Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 9 KA 241/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 (10) KA 44/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 21/09 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 26.06.2007 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Abrechenbarkeit einer vertragsärztlichen Leistung.
In ihrer Honorarabrechnung für das Quartal II/2003 brachte die Klägerin - eine Gemeinschaftspraxis für Laboratoriumsmedizin - die Gebührennummern (Nr.) 7103 und 7120 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) für sog. fraktionierte Laboruntersuchungen in Ansatz. Die Beklagte berichtigte die Abrechnung mit Bescheid vom 17.10.2003, indem sie 40 mal die Leistung nach der Nr. 7103 EBM und 23.571 mal die Leistung nach der Nr. 7120 EBM in Abzug brachte. Zur Begründung gab sie sinngemäß an, die Klägerin habe diese Leistungen auf Anforderung von Laborzuweisern erbracht. Nach Kapitel U EBM sei die Pauschalerstattung nach Nr. 7103 EBM aber nur einmal im Behandlungsfall und nur von dem Arzt, dem der Überweisungsauftrag zur Probenuntersuchung erteilt worden sei, berechnungsfähig. Werde die Auftragsleistung von dem annehmenden Arzt ganz oder teilweise zur Durchführung an einen anderen Arzt weiterüberwiesen, sei die Nr. 7103 EBM in demselben Behandlungsfall für die Weitergabe weder vom weitergebenden noch vom annehmenden Arzt berechnungsfähig. Für diese fraktionierte Weitergabe könnten auch nicht hilfsweise Versandkosten nach der Nr. 7120 EBM angesetzt werden.
Mit ihrem Widerspruch trug die Klägerin vor, sie könne zwar die Nr. 7103 EBM nicht für Einsendefälle berechnen, sei aber nicht gehindert, in diesen Fällen die Nr. 7120 EBM hilfsweise für die Übermittlungen der Befundmitteilungen in Ansatz zu bringen.
Die Beklagte wies den Widerspruch zurück: Die Klägerin habe die Pauschalerstattung nach der Nr. 7120 EBM in Ansatz gebracht, wenn ihr Laborzielaufträge im Rahmen einer Weiterüberweisung von anderen Laborärzten zur Labordiagnostik zugeleitet worden seien. Die Nr. 7103 EBM sei damit für sie nicht abrechenbar; ein hilfsweiser Ansatz der Nr. 7120 EBM für die Übermittlung von Befundmitteilungen scheide aus, da eine analoge Berechnung nicht erfolgen dürfe (Widerspruchsbescheid vom 14.09.2004).
Mit ihrer Klage vom 14.10.2004 hat sich die Klägerin gegen die Richtigstellung hinsichtlich der Nr. 7120 EBM gewandt und dazu vorgetragen, es habe sich um Untersuchungsaufträge gehandelt, die ihr im Rahmen der Weiterüberweisung von anderen Laborärzten zugeleitet worden seien. Nach Durchführung des Untersuchungsauftrags und Diagnose erstelle sie einen Befund und übersende diesen an den Auftraggeber. Dafür bringe sie die Nr. 7120 EBM in Ansatz, die für die Übermittlung von Befundmitteilungen angesetzt werden könne, wenn eine Berechnung nach der Nr. 7103 EBM ausgeschlossen sei. Die Berechnung nach der Nr. 7103 EBM sei ausgeschlossen, da nach der Präambel des Kapitels U EBM diese Pauschalerstattung in demselben Behandlungsfall für die Weitergabe weder vom weitergebenden Arzt noch vom annehmenden Arzt berechnungsfähig sei. Einer Erstattung des Portos für die Befundmitteilungen nach der Nr. 7120 EBM stehe demnach nichts entgegen, da auch die weiterüberweisenden Laborärzte die Nr. 7103 EBM nicht in Ansatz bringen dürften.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 17.10.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2004 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, in der Abrechnung des Quartals II/2003 für die Übermittlung von Befundmitteilungen die Nr. 7120 in Ansatz zu bringen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich u.a. auf eine Stellungnahme der Geschäftsführung des Bewertungsausschusses vom 15.11.2005 berufen, nach der durch die mit der Laborreform 1994 eingeführte Beschreibung der Kostenpauschale in Nr. 7103 EBM endgültig unterbunden werden sollte, dass Laborproben teilweise von einem Laborarzt zum anderen mit der Folge einer Berechnung entsprechender Kostenpauschalen weitergeschickt werden. Deshalb sei geregelt worden, dass die gesamten Kosten für die Laborprobe einschließlich der Kosten für die Übermittlung von Untersuchungsergebnissen auch dann nur von einem Arzt einmalig berechnet könnten, wenn die Untersuchungsergebnisse durch mehrere Laborärzte erbracht würden. Diese Bestrebungen würden konterkariert, wenn der Laborarzt durch die Versendung von Teilen von Proben an andere Laborärzte mehrfach die Kostenpauschale der Nr. 7120 EBM auslösen könne.
