Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 1833/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 4785/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. August 2006 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand:
Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Erstattungsanspruch geltend.
Die Klägerin (seit 01.10.2005 Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg) bzw. ihre Rechtsvorgängerin, die LVA Baden, gewährten dem am geborenen und während des erstinstanzlichen Verfahrens am 14.01.2005 verstorbenen P. St. seit 01.03.1992 Rente wegen Berufsunfähigkeit (Rentenbescheid der LVA Baden vom 26.11.1993). Vom 01.01.1997 bis zur durch Aufhebungsvertrag erfolgten Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2001 war St. als Aufsichtsführer in einer Spielhalle versicherungspflichtig beschäftigt. Wegen fehlender Lohnnachweise zur Einhaltung der zulässigen Hinzuverdienstgrenze war die Rentenzahlung vom 01.03.2001 bis 31.05.2001 eingestellt (Schreiben der Klägerin vom 12.02.2001).
Am 05.04.2001 meldete sich St. bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Im schriftlichen Antrag auf Alg vom 06.04.2001 bejahte er die Frage, ob er noch andere Leistungen beantragt habe oder beziehe und verwies insoweit auf den mit dem Antrag vorgelegten Rentenbescheid vom 26.11.1993 und die Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2000 des Rentenservice Stuttgart. Mit Schreiben vom 26.04.2001 bat die Klägerin die Beklagte um die Beantwortung mehrerer Fragen zum Anspruch von St. auf Alg, um die Frage des Hinzuverdienstes und die Anrechnung des Alg auf die Rente prüfen zu können. Am 16.05.2001 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass über den am 05.04.2001 von St. gestellten Antrag auf Alg bisher nicht habe entschieden werden können, da die Arbeitsbescheinigung noch fehle. Sobald entschieden werde, bekäme sie weitere Nachricht. Mit Bescheid vom 28.05.2001 berechnete die Klägerin die Rente von St. wegen einer Änderung des Hinzuverdienstes für die Zeit vom 01.03. 2001 bis 30.06.2001 neu. Die ab März 2001 eingestellten Rentenzahlungen wurden danach rückwirkend ab 01.03.2001 in Höhe von monatlich 1122, 42 DM wieder aufgenommen.
Nach Vorlage des von St. und seinem früheren Arbeitgeber im Rahmen des Arbeitsgerichtsprozesses vor dem Arbeitsgericht Karlsruhe am 27.04.2001 geschlossenen Vergleichs und der Arbeitsbescheinigung vom 20.08.2001 bewilligte die Beklagte St. mit Bescheiden vom 30.08.2001 und 03.09.2001 Alg für die Zeit vom 08.04.2001 bis 06.05.2001 und ab 15.05.2001. Die Überweisungen der Zahlungen an St. durch die Beklagte erfolgten nach den aktenkundigen Zahlungsnachweisen am 30.08.2001 (für den Zeitraum vom 08.04.2001 bis 06.05.2001), am 03.09.2001 (für die Zeit vom 15.05.2001 bis 31.08.2001) und am 25.09.2001 (für die Zeit vom 01.09.2001 bis 30.09.2001). Die Unterbrechung der Leistungsbewilligung ergab sich aufgrund einer länger als drei Wochen dauernden urlaubsbedingten Ortsabwesenheit von St. Mit Schreiben vom 27.08.2001 teilte die Beklagte der Klägerin die Dauer und die Höhe der Arbeitslosengeldzahlungen mit und machte vorsorglich einen Anspruch auf Erstattung nach § 103 bzw. § 104 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - (SGB X) geltend. Mit Schreiben vom 17.09.2001, eingegangen bei der Beklagten am 26.09.2001, teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass die St. bewilligte Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01.04.2001 neu berechnet worden sei. Sie betrage für die Zeit vom 01.04.2001 bis 31.05.2001 (nur noch) monatlich 374,14 DM. Ab 01.06.2001 ergebe sich kein Zahlbetrag mehr. Für die Zeit vom 01.04.2001 bis 30.09.2001 sei eine Überzahlung in Höhe von 5.590,82 DM eingetreten. Insoweit würde ein Erstattungsanspruch gemäß § 103 SGB X geltend gemacht. Mit Bescheid vom 30.10.2001 hob die Klägerin ihren Bewilligungsbescheid vom 28.05.2001 wegen des Bezuges von Alg ab 01.04.2001 teilweise (bis auf ein Drittel der bisherigen Rente) und ab 01.06.2001 ganz auf. Es sei eine Überzahlung in Höhe von 5.590,82 DM entstanden, die gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten sei. Der überzahlte Betrag sei von der Beklagten zurückgefordert worden. Am 10.12.2001 teilte die Beklagte der Klägerin mit, mit Schreiben vom 27.08.2001 sei ihr anstatt der Höhe des Alg von wöchentlich 262,57 DM das entsprechende Bemessungsentgelt genannt worden. Gleichzeitig wurde die Klägerin von der Beklagten gebeten, einen neuen Rentenbescheid zu erstellen und den Erstattungsanspruch neu anzumelden, der dann umgehend angewiesen werde.
Nachdem die Klägerin St. ab 01.06.2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit (bis 31.05.2005) bewilligt hatte (Bescheid vom 02.05.2002), hob die Beklagte die Bewilligung von Alg ab 01.06.2002 auf (Bescheid vom 13.05.2002).
Mit Schreiben vom 08.08.2002 bat die Klägerin die Beklagte um Überweisung des Erstattungsbetrages in Höhe von 5.590,82 DM. Die Beklagte machte mit Schreiben vom 26.08.2002 geltend, ein Erstattungsanspruch könne nicht mehr befriedigt werden, da das Alg bereits an St. ausgezahlt worden sei. Demgegenüber machte die Klägerin mit Schreiben vom 09.09.2002 geltend, sie habe die Beklagte mit Schreiben vom 07.09.2001 bzw. 30.10.2001 über die eingetretene Überzahlung in Kenntnis gesetzt und gleichzeitig einen Erstattungsanspruch in Höhe von 5.590,82 DM geltend gemacht. Die Beklagte erwiderte am 13.09.2002, der Erstattungsanspruch sei mit Schreiben vom 17.09.2001 (Eingang am 26.09.2001) und 30.10.2001 (Eingang am 02.11.2001) geltend gemacht worden. Zum Zeitpunkt der Bewilligung von Alg am 27.08.2001 sei ihr der Erstattungsanspruch nicht bekannt gewesen, sodass sie mit befreiender Wirkung geleistet habe. Ein Erstattungsanspruch bestehe daher nicht. Ein Schreiben vom 07.09.2001 liege hier nicht vor.
