Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 8 AL 589/04
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 5 AL 57/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 12. Mai 2006 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Forderung der Beklagten auf Erstattung von an die frühere Arbeitnehmerin der Klägerin, Frau G. H., gezahltem Arbeitslosengeld nebst Beiträgen zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Oktober 2003.
Die 1942 geborene G. H. war vom 1. Oktober 1981 bis zum 31. Dezember 2002 als Büroangestellte bei der Klägerin tätig mit einer regelmäßigen durchschnittlichen Arbeitszeit von 16 Stunden wöchentlich. Im Jahre 2002 beschäftigte die Klägerin nach eigenen Angaben 32 Beschäftigte, davon 30 Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von über 30 Stunden. Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis am 27. Mai 2002 zum 31. Dezember 2002. Die Arbeitnehmerin erhielt eine Abfindung i.H.v. EUR 15.000. Im Fragebogen zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gab Frau H. an, die Kündigung sei aufgrund von Umstrukturierungen im Betrieb erfolgt. Die Klägerin gab im Fragebogen zur sozialen Rechtfertigung der Kündigung gegenüber der Beklagten an, der Arbeitnehmerin sei aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse gekündigt worden, nämlich wegen Umstrukturierung. Die Beklagte stellte zunächst gegenüber der Arbeitnehmerin den Eintritt einer Sperrzeit vom 1. Januar 2003 bis 25. März 2003 fest. Die entsprechenden Bescheide hob die Beklagte im Klageverfahren S 14 AL 1521/03 auf. Nach Anhörung der Klägerin verlangte die Beklagte mit Bescheid vom 17. November 2003 teilweise Erstattung von Arbeitslosengeld sowie von Beiträgen zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung für den Zeitraum vom 26. März 2003 bis zum 31. Juli 2003 i.H.v. EUR 758,23. Hiergegen legte die Klägerin am 22. Dezember 2003 Widerspruch ein. Das Arbeitsverhältnis sei durch sozial gerechtfertigte Kündigung beendet worden. Seit ungefähr sechs Jahren habe die Klägerin mit einem vollkommen vernetzten Computersystem gearbeitet. In diese Technologie habe sich Frau H. nie richtig einarbeiten können. Die ständige Überforderung am Arbeitsplatz habe zu gesundheitlichen Problemen und krankheitsbedingten Arbeitsausfällen geführt. Weiterhin reichte die Klägerin ein ärztliches Attest für Frau H. ein, in welchem Dr. R. ausführte: "Aufgrund eines psychovegetativen Erschöpfungszustandes und der daraus resultierenden ständigen Rückenprobleme ist eine kontinuierliche Arbeitsfähigkeit nicht mehr gewährleistet." Mit Widerspruchsbescheid vom 17. März 2004 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Aus dem beigefügten Attest könne nicht entnommen werden, dass die Arbeitnehmerin ihren Beruf als Bürokraft nicht hätte weiterhin ausüben können.
Hiergegen hat die Klägerin am 18. April 2004 Klage erhoben. Die Kündigung sei sozial gerechtfertigt gewesen, da die Arbeitnehmerin der modernen Technik nicht mehr gewachsen gewesen sei und es deshalb zu Überforderungssymptomen gekommen sei.
Frau G. H. bezog vom 1. Januar 2003 bis 5. März 2004 Arbeitslosengeld. In einem Fragebogen des Gerichts hat Frau H. am 15. Mai 2005 angegeben, dass sie derzeit als Büroangestellte in einem Maklerbüro in Spanien mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden beschäftigt sei.
Mit Bescheid vom 14. Oktober 2004 hat die Beklagte die Klägerin zur teilweisen Erstattung gemäß § 147a SGB III des gezahlten Arbeitslosengeldes nebst Beiträgen zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 25. März 2003 sowie vom 1. August 2003 bis zum 31. Oktober 2003 i.H.v. EUR 1.042,58 aufgefordert. Dagegen hat die Klägerin am 5. November 2004 Widerspruch einlegt, der mit Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2005 als unbegründet zurückgewiesen worden ist. Hiergegen hat die Klägerin am 14. März 2005 ihre Klage erweitert.
