL Regelaltersrente ab dem 01.07.1997 bis zum 31.12.2006 unter Berücksichtigung von Ghettobeitragszeiten von Januar 1941 bis Juni 1942 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere nach Entrichtung ggf. erforderlicher freiwilliger Beiträge zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat das Gutachten von Dr. Zarusky vom 02.06.2008, erstellt für den Senat in dem Verfahren L 8 R 209/07, sowie den Zeitzeugenbericht der Frau TP gegenüber Yad Vashem, beigezogen in dem Verfahren L 8 R 228/05 des Senats, zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Des Weiteren hat der Senat die aus der Anlage zur Sitzungsniederschrift ersichtlichen Erklärungen des NL2 (früher L3), Kläger in dem Streitverfahren L 8 R 263/05 des Senats, vom 10.10.1955 in dessen Entschädigungsverfahren, des KI und des T2L4 vom selben Tag in dem Entschädigungsverfahren des NL2, des WM in den Entschädigungsverfahren des F1G und des K1L5, Kläger in dem Streitverfahren L 8 R 228/05 des Senats, sowie die Stellungnahmen des Historikers Dr. M, erstellt in dem Streitverfahren L 8 R 209/07 des Senats, zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist in dem Umfang, in dem sie sie in der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten hat, begründet. Die Klage, die die Klägerin hinsichtlich der anzuerkennenden Ghettobeitragszeiten in zulässiger Weise (vgl. § 99 Abs. 3 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) auf die Zeit von Januar 1941 bis Juni 1942 beschränkt hat, ist begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig und beschwert die Klägerin (§ 54 Abs. 2 SGG). Sie hat Anspruch auf Gewährung von Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Ghettobeitragszeiten für den Zeitraum von Januar 1941 bis Juni 1942 nach Maßgabe der nachfolgenden Ausführungen als Rechtsnachfolgerin der Verstorbenen bis zum 31.12.2006 (vgl. § 102 Abs. 5 SGB VI).
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 11.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2008, der gem. § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist.
Die Klägerin ist ausweislich des Testaments der Verstorbenen vom 29.04.1994 und der gerichtlichen Testamentsanerkennung vom 14.03.2007 Rechtsnachfolgerin ihrer am 08.12.2006 verstorbenen Tante QL gem. § 58 SGB I. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
Der Anspruch auf Altersrente folgt aus § 35 SGB VI in der bis zum 31.12.2007 maßgebenden Fassung (a.F.; vgl. § 300 Abs. 1 SGB VI) auch dann, wenn er auf Ghettobeitragszeiten gestützt wird. Die Bestimmungen des ZRBG stellen demgegenüber keine eigenständige Anspruchsgrundlage für den Anspruch auf Altersrente dar (BSG, Urteil vom 26.07.2007, B 13 R 28/06, SozR 4-5075 § 1 Nr. 4). Die Vorschriften des SGB VI sind trotz des Auslandswohnsitzes der Klägerin (vgl. § 30 Abs. 1 SGB I) anwendbar (vgl. dazu BSG, Urteil v. 14.07.1999, B 13 RJ 75/98 R, Juris; BSG, Urteil v. 13.08.2001, B 13 RJ 59/00 R, SozR 3-2200 § 48 Nr. 17).
Nach § 35 SGB VI a.F. haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie (wie die am 01.07.1923 geborene Verstorbene seit dem 01.07.1988) das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren erfüllt haben. Die Wartezeit von 5 Jahren kann mit Beitrags- und Ersatzzeiten im Sinne der §§ 50 Abs. 1 Nr. 1, 51 Abs. 1 und 4 SGB VI erfüllt werden, wobei Ersatzzeiten nach § 250 Abs. 1 SGB VI allerdings nur dann Berücksichtigung finden, wenn vor Beginn der Rente zumindest ein Beitrag wirksam entrichtet worden ist oder als wirksam entrichtet gilt (BSG, Urteil v. 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R, SozR 4-5050 § 15 Nr. 1, m.w.N.). Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht oder den Reichsversicherungsgesetzen Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind (§§ 55 Abs. 1 Satz 1, 247 Abs. 3 Satz 1 SGB VI) oder als gezahlt gelten (§ 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Die Klägerin verfügt über auf die Wartezeit von 60 Monaten anrechenbare 18 Monate Ghetto-Beitragszeiten (dazu unter I.). Hinsichtlich der zur Erfüllung der allgemeinen Wartezeit erforderlichen weiteren 42 Monate ist von der Beklagten noch zu prüfen (dazu unter II.), ob hierauf Beitragszeiten, die nach dem deutsch-israelischen Sozialversicherungsabkommen (DISVA) anrechenbar sind, oder Ersatzzeiten anzurechnen sind. Ggf. ist die Klägerin zur Entrichtung von noch erforderlichen freiwilligen Beiträgen nach Maßgabe der Rechtsprechung des Senats (Urteil v. 23.05.2007, L 8 R 28/07, nicht rechtskräftig, sozialgerichtsbarkeit.de) zuzulassen (dazu unter II.).
I.
Auf die Wartezeit sind Ghettobeitragszeiten von Januar 1941 bis Juni 1942 nach § 2 Abs. 1 ZRBG anzurechnen. Nach dieser Vorschrift gelten Beiträge als gezahlt für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto. Gemäß § 1 ZRBG muss die Verstorbene sich als Verfolgte (1.) in einem Ghetto (2.), das in einem vom Deutschen Reich besetzten oder ihm eingegliederten Gebiet gelegen hat (3.), zwangsweise aufgehalten (4.) haben. Zudem muss sie eine Arbeit (5.) in diesem Ghetto (6.) ausgeübt haben, die eine Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss (7.) gegen Entgelt (8.) darstellte und für die sie nicht bereits eine Leistung aus einem System der sozialen Sicherheit erhalten hat (9.). Ferner darf die Anerkennung des Anspruchs nicht aus anderen Gründen ausgeschlossen sein (10.). Beweismaßstab ist die Glaubhaftmachung (§ 1 Abs. 2 ZRBG i. V. m. § 3 Gesetz zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung [WGSVG]). Das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale muss also nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche verfügbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich sein, d. h. es muss mehr für als gegen sie sprechen, wobei gewisse noch verbleibende Zweifel unschädlich sind (vgl. BSG, Beschluss v. 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, SozR 3-3900, § 15 Nr. 4). Die genannten Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.
1. Die Verstorbene war Verfolgte im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG. Der Begriff des Verfolgten entspricht demjenigen des § 1 Abs. 1 Bundesentschädigungsgesetz -BEG- (BSG, Urteil v. 14.12.2006, B 4 R 29/06 R, SozR 4-5075 § 1 Nr 3). Für die Eigenschaft als Verfolgte iSd ZRBG ist eine Anerkennung als Verfolgte nach dem BEG durch eine Entschädigungsbehörde nicht Voraussetzung, sie ist vielmehr von den Rentenversicherungsträgern und Sozialgerichten in eigener Zuständigkeit zu prüfen. Unschädlich ist daher, dass die Verstorbene Entschädigungsleistungen nach dem BEG nicht beansprucht hatte und dementsprechend keine Verwaltungsvorgänge nach dem BEG vorhanden sind. Die Verfolgteneigenschaft der Verstorbenen ist gleichwohl glaubhaft. Denn es kann iSe Glaubhaftmachung festgestellt werden, dass sie aufgrund ihres jüdischen Glaubens der nationalsozialistischen Verfolgung ausgesetzt war und sich zwangsweise im Ghetto Wlodawa aufhalten musste (s. dazu 2. und 4., vgl. § 1 Abs. 1 i. V. m. §§ 1 Abs. 1, 43 Abs. 2 BEG).
2. In Wlodawa hat im nunmehr noch geltend gemachten Zeitraum (Januar 1941 bis Juni 1942) ein Ghetto bestanden. Als Ghetto im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG ist eine Stadt, ein Stadtteil oder -viertel anzusehen, wo die jüdische Bevölkerung untergebracht wurde, und zwar im Wege der Absonderung, Konzentration und Internierung (vgl. Senat, Urteil v. 28.01.2008, L 8 RJ 139/04 [rkr.], sozialgerichtsbarkeit.de). Die Existenz eines diesen Erfordernissen entsprechenden Ghettos im Streitzeitraum ist durch das von Dr. Zarusky im Verfahren L 8 R 209/07 erstattete Gutachten belegt, das der Senat zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat und im Wege des Urkundsbeweises verwertet (§ 118 Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 415, 416 ZPO; vgl. BSG, Urteil v. 24.06.1980, 1 RJ 84/79, Juris, mwN). Danach ist von einem "geschlossenen" Ghetto bereits ab dem 17.01.1941 (S. 7 ff des Gutachtens) auszugehen. Die Auflösung des Ghettos ist im Oktober 1942 in Angriff genommen worden (S. 14 des Gutachtens). Die Richtigkeit dieser Feststellungen ist im Übrigen von der Beklagten auch nicht bezweifelt worden.
3. Wlodawa hat im sog. Generalgouvernement, Distrikt Lublin, und damit in einem vom Deutschen Reich im Anspruchszeitraum besetzten Gebiet gelegen (vgl. im Einzelnen BSG, Urteil v. 23.08.2001, B 13 RJ 59/00 R, SozR 3-2200 § 1248 Nr. 17).
4. Die Verstorbene hat sich in der Zeit von Januar 1941 bis Juni 1942 zwangsweise im Ghetto Wlodawa aufgehalten. Daran ergeben sich nach den dem Senat vorliegenden Informationen keine grundlegenden Zweifel. Der Senat geht hierbei von den eigenen schriftlichen Bekundungen der Verstorbenen im Rentenverfahren aus. Diese Darstellung entspricht ihren Angaben gegenüber der JCC - Zwangsarbeiterfonds -, die durch eine Recherche beim ITS bestätigt werden konnten. Schließlich hat der Zeuge F1G ausgeführt, dass die jüdische Bevölkerung von Wlodawa, zu der er und die Verstorbene gehörten, im Ghetto Wlodawa inhaftiert worden sei. Der Senat hat keine Veranlassung, an der Erlebnisfundiertheit der Angaben der Verstorbenen und des Zeugen G zu zweifeln. Denn beide schildern für das Ghetto Wlodawa spezifische Besonderheiten wie die Beschäftigung für eine deutsche Wasserwirtschaftsfirma unter dem dortigen Leiter Falkenberg und der für Beschäftigungen im Generalgouvernement, Distrikt Lublin, untypischen Angabe einer Entlohnung mit Bargeld (s. hierzu im Einzelnen unter 5. und 8.). Hinsichtlich des Endes des Aufenthaltes im Ghetto Wlodawa im Juni 1942 ergibt sich aus den insoweit aussagekräftigsten und detailreichsten Erklärungen des NL2, des KI und des T2L4 jeweils vom 10.10.1955 im Entschädigungsverfahren des NL2, dass Mitte des Jahres 1942 nicht arbeitsfähige und arbeitsfähige Bevölkerungsteile getrennt und die arbeitsfähigen Bewohner in einem Lager für Zwangsarbeiter untergebracht wurden.
5. Es ist glaubhaft, dass die Verstorbene während ihres Aufenthalts im Ghetto Wlodawa in der Zeit von Januar 1941 bis Juni 1942 Arbeiten bei dem Graben von Kanälen wie auch Baumfällarbeiten (im Folgenden: Entwässerungs- und Waldarbeiten) für eine deutsche Wasserwirtschaftsfirma unter der Leitung Falkenbergs außerhalb des Ghettos verrichtet hat.