Am 28.05.2003 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG), mit der sie von der Beklagten die Erstattung von 2.858,54 EUR (5.590,82 DM) verlangte. Ihr stehe der geltend gemachte Erstattungsanspruch nach § 103 Abs. 1 SGB X zu, da die Beklagte zur Zeit der Leistung von Alg Kenntnis vom Rentenbezug von St. gehabt habe. Aus den Akten der Beklagten ergebe sich eindeutig, dass diese schon vor dem Zeitpunkt der Bewilligung von Alg am 27.08.2001 positive Kenntnis von der Zahlung von Rente wegen Berufsunfähigkeit gehabt habe. So sei im Antrag auf Alg vom 05.04.2001 "BU-Bescheid" angekreuzt und die Frage nach dem Bezug einer anderen Leistung bejaht sowie der Beklagten der Rentenbescheid vom 26.11.1993 vorgelegt worden. Nicht entscheidend sei, wann die Beklagte Kenntnis vom Erstattungsanspruch erlangt habe, sondern ob und wann sie Kenntnis von der Zahlung der Rente wegen Berufsunfähigkeit gehabt habe. Ferner sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte mit Schreiben vom 10.10.2001 (richtig: 10.12.2001) ausdrücklich zugesichert habe, ihr den Erstattungsbetrag anzuweisen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und machte geltend, sie habe am 25.09.2001 St. Alg bis einschließlich 30.09.2001 - für Zeiträume vor September 2001 noch früher - überwiesen. Am 26.09.2001 sei bei ihr das Schreiben der Klägerin vom 17.09.2001 eingegangen, mit dem ein Erstattungsanspruch geltend gemacht wurde. Sie habe damit mit befreiender Wirkung an St. geleistet. Es stelle sich die Frage, weshalb die Klägerin auf ihre Mitteilung vom 18.05.2001, wonach St. am 05.04.2001 Alg beantragt habe, keinen Erstattungsanspruch dem Grunde nach angemeldet habe. Ohne die Neuberechnung der Rente wäre gar kein Erstattungsanspruch entstanden. Natürlich ergebe sich aus den Akten, dass St. schon früher Rente wegen Berufsunfähigkeit bezogen habe. Daraus folge aber nicht, dass sie St. nicht Alg bewilligen und auszahlen könne, wenn die Klägerin nicht ausdrücklich Ansprüche geltend mache.
Das SG lud St. mit Beschluss vom 15.07.2003 bei. Am 04.01.2005 verstarb St. Seine Witwe trat als Sonderrechtsnachfolgerin ihres Ehemannes als Beigeladene in das Verfahren ein.
Mit Gerichtsbescheid vom 18.01.2006 wies das SG die Klage ab. Mit am 09.02.2006 beim SG eingegangenem Schriftsatz beantragte die Klägerin mündliche Verhandlung, hilfsweise die Zulassung der Berufung. Mit Urteil vom 30.08.2006 wies das SG die Klage ab und ließ die Berufung zu. Die Klägerin habe keinen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte, da die Beklagte zwar schon seit der am 05.04.2001 erfolgten Antragstellung auf Alg vom (früheren) Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente gewusst habe, eine positive Kenntnis der Beklagten von der "Leistung" der Klägerin aber schon deshalb nicht angenommen werden könne, weil die Zahlung der Rente wegen Berufsunfähigkeit zum 01.03.2001 eingestellt worden sei, sodass ein tatsächlicher Leistungsbezug gar nicht vorgelegen habe. Deshalb sei auch eine positive Kenntnis der Beklagten von einem Rentenbezug (Leistung) im Sinne von § 103 SGB X zu verneinen. Im Übrigen verstoße die Geltendmachung des Anspruchs durch die Klägerin auch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, da ihr bei der erneuten Bewilligung der Rente wegen Berufsunfähigkeit mit Bescheid vom 28.05.2001 bekannt gewesen sei, dass St. einen Antrag auf Alg gestellt und St. nicht darauf hingewiesen habe, dass für den Fall der Zahlung von Alg die Höhe der Rente wahrscheinlich zu hoch festgesetzt worden sei und eine Überleitung des Anspruchs auf die Klägerin bis zur Höhe der zu Unrecht bewilligten und gezahlten Berufsunfähigkeitsrente erfolge.
Gegen das ihr am 15.09.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19.09.2006 Berufung eingelegt. Sie macht geltend, ihr stehe der geltend gemachte Erstattungsanspruch zu, da die Beklagte zum Zeitpunkt der Bewilligung von Alg am 27.08.2001 und gleichzeitiger Auszahlung des Nachzahlungsbetrages an den Versicherten positive Kenntnis von ihrer Leistung gehabt habe. Dies ergebe sich eindeutig aus den Akten der Beklagten (Antrag vom 05.04.2001, Rentenbescheid vom 26.11.1993, Schreiben vom 26.04.2001 etc.). Es komme entgegen der Ansicht des SG allein auf den Kenntnisstand der Beklagten an. Diese habe Kenntnis von der Berufsunfähigkeitsrente, aber keinerlei Kenntnis von der vorübergehenden Zahlungseinstellung gehabt. Im Übrigen sei bereits mit Bescheid vom 18.05.2001 (richtig: 28.05.2001), also lange vor der Leistungserbringung durch die Beklagte am 27.08.2001, die Zahlung für die Zeit ab 01.03.2001 wieder aufgenommen worden, also tatsächlich geleistet worden. Ferner sei ihr erst durch die Mitteilung der Beklagten vom 27.08.2001 bekannt geworden, dass und in welcher Höhe bzw. nach welchem Bemessungsentgelt Leistungen gewährt wurden. Erst die Kenntnis dieser Daten habe die Berechnung ermöglicht, ob und gegebenenfalls wie sich dies leistungsmindernd auf die Rente auswirke. Erst danach habe ein Erstattungsanspruch geltend gemacht werden können. Sie verweist insoweit auf die zwischen der Beklagten und Rentenversicherungsträgern am 12.11.1985 getroffene Verfahrensregelung zu § 103 SGB X. Zudem verweist sie auf den Schriftsatz der Beklagten vom 27.05.2004 an das SG.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. August 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr 2.858,54 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und macht geltend, sie halte daran fest, dass sie zum Zeitpunkt der Bewilligung von Alg am 27.08.2001 keine positive Kenntnis von der Leistung der Klägerin gehabt habe. Zwar habe der Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente von St. im Raum gestanden. Dies sei jedoch durch die ihr im Mai 2001 vorliegende Information, dass St. "bislang keine Rente erhalte" überlagert worden. Auch aus dem Schreiben der Klägerin vom 26.04.2001 habe allenfalls entnommen werden können, dass der Rentenanspruch derzeit geprüft werde, nicht aber, dass tatsächlich Rente gewährt worden sei. Obwohl sie selbst am 27.08.2001 ihrerseits einen Erstattungsanspruch gegen die Klägerin geltend gemacht habe, sei eine solche Anspruchsanmeldung der Klägerin erstmalig am 26.09.2001 erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt seien die Leistungen an St. jedoch bereits vollständig bewirkt gewesen.