Mit Bescheid vom 28. Februar 2006 hat die Beklagte die Klägerin zur teilweisen Erstattung gemäß § 147a SGB III des gezahlten Arbeitslosengeldes nebst Beiträgen zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung für die Zeit vom 1. November 2003 bis zum 5. März 2004 i.H.v. EUR 745,95 aufgefordert. Ein Widerspruch hiergegen ist nicht erfolgt.
Zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat das Sozialgericht Befundberichte der Ärzte Dr. W. und Dr. R. sowie eine Arbeitsplatzbeschreibung eingeholt.
Mit Gerichtsbescheid vom 12. Mai 2006 hat das Sozialgericht Hamburg die Klage abgewiesen. Die Bescheide seien nach § 147a Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) gerechtfertigt, da die Klägerin sich insbesondere auf den Befreiungstatbestand des § 147a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB III – Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch sozial gerechtfertigte Kündigung – nicht berufen könne. Es fehle bereits an einer negativen Gesundheitsprognose. Eine Leistungsminderung könne nicht festgestellt werden. Auch seien – unzumutbare – betriebliche Beeinträchtigungen nicht zu erkennen. Schließlich fehle es an Darlegungen, ob und welche Hilfestellungen die Klägerin angeboten habe.
Gegen diesen am 19. Mai 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 19. Juni 2006 Berufung eingelegt. Frau H. sei mit der modernen Computertechnik überfordert und daher außerstande gewesen, ihre Abrechnungs- und Kontrollaufgaben wahrzunehmen. Das habe sich in psychosomatischen Erkrankungen geäußert; aufgrund einer depressiven Antriebsschwäche und einer starken Abneigung gegen Ärzte habe sie aber höchst selten Ärzte aufgesucht. Andere Positionen seien ebenfalls mit langjährigen Mitarbeitern besetzt gewesen und daher für Frau H. nicht frei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 12. Mai 2006 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. November 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. März 2004 sowie den Bescheid vom 14. Oktober 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Februar 2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie macht im Wesentlichen geltend, dass nicht Frau H. wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen, sondern die Klägerin das Arbeitsverhältnis gekündigt habe – wegen betrieblicher Umstrukturierung. Frau H. habe sich uneingeschränkt der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt; krankheitsbedingte Arbeitsausfälle seien auch nicht dargelegt worden. Weiter fehle es auch an Darlegungen hinsichtlich der Anstrengungen und Hilfestellungen, Frau H. bei der Bewältigung ihrer Arbeit zu unterstützen. Mit Beschluss vom 28. Januar 2009 hat das Gericht das Verfahren nach § 153 Abs. 5 SGG auf den Berichterstatter zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.
Das Gericht hat am 25. März 2009 mündlich verhandelt. Auf das Protokoll wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Leistungsakte der Beklagten und die Prozessakte Bezug genommen, die der Entscheidungsfindung zugrunde gelegen haben.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in der Besetzung mit dem Berichterstatter und zwei ehrenamtlichen Richtern verhandeln und entscheiden, weil das Sozialgericht durch Gerichtsbescheid entschieden hat und der Senat durch Beschluss vom 28. Januar 2009 die Berufung dem Berichterstatter übertragen hat, der nach § 153 Abs. 5 SGG zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet. Der Beschluss ist den Beteiligten am 3. bzw. 4. Februar 2009 zugestellt worden.
Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.
Sie ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind nach § 147a SGB III rechtmäßig, da die Klägerin sich insbesondere auf den Befreiungstatbestand des § 147a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB III – Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch sozial gerechtfertigte Kündigung – nicht berufen kann. Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da es den Ausführungen des Sozialgerichts folgt und insoweit nach § 153 Abs. 2 SGG darauf verweist.