Das Sozialgericht (SG) Dortmund hat der Klage mit Urteil vom 26.06.2007 stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, in der Abrechnung des Quartals II/2003 für die Übermittlung von Befundmitteilungen die Nr. 7120 EBM in Ansatz zu bringen. Die Klägerin habe die Leistungen nach Nr. 7120 EBM erbracht und zu Recht abgerechnet. Ein Leistungsausschluss nach Kapitel U Unterpunkt 2 EBM bestehe nicht, da die Klägerin die Nr. 7103 EBM weder abgerechnet habe noch diese Leistung für sie abrechenbar sei.
Mit ihrer gegen das am 31.07.2007 zugestellte Urteil am 20.08.2007 erhobenen Berufung hat die Beklagte ihre Entscheidung verteidigt. Sie habe sachlich-rechnerische Berichtigungen in den Fällen vorgenommen, in denen die Klägerin die Nr. 7120 EBM bei Anforderungen von anderen Laborzuweisern abgerechnet habe, die in demselben Einsendefall bereits die Nr. 7103 EBM angesetzt hätten. Da es sich, auch wenn eine Weiterüberweisung an die Klägerin durch das erste Labor erfolgt sei, immer noch um denselben Behandlungsfall handele, habe die Klägerin die Nr. 7120 EBM nicht abrechnen können.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 26.06.2007 abzuändern und die Klage abzuweisen
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass kein Ausschlussverhältnis der Nrn. 7103 und 7120 EBM bestehe, da die Nr. 7103 EBM weder vom weitergebenden Arzt noch von dem annehmenden Arzt berechnungsfähig sei. Dies ergebe sich aus Abs. 1 Satz 2 der Präambel U EBM. Dort sei auch nicht geregelt, dass die Nr. 7120 EBM nicht angesetzt werden dürfe.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Das SG hat der auf Honorierung der Leistungen nach Nr. 7120 EBM gerichteten Klage zu Unrecht stattgegeben; der Bescheid der Beklagten vom 17.10.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2004 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht. Die von der Beklagten vorgenommene sachlich-rechnerische Richtigstellung ist rechtmäßig.
Nach § 85 Abs. 4 Satz 1 bis 3 SGB V steht jedem Vertragsarzt ein Anspruch auf Teilhabe an den von den Krankenkassen entrichteten Gesamtvergütungen entsprechend der Art und dem Umfang der von ihm erbrachten - abrechnungsfähigen - Leistungen nach Maßgabe der Verteilungsregelungen im Honorarverteilungsmaßstab / -vertrag zu. Diesem Anspruch der Klägerin steht jedoch die von der Beklagten vorgenommene sachlich-rechnerische Richtigstellung entgegen.