Die Beigeladene ist am 21.03.2007 verstorben.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die Akten der Klägerin und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Tod der Beigeladenen hat das Berufungsverfahren nicht unterbrochen (§ 202 Sozialgerichtsgesetz - SGG - i.V.m. § 139 Zivilprozessordnung - ZPO -; vgl. Keller in Mayer-Ladewig, SGG, 9. Aufl., vor § 114 Rdnr. 2), weshalb der Senat nicht gehindert war zu entscheiden.
Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist kraft Zulassung der Berufung im angefochtenen Urteil gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in der bis 31.03.2008 geltenden und hier noch maßgeblichen Fassung statthaft und insgesamt zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht der gegen die Beklagte geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht zu.
Die Zulässigkeit der von der Klägerin erhobenen Leistungsklage folgt aus § 54 Abs. 5 SGG, wonach die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden kann, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Die Entscheidung über den zwischen den - in einem Gleichordnungsverhältnis stehenden - Beteiligten streitigen Erstattungsanspruch hatte nicht durch Verwaltungsakt zu ergehen, sodass die Klägerin den geltend gemachten Anspruch gemäß § 54 Abs. 5 SGG verfolgen kann.
Streitgegenstand ist ein gesetzlicher Erstattungsanspruch nach Maßgabe der §§ 102 ff SGB X. Nach Lage der Dinge kommt hier nur ein Erstattungsanspruch nach § 103 SGB X in Betracht. Hiernach ist, wenn ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht und der Anspruch auf diese nachträglich ganz oder teilweise entfallen ist, der für die entsprechende Leistung zuständige Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat (§ 103 Abs. 1 SGB X). Ein entsprechender Erstattungsanspruch kann nur insoweit bestehen, als der Leistungsträger, hier die Klägerin, Sozialleistungen zunächst rechtmäßig erbracht hat, da nur dann ein Anspruch auch nachträglich entfallen kann. Ferner muss die Sozialleistung, hier die Rente wegen Berufsunfähigkeit, tatsächlich erbracht worden sein. Der Anspruch auf die Sozialleistung ist nachträglich ganz oder teilweise entfallen, wenn er wegen Leistungsanrechnung oder Fortfall von Leistungsvoraussetzungen weggefallen oder der Höhe nach bzw. zeitlich begrenzt zum Ruhen gekommen ist, obwohl das Stammrecht als solches noch bestehen geblieben ist. Die Wirkung des Entfallens tritt erst durch eine Verwaltungsentscheidung über die Gewährung der anderen Leistung ein (vgl. von Wulffen, SGB X, 4. Aufl., § 103 Rdnr. 5 ff.). Daraus folgt, dass erst mit den Bescheiden der Beklagten vom 30.08.2001 und 03.09.2001, mit denen St. Alg für die Zeit vom 08.04.2001 bis 06.05.2001 und ab 15.05.2001 bewilligt worden ist, der Anspruch von St. auf Rente wegen Berufsunfähigkeit ganz bzw. teilweise entfallen ist. Zwar fand schon seinerzeit eine Anrechnung des Alg auf die Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 95 SGB VI in der bis zum 31.12.1998 geltenden und hier nicht mehr anzuwendenden Fassung nicht mehr statt. An deren Stelle ist aber die Hinzuverdienstregelung nach § 96a SGB VI getreten, die gemäß § 313 Abs. 1 SGB VI im Falle eines am 31.12.2000 bestehenden Anspruchs auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit - wie hier - unter Beachtung der Hinzuverdienstgrenzen des § 313 Abs. 3 SGB VI anzuwenden ist. Eine Rente wegen Berufsunfähigkeit wird gemäß § 313 Abs. 2 Nr.1 SGB VI abhängig vom erzielten Hinzuverdienst in voller Höhe, in Höhe von zwei Dritteln oder in Höhe von einem Drittel geleistet. Die jeweiligen Hinzuverdienstgrenzen ergeben sich aus § 313 Abs. 3 Nr. 2 SGB VI. Dabei ist, soweit es um die Nichtleistung oder die nur teilweise Leistung der Rente geht, das Alg dem Arbeitsentgelt oder -einkommen gleichgestellt (§ 96a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB VI iVm § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB IV).