Mit Blick auf das Berufungsvorbringen ist Folgendes zu bemerken: Soweit sich die Klägerin auf Probleme in der Anwendung mit der neuen Technik beruft, fehlt es an der substantiierten Darlegung einer erheblichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Welche Probleme auftraten, welche Fehler entstanden, ob es zu Fehlzeiten kam; das bleibt gänzlich unerklärt. Unabhängig davon ist aber auch keine Beeinträchtigung betrieblicher oder wirtschaftlicher Interessen durch die Klägerin dargelegt und nachgewiesen. Insoweit wäre eine erhebliche Betriebsablaufsstörung oder wirtschaftliche Belastung der Klägerin notwendig. Hierzu ist nichts vorgetragen und auch nichts ersichtlich. Weiterhin ist auch nicht dargelegt und nachgewiesen, dass der Klägerin die Beeinträchtigungen nicht mehr zumutbar waren. Frau H. war seit 20 Jahren für die Klägerin tätig. Sie war im Zeitpunkt der Kündigung 59 Jahre alt. Einem Arbeitnehmer mit so langer Betriebszugehörigkeit schuldet der Arbeitgeber selbst bei häufigen Erkrankungen deutlich mehr Rücksichtnahme. Auch ist nicht dargelegt ob und welche konkreten anderen Maßnahmen (Umsetzung, Schulungen, andere Gestaltung des Arbeitsplatzes) die Klägerin mit welchem Ergebnis unternommen hat.
Die Klägerin kann das Gericht insoweit auch nicht auf den Amtsermittlungsgrundsatz verweisen. Angesichts des Umstandes, dass die Klägerin weder eine Personalakte noch eine Fehlzeitenübersicht oder eine Abmahnung der Klägerin vorlegen kann, sind erfolgversprechende Ermittlungsansätze von vornherein nicht recht ersichtlich. Auch der schriftsätzlich gestellte Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Gesundheitszustand von Frau H. konnte nicht weiterhelfen, da die oben ausgeführten offenen Fragen nicht ärztlich beantwortet werden können. Diesem Antrag war schon deshalb nicht zu entsprechen.
Vor allem aber gilt in Bezug auf den Befreiungstatbestand des § 147a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB III nicht der Amtsermittlungs-, sondern der Beibringungsgrundsatz. Das ergibt sich bereits deutlich aus dem Wortlaut der Vorschrift, die von "darlegen und beweisen" spricht (so auch Voelzke, in: Hauck/Noftz, SGB III, § 147a Rn. 251, Stand Dez. 2004; Jahraus, in: Mutschler/Bartz/Schmidt-DeCaluwe, SGB III, 3. Aufl. 2008, § 147a Rn. 247 ff.). Das ist auch in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts anerkannt. Der 11. Senat (Urt. v. 21.9.2000, B 11 AL 7/00 R, juris) hat insoweit zur Vorgängervorschrift § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) ausgeführt:
"Allerdings gilt hier nicht der Untersuchungs-, sondern der Beibringungsgrundsatz. Gegenteiliges ist auch dem Urteil des Senats vom 17. Dezember 1997 – 11 Rar 61/97 - nicht zu entnehmen (BSGE 81, 259, 264 = SozR 3-4100 § 128 Nr 5). Soweit der 7. Senat des BSG in seinem Urteil vom 15. Juni 2000 – B 7 AL 78/99 R - (zur Veröffentlichung vorgesehen) die Rechtsansicht äußert, das Merkmal "darlegt und nachweist" mache nicht hinreichend deutlich, dass der Gesetzgeber den Amtsermittlungsgrundsatz zugunsten des Beibringungsgrundsatzes durchbrechen wolle, so dass die Vorschrift als bloße Modifizierung des Amtsermittlungsgrundsatzes aufzufassen sei, ist der Senat nicht gehindert, seiner Entscheidung eine abweichende Rechtsansicht zugrunde zu legen. Ausdrücklich hat der 7. Senat hervorgehoben, die angesprochene Frage könne für seine Entscheidung offen bleiben. Sie gehört damit nicht zu den tragenden Gründen des Urteils. Sachlich kann die Ansicht des 7. Senats nicht überzeugen, weil der Gesetzgeber mit den prozesstechnischen Begriffen "darlegt und nachweist" - in § 128 Abs 1 Satz 2 AFG wie in § 128 Abs 2 AFG - mit aller Deutlichkeit die Durchbrechung des Amtsermittlungsgrundsatzes zugunsten des Beibringungsgrundsatzes zum Ausdruck bringt. Dies hat auch einen Grund in der Sache, denn es handelt sich bei den Tatbeständen des § 128 Abs 1 Satz 2 wie Abs 2 AFG um solche, die sich auf betriebsinterne