Eine Kassenärztliche Vereinigung (KV) ist zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen befugt, soweit ein Vertragsarzt bei seiner Quartalsabrechnung Gebührennummern ansetzt, deren Tatbestand durch seine Leistungen nicht erfüllt ist oder die er aus anderen Gründen nicht in Ansatz bringen darf (z.B. Fachfremdheit der Leistung oder Leistungsausschluss). Rechtsgrundlage dafür sind § 45 Abs. 2 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte und § 34 Abs. 4 Satz 2 Ersatzkassenvertrag-Ärzte. Nach deren im Wesentlichen gleich lautenden Regelungen hat die KV die Befugnis, die von den Vertragsärzten eingereichten Abrechnungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und nötigenfalls richtig zu stellen, was auch im Wege nachgehender Richtigstellung erfolgen kann. Dabei kann das Richtigstellungsverfahren von Amts wegen oder auf Antrag einer Krankenkasse durchgeführt werden (vgl. BSGE 89, 90 = SozR 3-2500 § 82 Nr. 3; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr. 5; BSG, Urteil vom 22.03.2006 - B 6 KA 44/04 R - = USK 2006-90).
Hiernach war die Beklagte berechtigt, die von der Klägerin vorgenommenen Ansätze der Nr. 7120 EBM sachlich-rechnerisch richtig zu stellen, soweit sie diese für sog. fraktionierte Laborleistungen in Ansatz gebracht hat.
Dies ergibt die Auslegung der einschlägigen Leistungsbestimmungen des EBM. Für deren Verständnis ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 22.03.2006 a.a.O., m.w.N.) in erster Linie der Wortlaut der Bestimmungen maßgeblich. Dies gründet sich zum Einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Bewertungsausschusses selbst ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum Anderen entspricht die primäre Bindung an den Wortlaut dem Gesamtkonzept des EBM als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Nur soweit der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es seiner Klarstellung dient, ist Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Gebührenregelungen. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt ebenfalls nur bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen in Betracht und kann nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewendet werden (BSG, a.a.O.).
Davon ausgehend ergibt sich, dass das Verständnis der Beklagten aufgrund der Auslegung des Wortlauts der Nrn. 7120 ff EBM zutreffend ist.
Nr. 7120 EBM regelt die "Pauschalerstattung für die Versendung bzw. den Transport von Briefen und/oder schriftlichen Unterlagen bis 20 g (z. B. im Postdienst Standardbrief) oder für die Übermittlung eines Telefax". Auch wenn die Klägerin nach ihrem Vorbringen den beschriebenen Leistungsinhalt erbracht hat, war sie nicht berechtigt, die Leistungen abzurechnen. Dem steht nämlich der in Kapitel U Unterpunkt 2 EBM normierte Abrechnungsausschluss für "Pauschalerstattungen für die Versendung bzw. den Transport von Briefen, Szintigrammen und/oder schriftlichen Unterlagen, Kostenpauschale für Telefax" entgegen. Danach können "Kosten für die Versendung, den Transport bzw. die Übermittlung laboratoriumsdiagnostischer, histologischer, zytologischer oder zytogenetischer Untersuchungsergebnisse" "für die Fälle nicht nach den Pauschalerstattungen Nrn. 7120 bis 7123 berechnet werden, in denen die Nr. 7103 abgerechnet worden ist."
Zu Recht gehen alle Beteiligten davon aus, dass die Klägerin nach Maßgabe des Absatzes 1 Satz 2 der Präambel zu Kapitel U EBM - "Wird die Auftragsleistung von dem annehmenden Arzt ganz oder teilweise zur Durchführung an einen anderen Arzt weiterüberwiesen, ist die Nr. 7103 in demselben Behandlungsfall für die Weitergabe weder vom weitergebenden noch vom annehmenden Arzt berechnungsfähig" - nicht berechtigt ist, bei fraktionierten Laborleistungen die Nr. 7103 EBM in Ansatz zu bringen. Dieser Abrechnungsausschluss betrifft den weitergebenden Arzt aber nur insoweit, als er für die (teilweise) Weitergabe kein Honorar beanspruchen kann. Sein Vergütungsanspruch nach Absatz 1 Satz 1 der Präambel zu Kapitel U EBM bleibt für den nicht weitergegebenen Teil der Auftragsleistung indes unberührt. Die Präambel zu Kapitel U EBM regelt nämlich nicht, dass bei fraktionierten Laborleistungen keiner der beteiligten Laborärzte die Nr. 7103 EBM in Ansatz bringen kann.