Das bedeutet zusammengefasst für den vorliegenden Fall, dass der Anspruch von St. auf Rente wegen Berufsunfähigkeit für die Zeit ab 01.04.2001 teilweise und für die Zeit ab 01.06.2001 ganz - wie sich aus dem Schreiben der Klägerin vom 17.09.2001 auch ergibt - weggefallen war, so dass ihr nach den am 30.08.2001, 03.09.2001 und 25.09.2001 erfolgten Zahlungen von Alg an St. ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte erwachsen ist, wenn diese bei diesen Zahlungen Kenntnis davon hatte, dass St. für den hier streitigen Zeitraum vom 01.04.2001 bis 30.09.2001 bereits Rente wegen Berufsunfähigkeit in der bisherigen Höhe erhalten hatte. Andernfalls besteht kein Erstattungsanspruch. Das Gesetz verlangt positive Kenntnis. Selbst grob fahrlässige Unkenntnis ist nicht ausreichend (von Wulffen aaO, § 103 Rdnr. 12 mwH). Da sich die Erstattungsansprüche gem §§ 102, 103, 104, 105 SGB X nur im Hinblick auf Leistungen ergeben können, die von anderen Leistungsträgern zeitgleich zu erbringen waren und von der Leistungsart her vergleichbar sind, setzt die Kenntnis nach § 103 Abs. 1 oder § 104 Abs 1 Satz 1 SGB X voraus, dass der um Erstattung ersuchte Leistungsträger weiß, welche Leistungen der andere Leistungsträger für welche Zeiträume und in welcher Höhe erbracht hat. Nur dann ist er in der Lage, ohne weitere Nachforschungen zu entscheiden, welche Leistungsbestandteile zur Erfüllung des Erstattungsanspruchs einzubehalten und welche weiterhin an den Versicherten/Arbeitslosen auszubezahlen sind (h. M.; vgl. stellvertretend Kater in Kasseler Kommentar, § 103 SGB X Rnr. 31; BSG Urt. v. 19.03.1992, SozR 3-1200 § 53 Nr. 4; Urt. v. 25.01.1994, SozR 3-1300 § 104 Nr. 8). Eine bestimmte Form der Kenntniserlangung ist nicht vorgeschrieben. Es genügt daher unter Umständen auch eine mündliche Mitteilung des Leistungsempfängers oder eine (vorsorgliche) Anmeldung eines Erstattungsanspruchs zur Fristwahrung, wenn darin auf die entsprechende Leistung hingewiesen wird. (von Wulffen, aaO, Rdnr. 15).
Bei Anwendung dieser Maßstäbe und Regeln kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass die Beklagte zu den genannten Zahlungszeitpunkten (30.08.2001, 03.09.2001 und 25.09.2001) noch keine positive Kenntnis von den Rentenzahlungen an St. für die Zeit ab 01.04.2001 gehabt hat. Zwar war der Beklagten aufgrund der von St. mit dem Antrag auf Alg vom 06.04.2001 vorgelegten Rentenunterlagen (Rentenbescheid vom 26.11.1993, Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2000) bekannt, dass St. ab 01.03.1992 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit bewilligt und diese ihm auch noch ab 01.07.2000 gewährt worden ist. Dass die Klägerin St. die genannte Rente auch für den hier streitigen Zeitraum vom 01.04.2001 bis 30.09.2001 tatsächlich geleistet hat, war der Beklagten jedoch zum jeweiligen Zeitpunkt der von ihr veranlassten Arbeitslosengeldzahlungen an St (noch) nicht positiv und konkret bekannt. Ob sie hiervon ausgehen musste, kann der Senat dahingestellt sein lassen, da - wie bereits dargelegt - grob fahrlässige Unkenntnis der Leistung des anderen Leistungsträgers nicht genügt. Aufgrund des Schreibens der Klägerin vom 26.04.2001, mit dem diese die Beklagte um die Beantwortung mehrerer Fragen zum Anspruch von St. auf Alg gebeten hat, um die Frage des Hinzuverdienstes und die Anrechnung des Alg auf die Rente prüfen zu können, konnte die Beklagte jedenfalls nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass die Rente ohne Berücksichtigung des Alg weitergezahlt wird. Tatsächlich war die Zahlung der Rente auch ab 01.03.2001 bis zur Wiederaufnahme der Rentenzahlungen nach der aus anderen Gründen mit Bescheid vom 28.05.2001 erfolgten Neuberechnung der Rente eingestellt. Das war der Beklagten allerdings nicht bekannt. Ebenso wenig bekannt war der Beklagten aber auch, dass die Zahlungen von der Klägerin im Juni 2001 für die Zeit ab 01.03.2001 wieder aufgenommen wurden. Erst mit dem am 26.09.2001 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 17.09.2001 erfuhr die Beklagte von der Klägerin, dass sie vom 01.04.2001 bis 30.09.2001 Rentenleistungen ohne Berücksichtigung des Hinzuverdienstes aufgrund der Arbeitslosengeldzahlungen erbracht hat. Gleichzeitig machte sie einen Erstattungsanspruch gemäß § 103 SGB X geltend. Zu dieser Zeit (26.09.2001) hatte die Beklagte aber bereits alle Arbeitslosengeldzahlungen für die Zeit bis 30.09.2001 geleistet. Die Klägerin übersieht, dass es nicht genügt, dass die Beklagte Kenntnis davon hatte, dass St. eine Rente wegen Berufsunfähigkeit bewilligt worden ist und er diese auch noch ab 01.07.2000 bezogen hat. Vielmehr ist die positive Kenntnis von Leistungsart, -zeit und -höhe der vom anderen Leistungsträger gewährten Leistung erforderlich (vgl. Kater a.a.O. m.w.H.).
Die Klägerin kann den geltend gemachten Anspruch auch nicht auf die am 12.11.1985 zwischen der Beklagten und Rentenversicherungsträgern getroffene Verfahrensregelung zu § 103 SGB X stützen. Es handelt sich dabei - wie die Bezeichnung schon zum Ausdruck bringt - um eine bloße Verfahrensregelung, die die Voraussetzungen des durch die zwingende gesetzliche Bestimmung des § 103 SGB X geregelten materiell-rechtlichen Erstattungsanspruchs nicht berühren. Abgesehen davon enthält diese verfahrensrechtliche Übereinkunft keine Regelungen zu der hier maßgeblichen Frage der Kenntnis von der Leistung des anderen Leistungsträgers.
Soweit die Klägerin den geltend gemachten Anspruch auf das Schreiben der Beklagten vom 10.12.2001 stützt und geltend macht, damit habe die Beklagte ausdrücklich zugesichert, ihr den Erstattungsbetrag anzuweisen, folgt ihr der Senat ebenfalls nicht. Eine Zusicherung dergestalt, dass damit - unabhängig von den Voraussetzungen des § 103 SGB X - eine eigenständige Anspruchsgrundlage für die Klägerin geschaffen werden sollte, sieht der Senat darin nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand:
Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Erstattungsanspruch geltend.