Vorgänge beziehen, zu denen der Arbeitgeber allein Zugang hat. Es besteht auch kein Bedürfnis, seine prozessuale Last zur Darlegung und zum Nachweis durch amtliche Sachaufklärung zu ergänzen. Für den Fall der Unschlüssigkeit seines Vorbringens hat im Verwaltungsverfahren die BA den Arbeitgeber nach § 128 Abs 7 AFG zu beraten und im sozialgerichtlichen Verfahren hat das Gericht durch den Vorsitzenden nach § 106 Abs 1 SGG darauf hinzuwirken, ungenügende Angaben tatsächlicher Art zu ergänzen. Insoweit besteht zwischen Verfahren, die dem Untersuchungsgrundsatz und solchen, die dem Beibringungsgrundsatz folgen, kein Unterschied, wie § 139 Zivilprozessordnung zeigt. Für über die Beratungs- und Hinweispflicht hinausgehende Initiativen zur Sachaufklärung bestehen im Rahmen des § 128 Abs 1 Satz 2 und Abs 2 AFG weder Anlass noch eine hinreichende Rechtsgrundlage."
Dem schließt sich das Gericht an. Bereits das Sozialgericht hat durch richterliche Verfügungen und den rechtlichen Hinweis vom 10. Februar 2006 der Klägerin Gelegenheit gegeben, die ungenügenden Darlegungen zu ergänzen. Das hat die Klägerin jedoch unterlassen, ebenso wie sie auch auf die Entscheidung des Sozialgerichts hin ihr Vorbringen nicht weiter substantiiert hat.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG vorliegt.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Forderung der Beklagten auf Erstattung von an die frühere Arbeitnehmerin der Klägerin, Frau G. H., gezahltem Arbeitslosengeld nebst Beiträgen zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Oktober 2003.
Die 1942 geborene G. H. war vom 1. Oktober 1981 bis zum 31. Dezember 2002 als Büroangestellte bei der Klägerin tätig mit einer regelmäßigen durchschnittlichen Arbeitszeit von 16 Stunden wöchentlich. Im Jahre 2002 beschäftigte die Klägerin nach eigenen Angaben 32 Beschäftigte, davon 30 Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von über 30 Stunden. Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis am 27. Mai 2002 zum 31. Dezember 2002. Die Arbeitnehmerin erhielt eine Abfindung i.H.v. EUR 15.000. Im Fragebogen zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gab Frau H. an, die Kündigung sei aufgrund von Umstrukturierungen im Betrieb erfolgt. Die Klägerin gab im Fragebogen zur sozialen Rechtfertigung der Kündigung gegenüber der Beklagten an, der Arbeitnehmerin sei aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse gekündigt worden, nämlich wegen Umstrukturierung. Die Beklagte stellte zunächst gegenüber der Arbeitnehmerin den Eintritt einer Sperrzeit vom 1. Januar 2003 bis 25. März 2003 fest. Die entsprechenden Bescheide hob die Beklagte im Klageverfahren S 14 AL 1521/03 auf. Nach Anhörung der Klägerin verlangte die Beklagte mit Bescheid vom 17. November 2003 teilweise Erstattung von Arbeitslosengeld sowie von Beiträgen zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung für den Zeitraum vom 26. März 2003 bis zum 31. Juli 2003 i.H.v. EUR 758,23. Hiergegen legte die Klägerin am 22. Dezember 2003 Widerspruch ein. Das Arbeitsverhältnis sei durch sozial gerechtfertigte Kündigung beendet worden. Seit ungefähr sechs Jahren habe die Klägerin mit einem vollkommen vernetzten Computersystem gearbeitet. In diese Technologie habe sich Frau H. nie richtig einarbeiten können. Die ständige Überforderung am Arbeitsplatz habe zu gesundheitlichen Problemen und krankheitsbedingten Arbeitsausfällen geführt. Weiterhin reichte die Klägerin ein ärztliches Attest für Frau H. ein, in welchem Dr. R. ausführte: "Aufgrund eines psychovegetativen Erschöpfungszustandes und der daraus resultierenden ständigen Rückenprobleme ist eine kontinuierliche Arbeitsfähigkeit nicht mehr gewährleistet." Mit Widerspruchsbescheid vom 17. März 2004 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Aus dem beigefügten Attest könne nicht entnommen werden, dass die Arbeitnehmerin ihren Beruf als Bürokraft nicht hätte weiterhin ausüben können.