Wenn dementsprechend der weitergebende Laborarzt - wie vorliegend - zu Recht die Nr. 7103 EBM abrechnet, greift der in Kapitel U Unterpunkt 2 EBM normierte Abrechnungsausschluss für die Übermittlung von Untersuchungen nicht nur zu seinen, sondern auch zu "Lasten" des annehmenden Laborarztes. Der Leistungsausschluss ist nämlich nicht beschränkt auf Behandlungsfälle i.S.d. § 21 Abs. 1 Bundesmantelvertrag/Ärzte bzw. § 25 Abs. 1 Arzt-/Ersatzkassen-Vertrag, sondern umschließt durch die weitergehende Formulierung "Fälle" alle Konstellationen, in denen für denselben Kranken im selben Quartal Laborleistungen erbracht worden sind, unabhängig davon, ob ein Laborarzt tätig geworden ist oder er weitere Laborärzte hinzugezogen hat.
Dieses Verständnis stimmt im Ergebnis auch mit der vom Bewertungsausschuss in seiner Stellungnahme vom 15.11.2005 dargelegten geschichtlichen Entwicklung und Zielsetzung der EBM-Regelungen zu Kostenpauschalen bei Laborleistungen überein. Danach wurde u.a. in die Beschreibung zu Nr. 7103 EBM zielgerichtet aufgenommen, dass die Kosten für die Übermittlung von Untersuchungsergebnissen eingeschlossen sind. Es sollte nur eine Kostenpauschale entstehen, mit der nur von einem Arzt einmalig die gesamten Kosten für die Einsendung einer Laborprobe berechnet werden können, unabhängig davon, ob die Untersuchungsergebnisse durch mehrere Laborärzte erbracht werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Sozialgerichtsgesetz i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Entscheidung über die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Tatbestand:
Streitig ist die Abrechenbarkeit einer vertragsärztlichen Leistung.
In ihrer Honorarabrechnung für das Quartal II/2003 brachte die Klägerin - eine Gemeinschaftspraxis für Laboratoriumsmedizin - die Gebührennummern (Nr.) 7103 und 7120 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) für sog. fraktionierte Laboruntersuchungen in Ansatz. Die Beklagte berichtigte die Abrechnung mit Bescheid vom 17.10.2003, indem sie 40 mal die Leistung nach der Nr. 7103 EBM und 23.571 mal die Leistung nach der Nr. 7120 EBM in Abzug brachte. Zur Begründung gab sie sinngemäß an, die Klägerin habe diese Leistungen auf Anforderung von Laborzuweisern erbracht. Nach Kapitel U EBM sei die Pauschalerstattung nach Nr. 7103 EBM aber nur einmal im Behandlungsfall und nur von dem Arzt, dem der Überweisungsauftrag zur Probenuntersuchung erteilt worden sei, berechnungsfähig. Werde die Auftragsleistung von dem annehmenden Arzt ganz oder teilweise zur Durchführung an einen anderen Arzt weiterüberwiesen, sei die Nr. 7103 EBM in demselben Behandlungsfall für die Weitergabe weder vom weitergebenden noch vom annehmenden Arzt berechnungsfähig. Für diese fraktionierte Weitergabe könnten auch nicht hilfsweise Versandkosten nach der Nr. 7120 EBM angesetzt werden.
Mit ihrem Widerspruch trug die Klägerin vor, sie könne zwar die Nr. 7103 EBM nicht für Einsendefälle berechnen, sei aber nicht gehindert, in diesen Fällen die Nr. 7120 EBM hilfsweise für die Übermittlungen der Befundmitteilungen in Ansatz zu bringen.