Diese Tätigkeiten hat die Verstorbene selbst noch im Rentenverfahren angegeben. Ihre Angaben sind glaubhaft im Sinne einer guten Möglichkeit. Für ihre Richtigkeit spricht, dass sie in der schriftlichen Erklärung des Zeugen F1G bestätigt werden, der angab, ebenfalls außerhalb des Ghettos für die Fa. Falkenberg bei der Errichtung eines Kanals gearbeitet zu haben. Dieser Zeuge konnte daher aus eigener Wahrnehmung Angaben zur Beschäftigung der Verstorbenen bei der Fa. Falkenberg machen. Seine Bekundungen entsprechen dabei denjenigen in seinem eigenen Rentenverfahren. Dort hat die Beklagte die Beschäftigung des Zeugen G bei der Fa. Falkenberg als glaubhaft gemacht angesehen.
Die Berichte der Verstorbenen und des Zeugen G sind auch ohne weiteres mit den historischen Erkenntnissen zum Ghetto Wlodawa zu vereinbaren. Denn nach den Ausführungen von Dr. Zarusky in seinem Gutachten vom 02.06.2008, die sich der Senat zu eigen macht, war die deutsche Firma Rhode, die für das Wasserwirtschaftsamt Chelm Entwässerungs- und Regulierungsarbeiten unternahm, größter Arbeitgeber Wlodawas. Verantwortlich vor Ort war der Schachtmeister CG1. Zur Durchführung der Flussregulierungsarbeiten an der Wlodawka, einem kleinen Fluss, der bei Wlodawa in den Bug mündet, sowie der Entwässerungsarbeiten hat sich Falkenberg jüdischer Arbeitskräfte bedient, die ihm vom Arbeitsamt zur Verfügung gestellt wurden. Zunächst waren nur 180 Juden bei ihm beschäftigt; im Laufe des Jahres 1942 hat sich diese Zahl dann auf etwa 1500 Juden erhöht (S. 11 des Gutachtens).
6. Die Arbeit der Verstorbenen hat, wie von § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG gefordert, "in einem Ghetto" stattgefunden, obwohl sich die Arbeitsstelle außerhalb des Ghettos, einige Kilometer von diesem entfernt, in der Umgebung von Wlodawa bzw. in den Wäldern befunden hat.
Auch Arbeiten, die außerhalb des räumlichen Bereichs eines Ghettos verrichtet wurden, werden vom ZRBG erfasst, wenn sie Ausfluss der Beschäftigung im Ghetto waren (so BSG Urteil vom 14.12.2006, B 4 R 29/06 R, SozR 4 - 5075 § 1 Nr. 3). Die ausgeübte Arbeit muss dem Verfolgten von einem Unternehmen mit Sitz im Ghetto angeboten oder von einem solchen Unternehmen bzw. der eingesetzten "Ghetto-Autorität", ggf. ähnlich einer Arbeitnehmerüberlassung oder einer Arbeitsvermittlung, zugewiesen worden sein. Davon ist hier auszugehen. So gab die Verstorbene selbst noch an, die Tätigkeit in der Wasserwirtschaft durch Vermittlung des Judenrates erhalten zu haben, was der Zeuge G in seiner schriftlichen Zeugenerklärung mit der ergänzenden Erklärung bestätigte, dass sie sich zuvor an den Judenrat gewandt hätten, um eine Arbeit zu erhalten. Diese Angaben korrespondieren mit den Schilderungen Dr. Zaruskys, nach denen Falkenberg die jüdischen Arbeitskräfte vom Arbeitsamt (des Ghettos) zur Verfügung gestellt wurden (vgl. Bl. 11 des Gutachtens).
Sind die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt, liegt eine Beschäftigung "in einem Ghetto" bei einer Arbeitsstelle außerhalb des Ghettos jedenfalls dann vor, wenn eine tägliche Rückkehr der Arbeitskräfte nach der Verrichtung der Arbeit in das Ghetto erfolgte. Eine solche ist ebenfalls glaubhaft gemacht. So hat Dr. Zarusky (S. 11 des Gutachtens) unter Verwertung des Urteils des LG Hannover vom 29.10.1964 (2 Ks 4/63) ausgeführt, "dass die Juden zuerst in der Stadt wohnten, frühmorgens auf den im Südwesten der Stadt gelegenen Hof Fa(lkenbergs) kamen, einem Areal, das neben dem Wohngebäude des Schachtmeisters G1 gelegen war und auf dem sich Geräteschuppen befanden, die Arbeitsgeräte in Empfang nahmen und sich zu den angewiesenen Arbeitsplätzen begaben. Des Abends kehrten die Juden, die von Fa(lkenberg) entlohnt und verpflegt wurden, zu ihren Familien zurück." Diese Darstellung gewinnt dadurch weitere Überzeugungskraft, dass auch NL2, KI und T2L4 in ihren Erklärungen im Entschädigungsverfahren des NL2 jeweils am 10.10.1955 dargelegt haben, dass sie Arbeiten bei der Entwässerung von Sümpfen einschließlich Baumfällarbeiten für eine deutsche Wasserwirtschaftsfirma unter der Leitung Falkenbergs ausgeübt hätten und jeden Tag morgens zu der Arbeitsstelle, die etwa 8 km von der Stadt entfernt gewesen sei, zurückgeführt worden seien.
7. Bei den von der Verstorbenen ausgeübten Entwässerungs- und Waldarbeiten unter der Leitung Falkenbergs hat es sich um eine Beschäftigung gehandelt, die aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) ZRBG).
a) Mit den in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZRBG formulierten Tatbestandsmerkmalen der aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen Beschäftigung gegen Entgelt hat der Gesetzgeber an den Begriff des versicherungspflichtigen entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses angeknüpft, wie er für Arbeitsverhältnisse unter Ghettobedingungen in der sog. Ghettorechtsprechung des BSG (vgl. Urteile vom 18.06.1997, 5 RJ 66/95, SozR 3-2200 § 1248 Nr. 15; vom 21.4.1999, B 5 RJ 48/98 R, SozR 3-2200 § 1248 Nr. 16; v. 14.07.1999, B 13 RJ 75/98 R, Juris; v. 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R, SozR 4-5050 § 15 Nr. 1) konkretisiert worden ist (std. Rechtsprechung des Senates; vgl. nur Urteil v. 28.01.2008, L 8 RJ 139/04, sozialgerichtsbarkeit.de m.w.N.).
Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere (aber nicht notwendigerweise) in einem Arbeitsverhältnis. Arbeit in diesem Sinne ist die auf ein wirtschaftliches Ziel gerichtete, planmäßige Arbeit eines Menschen, gleichviel ob geistige oder körperliche Kräfte eingesetzt werden. Die Arbeit ist nichtselbstständig, wenn sie fremdbestimmt ist, d.h. der Arbeiter dem Weisungs- bzw. Direktionsrecht des Arbeitgebers unterliegt und in den organisatorischen Ablauf des Betriebs eingebunden ist. Maßgeblich ist dabei jeweils das Gesamtbild der ausgeübten Tätigkeit.
Das Merkmal der "aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen Beschäftigung" verdeutlicht dabei, dass der Typus des von § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG erfassten Beschäftigungsverhältnisses abzugrenzen ist von einer unter Zwang zustande gekommenen oder verrichteten Arbeit. Diese Abgrenzung kann ebenfalls nur im Einzelfall erfolgen. Sie orientiert sich allerdings an der grundsätzlichen Überlegung, dass eine Arbeit sich um so mehr der Zwangsarbeit annähert, als sie von hoheitlichen Eingriffen überlagert ist, denen sich der Betroffene nicht entziehen kann. In diesem Sinne kann für Zwangsarbeit z.B. die obrigkeitliche Zuweisung von Arbeitern an ein Unternehmen sprechen, auf die der Arbeiter keinen Einfluss hat. Je nach den Umständen des Einzelfalles gilt dasselbe für die Bewachung während der Arbeit oder die Züchtigung auf der Arbeitsstelle. Auch die Art der zu verrichtenden Arbeiten kann einen Hinweis auf Zwangsarbeit liefern, wenn sie von dem konkreten Betroffenen schlechterdings unter der Annahme eines eigenen Willensentschlusses nicht erwartet werden konnte (ausführlich Senat, Urteil v. 12.12.2007, L 8 R 187/07, sozialgerichtsbarkeit.de).
Demgegenüber ist es für den eigenen Willensentschluss des Arbeiters unerheblich, aus welchen weiteren Motiven die Arbeit aufgenommen wurde. Auch existenzielle Not (z.B. die Angst vor dem Verhungern oder der Deportation in ein Zwangsarbeits- oder Vernichtungslager) schließt das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses daher nicht aus. Dass derartige Motive außer Betracht zu bleiben haben, wird zusätzlich durch § 1 Abs. 1 ZRBG belegt, der den zwangsweisen Aufenthalt in einem Ghetto mit den damit typischerweise verbundenen Konsequenzen des Hungers und der Bedrohung mit Deportation und Vernichtung sogar als Tatbestandsmerkmal voraussetzt.
b) Vor dem geschilderten historischen Hintergrund ist die Verrichtung der Entwässerungs- und Waldarbeiten unter der Leitung Falkenbergs durch die Verstorbene aus eigenem Willensentschluss überwiegend wahrscheinlich und damit glaubhaft gemacht. Denn nach den Ausführungen von Dr. Zarusky in seinem Gutachten vom 02.06.2008, die die Beklagte nicht angezweifelt hat und die sich der Senat zu eigen macht, stellte sich der Besitz eines Arbeitsplatzes als notwendige Voraussetzung für das Überleben der Ghettohaft dar (S. 9 ff des Gutachtens). Der Judenrat hatte auf Anordnung der deutschen Behörde nach Bedarf Arbeitskraftkontingente bereit zu stellen, doch ist die Meldung der Ghettoinsassen zur Arbeit aus eigenen Stücken erfolgt, weil der Erwerb zusätzlicher (Lebens-)Mittel für die Allermeisten eine Überlebensnotwendigkeit dargestellt hat. Keinesfalls ist es innerhalb des Ghettos so gewesen, dass der auf den Judenrat ausgeübte Zwang zur Bereitstellung von Arbeitskräften unmittelbar weiter gegeben worden ist. Im Gegenteil haben sich meist mehr Menschen beworben als überhaupt Stellen vorhanden waren. Nur wer Glück hatte, über gute Beziehungen oder spezielle Qualifikationen verfügte, konnte aus den zahlreichen Interessenten für eine Stelle herausstechen und einen Arbeitsplatz erhalten. Dr. Zarusky hat in seinem Gutachten weiter nachvollziehbar herausgearbeitet, der Grund für die hohe Zahl von Beschäftigten bei Falkenberg habe darin bestanden, dass dieser alle seine Möglichkeiten ausnutzt, um die Juden vor der Verfolgung zu schützen. Er nahm wesentlich mehr Arbeitskräfte auf, als ihm zustanden, warnte sie vor den bevorstehenden "Aktionen" und bot einer größeren Zahl ein Versteck in einer rundherum durch Strohballen getarnten Scheune. Hiermit korrespondierend schildert auch die Zeugin TP in ihrem bei Yad Vashem abgegebenen Zeitzeugenbericht die unter Falkenberg arbeitenden Juden als die Elite des Ghettos, die für ihre vermeintliche Sicherheit von den übrigen Ghettobewohnern beneidet wurden.
