L 2 RJ 204/00

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 17 RJ 3752/97
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 RJ 204/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 24. November 1999 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Überzahlung von Hinterbliebenenrente in Höhe von 8.022,- DM wegen Doppelgewährung von Kindererziehungsleistungen.

Die 1912 geborene Klägerin ist die Witwe des seit Januar 1944 in Russland vermissten K. Sch. (Versicherter). Sie hat drei Kinder geboren: U. (1939), K. (1941) und G. (1944). Auf der Grundlage eines Bescheides vom 27. Februar 1956 erhielt die Klägerin seit 1. August 1955 von der Beklagten Witwenrente mit Kindererziehungsleistungen(KLG-Leistungen) gezahlt. Auf Antrag der Klägerin vom März 1989 bewilligte die Beklagte dieser mit Bescheid vom 30. Juni 1989 nochmals Leistungen für Kindererziehung für die drei Kinder ab 1. Oktober 1989 in Höhe von monatlich insgesamt 86,40 DM. Im Antragsformular hatte die Klägerin die Frage nach dem Bezug von Hinterbliebenenrente bejaht, als Versicherungsträger aber das Versorgungsamt Frankfurt am Main mit einem KOV-Geschäftszeichen (Kriegsopferversorgung) angegeben. Im August 1996 wurde die Doppelzahlung bemerkt (Schreiben der Versicherungs- und Rentenabteilung der Beklagten in Fulda vom 14. August 1996). Die Beklagte gab der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme hinsichtlich der Rücknahme des Bescheides vom 30. Juni 1989 mit Wirkung für die Vergangenheit und Zukunft sowie Rückforderung des Überzahlungsbetrages für die Zeit vom 1. Oktober 1989 bis 30. September 1996 in Höhe von insgesamt 8.022,- DM. Die Klägerin machte in ihrem Schreiben vom 11. November 1996 geltend, sie habe auf die Richtigkeit des Bescheides vertraut und das Geld zur Bestreitung des Lebensunterhaltes ausgegeben. Zu einer Rückzahlung sei sie nicht in der Lage. Die Beklagte übersandte einen Fragebogen zur Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse und suchte vergeblich nach dem Bewilligungsbescheid, auf dessen Grundlage die Hinterbliebenenrente und Leistungen nach dem Kindererziehungsleistungs-Gesetz gezahlt worden waren.

Mit Bescheid vom 23. April 1997 nahm die Beklagte den Bescheid vom 30. Juni 1989 über die Gewährung von KLG-Leistungen für die Vergangenheit mit Wirkung vom 1. Oktober 1989 zurück. Die in der Zeit vom 1. Oktober 1989 bis 30. September 1996 eingetretene Überzahlung in Höhe von 8.022,- DM werde mit einem monatlichen Teilbetrag in Höhe von 500,- DM der Hinterbliebenenrentenzahlung aufgerechnet. Das Fehlen der Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen nach dem KLG sei für die Klägerin leicht erkennbar gewesen, da sie bereits Leistungen von der LVA Hessen unter Einschluss von solchen nach dem KLG bezogen habe. Ein Vertrauensschutz sei nicht gegeben. Die Klägerin erhob dagegen am 12. Mai 1997 Widerspruch, den die Beklagte mit Bescheid vom 17. Oktober 1997 zurückwies. Zur Begründung führte sie aus: Hätte die Klägerin den Witwenrentenbezug ordnungsgemäß angegeben, so wäre es zu keiner Doppelleistung gekommen. Die Klägerin habe Anträge auf KLG-Leistungen sowohl bei der Post als auch bei der Beklagten gestellt. Sie habe darüber schriftliche Mitteilungen erhalten und damit die Doppelzahlungen ohne weiteres erkennen können. Sie habe die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt und grob fahrlässig gehandelt. Auf Vertrauen könne sich die Klägerin nicht berufen. Die Abwägung unter angemessener Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles, wie die wirtschaftlichen Verhältnisse und das hohe Lebensalter, ließen die beabsichtigte Aufrechnung des überzahlten Betrages mit monatlich 500,- DM als angemessen erscheinen. Nach dem Urteil des BSG vom 25. Januar 1994 (4 RA 16/92 in SozR 3-1300 § 50 Nr. 16) könne sich ein Bösgläubiger ohnehin nicht auf schützenswertes Vertrauen berufen. Schließlich seien auch die nach § 45 Abs. 3 und 4 SGB X zu beachtenden Fristen eingehalten. Die Rückerstattungsverpflichtung in Höhe von 8.022,- DM für die Zeit vom 1. Oktober 1989 bis 30. September 1996 beruhe auf § 50 SGB X.