Die Beklagte wies den Widerspruch zurück: Die Klägerin habe die Pauschalerstattung nach der Nr. 7120 EBM in Ansatz gebracht, wenn ihr Laborzielaufträge im Rahmen einer Weiterüberweisung von anderen Laborärzten zur Labordiagnostik zugeleitet worden seien. Die Nr. 7103 EBM sei damit für sie nicht abrechenbar; ein hilfsweiser Ansatz der Nr. 7120 EBM für die Übermittlung von Befundmitteilungen scheide aus, da eine analoge Berechnung nicht erfolgen dürfe (Widerspruchsbescheid vom 14.09.2004).
Mit ihrer Klage vom 14.10.2004 hat sich die Klägerin gegen die Richtigstellung hinsichtlich der Nr. 7120 EBM gewandt und dazu vorgetragen, es habe sich um Untersuchungsaufträge gehandelt, die ihr im Rahmen der Weiterüberweisung von anderen Laborärzten zugeleitet worden seien. Nach Durchführung des Untersuchungsauftrags und Diagnose erstelle sie einen Befund und übersende diesen an den Auftraggeber. Dafür bringe sie die Nr. 7120 EBM in Ansatz, die für die Übermittlung von Befundmitteilungen angesetzt werden könne, wenn eine Berechnung nach der Nr. 7103 EBM ausgeschlossen sei. Die Berechnung nach der Nr. 7103 EBM sei ausgeschlossen, da nach der Präambel des Kapitels U EBM diese Pauschalerstattung in demselben Behandlungsfall für die Weitergabe weder vom weitergebenden Arzt noch vom annehmenden Arzt berechnungsfähig sei. Einer Erstattung des Portos für die Befundmitteilungen nach der Nr. 7120 EBM stehe demnach nichts entgegen, da auch die weiterüberweisenden Laborärzte die Nr. 7103 EBM nicht in Ansatz bringen dürften.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 17.10.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2004 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, in der Abrechnung des Quartals II/2003 für die Übermittlung von Befundmitteilungen die Nr. 7120 in Ansatz zu bringen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich u.a. auf eine Stellungnahme der Geschäftsführung des Bewertungsausschusses vom 15.11.2005 berufen, nach der durch die mit der Laborreform 1994 eingeführte Beschreibung der Kostenpauschale in Nr. 7103 EBM endgültig unterbunden werden sollte, dass Laborproben teilweise von einem Laborarzt zum anderen mit der Folge einer Berechnung entsprechender Kostenpauschalen weitergeschickt werden. Deshalb sei geregelt worden, dass die gesamten Kosten für die Laborprobe einschließlich der Kosten für die Übermittlung von Untersuchungsergebnissen auch dann nur von einem Arzt einmalig berechnet könnten, wenn die Untersuchungsergebnisse durch mehrere Laborärzte erbracht würden. Diese Bestrebungen würden konterkariert, wenn der Laborarzt durch die Versendung von Teilen von Proben an andere Laborärzte mehrfach die Kostenpauschale der Nr. 7120 EBM auslösen könne.
Das Sozialgericht (SG) Dortmund hat der Klage mit Urteil vom 26.06.2007 stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, in der Abrechnung des Quartals II/2003 für die Übermittlung von Befundmitteilungen die Nr. 7120 EBM in Ansatz zu bringen. Die Klägerin habe die Leistungen nach Nr. 7120 EBM erbracht und zu Recht abgerechnet. Ein Leistungsausschluss nach Kapitel U Unterpunkt 2 EBM bestehe nicht, da die Klägerin die Nr. 7103 EBM weder abgerechnet habe noch diese Leistung für sie abrechenbar sei.