Den historischen Erkenntnissen entspricht auch die Darstellung des Zeugen F1G. Danach vermittelte zwar der Judenrat, wie auch schon die Verstorbene selbst zur Begründung ihres Rentenantrags angab, ihm und der Verstorbenen die Arbeit bei der "Fa. Falkenberg", er ergänzte jedoch, dass sie sich zuvor an den Judenrat gewandt hatten. Die Initiative ging also nicht vom Judenrat aus, sondern von der Verstorbenen und dem Zeugen G. Diese Darstellung entspricht schließlich seiner Darstellung im eigenen Rentenverfahren, die die Beklagte als glaubhaft angesehen hat.
Die von der Verstorbenen beschriebene Bewachung auf dem Weg von und zur Arbeit ist im vorliegenden Fall kein Indiz für Zwangsarbeit. Dies gilt bereits deshalb, weil es sich nach der von der Beklagten im Verwaltungsverfahren beigezogenen Schilderung des F1G aus seinem Rentenverfahren weniger um eine Bewachung, schon gar keine strenge Bewachung z.B. durch bewaffnete Kräfte, sondern eher um ein bloßes Führen zur Arbeit durch einen Gruppenführer handelte. Darin ist nicht zwingend eine den freien Willensentschluss ausschließende Bewachung zu sehen, zumal nach den Angaben der Verstorbenen und des Zeugen G während der Arbeit keine Bewachung erfolgte. Diese Bewachung bzw. bloßes Führen zur Arbeit war lediglich Ausfluss der allgemeinen Lebensbedingungen im Ghetto Wlodawa und stellte sich damit als Fortsetzung der durch den zwangsweisen Aufenthalt im Ghetto verwirklichten Freiheitsentziehung dar.
8. Schließlich ist glaubhaft, dass die Verstorbene ihre Beschäftigung in der Wasserwirtschaft unter der Leitung Falkenbergs gegen Entgelt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b) ZRBG) ausgeübt hat.
a) Entgelt in diesem Sinne ist als ein die Versicherungspflicht in der deutschen Rentenversicherung begründendes Entgelt anzusehen (BSG, Urteil vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R, SozR 4-5050 § 15 Nr. 1). Maßgebend sind dabei die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) in der im Streitzeitraum geltenden Fassung (a.F.). Zum Entgelt gehörten nach § 160 a.F. neben Gehalt oder Lohn auch Gewinnanteile, Sach- und andere Bezüge, die der Versicherte, wenn auch nur gewohnheitsmäßig, statt des Gehalts oder Lohnes oder neben ihm von dem Arbeitgeber oder einem Dritten erhielt. Jedoch war eine Beschäftigung, für die als Entgelt nur freier Unterhalt gewährt wurde, versicherungsfrei (§ 1227 RVO a.F.; vgl. zum Folgenden außerdem BSG, Urteil vom 30.11.1983, 4 RJ 87/92; Mentzel/Schulz/Sitzler, Kommentar zum Versicherungsgesetz für Angestellte, 1913, § 7 Anm. 3; RVO mit Anmerkungen, herausgegeben von Mitgliedern des Reichsversicherungsamtes, 1930, § 1227 RVO Anm. 1 ff.). Als freier Unterhalt i.S.v. § 1227 RVO a.F. ist dabei dasjenige Maß von wirtschaftlichen Gütern anzusehen, das zur unmittelbaren Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse des Arbeitnehmers erforderlich ist, nicht aber das, was darüber hinausgeht. Zum freien Unterhalt gehören insbesondere Unterkunft, Beköstigung und Kleidung. Die betreffenden Sachbezüge müssen nach Art und Maß zur Bestreitung des freien Unterhalts geeignet und bestimmt sein. Das ist der Fall, wenn sie in geringem Umfang zur Befriedigung kleinerer Bedürfnisse und Lebensgewohnheiten gewährt werden. Bei Gewährung von Lebensmitteln ist daher zu prüfen, ob sie nach Umfang und Art des Bedarfs unmittelbar zum Verbrauch oder Gebrauch gegeben werden (dann freier Unterhalt) oder aber zur beliebigen Verfügung, wie es z.B. bei Deputaten der Fall ist. Die Grenze des freien Unterhalts ist insbesondere dann überschritten, wenn die gewährte Menge erheblich das Maß des persönlichen Bedarfs übersteigt. Das ist unter anderem dann anzunehmen, wenn die gewährten Sachbezüge ausreichen, nicht nur den freien Unterhalt des Beschäftigten selbst, sondern auch eines nicht bei demselben Arbeitgeber beschäftigten Familienangehörigen sicherzustellen (vgl. VDR, Kommentar zur RVO, 5. Aufl., 1954, § 1228 Rdnr. 5). Werden demgegenüber anstelle des freien Unterhalts auch nur auch geringe Geldbeträge zur Bestreitung des notwendigen Unterhalts gegeben, so ist dies keine freie Unterhaltsgewährung mehr. Geldleistungen stehen demnach der Gewährung des freien Unterhalts nicht gleich, auch wenn sie den unbedingt zum Lebensunterhalt erforderlichen Betrag nicht übersteigen und nicht einmal erreichen. Allerdings geht die bisherige Rechtsprechung davon aus, dass das Entgelt eine Mindesthöhe erreichen muss, damit man von einer entgeltlichen versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgehen kann. Bei Barzahlung neben freiem Unterhalt reicht es aus, wenn das Entgelt die Grenze von einem Sechstel bis einem Drittel Ortslohn überschritt.
b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze reichen die der Verstorbenen als Gegenleistung für ihre Arbeit gewährten Bezüge aus, um dem Grunde nach Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu begründen.
Der Senat geht vorliegend davon aus, dass die Verstorbene für ihre Tätigkeit in der Wasserwirtschaft unter der Leitung Falkenbergs im noch streitigen Zeitraum zumindest auch eine Barentlohnung in polnischen Zloty neben einer Verpflegung bzw. Lebensmittelzuteilung erhalten hat. Die Verstorbene gab selbst noch an, mit Geld entlohnt worden zu sein, und konnte als zusätzliche Detailinformation noch erinnern, dass die Lohnzahlung jeden Donnerstag erfolgte. Sowohl die Barentlohnung - neben der Gewährung von Lebensmittelcoupons - als auch den Zeitpunkt der Zahlung bestätigt der Zeuge F1G, was hinsichtlich der Tatsache der Barentlohnung seinen Angaben im eigenen Rentenverfahren entspricht. Auch aus den von der Beklagten im Widerspruchsverfahren beigezogenen Unterlagen aus dem Verwaltungsverfahren der UU1 geht hervor, dass diese ebenfalls angab, für die Tätigkeit in der Wasserwirtschaft während ihres Aufenthalts im Ghetto Wlodawa Geld erhalten zu haben. Entscheidende Bedeutung misst der Senat dem Umstand bei, dass eine solche Barentlohnung bereits in den zeitlich weit zurückliegenden schriftlichen Erklärungen des NL2 und des T2L4 im Entschädigungsverfahren des NL2 im Oktober 1955 und damit relativ zeitnah zu den relevanten historischen Ereignissen Erwähnung gefunden hat. So führte T2L4 aus: "Die Arbeit wurde nur ganz geringfügig bezahlt, die Bezahlung reichte kaum zum Kauf von Zigaretten aus." NL2 selbst gab an: " ... ferner hörte von diesem Zeitpunkt ab (Anmerkung des Senats: gemeint ist der Zeitpunkt des Umzugs in das ZAL Mitte 1942), die bis dahin bezahlte geringe Vergütung für die Arbeit auf." Der Erwähnung einer Barentlohnung für die geleisteten Tätigkeiten bereits im Entschädigungsverfahren kommt besonders hoher Beweiswert zu. Denn schließlich handelt es sich um relativ zeitnahe Erklärungen, die für das Entschädigungsverfahren nicht nur unerheblich, sondern vom Sinn und Zweck des Verfahrens - zumindest aus Laiensicht - für die Anspruchsbegründung nicht förderlich waren. Schließlich ging es im Entschädigungsverfahren darum, gerade die Schwere des individuell erlittenen Verfolgungsschicksals darzustellen. Jedenfalls gab es keinerlei Anlass, die Entlohnung einer unter den Zwangsbedingungen der Ghettohaft ausgeübten Tätigkeiten darzustellen. Die von der Beklagten im Widerspruchsverfahren ebenfalls beigezogene Erklärung der U3F2, nach der ihr Ehemann U2F für die verrichteten Kanalisationsarbeiten im Ghetto Wlodawa Lebensmittel erhalten habe, kann die vorgenannten Erklärungen schon deshalb nicht entkräften, da nicht ersichtlich ist, ob ihre Schilderung auf eigener Wahrnehmung beruht.
Schließlich erachtet der Senat den Erhalt von Barlohn auch vor dem historischen Hintergrund als überwiegend wahrscheinlich im Sinne einer guten Möglichkeit. Dr. Zarusky zitiert ohne Abschwächung aus dem Urteil des LG Hannover, wonach die bei den Entwässerungsarbeiten beschäftigten Juden von Falkenberg entlohnt und verpflegt wurden. Hieraus und aus den Angaben des F1G ergibt sich iSe überwiegenden Wahrscheinlichkeit ebenfalls, dass die Barentlohnung neben einer Verpflegung bzw. Lebensmittelzuteilung gewährt wurde. Dies entspricht den historischen Erkenntnissen zum Ghetto Wlodawa, die Dr. Zarusky eingehend dargestellt hat (S. 9 ff des Gutachtens).
Darüber hinaus ist überwiegend wahrscheinlich, dass das der Verstorbenen am Arbeitsplatz gezahlte Entgelt der Höhe nach neben dem Bezug von Lebensmittelcoupons zumindest 1/6 des üblichen Ortslohns überschritten hat.
Insofern kann mangels einer konkreten Erinnerung nicht auf die Angaben der Verstorbenen und des F1G zurückgegriffen werden, was nach einem Zeitablauf von mehr als 60 Jahren ohne Weiteres nachvollziehbar ist und im Übrigen im Umkehrschluss wiederum für die Erlebnisfundiertheit der übrigen Angaben der Verstorbenen spricht. Ausgehend von den historischen Erkenntnissen zur Entlohnung von nichtjüdischen und jüdischen Arbeitern und Arbeiterinnen im Generalgouvernement (S. 9 des Gutachtens von Dr. Zarusky) betrug der Monatslohn für eine ungelernte jüdische Arbeiterin 104 Zloty, was einem Wochenlohn von etwa 24 Zloty entspricht, so dass 1/6 des Ortslohns wöchentlich 4 Zloty ausmacht. Vor diesem Hintergrund erweisen sich die Angaben der Verstorbenen, des F1G, des NL2 und des T2L4 als zutreffend, wenn sie von einem geringen Lohn bzw. einer geringen Vergütung gesprochen haben. Weitere Möglichkeiten zu einer Aufklärung des Sachverhalts drängen sich dem Senat nicht auf. Angesichts der damit entstandenen und von der Verstorbenen nicht zu vertretenden Beweisnot gibt es andererseits keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der der Verstorbenen gezahlte Barlohn nicht den geringen Betrag von 4 Zloty wöchentlich überschritt. Es ist im Gegenteil davon auszugehen, dass gerade der Leiter der Wasserwirtschaftsfirma, CG1, sich der Verordnungslage entsprechend verhalten und die danach für jüdische Arbeitskräfte bestimmten Löhne gezahlt hat. Es ist bereits dargestellt worden, dass G1 große und vielfältige Anstrengungen unternahm, um das Leben vieler Juden zu schützen. Es liegt also nahe, dass er bei der Entlohnung nicht anders handelte, sondern vielmehr dafür Sorge trug, dass die Entlohnung der jüdischen Arbeitskräfte der Verordnungslage entsprach, um diese soweit wie unter den gegebenen Bedingungen möglich ökonomisch in die Lage zu versetzen, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
9. Die Verstorbene erhielt für ihre Arbeit im Ghetto Wlodawa auch keine anderweitigen Leistungen aus einem System sozialer Sicherheit. Da sie sich seit Februar 1946 in Palästina bzw. Israel aufhielt, kommen insoweit nur Leistungen aus einem dortigen Sicherungssystem in Betracht. Insofern ist für den Senat aus einer Vielzahl von Streitverfahren nach dem ZRBG offenkundig (§ 202 SGG i.V.m. § 291 ZPO) und im Übrigen zwischen den Beteiligten auch unstreitig, dass in den Leistungen der israelischen Nationalversicherung ausschließlich Zeiten ab deren Einrichtung im Jahr 1954 Berücksichtigung finden, nicht jedoch Zeiten nationalsozialistischer Verfolgung.