Hiergegen hat die Klägerin am 18. April 2004 Klage erhoben. Die Kündigung sei sozial gerechtfertigt gewesen, da die Arbeitnehmerin der modernen Technik nicht mehr gewachsen gewesen sei und es deshalb zu Überforderungssymptomen gekommen sei.
Frau G. H. bezog vom 1. Januar 2003 bis 5. März 2004 Arbeitslosengeld. In einem Fragebogen des Gerichts hat Frau H. am 15. Mai 2005 angegeben, dass sie derzeit als Büroangestellte in einem Maklerbüro in Spanien mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden beschäftigt sei.
Mit Bescheid vom 14. Oktober 2004 hat die Beklagte die Klägerin zur teilweisen Erstattung gemäß § 147a SGB III des gezahlten Arbeitslosengeldes nebst Beiträgen zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 25. März 2003 sowie vom 1. August 2003 bis zum 31. Oktober 2003 i.H.v. EUR 1.042,58 aufgefordert. Dagegen hat die Klägerin am 5. November 2004 Widerspruch einlegt, der mit Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2005 als unbegründet zurückgewiesen worden ist. Hiergegen hat die Klägerin am 14. März 2005 ihre Klage erweitert.
Mit Bescheid vom 28. Februar 2006 hat die Beklagte die Klägerin zur teilweisen Erstattung gemäß § 147a SGB III des gezahlten Arbeitslosengeldes nebst Beiträgen zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung für die Zeit vom 1. November 2003 bis zum 5. März 2004 i.H.v. EUR 745,95 aufgefordert. Ein Widerspruch hiergegen ist nicht erfolgt.
Zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat das Sozialgericht Befundberichte der Ärzte Dr. W. und Dr. R. sowie eine Arbeitsplatzbeschreibung eingeholt.
Mit Gerichtsbescheid vom 12. Mai 2006 hat das Sozialgericht Hamburg die Klage abgewiesen. Die Bescheide seien nach § 147a Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) gerechtfertigt, da die Klägerin sich insbesondere auf den Befreiungstatbestand des § 147a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB III – Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch sozial gerechtfertigte Kündigung – nicht berufen könne. Es fehle bereits an einer negativen Gesundheitsprognose. Eine Leistungsminderung könne nicht festgestellt werden. Auch seien – unzumutbare – betriebliche Beeinträchtigungen nicht zu erkennen. Schließlich fehle es an Darlegungen, ob und welche Hilfestellungen die Klägerin angeboten habe.
Gegen diesen am 19. Mai 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 19. Juni 2006 Berufung eingelegt. Frau H. sei mit der modernen Computertechnik überfordert und daher außerstande gewesen, ihre Abrechnungs- und Kontrollaufgaben wahrzunehmen. Das habe sich in psychosomatischen Erkrankungen geäußert; aufgrund einer depressiven Antriebsschwäche und einer starken Abneigung gegen Ärzte habe sie aber höchst selten Ärzte aufgesucht. Andere Positionen seien ebenfalls mit langjährigen Mitarbeitern besetzt gewesen und daher für Frau H. nicht frei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 12. Mai 2006 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. November 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. März 2004 sowie den Bescheid vom 14. Oktober 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Februar 2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie macht im Wesentlichen geltend, dass nicht Frau H. wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen, sondern die Klägerin das Arbeitsverhältnis gekündigt habe – wegen betrieblicher Umstrukturierung. Frau H. habe sich uneingeschränkt der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt; krankheitsbedingte Arbeitsausfälle seien auch nicht dargelegt worden. Weiter fehle es auch an Darlegungen hinsichtlich der Anstrengungen und Hilfestellungen, Frau H. bei der Bewältigung ihrer Arbeit zu unterstützen. Mit Beschluss vom 28. Januar 2009 hat das Gericht das Verfahren nach § 153 Abs. 5 SGG auf den Berichterstatter zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.