Die Klägerin (seit 01.10.2005 Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg) bzw. ihre Rechtsvorgängerin, die LVA Baden, gewährten dem am geborenen und während des erstinstanzlichen Verfahrens am 14.01.2005 verstorbenen P. St. seit 01.03.1992 Rente wegen Berufsunfähigkeit (Rentenbescheid der LVA Baden vom 26.11.1993). Vom 01.01.1997 bis zur durch Aufhebungsvertrag erfolgten Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2001 war St. als Aufsichtsführer in einer Spielhalle versicherungspflichtig beschäftigt. Wegen fehlender Lohnnachweise zur Einhaltung der zulässigen Hinzuverdienstgrenze war die Rentenzahlung vom 01.03.2001 bis 31.05.2001 eingestellt (Schreiben der Klägerin vom 12.02.2001).
Am 05.04.2001 meldete sich St. bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Im schriftlichen Antrag auf Alg vom 06.04.2001 bejahte er die Frage, ob er noch andere Leistungen beantragt habe oder beziehe und verwies insoweit auf den mit dem Antrag vorgelegten Rentenbescheid vom 26.11.1993 und die Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2000 des Rentenservice Stuttgart. Mit Schreiben vom 26.04.2001 bat die Klägerin die Beklagte um die Beantwortung mehrerer Fragen zum Anspruch von St. auf Alg, um die Frage des Hinzuverdienstes und die Anrechnung des Alg auf die Rente prüfen zu können. Am 16.05.2001 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass über den am 05.04.2001 von St. gestellten Antrag auf Alg bisher nicht habe entschieden werden können, da die Arbeitsbescheinigung noch fehle. Sobald entschieden werde, bekäme sie weitere Nachricht. Mit Bescheid vom 28.05.2001 berechnete die Klägerin die Rente von St. wegen einer Änderung des Hinzuverdienstes für die Zeit vom 01.03. 2001 bis 30.06.2001 neu. Die ab März 2001 eingestellten Rentenzahlungen wurden danach rückwirkend ab 01.03.2001 in Höhe von monatlich 1122, 42 DM wieder aufgenommen.
Nach Vorlage des von St. und seinem früheren Arbeitgeber im Rahmen des Arbeitsgerichtsprozesses vor dem Arbeitsgericht Karlsruhe am 27.04.2001 geschlossenen Vergleichs und der Arbeitsbescheinigung vom 20.08.2001 bewilligte die Beklagte St. mit Bescheiden vom 30.08.2001 und 03.09.2001 Alg für die Zeit vom 08.04.2001 bis 06.05.2001 und ab 15.05.2001. Die Überweisungen der Zahlungen an St. durch die Beklagte erfolgten nach den aktenkundigen Zahlungsnachweisen am 30.08.2001 (für den Zeitraum vom 08.04.2001 bis 06.05.2001), am 03.09.2001 (für die Zeit vom 15.05.2001 bis 31.08.2001) und am 25.09.2001 (für die Zeit vom 01.09.2001 bis 30.09.2001). Die Unterbrechung der Leistungsbewilligung ergab sich aufgrund einer länger als drei Wochen dauernden urlaubsbedingten Ortsabwesenheit von St. Mit Schreiben vom 27.08.2001 teilte die Beklagte der Klägerin die Dauer und die Höhe der Arbeitslosengeldzahlungen mit und machte vorsorglich einen Anspruch auf Erstattung nach § 103 bzw. § 104 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - (SGB X) geltend. Mit Schreiben vom 17.09.2001, eingegangen bei der Beklagten am 26.09.2001, teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass die St. bewilligte Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01.04.2001 neu berechnet worden sei. Sie betrage für die Zeit vom 01.04.2001 bis 31.05.2001 (nur noch) monatlich 374,14 DM. Ab 01.06.2001 ergebe sich kein Zahlbetrag mehr. Für die Zeit vom 01.04.2001 bis 30.09.2001 sei eine Überzahlung in Höhe von 5.590,82 DM eingetreten. Insoweit würde ein Erstattungsanspruch gemäß § 103 SGB X geltend gemacht. Mit Bescheid vom 30.10.2001 hob die Klägerin ihren Bewilligungsbescheid vom 28.05.2001 wegen des Bezuges von Alg ab 01.04.2001 teilweise (bis auf ein Drittel der bisherigen Rente) und ab 01.06.2001 ganz auf. Es sei eine Überzahlung in Höhe von 5.590,82 DM entstanden, die gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten sei. Der überzahlte Betrag sei von der Beklagten zurückgefordert worden. Am 10.12.2001 teilte die Beklagte der Klägerin mit, mit Schreiben vom 27.08.2001 sei ihr anstatt der Höhe des Alg von wöchentlich 262,57 DM das entsprechende Bemessungsentgelt genannt worden. Gleichzeitig wurde die Klägerin von der Beklagten gebeten, einen neuen Rentenbescheid zu erstellen und den Erstattungsanspruch neu anzumelden, der dann umgehend angewiesen werde.
Nachdem die Klägerin St. ab 01.06.2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit (bis 31.05.2005) bewilligt hatte (Bescheid vom 02.05.2002), hob die Beklagte die Bewilligung von Alg ab 01.06.2002 auf (Bescheid vom 13.05.2002).
Mit Schreiben vom 08.08.2002 bat die Klägerin die Beklagte um Überweisung des Erstattungsbetrages in Höhe von 5.590,82 DM. Die Beklagte machte mit Schreiben vom 26.08.2002 geltend, ein Erstattungsanspruch könne nicht mehr befriedigt werden, da das Alg bereits an St. ausgezahlt worden sei. Demgegenüber machte die Klägerin mit Schreiben vom 09.09.2002 geltend, sie habe die Beklagte mit Schreiben vom 07.09.2001 bzw. 30.10.2001 über die eingetretene Überzahlung in Kenntnis gesetzt und gleichzeitig einen Erstattungsanspruch in Höhe von 5.590,82 DM geltend gemacht. Die Beklagte erwiderte am 13.09.2002, der Erstattungsanspruch sei mit Schreiben vom 17.09.2001 (Eingang am 26.09.2001) und 30.10.2001 (Eingang am 02.11.2001) geltend gemacht worden. Zum Zeitpunkt der Bewilligung von Alg am 27.08.2001 sei ihr der Erstattungsanspruch nicht bekannt gewesen, sodass sie mit befreiender Wirkung geleistet habe. Ein Erstattungsanspruch bestehe daher nicht. Ein Schreiben vom 07.09.2001 liege hier nicht vor.