10. Die Anerkennung von Beitragszeiten scheitert schließlich nicht daran, dass die Verstorbene eine Entschädigung nach dem EVZStiftG erhalten hat. Wie der Senat bereits entschieden hat, erstrecken sich die in § 16 Abs. 1 S. 2 EVZStiftG geregelte Ausschlusswirkung und die Verzichtswirkung des § 16 Abs. 2 S. 2 EVZStiftG nicht auf den Anspruch auf Zahlung einer Rente aufgrund von Beitragszeiten nach § 2 Abs. 1 ZRBG (Senat, Urteil vom 18.06.2008, L 8 R 298/07, sozialgerichtsbarkeit.de, mit eingehender Begründung).
II.
Ob auf die Wartezeit von 60 Monaten neben den 18 Monaten Ghetto-Beitragszeiten Beitragsmonate anrechenbar sind, die die Verstorbene in Israel zurückgelegt hat (Art. 20 Abs. 1 DISVA), kann ebenso dahinstehen, wie die eventuelle Anrechenbarkeit von Ersatzzeiten nach § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI.
Denn die allgemeine Wartezeit kann jedenfalls, da für 18 Monate Ghetto-Beitragszeiten bestehen, durch die Entrichtung freiwilliger Beiträge nach Nr. 2 Buchst. c des Schlussprotokolls zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit idF des Änderungsabkommens vom 7.1.1986 (BGBl II 1986, 863) erfüllt werden (vgl. BSG, Urteil v. 26.07.2007, B 13 R 28/06 R). Einen entsprechenden Antrag hatte die Verstorbene am 05.12.2002 gestellt. In diesen Fällen kann der Rentenversicherungsträger zur Zahlung einer Rente nach Entrichtung freiwilliger Beiträge verurteilt werden (vgl. BSG SozR 3-1500 § 54 Nr. 3).
Die etwaige Anrechenbarkeit von israelischen Versicherungszeiten und Ersatzzeiten ist von der Beklagten in eigener Zuständigkeit zu prüfen. Sollte danach die allgemeine Wartezeit noch nicht erfüllt sein, wird sie über den am 05.12.2002 gestellten, bisher nicht beschiedenen Antrag auf Entrichtung freiwilliger Beiträge zu entscheiden haben.
III.
Da die Verstorbene den Rentenantrag am 05.12.2002 gestellt hat, beginnt die Rente (frühestens) am 01.07.1997 (§ 3 Abs. 1 Satz 1 ZRBG i.V.m. § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI).
Falls die Entrichtung freiwilliger Beiträge erforderlich sein sollte, kann sich eine Verschiebung des Rentenbeginns entsprechend der Rechtsprechung des Senats ergeben (Urteil v. 23.05.2007, L 8 R 28/07, nicht rechtskräftig, sozialgerichtsbarkeit.de).
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Der Senat hat keinen Anlass gehabt, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG). Sämtliche angesprochenen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des BSG bereits hinreichend geklärt. Der vorliegende Rechtsstreit wirft ausschließlich Fragen der einzelfallbezogenen Beweiswürdigung auf.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihrer am 00.00.2006 verstorbenen Tante QL auf Regelaltersrente bis zum 31.12.2006 unter Berücksichtigung von sogenannten Ghetto-Beitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung im Ghetto Wlodawa in dem Zeitraum von Januar 1941 bis Juni 1942.
Die am 00.00.1923 in Wlodawa/Polen unter dem Geburtsnamen L1 als polnische Staatsangehörige geborene jüdische QL (im Folgenden: die Verstorbene) war Opfer nationalsozialistischer Verfolgung. Sie wanderte im Februar 1946 nach Palästina/Israel ein. Sie lebte zuletzt bis zu ihrem Tod in Israel und besaß dort die israelische Staatsangehörigkeit.
Am 05.12.2002 beantragte die Verstorbene bei der Beklagten unter Hinweis auf das Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) die Zahlung einer Regelaltersrente rückwirkend ab dem 01.07.1997 sowie die freiwillige Weiterversicherung nach § 7 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Sie gab in dem Fragebogen für die Anerkennung von Zeiten unter Berücksichtigung der Vorschriften des ZRBG am 14.08.2003 an, dass sie im Ghetto Wlodawa im Bereich der Wasserwirtschaft unter dem "Leiter Faltenberg" gearbeitet habe. Im Sommer habe sie Kanäle für die Wasserwirtschaft gegraben und im Winter Bäume gefällt. Auf dem Weg von und zur Arbeit sei sie bewacht worden. Sie erinnere sich nicht durch wen. Der Arbeitseinsatz sei durch Vermittlung des Judenrates zustande gekommen. Der tägliche Arbeitseinsatz habe ca. 8 - 10 Stunden betragen. Als Entlohnung habe sie Geld erhalten; an die Höhe erinnere sie sich jedoch nicht. Sie erinnere sich nicht, ob sie Sachbezüge erhalten habe, wahrscheinlich nicht. Im Formantrag gab die Verstorbene unter dem 14.08.2003 ergänzend den Zeitraum der Beschäftigung von Ende 1939 bis Mai 1943 an. Die Höhe des Arbeitsverdienstes sei nicht erinnerlich.
Das Ministry of Finance - Office for Rehabilitation of Holocaust Survivors - in Tel Aviv/Israel, von dem die Verstorbene Entschädigungsleistungen erhielt, teilte unter dem 26.05.2005 mit, dass dort Angaben über Freiheitsentziehung und Beschäftigung z. Z. der Freiheitsentziehung sowie zu Forderungen von Leistungen von deutschen Stellen nicht vorhanden seien.
Nach den Auskünften der Bezirksregierung Düsseldorf, Dezernat 10, - Bundeszentralkartei - vom 16. und 23.09.2005 liegen dort keine Karteikarten vor, nach denen die Verstorbene Ansprüche nach dem BEG geltend gemacht hat.
Mit Schreiben vom 27.09.2005 teilte die Jewish Claims Conference (JCC) der Beklagten mit, dass die Verstorbene eine Entschädigung aus dem Stiftungsfonds der deutschen Wirtschaft "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" aufgrund ihres Verfolgungsschicksals im Ghetto Wlodawa im Jahre 1943 erhalten hat. Grundlage hierfür sei ihre Recherche beim Internationalen Suchdienst (ITS) gewesen.
Zur Verwaltungsakte nahm die Beklagte die beim Karl Ernst Osthaus-Museum gespeicherten Daten zu Wlodawa. Danach lag Wlodawa im Generalgouvernement, Distrikt Lublin (1939-1944). Die Liquidierung des Ghettos sei am 30.04.1943 erfolgt. Seit wann es bestand, wird nicht angegeben. Erstmals erwähnt für Juni/November 1942 wird ein Zwangsarbeitslager für Juden, und zwar für Frauen, das im Mai 1943 (letzte Erwähnung) geschlossen worden sei. Die Häftlinge seien bei Meliorationsarbeiten und Waldarbeiten für das Wasserwirtschaftsamt; die Firma B. Falkenberg (Berlin), die Firma Wilhelm Rode (oder Rude) Hoch- und Tiefbau und die Firma Holzhammer eingesetzt worden.
Mit Bescheid vom 11.10.2005 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass nach den ihr vorliegenden historischen Erkenntnissen des Karl-Ernst-Osthaus-Museums Hagen in Wlodawa sowohl ein Ghetto als auch ein Zwangsarbeitslager bestanden habe. Die von der Verstorbenen geschilderten Arbeiten für die Fa. Falkenberg seien von den Bewohnern des Zwangsarbeitslagers verrichtet worden. Zeiten in einem Zwangsarbeitslager würden jedoch nicht vom ZRBG erfasst. Im Übrigen habe die Verstorbene von der JCC eine Entschädigung aus dem Zwangsarbeiterfonds erhalten aufgrund ihres Verfolgungsschicksals im Ghetto Wlodawa, was ebenfalls gegen eine Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss gegen Entgelt spreche.
Gegen diesen Bescheid legte die Verstorbene am 02.11.2005 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie im Wesentlichen angab, dass die Zwangsarbeiterentschädigung aufgrund von Verfolgungsmaßnahmen gewährt worden sei, denen sie nach ihrer Zeit im Ghetto Wlodawa ab Mai 1943 ausgesetzt gewesen sei. Sie verweise insofern auch auf § 16 Abs. 3 Gesetz zur Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZStiftG). Des Weiteren seien die von ihr verrichteten Arbeiten (auch) von Bewohnern des Ghettos Wlodawa verrichtet worden. Insofern verweise sie auf Parallelverfahren (UU1, U2F, DS, JA) und das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (www.doew.at), das unter anderem zum Ghetto Wlodawa (Deportationsziel von 1000 Wiener Juden) ausführe:
"Lediglich jene arbeitsfähigen Männer, die vom Wasserwirtschaftsamt Cholm bei Entwässerungs- und Flussregulierungsarbeiten eingesetzt wurden, erhielten zumindest eine gewisse minimale Verpflegung und Entlohnung. Die Zahl dieser Arbeiter betrug schließlich bei Liquidation des Ghetto ca. 1500 Mann."
Die Verstorbene übersandte ferner eine Zeugenerklärung von F1G vom 24.07.2006, in der dieser wie folgt ausführte:
"Ich kenne die Ast. Frau LQ seit unserer Kindheit von unserer Heimatstadt Wlodawa. Jeder kannte jeden in der jüdischen Gemeinde, und ich war mit der Familie L1 befreundet. Nach dem Einmarsch der deutschen Armee begannen die antijüdischen Maßnahmen. Im Frühling 1941 wurde in Wlodawa das Ghetto errichtet und wir, die jüdische Bevölkerung wurde im Ghetto inhaftiert. Wir wendeten uns an den Judenrat, um eine Arbeit zu erhalten. Der Judenrat vermittelte uns die Arbeit bei der Firma Falkenberg, wo wir einen Kanal errichtet haben, damit das Wasser eingesammelt wurde. Für unserer Arbeit in der Wasserwirtschaft erhielten wir Coupons, welche zum Kauf von Lebensmittel benützt wurden, sowie jeden Donnerstag erhielten wir ein Gehalt in Form von Geld. Im Mai 1943 wurde das Ghetto liquidiert und wir flüchteten in die Wälder in der Umgebung von Wlodawa."