Mit ihrer gegen das am 31.07.2007 zugestellte Urteil am 20.08.2007 erhobenen Berufung hat die Beklagte ihre Entscheidung verteidigt. Sie habe sachlich-rechnerische Berichtigungen in den Fällen vorgenommen, in denen die Klägerin die Nr. 7120 EBM bei Anforderungen von anderen Laborzuweisern abgerechnet habe, die in demselben Einsendefall bereits die Nr. 7103 EBM angesetzt hätten. Da es sich, auch wenn eine Weiterüberweisung an die Klägerin durch das erste Labor erfolgt sei, immer noch um denselben Behandlungsfall handele, habe die Klägerin die Nr. 7120 EBM nicht abrechnen können.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 26.06.2007 abzuändern und die Klage abzuweisen
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass kein Ausschlussverhältnis der Nrn. 7103 und 7120 EBM bestehe, da die Nr. 7103 EBM weder vom weitergebenden Arzt noch von dem annehmenden Arzt berechnungsfähig sei. Dies ergebe sich aus Abs. 1 Satz 2 der Präambel U EBM. Dort sei auch nicht geregelt, dass die Nr. 7120 EBM nicht angesetzt werden dürfe.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Das SG hat der auf Honorierung der Leistungen nach Nr. 7120 EBM gerichteten Klage zu Unrecht stattgegeben; der Bescheid der Beklagten vom 17.10.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2004 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht. Die von der Beklagten vorgenommene sachlich-rechnerische Richtigstellung ist rechtmäßig.
Nach § 85 Abs. 4 Satz 1 bis 3 SGB V steht jedem Vertragsarzt ein Anspruch auf Teilhabe an den von den Krankenkassen entrichteten Gesamtvergütungen entsprechend der Art und dem Umfang der von ihm erbrachten - abrechnungsfähigen - Leistungen nach Maßgabe der Verteilungsregelungen im Honorarverteilungsmaßstab / -vertrag zu. Diesem Anspruch der Klägerin steht jedoch die von der Beklagten vorgenommene sachlich-rechnerische Richtigstellung entgegen.
Eine Kassenärztliche Vereinigung (KV) ist zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen befugt, soweit ein Vertragsarzt bei seiner Quartalsabrechnung Gebührennummern ansetzt, deren Tatbestand durch seine Leistungen nicht erfüllt ist oder die er aus anderen Gründen nicht in Ansatz bringen darf (z.B. Fachfremdheit der Leistung oder Leistungsausschluss). Rechtsgrundlage dafür sind § 45 Abs. 2 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte und § 34 Abs. 4 Satz 2 Ersatzkassenvertrag-Ärzte. Nach deren im Wesentlichen gleich lautenden Regelungen hat die KV die Befugnis, die von den Vertragsärzten eingereichten Abrechnungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und nötigenfalls richtig zu stellen, was auch im Wege nachgehender Richtigstellung erfolgen kann. Dabei kann das Richtigstellungsverfahren von Amts wegen oder auf Antrag einer Krankenkasse durchgeführt werden (vgl. BSGE 89, 90 = SozR 3-2500 § 82 Nr. 3; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr. 5; BSG, Urteil vom 22.03.2006 - B 6 KA 44/04 R - = USK 2006-90).
Hiernach war die Beklagte berechtigt, die von der Klägerin vorgenommenen Ansätze der Nr. 7120 EBM sachlich-rechnerisch richtig zu stellen, soweit sie diese für sog. fraktionierte Laborleistungen in Ansatz gebracht hat.
Dies ergibt die Auslegung der einschlägigen Leistungsbestimmungen des EBM. Für deren Verständnis ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 22.03.2006 a.a.O., m.w.N.) in erster Linie der Wortlaut der Bestimmungen maßgeblich. Dies gründet sich zum Einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Bewertungsausschusses selbst ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum Anderen entspricht die primäre Bindung an den Wortlaut dem Gesamtkonzept des EBM als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Nur soweit der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es seiner Klarstellung dient, ist Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Gebührenregelungen. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt ebenfalls nur bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen in Betracht und kann nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewendet werden (BSG, a.a.O.).
Davon ausgehend ergibt sich, dass das Verständnis der Beklagten aufgrund der Auslegung des Wortlauts der Nrn. 7120 ff EBM zutreffend ist.