Am 28.05.2003 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG), mit der sie von der Beklagten die Erstattung von 2.858,54 EUR (5.590,82 DM) verlangte. Ihr stehe der geltend gemachte Erstattungsanspruch nach § 103 Abs. 1 SGB X zu, da die Beklagte zur Zeit der Leistung von Alg Kenntnis vom Rentenbezug von St. gehabt habe. Aus den Akten der Beklagten ergebe sich eindeutig, dass diese schon vor dem Zeitpunkt der Bewilligung von Alg am 27.08.2001 positive Kenntnis von der Zahlung von Rente wegen Berufsunfähigkeit gehabt habe. So sei im Antrag auf Alg vom 05.04.2001 "BU-Bescheid" angekreuzt und die Frage nach dem Bezug einer anderen Leistung bejaht sowie der Beklagten der Rentenbescheid vom 26.11.1993 vorgelegt worden. Nicht entscheidend sei, wann die Beklagte Kenntnis vom Erstattungsanspruch erlangt habe, sondern ob und wann sie Kenntnis von der Zahlung der Rente wegen Berufsunfähigkeit gehabt habe. Ferner sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte mit Schreiben vom 10.10.2001 (richtig: 10.12.2001) ausdrücklich zugesichert habe, ihr den Erstattungsbetrag anzuweisen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und machte geltend, sie habe am 25.09.2001 St. Alg bis einschließlich 30.09.2001 - für Zeiträume vor September 2001 noch früher - überwiesen. Am 26.09.2001 sei bei ihr das Schreiben der Klägerin vom 17.09.2001 eingegangen, mit dem ein Erstattungsanspruch geltend gemacht wurde. Sie habe damit mit befreiender Wirkung an St. geleistet. Es stelle sich die Frage, weshalb die Klägerin auf ihre Mitteilung vom 18.05.2001, wonach St. am 05.04.2001 Alg beantragt habe, keinen Erstattungsanspruch dem Grunde nach angemeldet habe. Ohne die Neuberechnung der Rente wäre gar kein Erstattungsanspruch entstanden. Natürlich ergebe sich aus den Akten, dass St. schon früher Rente wegen Berufsunfähigkeit bezogen habe. Daraus folge aber nicht, dass sie St. nicht Alg bewilligen und auszahlen könne, wenn die Klägerin nicht ausdrücklich Ansprüche geltend mache.
Das SG lud St. mit Beschluss vom 15.07.2003 bei. Am 04.01.2005 verstarb St. Seine Witwe trat als Sonderrechtsnachfolgerin ihres Ehemannes als Beigeladene in das Verfahren ein.
Mit Gerichtsbescheid vom 18.01.2006 wies das SG die Klage ab. Mit am 09.02.2006 beim SG eingegangenem Schriftsatz beantragte die Klägerin mündliche Verhandlung, hilfsweise die Zulassung der Berufung. Mit Urteil vom 30.08.2006 wies das SG die Klage ab und ließ die Berufung zu. Die Klägerin habe keinen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte, da die Beklagte zwar schon seit der am 05.04.2001 erfolgten Antragstellung auf Alg vom (früheren) Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente gewusst habe, eine positive Kenntnis der Beklagten von der "Leistung" der Klägerin aber schon deshalb nicht angenommen werden könne, weil die Zahlung der Rente wegen Berufsunfähigkeit zum 01.03.2001 eingestellt worden sei, sodass ein tatsächlicher Leistungsbezug gar nicht vorgelegen habe. Deshalb sei auch eine positive Kenntnis der Beklagten von einem Rentenbezug (Leistung) im Sinne von § 103 SGB X zu verneinen. Im Übrigen verstoße die Geltendmachung des Anspruchs durch die Klägerin auch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, da ihr bei der erneuten Bewilligung der Rente wegen Berufsunfähigkeit mit Bescheid vom 28.05.2001 bekannt gewesen sei, dass St. einen Antrag auf Alg gestellt und St. nicht darauf hingewiesen habe, dass für den Fall der Zahlung von Alg die Höhe der Rente wahrscheinlich zu hoch festgesetzt worden sei und eine Überleitung des Anspruchs auf die Klägerin bis zur Höhe der zu Unrecht bewilligten und gezahlten Berufsunfähigkeitsrente erfolge.
Gegen das ihr am 15.09.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19.09.2006 Berufung eingelegt. Sie macht geltend, ihr stehe der geltend gemachte Erstattungsanspruch zu, da die Beklagte zum Zeitpunkt der Bewilligung von Alg am 27.08.2001 und gleichzeitiger Auszahlung des Nachzahlungsbetrages an den Versicherten positive Kenntnis von ihrer Leistung gehabt habe. Dies ergebe sich eindeutig aus den Akten der Beklagten (Antrag vom 05.04.2001, Rentenbescheid vom 26.11.1993, Schreiben vom 26.04.2001 etc.). Es komme entgegen der Ansicht des SG allein auf den Kenntnisstand der Beklagten an. Diese habe Kenntnis von der Berufsunfähigkeitsrente, aber keinerlei Kenntnis von der vorübergehenden Zahlungseinstellung gehabt. Im Übrigen sei bereits mit Bescheid vom 18.05.2001 (richtig: 28.05.2001), also lange vor der Leistungserbringung durch die Beklagte am 27.08.2001, die Zahlung für die Zeit ab 01.03.2001 wieder aufgenommen worden, also tatsächlich geleistet worden. Ferner sei ihr erst durch die Mitteilung der Beklagten vom 27.08.2001 bekannt geworden, dass und in welcher Höhe bzw. nach welchem Bemessungsentgelt Leistungen gewährt wurden. Erst die Kenntnis dieser Daten habe die Berechnung ermöglicht, ob und gegebenenfalls wie sich dies leistungsmindernd auf die Rente auswirke. Erst danach habe ein Erstattungsanspruch geltend gemacht werden können. Sie verweist insoweit auf die zwischen der Beklagten und Rentenversicherungsträgern am 12.11.1985 getroffene Verfahrensregelung zu § 103 SGB X. Zudem verweist sie auf den Schriftsatz der Beklagten vom 27.05.2004 an das SG.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. August 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr 2.858,54 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und macht geltend, sie halte daran fest, dass sie zum Zeitpunkt der Bewilligung von Alg am 27.08.2001 keine positive Kenntnis von der Leistung der Klägerin gehabt habe. Zwar habe der Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente von St. im Raum gestanden. Dies sei jedoch durch die ihr im Mai 2001 vorliegende Information, dass St. "bislang keine Rente erhalte" überlagert worden. Auch aus dem Schreiben der Klägerin vom 26.04.2001 habe allenfalls entnommen werden können, dass der Rentenanspruch derzeit geprüft werde, nicht aber, dass tatsächlich Rente gewährt worden sei. Obwohl sie selbst am 27.08.2001 ihrerseits einen Erstattungsanspruch gegen die Klägerin geltend gemacht habe, sei eine solche Anspruchsanmeldung der Klägerin erstmalig am 26.09.2001 erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt seien die Leistungen an St. jedoch bereits vollständig bewirkt gewesen.