Die Beklagte zog die den Zeugen F1G betreffende Verwaltungsakte bei. Nach seiner darin enthaltenen Erklärung vom 07.04.2003, arbeitete er von Juli 1940 bis zum 30.11.1942 außerhalb des Ghettos Wlodawa für die Firma Falkenberg. Auf dem Weg von und zur Arbeit sei er von einem Gruppenführer bewacht worden, während der Arbeit nicht. Der Arbeitseinsatz sei freiwillig und dank Vermittlung des Judenrates des Ghettos zustande gekommen. Für die Firma Falkenberg habe er Kanäle gegraben, damit das Wasser von den Feldern habe abfließen können, und Baumstämme vom Wald gebracht, die für den Kanalbau nötig gewesen seien. Er habe 8-10 Stunden täglich gearbeitet. Er habe für die Arbeit Quittungen erhalten, mit welchen er Nahrungsmittel habe einkaufen können. Er habe wöchentlich von der Firma einen kleinen Barlohn erhalten, an den Betrag erinnere er sich nicht, ein kleiner Zusatz zu den Coupons.
Des Weiteren befindet sich in der beigezogenen Verwaltungsakte die Erklärung der Zeugin TP vom 10.04.2003, die folgenden Wortlaut hat:
"Ich kenne den Herrn F1G seit dem Jahr 1940. Wir waren mit ihm zusammen im Ghetto Wlodawa bis 1942. Wir haben zusammen bei der Firma Falkenberg gearbeitet. Für unsere Arbeit haben wir Quittungen erhalten. Für diese Quittungen konnten wir in einem speziellen Laden Lebensmittel bekommen. Auch bekamen wir eine kleine Summe Geld jeden Monat. Am Ende des Jahres 1942 wurde in Wlodawa ein Arbeitslager errichtet."
Aus dem von der Beklagten beigezogenen, den Antrag ablehnenden Bescheid vom 13.10.2004 betreffend Frau UU1 ist mittelbar zu ersehen, dass diese ebenfalls erklärte, für die Zeit der Beschäftigung im Ghetto Wlodawa von Ende 1939 bis Mai 1943 Geld erhalten zu haben. Sie habe durch Vermittlung des Judenrates im Sommer Kanäle für die Wasserwirtschaft gegraben und im Winter Bäume gefällt. Schließlich zog die Beklagte aus der Verwaltungsakte des Zeugen U2F seine eigene Erklärung im Entschädigungsverfahren und die seiner Witwe im Verwaltungsverfahren bei.
Die Erklärung von U2F lautet wie folgt:
" Nachdem die Deutschen Kalisz besetzten, wurde ich Ende 1939 zusammen mit meiner Familie nach Wlodawa ausgesiedelt Im Juni 1941 kam ich in das Ghetto Wlodawa, das mit Stacheldraht umzäunt war und von SS bewacht wurde. Im Sommer verrichtete ich Wasser-Regulierungsarbeiten und in Winter Waldarbeiten. Täglich wurde ich unter Bewachung ca. 7 km zu Fuss zur Arbeit geführt. Im Juli 1943, bei der Liquidierung des Ghettos, gelang es mir, zu flüchten. Ich entkam in den nahegelgenen Wald und schlug mich dann bis nach Adampol durch. Dort verrichtete ich beim Gutsverwalter T1 verschiedene Feldarbeiten unter Bewachung von Volksdeutschen. "
Die Witwe von U2F, U3F2, gab im Verwaltungsverfahren Folgendes an: Ihr Ehemann habe von Juni 1941 bis Juli 1943 im Ghetto Wlodawa Kanalisationsarbeiten verrichtet und dafür Lebensmittel erhalten.
Mit dem an die Verstorbene gerichteten und an ihre Prozessbevollmächtigte adressierten Widerspruchsbescheid vom 22.02.2007 wies die Beklagte den Widerspruch unter Wiederholung und Vertiefung der Begründung des Ausgangsbescheides zurück.
Die Klägerin, die als Erbin und Rechtsnachfolgerin der Verstorbenen das Verfahren fortführt, hat am 19.03.2007 Klage zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben, zu deren Begründung sie das Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt. Aus den Strafakten 2 Ks 4/63 des Landgerichts (LG) Hannover ergebe sich, dass die von der Verstorbenen angegebenen Beschäftigungen durch Bewohner des Ghettos ausgeübt und die Arbeiter von Falkenberg verpflegt und entlohnt worden seien. Sie habe die Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss angenommen und ausgeübt. Im Übrigen nehme sie Bezug auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 14.12.2006 (B 4 R 29/06 R). Die Verstorbene habe zumindest einen Lohnanspruch gehabt und damit gegen Entgelt gearbeitet.
Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
den Bescheid vom 11.10.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr als Rechtsnachfolgerin rückwirkend aus der Versicherung der verstorbenen Frau QL ab dem 01.07.1997 bis zum Ablauf deren Todesmonats die dieser zustehende Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Beitragszeiten für die Tätigkeit der Verstorbenen im Ghetto Wlodawa von Anfang 1940 bis Mai 1943 nach den Vorschriften des ZRBG und unter Berücksichtigung von Ersatzzeiten zu gewähren.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie auf die angefochtenen Bescheide Bezug genommen.
Mit Urteil vom 07.04.2008 hat das SG Düsseldorf die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, ein Anspruch auf Regelaltersrente scheitere gem. § 16 Abs. 1 EVZStiftG bereits deshalb, weil die Verstorbene für die Zeit im Ghetto Wlodawa bereits nach dem EVZStiftG entschädigt worden sei.
Gegen das ihr am 17.04.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 06.05.2008 Berufung eingelegt. Sie sei Rechtsnachfolgerin, aber nicht Sonderrechtsnachfolgerin der Verstorbenen gem. §§ 56, 57 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I). Ihr Rentenanspruch sei nicht gem. § 16 Abs. 1 EVZStiftG ausgeschlossen (Bezugnahme auf Senat, Urteil v. 29.06.2005, L 8 RJ 97/02, sozialgerichtsbarkeit.de). Im Übrigen wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen aus Verwaltungs-, Widerspruchs- und Klageverfahren.
Der Senat hat unter Darlegung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und des Oberverwaltungsgerichts Münster sowie der verwaltungsverfahrensrechtlichen Kommentarliteratur darauf hingewiesen, dass der Widerspruchsbescheid vom 22.02.2007 nicht wirksam geworden bzw. nichtig sei. Daraufhin hat die Beklagte mit Schreiben vom 16.10.2008 den Widerspruchsbescheid vom 22.02.2007 aufgehoben und den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2008 zurückgewiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.04.2008 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2008 zu verurteilen, ihr als Rechtsnachfolgerin von Frau QL Regelaltersrente ab dem 01.07.1997 bis zum 31.12.2006 unter Berücksichtigung von Ghettobeitragszeiten von Januar 1941 bis Juni 1942 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere nach Entrichtung ggf. erforderlicher freiwilliger Beiträge zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat das Gutachten von Dr. Zarusky vom 02.06.2008, erstellt für den Senat in dem Verfahren L 8 R 209/07, sowie den Zeitzeugenbericht der Frau TP gegenüber Yad Vashem, beigezogen in dem Verfahren L 8 R 228/05 des Senats, zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Des Weiteren hat der Senat die aus der Anlage zur Sitzungsniederschrift ersichtlichen Erklärungen des NL2 (früher L3), Kläger in dem Streitverfahren L 8 R 263/05 des Senats, vom 10.10.1955 in dessen Entschädigungsverfahren, des KI und des T2L4 vom selben Tag in dem Entschädigungsverfahren des NL2, des WM in den Entschädigungsverfahren des F1G und des K1L5, Kläger in dem Streitverfahren L 8 R 228/05 des Senats, sowie die Stellungnahmen des Historikers Dr. M, erstellt in dem Streitverfahren L 8 R 209/07 des Senats, zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist in dem Umfang, in dem sie sie in der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten hat, begründet. Die Klage, die die Klägerin hinsichtlich der anzuerkennenden Ghettobeitragszeiten in zulässiger Weise (vgl. § 99 Abs. 3 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) auf die Zeit von Januar 1941 bis Juni 1942 beschränkt hat, ist begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig und beschwert die Klägerin (§ 54 Abs. 2 SGG). Sie hat Anspruch auf Gewährung von Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Ghettobeitragszeiten für den Zeitraum von Januar 1941 bis Juni 1942 nach Maßgabe der nachfolgenden Ausführungen als Rechtsnachfolgerin der Verstorbenen bis zum 31.12.2006 (vgl. § 102 Abs. 5 SGB VI).
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 11.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2008, der gem. § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist.
Die Klägerin ist ausweislich des Testaments der Verstorbenen vom 29.04.1994 und der gerichtlichen Testamentsanerkennung vom 14.03.2007 Rechtsnachfolgerin ihrer am 08.12.2006 verstorbenen Tante QL gem. § 58 SGB I. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
Der Anspruch auf Altersrente folgt aus § 35 SGB VI in der bis zum 31.12.2007 maßgebenden Fassung (a.F.; vgl. § 300 Abs. 1 SGB VI) auch dann, wenn er auf Ghettobeitragszeiten gestützt wird. Die Bestimmungen des ZRBG stellen demgegenüber keine eigenständige Anspruchsgrundlage für den Anspruch auf Altersrente dar (BSG, Urteil vom 26.07.2007, B 13 R 28/06, SozR 4-5075 § 1 Nr. 4). Die Vorschriften des SGB VI sind trotz des Auslandswohnsitzes der Klägerin (vgl. § 30 Abs. 1 SGB I) anwendbar (vgl. dazu BSG, Urteil v. 14.07.1999, B 13 RJ 75/98 R, Juris; BSG, Urteil v. 13.08.2001, B 13 RJ 59/00 R, SozR 3-2200 § 48 Nr. 17).
Nach § 35 SGB VI a.F. haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie (wie die am 01.07.1923 geborene Verstorbene seit dem 01.07.1988) das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren erfüllt haben. Die Wartezeit von 5 Jahren kann mit Beitrags- und Ersatzzeiten im Sinne der §§ 50 Abs. 1 Nr. 1, 51 Abs. 1 und 4 SGB VI erfüllt werden, wobei Ersatzzeiten nach § 250 Abs. 1 SGB VI allerdings nur dann Berücksichtigung finden, wenn vor Beginn der Rente zumindest ein Beitrag wirksam entrichtet worden ist oder als wirksam entrichtet gilt (BSG, Urteil v. 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R, SozR 4-5050 § 15 Nr. 1, m.w.N.). Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht oder den Reichsversicherungsgesetzen Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind (§§ 55 Abs. 1 Satz 1, 247 Abs. 3 Satz 1 SGB VI) oder als gezahlt gelten (§ 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Die Klägerin verfügt über auf die Wartezeit von 60 Monaten anrechenbare 18 Monate Ghetto-Beitragszeiten (dazu unter I.). Hinsichtlich der zur Erfüllung der allgemeinen Wartezeit erforderlichen weiteren 42 Monate ist von der Beklagten noch zu prüfen (dazu unter II.), ob hierauf Beitragszeiten, die nach dem deutsch-israelischen Sozialversicherungsabkommen (DISVA) anrechenbar sind, oder Ersatzzeiten anzurechnen sind. Ggf. ist die Klägerin zur Entrichtung von noch erforderlichen freiwilligen Beiträgen nach Maßgabe der Rechtsprechung des Senats (Urteil v. 23.05.2007, L 8 R 28/07, nicht rechtskräftig, sozialgerichtsbarkeit.de) zuzulassen (dazu unter II.).