Das Gericht hat am 25. März 2009 mündlich verhandelt. Auf das Protokoll wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Leistungsakte der Beklagten und die Prozessakte Bezug genommen, die der Entscheidungsfindung zugrunde gelegen haben.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in der Besetzung mit dem Berichterstatter und zwei ehrenamtlichen Richtern verhandeln und entscheiden, weil das Sozialgericht durch Gerichtsbescheid entschieden hat und der Senat durch Beschluss vom 28. Januar 2009 die Berufung dem Berichterstatter übertragen hat, der nach § 153 Abs. 5 SGG zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet. Der Beschluss ist den Beteiligten am 3. bzw. 4. Februar 2009 zugestellt worden.
Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.
Sie ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind nach § 147a SGB III rechtmäßig, da die Klägerin sich insbesondere auf den Befreiungstatbestand des § 147a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB III – Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch sozial gerechtfertigte Kündigung – nicht berufen kann. Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da es den Ausführungen des Sozialgerichts folgt und insoweit nach § 153 Abs. 2 SGG darauf verweist.
Mit Blick auf das Berufungsvorbringen ist Folgendes zu bemerken: Soweit sich die Klägerin auf Probleme in der Anwendung mit der neuen Technik beruft, fehlt es an der substantiierten Darlegung einer erheblichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Welche Probleme auftraten, welche Fehler entstanden, ob es zu Fehlzeiten kam; das bleibt gänzlich unerklärt. Unabhängig davon ist aber auch keine Beeinträchtigung betrieblicher oder wirtschaftlicher Interessen durch die Klägerin dargelegt und nachgewiesen. Insoweit wäre eine erhebliche Betriebsablaufsstörung oder wirtschaftliche Belastung der Klägerin notwendig. Hierzu ist nichts vorgetragen und auch nichts ersichtlich. Weiterhin ist auch nicht dargelegt und nachgewiesen, dass der Klägerin die Beeinträchtigungen nicht mehr zumutbar waren. Frau H. war seit 20 Jahren für die Klägerin tätig. Sie war im Zeitpunkt der Kündigung 59 Jahre alt. Einem Arbeitnehmer mit so langer Betriebszugehörigkeit schuldet der Arbeitgeber selbst bei häufigen Erkrankungen deutlich mehr Rücksichtnahme. Auch ist nicht dargelegt ob und welche konkreten anderen Maßnahmen (Umsetzung, Schulungen, andere Gestaltung des Arbeitsplatzes) die Klägerin mit welchem Ergebnis unternommen hat.
Die Klägerin kann das Gericht insoweit auch nicht auf den Amtsermittlungsgrundsatz verweisen. Angesichts des Umstandes, dass die Klägerin weder eine Personalakte noch eine Fehlzeitenübersicht oder eine Abmahnung der Klägerin vorlegen kann, sind erfolgversprechende Ermittlungsansätze von vornherein nicht recht ersichtlich. Auch der schriftsätzlich gestellte Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Gesundheitszustand von Frau H. konnte nicht weiterhelfen, da die oben ausgeführten offenen Fragen nicht ärztlich beantwortet werden können. Diesem Antrag war schon deshalb nicht zu entsprechen.