Die Beigeladene ist am 21.03.2007 verstorben.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die Akten der Klägerin und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Tod der Beigeladenen hat das Berufungsverfahren nicht unterbrochen (§ 202 Sozialgerichtsgesetz - SGG - i.V.m. § 139 Zivilprozessordnung - ZPO -; vgl. Keller in Mayer-Ladewig, SGG, 9. Aufl., vor § 114 Rdnr. 2), weshalb der Senat nicht gehindert war zu entscheiden.
Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist kraft Zulassung der Berufung im angefochtenen Urteil gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in der bis 31.03.2008 geltenden und hier noch maßgeblichen Fassung statthaft und insgesamt zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht der gegen die Beklagte geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht zu.
Die Zulässigkeit der von der Klägerin erhobenen Leistungsklage folgt aus § 54 Abs. 5 SGG, wonach die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden kann, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Die Entscheidung über den zwischen den - in einem Gleichordnungsverhältnis stehenden - Beteiligten streitigen Erstattungsanspruch hatte nicht durch Verwaltungsakt zu ergehen, sodass die Klägerin den geltend gemachten Anspruch gemäß § 54 Abs. 5 SGG verfolgen kann.
Streitgegenstand ist ein gesetzlicher Erstattungsanspruch nach Maßgabe der §§ 102 ff SGB X. Nach Lage der Dinge kommt hier nur ein Erstattungsanspruch nach § 103 SGB X in Betracht. Hiernach ist, wenn ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht und der Anspruch auf diese nachträglich ganz oder teilweise entfallen ist, der für die entsprechende Leistung zuständige Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat (§ 103 Abs. 1 SGB X). Ein entsprechender Erstattungsanspruch kann nur insoweit bestehen, als der Leistungsträger, hier die Klägerin, Sozialleistungen zunächst rechtmäßig erbracht hat, da nur dann ein Anspruch auch nachträglich entfallen kann. Ferner muss die Sozialleistung, hier die Rente wegen Berufsunfähigkeit, tatsächlich erbracht worden sein. Der Anspruch auf die Sozialleistung ist nachträglich ganz oder teilweise entfallen, wenn er wegen Leistungsanrechnung oder Fortfall von Leistungsvoraussetzungen weggefallen oder der Höhe nach bzw. zeitlich begrenzt zum Ruhen gekommen ist, obwohl das Stammrecht als solches noch bestehen geblieben ist. Die Wirkung des Entfallens tritt erst durch eine Verwaltungsentscheidung über die Gewährung der anderen Leistung ein (vgl. von Wulffen, SGB X, 4. Aufl., § 103 Rdnr. 5 ff.). Daraus folgt, dass erst mit den Bescheiden der Beklagten vom 30.08.2001 und 03.09.2001, mit denen St. Alg für die Zeit vom 08.04.2001 bis 06.05.2001 und ab 15.05.2001 bewilligt worden ist, der Anspruch von St. auf Rente wegen Berufsunfähigkeit ganz bzw. teilweise entfallen ist. Zwar fand schon seinerzeit eine Anrechnung des Alg auf die Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 95 SGB VI in der bis zum 31.12.1998 geltenden und hier nicht mehr anzuwendenden Fassung nicht mehr statt. An deren Stelle ist aber die Hinzuverdienstregelung nach § 96a SGB VI getreten, die gemäß § 313 Abs. 1 SGB VI im Falle eines am 31.12.2000 bestehenden Anspruchs auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit - wie hier - unter Beachtung der Hinzuverdienstgrenzen des § 313 Abs. 3 SGB VI anzuwenden ist. Eine Rente wegen Berufsunfähigkeit wird gemäß § 313 Abs. 2 Nr.1 SGB VI abhängig vom erzielten Hinzuverdienst in voller Höhe, in Höhe von zwei Dritteln oder in Höhe von einem Drittel geleistet. Die jeweiligen Hinzuverdienstgrenzen ergeben sich aus § 313 Abs. 3 Nr. 2 SGB VI. Dabei ist, soweit es um die Nichtleistung oder die nur teilweise Leistung der Rente geht, das Alg dem Arbeitsentgelt oder -einkommen gleichgestellt (§ 96a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB VI iVm § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB IV).