I.
Auf die Wartezeit sind Ghettobeitragszeiten von Januar 1941 bis Juni 1942 nach § 2 Abs. 1 ZRBG anzurechnen. Nach dieser Vorschrift gelten Beiträge als gezahlt für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto. Gemäß § 1 ZRBG muss die Verstorbene sich als Verfolgte (1.) in einem Ghetto (2.), das in einem vom Deutschen Reich besetzten oder ihm eingegliederten Gebiet gelegen hat (3.), zwangsweise aufgehalten (4.) haben. Zudem muss sie eine Arbeit (5.) in diesem Ghetto (6.) ausgeübt haben, die eine Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss (7.) gegen Entgelt (8.) darstellte und für die sie nicht bereits eine Leistung aus einem System der sozialen Sicherheit erhalten hat (9.). Ferner darf die Anerkennung des Anspruchs nicht aus anderen Gründen ausgeschlossen sein (10.). Beweismaßstab ist die Glaubhaftmachung (§ 1 Abs. 2 ZRBG i. V. m. § 3 Gesetz zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung [WGSVG]). Das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale muss also nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche verfügbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich sein, d. h. es muss mehr für als gegen sie sprechen, wobei gewisse noch verbleibende Zweifel unschädlich sind (vgl. BSG, Beschluss v. 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, SozR 3-3900, § 15 Nr. 4). Die genannten Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.
1. Die Verstorbene war Verfolgte im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG. Der Begriff des Verfolgten entspricht demjenigen des § 1 Abs. 1 Bundesentschädigungsgesetz -BEG- (BSG, Urteil v. 14.12.2006, B 4 R 29/06 R, SozR 4-5075 § 1 Nr 3). Für die Eigenschaft als Verfolgte iSd ZRBG ist eine Anerkennung als Verfolgte nach dem BEG durch eine Entschädigungsbehörde nicht Voraussetzung, sie ist vielmehr von den Rentenversicherungsträgern und Sozialgerichten in eigener Zuständigkeit zu prüfen. Unschädlich ist daher, dass die Verstorbene Entschädigungsleistungen nach dem BEG nicht beansprucht hatte und dementsprechend keine Verwaltungsvorgänge nach dem BEG vorhanden sind. Die Verfolgteneigenschaft der Verstorbenen ist gleichwohl glaubhaft. Denn es kann iSe Glaubhaftmachung festgestellt werden, dass sie aufgrund ihres jüdischen Glaubens der nationalsozialistischen Verfolgung ausgesetzt war und sich zwangsweise im Ghetto Wlodawa aufhalten musste (s. dazu 2. und 4., vgl. § 1 Abs. 1 i. V. m. §§ 1 Abs. 1, 43 Abs. 2 BEG).
2. In Wlodawa hat im nunmehr noch geltend gemachten Zeitraum (Januar 1941 bis Juni 1942) ein Ghetto bestanden. Als Ghetto im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG ist eine Stadt, ein Stadtteil oder -viertel anzusehen, wo die jüdische Bevölkerung untergebracht wurde, und zwar im Wege der Absonderung, Konzentration und Internierung (vgl. Senat, Urteil v. 28.01.2008, L 8 RJ 139/04 [rkr.], sozialgerichtsbarkeit.de). Die Existenz eines diesen Erfordernissen entsprechenden Ghettos im Streitzeitraum ist durch das von Dr. Zarusky im Verfahren L 8 R 209/07 erstattete Gutachten belegt, das der Senat zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat und im Wege des Urkundsbeweises verwertet (§ 118 Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 415, 416 ZPO; vgl. BSG, Urteil v. 24.06.1980, 1 RJ 84/79, Juris, mwN). Danach ist von einem "geschlossenen" Ghetto bereits ab dem 17.01.1941 (S. 7 ff des Gutachtens) auszugehen. Die Auflösung des Ghettos ist im Oktober 1942 in Angriff genommen worden (S. 14 des Gutachtens). Die Richtigkeit dieser Feststellungen ist im Übrigen von der Beklagten auch nicht bezweifelt worden.
3. Wlodawa hat im sog. Generalgouvernement, Distrikt Lublin, und damit in einem vom Deutschen Reich im Anspruchszeitraum besetzten Gebiet gelegen (vgl. im Einzelnen BSG, Urteil v. 23.08.2001, B 13 RJ 59/00 R, SozR 3-2200 § 1248 Nr. 17).
4. Die Verstorbene hat sich in der Zeit von Januar 1941 bis Juni 1942 zwangsweise im Ghetto Wlodawa aufgehalten. Daran ergeben sich nach den dem Senat vorliegenden Informationen keine grundlegenden Zweifel. Der Senat geht hierbei von den eigenen schriftlichen Bekundungen der Verstorbenen im Rentenverfahren aus. Diese Darstellung entspricht ihren Angaben gegenüber der JCC - Zwangsarbeiterfonds -, die durch eine Recherche beim ITS bestätigt werden konnten. Schließlich hat der Zeuge F1G ausgeführt, dass die jüdische Bevölkerung von Wlodawa, zu der er und die Verstorbene gehörten, im Ghetto Wlodawa inhaftiert worden sei. Der Senat hat keine Veranlassung, an der Erlebnisfundiertheit der Angaben der Verstorbenen und des Zeugen G zu zweifeln. Denn beide schildern für das Ghetto Wlodawa spezifische Besonderheiten wie die Beschäftigung für eine deutsche Wasserwirtschaftsfirma unter dem dortigen Leiter Falkenberg und der für Beschäftigungen im Generalgouvernement, Distrikt Lublin, untypischen Angabe einer Entlohnung mit Bargeld (s. hierzu im Einzelnen unter 5. und 8.). Hinsichtlich des Endes des Aufenthaltes im Ghetto Wlodawa im Juni 1942 ergibt sich aus den insoweit aussagekräftigsten und detailreichsten Erklärungen des NL2, des KI und des T2L4 jeweils vom 10.10.1955 im Entschädigungsverfahren des NL2, dass Mitte des Jahres 1942 nicht arbeitsfähige und arbeitsfähige Bevölkerungsteile getrennt und die arbeitsfähigen Bewohner in einem Lager für Zwangsarbeiter untergebracht wurden.
5. Es ist glaubhaft, dass die Verstorbene während ihres Aufenthalts im Ghetto Wlodawa in der Zeit von Januar 1941 bis Juni 1942 Arbeiten bei dem Graben von Kanälen wie auch Baumfällarbeiten (im Folgenden: Entwässerungs- und Waldarbeiten) für eine deutsche Wasserwirtschaftsfirma unter der Leitung Falkenbergs außerhalb des Ghettos verrichtet hat.
Diese Tätigkeiten hat die Verstorbene selbst noch im Rentenverfahren angegeben. Ihre Angaben sind glaubhaft im Sinne einer guten Möglichkeit. Für ihre Richtigkeit spricht, dass sie in der schriftlichen Erklärung des Zeugen F1G bestätigt werden, der angab, ebenfalls außerhalb des Ghettos für die Fa. Falkenberg bei der Errichtung eines Kanals gearbeitet zu haben. Dieser Zeuge konnte daher aus eigener Wahrnehmung Angaben zur Beschäftigung der Verstorbenen bei der Fa. Falkenberg machen. Seine Bekundungen entsprechen dabei denjenigen in seinem eigenen Rentenverfahren. Dort hat die Beklagte die Beschäftigung des Zeugen G bei der Fa. Falkenberg als glaubhaft gemacht angesehen.
Die Berichte der Verstorbenen und des Zeugen G sind auch ohne weiteres mit den historischen Erkenntnissen zum Ghetto Wlodawa zu vereinbaren. Denn nach den Ausführungen von Dr. Zarusky in seinem Gutachten vom 02.06.2008, die sich der Senat zu eigen macht, war die deutsche Firma Rhode, die für das Wasserwirtschaftsamt Chelm Entwässerungs- und Regulierungsarbeiten unternahm, größter Arbeitgeber Wlodawas. Verantwortlich vor Ort war der Schachtmeister CG1. Zur Durchführung der Flussregulierungsarbeiten an der Wlodawka, einem kleinen Fluss, der bei Wlodawa in den Bug mündet, sowie der Entwässerungsarbeiten hat sich Falkenberg jüdischer Arbeitskräfte bedient, die ihm vom Arbeitsamt zur Verfügung gestellt wurden. Zunächst waren nur 180 Juden bei ihm beschäftigt; im Laufe des Jahres 1942 hat sich diese Zahl dann auf etwa 1500 Juden erhöht (S. 11 des Gutachtens).
6. Die Arbeit der Verstorbenen hat, wie von § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG gefordert, "in einem Ghetto" stattgefunden, obwohl sich die Arbeitsstelle außerhalb des Ghettos, einige Kilometer von diesem entfernt, in der Umgebung von Wlodawa bzw. in den Wäldern befunden hat.
Auch Arbeiten, die außerhalb des räumlichen Bereichs eines Ghettos verrichtet wurden, werden vom ZRBG erfasst, wenn sie Ausfluss der Beschäftigung im Ghetto waren (so BSG Urteil vom 14.12.2006, B 4 R 29/06 R, SozR 4 - 5075 § 1 Nr. 3). Die ausgeübte Arbeit muss dem Verfolgten von einem Unternehmen mit Sitz im Ghetto angeboten oder von einem solchen Unternehmen bzw. der eingesetzten "Ghetto-Autorität", ggf. ähnlich einer Arbeitnehmerüberlassung oder einer Arbeitsvermittlung, zugewiesen worden sein. Davon ist hier auszugehen. So gab die Verstorbene selbst noch an, die Tätigkeit in der Wasserwirtschaft durch Vermittlung des Judenrates erhalten zu haben, was der Zeuge G in seiner schriftlichen Zeugenerklärung mit der ergänzenden Erklärung bestätigte, dass sie sich zuvor an den Judenrat gewandt hätten, um eine Arbeit zu erhalten. Diese Angaben korrespondieren mit den Schilderungen Dr. Zaruskys, nach denen Falkenberg die jüdischen Arbeitskräfte vom Arbeitsamt (des Ghettos) zur Verfügung gestellt wurden (vgl. Bl. 11 des Gutachtens).