Vor allem aber gilt in Bezug auf den Befreiungstatbestand des § 147a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB III nicht der Amtsermittlungs-, sondern der Beibringungsgrundsatz. Das ergibt sich bereits deutlich aus dem Wortlaut der Vorschrift, die von "darlegen und beweisen" spricht (so auch Voelzke, in: Hauck/Noftz, SGB III, § 147a Rn. 251, Stand Dez. 2004; Jahraus, in: Mutschler/Bartz/Schmidt-DeCaluwe, SGB III, 3. Aufl. 2008, § 147a Rn. 247 ff.). Das ist auch in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts anerkannt. Der 11. Senat (Urt. v. 21.9.2000, B 11 AL 7/00 R, juris) hat insoweit zur Vorgängervorschrift § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) ausgeführt:
"Allerdings gilt hier nicht der Untersuchungs-, sondern der Beibringungsgrundsatz. Gegenteiliges ist auch dem Urteil des Senats vom 17. Dezember 1997 – 11 Rar 61/97 - nicht zu entnehmen (BSGE 81, 259, 264 = SozR 3-4100 § 128 Nr 5). Soweit der 7. Senat des BSG in seinem Urteil vom 15. Juni 2000 – B 7 AL 78/99 R - (zur Veröffentlichung vorgesehen) die Rechtsansicht äußert, das Merkmal "darlegt und nachweist" mache nicht hinreichend deutlich, dass der Gesetzgeber den Amtsermittlungsgrundsatz zugunsten des Beibringungsgrundsatzes durchbrechen wolle, so dass die Vorschrift als bloße Modifizierung des Amtsermittlungsgrundsatzes aufzufassen sei, ist der Senat nicht gehindert, seiner Entscheidung eine abweichende Rechtsansicht zugrunde zu legen. Ausdrücklich hat der 7. Senat hervorgehoben, die angesprochene Frage könne für seine Entscheidung offen bleiben. Sie gehört damit nicht zu den tragenden Gründen des Urteils. Sachlich kann die Ansicht des 7. Senats nicht überzeugen, weil der Gesetzgeber mit den prozesstechnischen Begriffen "darlegt und nachweist" - in § 128 Abs 1 Satz 2 AFG wie in § 128 Abs 2 AFG - mit aller Deutlichkeit die Durchbrechung des Amtsermittlungsgrundsatzes zugunsten des Beibringungsgrundsatzes zum Ausdruck bringt. Dies hat auch einen Grund in der Sache, denn es handelt sich bei den Tatbeständen des § 128 Abs 1 Satz 2 wie Abs 2 AFG um solche, die sich auf betriebsinterne Vorgänge beziehen, zu denen der Arbeitgeber allein Zugang hat. Es besteht auch kein Bedürfnis, seine prozessuale Last zur Darlegung und zum Nachweis durch amtliche Sachaufklärung zu ergänzen. Für den Fall der Unschlüssigkeit seines Vorbringens hat im Verwaltungsverfahren die BA den Arbeitgeber nach § 128 Abs 7 AFG zu beraten und im sozialgerichtlichen Verfahren hat das Gericht durch den Vorsitzenden nach § 106 Abs 1 SGG darauf hinzuwirken, ungenügende Angaben tatsächlicher Art zu ergänzen. Insoweit besteht zwischen Verfahren, die dem Untersuchungsgrundsatz und solchen, die dem Beibringungsgrundsatz folgen, kein Unterschied, wie § 139 Zivilprozessordnung zeigt. Für über die Beratungs- und Hinweispflicht hinausgehende Initiativen zur Sachaufklärung bestehen im Rahmen des § 128 Abs 1 Satz 2 und Abs 2 AFG weder Anlass noch eine hinreichende Rechtsgrundlage."
Dem schließt sich das Gericht an. Bereits das Sozialgericht hat durch richterliche Verfügungen und den rechtlichen Hinweis vom 10. Februar 2006 der Klägerin Gelegenheit gegeben, die ungenügenden Darlegungen zu ergänzen. Das hat die Klägerin jedoch unterlassen, ebenso wie sie auch auf die Entscheidung des Sozialgerichts hin ihr Vorbringen nicht weiter substantiiert hat.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG vorliegt.
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