Das bedeutet zusammengefasst für den vorliegenden Fall, dass der Anspruch von St. auf Rente wegen Berufsunfähigkeit für die Zeit ab 01.04.2001 teilweise und für die Zeit ab 01.06.2001 ganz - wie sich aus dem Schreiben der Klägerin vom 17.09.2001 auch ergibt - weggefallen war, so dass ihr nach den am 30.08.2001, 03.09.2001 und 25.09.2001 erfolgten Zahlungen von Alg an St. ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte erwachsen ist, wenn diese bei diesen Zahlungen Kenntnis davon hatte, dass St. für den hier streitigen Zeitraum vom 01.04.2001 bis 30.09.2001 bereits Rente wegen Berufsunfähigkeit in der bisherigen Höhe erhalten hatte. Andernfalls besteht kein Erstattungsanspruch. Das Gesetz verlangt positive Kenntnis. Selbst grob fahrlässige Unkenntnis ist nicht ausreichend (von Wulffen aaO, § 103 Rdnr. 12 mwH). Da sich die Erstattungsansprüche gem §§ 102, 103, 104, 105 SGB X nur im Hinblick auf Leistungen ergeben können, die von anderen Leistungsträgern zeitgleich zu erbringen waren und von der Leistungsart her vergleichbar sind, setzt die Kenntnis nach § 103 Abs. 1 oder § 104 Abs 1 Satz 1 SGB X voraus, dass der um Erstattung ersuchte Leistungsträger weiß, welche Leistungen der andere Leistungsträger für welche Zeiträume und in welcher Höhe erbracht hat. Nur dann ist er in der Lage, ohne weitere Nachforschungen zu entscheiden, welche Leistungsbestandteile zur Erfüllung des Erstattungsanspruchs einzubehalten und welche weiterhin an den Versicherten/Arbeitslosen auszubezahlen sind (h. M.; vgl. stellvertretend Kater in Kasseler Kommentar, § 103 SGB X Rnr. 31; BSG Urt. v. 19.03.1992, SozR 3-1200 § 53 Nr. 4; Urt. v. 25.01.1994, SozR 3-1300 § 104 Nr. 8). Eine bestimmte Form der Kenntniserlangung ist nicht vorgeschrieben. Es genügt daher unter Umständen auch eine mündliche Mitteilung des Leistungsempfängers oder eine (vorsorgliche) Anmeldung eines Erstattungsanspruchs zur Fristwahrung, wenn darin auf die entsprechende Leistung hingewiesen wird. (von Wulffen, aaO, Rdnr. 15).
Bei Anwendung dieser Maßstäbe und Regeln kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass die Beklagte zu den genannten Zahlungszeitpunkten (30.08.2001, 03.09.2001 und 25.09.2001) noch keine positive Kenntnis von den Rentenzahlungen an St. für die Zeit ab 01.04.2001 gehabt hat. Zwar war der Beklagten aufgrund der von St. mit dem Antrag auf Alg vom 06.04.2001 vorgelegten Rentenunterlagen (Rentenbescheid vom 26.11.1993, Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2000) bekannt, dass St. ab 01.03.1992 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit bewilligt und diese ihm auch noch ab 01.07.2000 gewährt worden ist. Dass die Klägerin St. die genannte Rente auch für den hier streitigen Zeitraum vom 01.04.2001 bis 30.09.2001 tatsächlich geleistet hat, war der Beklagten jedoch zum jeweiligen Zeitpunkt der von ihr veranlassten Arbeitslosengeldzahlungen an St (noch) nicht positiv und konkret bekannt. Ob sie hiervon ausgehen musste, kann der Senat dahingestellt sein lassen, da - wie bereits dargelegt - grob fahrlässige Unkenntnis der Leistung des anderen Leistungsträgers nicht genügt. Aufgrund des Schreibens der Klägerin vom 26.04.2001, mit dem diese die Beklagte um die Beantwortung mehrerer Fragen zum Anspruch von St. auf Alg gebeten hat, um die Frage des Hinzuverdienstes und die Anrechnung des Alg auf die Rente prüfen zu können, konnte die Beklagte jedenfalls nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass die Rente ohne Berücksichtigung des Alg weitergezahlt wird. Tatsächlich war die Zahlung der Rente auch ab 01.03.2001 bis zur Wiederaufnahme der Rentenzahlungen nach der aus anderen Gründen mit Bescheid vom 28.05.2001 erfolgten Neuberechnung der Rente eingestellt. Das war der Beklagten allerdings nicht bekannt. Ebenso wenig bekannt war der Beklagten aber auch, dass die Zahlungen von der Klägerin im Juni 2001 für die Zeit ab 01.03.2001 wieder aufgenommen wurden. Erst mit dem am 26.09.2001 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 17.09.2001 erfuhr die Beklagte von der Klägerin, dass sie vom 01.04.2001 bis 30.09.2001 Rentenleistungen ohne Berücksichtigung des Hinzuverdienstes aufgrund der Arbeitslosengeldzahlungen erbracht hat. Gleichzeitig machte sie einen Erstattungsanspruch gemäß § 103 SGB X geltend. Zu dieser Zeit (26.09.2001) hatte die Beklagte aber bereits alle Arbeitslosengeldzahlungen für die Zeit bis 30.09.2001 geleistet. Die Klägerin übersieht, dass es nicht genügt, dass die Beklagte Kenntnis davon hatte, dass St. eine Rente wegen Berufsunfähigkeit bewilligt worden ist und er diese auch noch ab 01.07.2000 bezogen hat. Vielmehr ist die positive Kenntnis von Leistungsart, -zeit und -höhe der vom anderen Leistungsträger gewährten Leistung erforderlich (vgl. Kater a.a.O. m.w.H.).
Die Klägerin kann den geltend gemachten Anspruch auch nicht auf die am 12.11.1985 zwischen der Beklagten und Rentenversicherungsträgern getroffene Verfahrensregelung zu § 103 SGB X stützen. Es handelt sich dabei - wie die Bezeichnung schon zum Ausdruck bringt - um eine bloße Verfahrensregelung, die die Voraussetzungen des durch die zwingende gesetzliche Bestimmung des § 103 SGB X geregelten materiell-rechtlichen Erstattungsanspruchs nicht berühren. Abgesehen davon enthält diese verfahrensrechtliche Übereinkunft keine Regelungen zu der hier maßgeblichen Frage der Kenntnis von der Leistung des anderen Leistungsträgers.
Soweit die Klägerin den geltend gemachten Anspruch auf das Schreiben der Beklagten vom 10.12.2001 stützt und geltend macht, damit habe die Beklagte ausdrücklich zugesichert, ihr den Erstattungsbetrag anzuweisen, folgt ihr der Senat ebenfalls nicht. Eine Zusicherung dergestalt, dass damit - unabhängig von den Voraussetzungen des § 103 SGB X - eine eigenständige Anspruchsgrundlage für die Klägerin geschaffen werden sollte, sieht der Senat darin nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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