Sind die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt, liegt eine Beschäftigung "in einem Ghetto" bei einer Arbeitsstelle außerhalb des Ghettos jedenfalls dann vor, wenn eine tägliche Rückkehr der Arbeitskräfte nach der Verrichtung der Arbeit in das Ghetto erfolgte. Eine solche ist ebenfalls glaubhaft gemacht. So hat Dr. Zarusky (S. 11 des Gutachtens) unter Verwertung des Urteils des LG Hannover vom 29.10.1964 (2 Ks 4/63) ausgeführt, "dass die Juden zuerst in der Stadt wohnten, frühmorgens auf den im Südwesten der Stadt gelegenen Hof Fa(lkenbergs) kamen, einem Areal, das neben dem Wohngebäude des Schachtmeisters G1 gelegen war und auf dem sich Geräteschuppen befanden, die Arbeitsgeräte in Empfang nahmen und sich zu den angewiesenen Arbeitsplätzen begaben. Des Abends kehrten die Juden, die von Fa(lkenberg) entlohnt und verpflegt wurden, zu ihren Familien zurück." Diese Darstellung gewinnt dadurch weitere Überzeugungskraft, dass auch NL2, KI und T2L4 in ihren Erklärungen im Entschädigungsverfahren des NL2 jeweils am 10.10.1955 dargelegt haben, dass sie Arbeiten bei der Entwässerung von Sümpfen einschließlich Baumfällarbeiten für eine deutsche Wasserwirtschaftsfirma unter der Leitung Falkenbergs ausgeübt hätten und jeden Tag morgens zu der Arbeitsstelle, die etwa 8 km von der Stadt entfernt gewesen sei, zurückgeführt worden seien.
7. Bei den von der Verstorbenen ausgeübten Entwässerungs- und Waldarbeiten unter der Leitung Falkenbergs hat es sich um eine Beschäftigung gehandelt, die aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) ZRBG).
a) Mit den in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZRBG formulierten Tatbestandsmerkmalen der aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen Beschäftigung gegen Entgelt hat der Gesetzgeber an den Begriff des versicherungspflichtigen entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses angeknüpft, wie er für Arbeitsverhältnisse unter Ghettobedingungen in der sog. Ghettorechtsprechung des BSG (vgl. Urteile vom 18.06.1997, 5 RJ 66/95, SozR 3-2200 § 1248 Nr. 15; vom 21.4.1999, B 5 RJ 48/98 R, SozR 3-2200 § 1248 Nr. 16; v. 14.07.1999, B 13 RJ 75/98 R, Juris; v. 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R, SozR 4-5050 § 15 Nr. 1) konkretisiert worden ist (std. Rechtsprechung des Senates; vgl. nur Urteil v. 28.01.2008, L 8 RJ 139/04, sozialgerichtsbarkeit.de m.w.N.).
Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere (aber nicht notwendigerweise) in einem Arbeitsverhältnis. Arbeit in diesem Sinne ist die auf ein wirtschaftliches Ziel gerichtete, planmäßige Arbeit eines Menschen, gleichviel ob geistige oder körperliche Kräfte eingesetzt werden. Die Arbeit ist nichtselbstständig, wenn sie fremdbestimmt ist, d.h. der Arbeiter dem Weisungs- bzw. Direktionsrecht des Arbeitgebers unterliegt und in den organisatorischen Ablauf des Betriebs eingebunden ist. Maßgeblich ist dabei jeweils das Gesamtbild der ausgeübten Tätigkeit.
Das Merkmal der "aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen Beschäftigung" verdeutlicht dabei, dass der Typus des von § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG erfassten Beschäftigungsverhältnisses abzugrenzen ist von einer unter Zwang zustande gekommenen oder verrichteten Arbeit. Diese Abgrenzung kann ebenfalls nur im Einzelfall erfolgen. Sie orientiert sich allerdings an der grundsätzlichen Überlegung, dass eine Arbeit sich um so mehr der Zwangsarbeit annähert, als sie von hoheitlichen Eingriffen überlagert ist, denen sich der Betroffene nicht entziehen kann. In diesem Sinne kann für Zwangsarbeit z.B. die obrigkeitliche Zuweisung von Arbeitern an ein Unternehmen sprechen, auf die der Arbeiter keinen Einfluss hat. Je nach den Umständen des Einzelfalles gilt dasselbe für die Bewachung während der Arbeit oder die Züchtigung auf der Arbeitsstelle. Auch die Art der zu verrichtenden Arbeiten kann einen Hinweis auf Zwangsarbeit liefern, wenn sie von dem konkreten Betroffenen schlechterdings unter der Annahme eines eigenen Willensentschlusses nicht erwartet werden konnte (ausführlich Senat, Urteil v. 12.12.2007, L 8 R 187/07, sozialgerichtsbarkeit.de).
Demgegenüber ist es für den eigenen Willensentschluss des Arbeiters unerheblich, aus welchen weiteren Motiven die Arbeit aufgenommen wurde. Auch existenzielle Not (z.B. die Angst vor dem Verhungern oder der Deportation in ein Zwangsarbeits- oder Vernichtungslager) schließt das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses daher nicht aus. Dass derartige Motive außer Betracht zu bleiben haben, wird zusätzlich durch § 1 Abs. 1 ZRBG belegt, der den zwangsweisen Aufenthalt in einem Ghetto mit den damit typischerweise verbundenen Konsequenzen des Hungers und der Bedrohung mit Deportation und Vernichtung sogar als Tatbestandsmerkmal voraussetzt.
b) Vor dem geschilderten historischen Hintergrund ist die Verrichtung der Entwässerungs- und Waldarbeiten unter der Leitung Falkenbergs durch die Verstorbene aus eigenem Willensentschluss überwiegend wahrscheinlich und damit glaubhaft gemacht. Denn nach den Ausführungen von Dr. Zarusky in seinem Gutachten vom 02.06.2008, die die Beklagte nicht angezweifelt hat und die sich der Senat zu eigen macht, stellte sich der Besitz eines Arbeitsplatzes als notwendige Voraussetzung für das Überleben der Ghettohaft dar (S. 9 ff des Gutachtens). Der Judenrat hatte auf Anordnung der deutschen Behörde nach Bedarf Arbeitskraftkontingente bereit zu stellen, doch ist die Meldung der Ghettoinsassen zur Arbeit aus eigenen Stücken erfolgt, weil der Erwerb zusätzlicher (Lebens-)Mittel für die Allermeisten eine Überlebensnotwendigkeit dargestellt hat. Keinesfalls ist es innerhalb des Ghettos so gewesen, dass der auf den Judenrat ausgeübte Zwang zur Bereitstellung von Arbeitskräften unmittelbar weiter gegeben worden ist. Im Gegenteil haben sich meist mehr Menschen beworben als überhaupt Stellen vorhanden waren. Nur wer Glück hatte, über gute Beziehungen oder spezielle Qualifikationen verfügte, konnte aus den zahlreichen Interessenten für eine Stelle herausstechen und einen Arbeitsplatz erhalten. Dr. Zarusky hat in seinem Gutachten weiter nachvollziehbar herausgearbeitet, der Grund für die hohe Zahl von Beschäftigten bei Falkenberg habe darin bestanden, dass dieser alle seine Möglichkeiten ausnutzt, um die Juden vor der Verfolgung zu schützen. Er nahm wesentlich mehr Arbeitskräfte auf, als ihm zustanden, warnte sie vor den bevorstehenden "Aktionen" und bot einer größeren Zahl ein Versteck in einer rundherum durch Strohballen getarnten Scheune. Hiermit korrespondierend schildert auch die Zeugin TP in ihrem bei Yad Vashem abgegebenen Zeitzeugenbericht die unter Falkenberg arbeitenden Juden als die Elite des Ghettos, die für ihre vermeintliche Sicherheit von den übrigen Ghettobewohnern beneidet wurden.
Den historischen Erkenntnissen entspricht auch die Darstellung des Zeugen F1G. Danach vermittelte zwar der Judenrat, wie auch schon die Verstorbene selbst zur Begründung ihres Rentenantrags angab, ihm und der Verstorbenen die Arbeit bei der "Fa. Falkenberg", er ergänzte jedoch, dass sie sich zuvor an den Judenrat gewandt hatten. Die Initiative ging also nicht vom Judenrat aus, sondern von der Verstorbenen und dem Zeugen G. Diese Darstellung entspricht schließlich seiner Darstellung im eigenen Rentenverfahren, die die Beklagte als glaubhaft angesehen hat.
Die von der Verstorbenen beschriebene Bewachung auf dem Weg von und zur Arbeit ist im vorliegenden Fall kein Indiz für Zwangsarbeit. Dies gilt bereits deshalb, weil es sich nach der von der Beklagten im Verwaltungsverfahren beigezogenen Schilderung des F1G aus seinem Rentenverfahren weniger um eine Bewachung, schon gar keine strenge Bewachung z.B. durch bewaffnete Kräfte, sondern eher um ein bloßes Führen zur Arbeit durch einen Gruppenführer handelte. Darin ist nicht zwingend eine den freien Willensentschluss ausschließende Bewachung zu sehen, zumal nach den Angaben der Verstorbenen und des Zeugen G während der Arbeit keine Bewachung erfolgte. Diese Bewachung bzw. bloßes Führen zur Arbeit war lediglich Ausfluss der allgemeinen Lebensbedingungen im Ghetto Wlodawa und stellte sich damit als Fortsetzung der durch den zwangsweisen Aufenthalt im Ghetto verwirklichten Freiheitsentziehung dar.
8. Schließlich ist glaubhaft, dass die Verstorbene ihre Beschäftigung in der Wasserwirtschaft unter der Leitung Falkenbergs gegen Entgelt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b) ZRBG) ausgeübt hat.
a) Entgelt in diesem Sinne ist als ein die Versicherungspflicht in der deutschen Rentenversicherung begründendes Entgelt anzusehen (BSG, Urteil vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R, SozR 4-5050 § 15 Nr. 1). Maßgebend sind dabei die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) in der im Streitzeitraum geltenden Fassung (a.F.). Zum Entgelt gehörten nach § 160 a.F. neben Gehalt oder Lohn auch Gewinnanteile, Sach- und andere Bezüge, die der Versicherte, wenn auch nur gewohnheitsmäßig, statt des Gehalts oder Lohnes oder neben ihm von dem Arbeitgeber oder einem Dritten erhielt. Jedoch war eine Beschäftigung, für die als Entgelt nur freier Unterhalt gewährt wurde, versicherungsfrei (§ 1227 RVO a.F.; vgl. zum Folgenden außerdem BSG, Urteil vom 30.11.1983, 4 RJ 87/92; Mentzel/Schulz/Sitzler, Kommentar zum Versicherungsgesetz für Angestellte, 1913, § 7 Anm. 3; RVO mit Anmerkungen, herausgegeben von Mitgliedern des Reichsversicherungsamtes, 1930, § 1227 RVO Anm. 1 ff.). Als freier Unterhalt i.S.v. § 1227 RVO a.F. ist dabei dasjenige Maß von wirtschaftlichen Gütern anzusehen, das zur unmittelbaren Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse des Arbeitnehmers erforderlich ist, nicht aber das, was darüber hinausgeht. Zum freien Unterhalt gehören insbesondere Unterkunft, Beköstigung und Kleidung. Die betreffenden Sachbezüge müssen nach Art und Maß zur Bestreitung des freien Unterhalts geeignet und bestimmt sein. Das ist der Fall, wenn sie in geringem Umfang zur Befriedigung kleinerer Bedürfnisse und Lebensgewohnheiten gewährt werden. Bei Gewährung von Lebensmitteln ist daher zu prüfen, ob sie nach Umfang und Art des Bedarfs unmittelbar zum Verbrauch oder Gebrauch gegeben werden (dann freier Unterhalt) oder aber zur beliebigen Verfügung, wie es z.B. bei Deputaten der Fall ist. Die Grenze des freien Unterhalts ist insbesondere dann überschritten, wenn die gewährte Menge erheblich das Maß des persönlichen Bedarfs übersteigt. Das ist unter anderem dann anzunehmen, wenn die gewährten Sachbezüge ausreichen, nicht nur den freien Unterhalt des Beschäftigten selbst, sondern auch eines nicht bei demselben Arbeitgeber beschäftigten Familienangehörigen sicherzustellen (vgl. VDR, Kommentar zur RVO, 5. Aufl., 1954, § 1228 Rdnr. 5). Werden demgegenüber anstelle des freien Unterhalts auch nur auch geringe Geldbeträge zur Bestreitung des notwendigen Unterhalts gegeben, so ist dies keine freie Unterhaltsgewährung mehr. Geldleistungen stehen demnach der Gewährung des freien Unterhalts nicht gleich, auch wenn sie den unbedingt zum Lebensunterhalt erforderlichen Betrag nicht übersteigen und nicht einmal erreichen. Allerdings geht die bisherige Rechtsprechung davon aus, dass das Entgelt eine Mindesthöhe erreichen muss, damit man von einer entgeltlichen versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgehen kann. Bei Barzahlung neben freiem Unterhalt reicht es aus, wenn das Entgelt die Grenze von einem Sechstel bis einem Drittel Ortslohn überschritt.
b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze reichen die der Verstorbenen als Gegenleistung für ihre Arbeit gewährten Bezüge aus, um dem Grunde nach Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu begründen.