Nr. 7120 EBM regelt die "Pauschalerstattung für die Versendung bzw. den Transport von Briefen und/oder schriftlichen Unterlagen bis 20 g (z. B. im Postdienst Standardbrief) oder für die Übermittlung eines Telefax". Auch wenn die Klägerin nach ihrem Vorbringen den beschriebenen Leistungsinhalt erbracht hat, war sie nicht berechtigt, die Leistungen abzurechnen. Dem steht nämlich der in Kapitel U Unterpunkt 2 EBM normierte Abrechnungsausschluss für "Pauschalerstattungen für die Versendung bzw. den Transport von Briefen, Szintigrammen und/oder schriftlichen Unterlagen, Kostenpauschale für Telefax" entgegen. Danach können "Kosten für die Versendung, den Transport bzw. die Übermittlung laboratoriumsdiagnostischer, histologischer, zytologischer oder zytogenetischer Untersuchungsergebnisse" "für die Fälle nicht nach den Pauschalerstattungen Nrn. 7120 bis 7123 berechnet werden, in denen die Nr. 7103 abgerechnet worden ist."
Zu Recht gehen alle Beteiligten davon aus, dass die Klägerin nach Maßgabe des Absatzes 1 Satz 2 der Präambel zu Kapitel U EBM - "Wird die Auftragsleistung von dem annehmenden Arzt ganz oder teilweise zur Durchführung an einen anderen Arzt weiterüberwiesen, ist die Nr. 7103 in demselben Behandlungsfall für die Weitergabe weder vom weitergebenden noch vom annehmenden Arzt berechnungsfähig" - nicht berechtigt ist, bei fraktionierten Laborleistungen die Nr. 7103 EBM in Ansatz zu bringen. Dieser Abrechnungsausschluss betrifft den weitergebenden Arzt aber nur insoweit, als er für die (teilweise) Weitergabe kein Honorar beanspruchen kann. Sein Vergütungsanspruch nach Absatz 1 Satz 1 der Präambel zu Kapitel U EBM bleibt für den nicht weitergegebenen Teil der Auftragsleistung indes unberührt. Die Präambel zu Kapitel U EBM regelt nämlich nicht, dass bei fraktionierten Laborleistungen keiner der beteiligten Laborärzte die Nr. 7103 EBM in Ansatz bringen kann.
Wenn dementsprechend der weitergebende Laborarzt - wie vorliegend - zu Recht die Nr. 7103 EBM abrechnet, greift der in Kapitel U Unterpunkt 2 EBM normierte Abrechnungsausschluss für die Übermittlung von Untersuchungen nicht nur zu seinen, sondern auch zu "Lasten" des annehmenden Laborarztes. Der Leistungsausschluss ist nämlich nicht beschränkt auf Behandlungsfälle i.S.d. § 21 Abs. 1 Bundesmantelvertrag/Ärzte bzw. § 25 Abs. 1 Arzt-/Ersatzkassen-Vertrag, sondern umschließt durch die weitergehende Formulierung "Fälle" alle Konstellationen, in denen für denselben Kranken im selben Quartal Laborleistungen erbracht worden sind, unabhängig davon, ob ein Laborarzt tätig geworden ist oder er weitere Laborärzte hinzugezogen hat.
Dieses Verständnis stimmt im Ergebnis auch mit der vom Bewertungsausschuss in seiner Stellungnahme vom 15.11.2005 dargelegten geschichtlichen Entwicklung und Zielsetzung der EBM-Regelungen zu Kostenpauschalen bei Laborleistungen überein. Danach wurde u.a. in die Beschreibung zu Nr. 7103 EBM zielgerichtet aufgenommen, dass die Kosten für die Übermittlung von Untersuchungsergebnissen eingeschlossen sind. Es sollte nur eine Kostenpauschale entstehen, mit der nur von einem Arzt einmalig die gesamten Kosten für die Einsendung einer Laborprobe berechnet werden können, unabhängig davon, ob die Untersuchungsergebnisse durch mehrere Laborärzte erbracht werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Sozialgerichtsgesetz i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Entscheidung über die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
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