Die Klägerin erhob dagegen am 7. November 1997 beim Sozialgericht Frankfurt am Main Klage. Sie habe in dem im Jahre 1989 gestellten Antrag gegenüber der Beklagten alle Angaben gemacht, die für eine sachgerechte Entscheidung benötigt worden seien. Der Bescheid vom 30. Juni 1989 enthalte auch keinerlei Einschränkungen hinsichtlich der beantragten Leistungen. Dass sie KLG-Leistungen zu Unrecht bezogen habe, sei ihr nicht aufgefallen. Das Geld sei auch zur Bestreitung des Lebensunterhaltes ausgegeben worden. Sie sei wegen der Höhe ihrer Rente nicht in der Lage, den geforderten Betrag in Höhe von 8.022,- DM zurückzuzahlen. Damit sei eine unzumutbare soziale Härte für sie als Kriegerwitwe verbunden. Die Beklagte verteidigte demgegenüber ihre Verwaltungsentscheidungen.

Durch Urteil vom 24. November 1999 wies das Sozialgericht die Klage ab. Die Beklagte fordere zu Recht von der Klägerin überzahlte KLG-Leistungen in Höhe von 8.022,- DM zurück. Die Voraussetzungen der Vorschriften der §§ 50 Abs. 1 und 45 Abs. 2 SGB X seien erfüllt. Die Klägerin habe grob fahrlässig gehandelt. Sie habe zwei Anträge auf KLG-Leistungen gestellt, einmal bei der Post und zum anderen bei der Beklagten. Sie habe zweimal schriftliche Mitteilungen über KLG-Leistungen und die Anzahl der Kinder erhalten. Damit habe ihr klar sein müssen, dass sie keinen Anspruch auf Doppelleistungen gehabt habe. Eine Parallelwertung in der Laiensphäre ergebe mithin eine grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin im Hinblick auf die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 30. Juni 1989. Auf Vertrauen könne sich die Klägerin demgegenüber nicht berufen. Sie habe im Antrag auf KLG-Leistungen vom 15. März 1989 nur die Kriegsopferrente, nicht jedoch auch die Witwenrente der Beklagten angegeben. Die unvollständige Angabe beruhe zumindest auf grober Fahrlässigkeit. Dies rechtfertige die rückwirkende Rücknahme des begünstigenden Verwaltungsaktes. Der angefochtene Bescheid sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer etwaigen fehlerhaften Ermessensausübung zu beanstanden. Grundsätzlich seien im Falle der Bösgläubigkeit keine Ermessenserwägungen anzustellen. Ein Ausnahmefall sei vorliegend nicht gegeben; es gebe keine Anhaltspunkte, die die Rückforderung für die Klägerin als nicht mehr zumutbare Härte erscheinen ließen. Die Beklagte habe auch die im Rahmen von § 45 SGB X zu beachtendenden Fristen eingehalten, so dass sich der angefochtene Bescheid als rechtmäßig erweise.

Gegen das ihr am 11. Februar 2000 zugestellte Urteil richtet sich die von der Klägerin am 16. Februar 2000 eingelegte Berufung. Die Klägerin trägt vor, die Angabe im Antrag auf Leistung für Kindererziehung 1989, dass sie Hinterbliebenenrente beziehe, hätte die Beklagte veranlassen müssen, in die Hinterbliebenenrentenakte zu schauen. Es seien alle Angaben gemacht worden, um eine zutreffende Entscheidung über den Antrag aus 1989 zu ermöglichen. Ein Witwenrentenbescheid, der ausdrücklich auf die bewilligten Leistungen nach dem Kindererziehungsleistungsgesetz hinweise, finde sich auch nicht in den Akten. Es sei ihr auch nicht bekannt gewesen, dass sie Leistungen nach dem KLG zusammen mit der Witwenrente erhalten habe. Wenn Witwenrente und Bewilligung von Leistungen für Kindererziehung von verschiedenen Dezernaten bearbeitet werde, sei dieser Organisationsmangel der Beklagten zuzurechnen. Sie - die Klägerin - habe auf die Richtigkeit des Bescheides vertraut und empfinde es als grob unbillig, nunmehr den überzahlten Betrag zurückzahlen zu müssen.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 24. November 1999 und den Bescheid der Beklagten vom 23. April 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 1997 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Ergänzend trägt sie vor, von einem Organisationsmangel könne keine Rede sein. Sie verweist wegen des fehlenden Bewilligungsbescheides mit den KLG-Leistungen bei der Witwenrente auf die Vorschrift des Art. 2 § 64 Abs. 4 Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz (ArVNG). Da dem Antrag auf Zahlung der KLG-Leistungen in vollem Umfang zu folgen gewesen sei, habe der Klägerin kein entsprechender Bescheid erteilt werden müssen. Die Klägerin habe im Antrag vom 15. März 1989 nicht angegeben, dass sie eine Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehe. Hätte sie - die Beklagte - davon Kenntnis gehabt, wäre nicht neben der von der ehemaligen Deutschen Bundespost aus Praktikabilitätsgründen vorgenommenen erhöhten Zahlung (bisherige Hinterbliebenenrente zuzüglich eines Zuschusses für Leistungen nach dem KLG ab 1. Oktober 1989) eine weitere Bewilligung ausgesprochen worden, wie mit dem Bescheid vom 30. Juni 1989 geschehen. Die Klägerin habe die Rechtswidrigkeit dieser Doppelleistungen erkennen können. Mit den Mitteilungen anlässlich der Rentenanpassungen und den in diesem Zusammenhang beigefügten Merkblättern sei dargelegt worden, welche Beträge für ein lebend geborenes Kind jeweils zugestanden hätten. Ein Vertrauensschutz sei mithin nicht gegeben, so dass die Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Leistungen in Höhe von 8.022,- DM zu Recht ausgesprochen worden sei.