Der Senat geht vorliegend davon aus, dass die Verstorbene für ihre Tätigkeit in der Wasserwirtschaft unter der Leitung Falkenbergs im noch streitigen Zeitraum zumindest auch eine Barentlohnung in polnischen Zloty neben einer Verpflegung bzw. Lebensmittelzuteilung erhalten hat. Die Verstorbene gab selbst noch an, mit Geld entlohnt worden zu sein, und konnte als zusätzliche Detailinformation noch erinnern, dass die Lohnzahlung jeden Donnerstag erfolgte. Sowohl die Barentlohnung - neben der Gewährung von Lebensmittelcoupons - als auch den Zeitpunkt der Zahlung bestätigt der Zeuge F1G, was hinsichtlich der Tatsache der Barentlohnung seinen Angaben im eigenen Rentenverfahren entspricht. Auch aus den von der Beklagten im Widerspruchsverfahren beigezogenen Unterlagen aus dem Verwaltungsverfahren der UU1 geht hervor, dass diese ebenfalls angab, für die Tätigkeit in der Wasserwirtschaft während ihres Aufenthalts im Ghetto Wlodawa Geld erhalten zu haben. Entscheidende Bedeutung misst der Senat dem Umstand bei, dass eine solche Barentlohnung bereits in den zeitlich weit zurückliegenden schriftlichen Erklärungen des NL2 und des T2L4 im Entschädigungsverfahren des NL2 im Oktober 1955 und damit relativ zeitnah zu den relevanten historischen Ereignissen Erwähnung gefunden hat. So führte T2L4 aus: "Die Arbeit wurde nur ganz geringfügig bezahlt, die Bezahlung reichte kaum zum Kauf von Zigaretten aus." NL2 selbst gab an: " ... ferner hörte von diesem Zeitpunkt ab (Anmerkung des Senats: gemeint ist der Zeitpunkt des Umzugs in das ZAL Mitte 1942), die bis dahin bezahlte geringe Vergütung für die Arbeit auf." Der Erwähnung einer Barentlohnung für die geleisteten Tätigkeiten bereits im Entschädigungsverfahren kommt besonders hoher Beweiswert zu. Denn schließlich handelt es sich um relativ zeitnahe Erklärungen, die für das Entschädigungsverfahren nicht nur unerheblich, sondern vom Sinn und Zweck des Verfahrens - zumindest aus Laiensicht - für die Anspruchsbegründung nicht förderlich waren. Schließlich ging es im Entschädigungsverfahren darum, gerade die Schwere des individuell erlittenen Verfolgungsschicksals darzustellen. Jedenfalls gab es keinerlei Anlass, die Entlohnung einer unter den Zwangsbedingungen der Ghettohaft ausgeübten Tätigkeiten darzustellen. Die von der Beklagten im Widerspruchsverfahren ebenfalls beigezogene Erklärung der U3F2, nach der ihr Ehemann U2F für die verrichteten Kanalisationsarbeiten im Ghetto Wlodawa Lebensmittel erhalten habe, kann die vorgenannten Erklärungen schon deshalb nicht entkräften, da nicht ersichtlich ist, ob ihre Schilderung auf eigener Wahrnehmung beruht.
Schließlich erachtet der Senat den Erhalt von Barlohn auch vor dem historischen Hintergrund als überwiegend wahrscheinlich im Sinne einer guten Möglichkeit. Dr. Zarusky zitiert ohne Abschwächung aus dem Urteil des LG Hannover, wonach die bei den Entwässerungsarbeiten beschäftigten Juden von Falkenberg entlohnt und verpflegt wurden. Hieraus und aus den Angaben des F1G ergibt sich iSe überwiegenden Wahrscheinlichkeit ebenfalls, dass die Barentlohnung neben einer Verpflegung bzw. Lebensmittelzuteilung gewährt wurde. Dies entspricht den historischen Erkenntnissen zum Ghetto Wlodawa, die Dr. Zarusky eingehend dargestellt hat (S. 9 ff des Gutachtens).
Darüber hinaus ist überwiegend wahrscheinlich, dass das der Verstorbenen am Arbeitsplatz gezahlte Entgelt der Höhe nach neben dem Bezug von Lebensmittelcoupons zumindest 1/6 des üblichen Ortslohns überschritten hat.
Insofern kann mangels einer konkreten Erinnerung nicht auf die Angaben der Verstorbenen und des F1G zurückgegriffen werden, was nach einem Zeitablauf von mehr als 60 Jahren ohne Weiteres nachvollziehbar ist und im Übrigen im Umkehrschluss wiederum für die Erlebnisfundiertheit der übrigen Angaben der Verstorbenen spricht. Ausgehend von den historischen Erkenntnissen zur Entlohnung von nichtjüdischen und jüdischen Arbeitern und Arbeiterinnen im Generalgouvernement (S. 9 des Gutachtens von Dr. Zarusky) betrug der Monatslohn für eine ungelernte jüdische Arbeiterin 104 Zloty, was einem Wochenlohn von etwa 24 Zloty entspricht, so dass 1/6 des Ortslohns wöchentlich 4 Zloty ausmacht. Vor diesem Hintergrund erweisen sich die Angaben der Verstorbenen, des F1G, des NL2 und des T2L4 als zutreffend, wenn sie von einem geringen Lohn bzw. einer geringen Vergütung gesprochen haben. Weitere Möglichkeiten zu einer Aufklärung des Sachverhalts drängen sich dem Senat nicht auf. Angesichts der damit entstandenen und von der Verstorbenen nicht zu vertretenden Beweisnot gibt es andererseits keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der der Verstorbenen gezahlte Barlohn nicht den geringen Betrag von 4 Zloty wöchentlich überschritt. Es ist im Gegenteil davon auszugehen, dass gerade der Leiter der Wasserwirtschaftsfirma, CG1, sich der Verordnungslage entsprechend verhalten und die danach für jüdische Arbeitskräfte bestimmten Löhne gezahlt hat. Es ist bereits dargestellt worden, dass G1 große und vielfältige Anstrengungen unternahm, um das Leben vieler Juden zu schützen. Es liegt also nahe, dass er bei der Entlohnung nicht anders handelte, sondern vielmehr dafür Sorge trug, dass die Entlohnung der jüdischen Arbeitskräfte der Verordnungslage entsprach, um diese soweit wie unter den gegebenen Bedingungen möglich ökonomisch in die Lage zu versetzen, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
9. Die Verstorbene erhielt für ihre Arbeit im Ghetto Wlodawa auch keine anderweitigen Leistungen aus einem System sozialer Sicherheit. Da sie sich seit Februar 1946 in Palästina bzw. Israel aufhielt, kommen insoweit nur Leistungen aus einem dortigen Sicherungssystem in Betracht. Insofern ist für den Senat aus einer Vielzahl von Streitverfahren nach dem ZRBG offenkundig (§ 202 SGG i.V.m. § 291 ZPO) und im Übrigen zwischen den Beteiligten auch unstreitig, dass in den Leistungen der israelischen Nationalversicherung ausschließlich Zeiten ab deren Einrichtung im Jahr 1954 Berücksichtigung finden, nicht jedoch Zeiten nationalsozialistischer Verfolgung.
10. Die Anerkennung von Beitragszeiten scheitert schließlich nicht daran, dass die Verstorbene eine Entschädigung nach dem EVZStiftG erhalten hat. Wie der Senat bereits entschieden hat, erstrecken sich die in § 16 Abs. 1 S. 2 EVZStiftG geregelte Ausschlusswirkung und die Verzichtswirkung des § 16 Abs. 2 S. 2 EVZStiftG nicht auf den Anspruch auf Zahlung einer Rente aufgrund von Beitragszeiten nach § 2 Abs. 1 ZRBG (Senat, Urteil vom 18.06.2008, L 8 R 298/07, sozialgerichtsbarkeit.de, mit eingehender Begründung).
II.
Ob auf die Wartezeit von 60 Monaten neben den 18 Monaten Ghetto-Beitragszeiten Beitragsmonate anrechenbar sind, die die Verstorbene in Israel zurückgelegt hat (Art. 20 Abs. 1 DISVA), kann ebenso dahinstehen, wie die eventuelle Anrechenbarkeit von Ersatzzeiten nach § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI.
Denn die allgemeine Wartezeit kann jedenfalls, da für 18 Monate Ghetto-Beitragszeiten bestehen, durch die Entrichtung freiwilliger Beiträge nach Nr. 2 Buchst. c des Schlussprotokolls zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit idF des Änderungsabkommens vom 7.1.1986 (BGBl II 1986, 863) erfüllt werden (vgl. BSG, Urteil v. 26.07.2007, B 13 R 28/06 R). Einen entsprechenden Antrag hatte die Verstorbene am 05.12.2002 gestellt. In diesen Fällen kann der Rentenversicherungsträger zur Zahlung einer Rente nach Entrichtung freiwilliger Beiträge verurteilt werden (vgl. BSG SozR 3-1500 § 54 Nr. 3).
Die etwaige Anrechenbarkeit von israelischen Versicherungszeiten und Ersatzzeiten ist von der Beklagten in eigener Zuständigkeit zu prüfen. Sollte danach die allgemeine Wartezeit noch nicht erfüllt sein, wird sie über den am 05.12.2002 gestellten, bisher nicht beschiedenen Antrag auf Entrichtung freiwilliger Beiträge zu entscheiden haben.
III.
Da die Verstorbene den Rentenantrag am 05.12.2002 gestellt hat, beginnt die Rente (frühestens) am 01.07.1997 (§ 3 Abs. 1 Satz 1 ZRBG i.V.m. § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI).
Falls die Entrichtung freiwilliger Beiträge erforderlich sein sollte, kann sich eine Verschiebung des Rentenbeginns entsprechend der Rechtsprechung des Senats ergeben (Urteil v. 23.05.2007, L 8 R 28/07, nicht rechtskräftig, sozialgerichtsbarkeit.de).
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Der Senat hat keinen Anlass gehabt, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG). Sämtliche angesprochenen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des BSG bereits hinreichend geklärt. Der vorliegende Rechtsstreit wirft ausschließlich Fragen der einzelfallbezogenen Beweiswürdigung auf.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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