Zur Ergänzung des Tatbestandes und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- und Beklagtenakten, die vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist sachlich unbegründet.

Das Sozialgericht hat mit dem angefochtenen Urteil zutreffend entschieden, dass der Bescheid der Beklagten vom 23. April 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 1997 nicht zu beanstanden ist. Die Beklagte ist berechtigt, den Überzahlungsbetrag für den Zeitraum vom 1. Oktober 1989 bis 30. September 1996 in Höhe von insgesamt 8.022,- DM von der Klägerin zurückzufordern. Die Klägerin hat diese Leistungen ohne Rechtsgrund erhalten, denn ihr stand ein Anspruch auf Kindererziehungsleistungen nicht doppelt zu. Dabei ist die Höhe der Überzahlung der ohne Rechtsgrund geleisteten Zahlungen zwischen den Beteiligten ebenso unstreitig wie die Tatsache, dass kein Anspruch auf Doppelleistungen im fraglichen Zeitraum bestanden hat.

Rechtsgrundlage für das Handeln der Beklagten ist § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 SGB X. Soweit danach ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 1 SGB X). Ein rechtwidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Abs. 2 Nr. 2) oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (Abs. 2 Nr. 3). Nach Absatz 3 Satz 1 der Vorschrift kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von 2 Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

Bei dem Bescheid vom 30. Juni 1989, mit dem die Beklagte der Klägerin nochmals Leistungen für Kindererziehung für ihre 3 Kinder ab 1. Oktober 1989 in monatlicher Höhe von insgesamt 86,40 DM erbracht hat, handelt es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Dieser Bescheid ist rechtswidrig gewesen, denn die Klägerin erhielt bereits auf der Grundlage des Hinterbliebenenrentenbescheides vom 27. Februar 1956 seit 1. August 1955 Witwenrente, in die Kindererziehungsleistungen einbezogen waren. Bei der gebotenen Interessenabwägung im Rahmen von § 45 Abs. 2 SGB X kommt dem öffentlichen Interesse an der Rücknahme des Bescheides vom 30. Juni 1989 nach Auffassung des Senats eine größere Bedeutung zu als dem Vertrauen der Klägerin in die Bestandskraft des Bescheides. Zwar hat die Klägerin schon im Anhörungsschreiben vom 11. November 1996 vorgetragen, sie habe das Geld zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes ausgegeben und eine Rückzahlung als unzumutbare soziale Härte bezeichnet. Das Vertrauen der Klägerin ist aber nicht schutzwürdig, denn der Bescheid vom 30. Juni 1989 beruht auf Angaben, die die Klägerin grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig bzw. unvollständig gemacht hat. In dem am 15. Oktober 1989 an die Beklagte gerichteten Antrag hat sie die Frage nach dem Bezug von Hinterbliebenenrente von der Beklagten nicht angegeben. Der Hinweis auf den Bezug von Hinterbliebenenrente nach den Bestimmungen der Kriegsopferversorgung mit Angabe des Aktenzeichens des Versorgungsamtes war unvollständig. Dadurch musste bei der Beklagten der Eindruck entstehen, dass die Klägerin bei ihr als Mitglied überhaupt noch nicht erfasst war. Die unvollständige Angabe der Klägerin war mithin ursächlich für die Doppelgewährung von Kindererziehungsleistungen durch die Beklagte. Eine plausible Erklärung, weshalb die Klägerin den Bezug von Hinterbliebenenrente von der Beklagten im Antragsformular nicht angegeben hat, ist nicht ersichtlich. Nach den Angaben im übersandten Fragebogen zur Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse war die von der Beklagten gezahlte Witwenrente höher als die Kriegsopferrente, so dass ihr auch eine höhere wirtschaftliche Bedeutung zukam. Darüber hinaus muss es aus Sicht eines Laien und Mitglieds der Versichertengemeinschaft einleuchten und geboten sein, bei der Beantragung von Zusatzleistungen oder ergänzenden Leistungen auf damit in Zusammenhang stehende Vorgänge hinzuweisen. Dieses zumutbare Mitwirkungserfordernis der Klägerin kann nicht auf die Beklagte verlagert werden. Nach Art. 2 § 65 Abs. 1 ArVNG wurde im Rahmen dieser Vorschriften die Leistung für Kindererziehung wie ein Zuschlag zur Rente behandelt, wenn die Mutter eine Rente bezieht. Die Beklagte hat sich an die gesetzlichen Vorgaben gehalten (vgl. Art. 2 § 64 ArVNG). Die Verfahrensvorschrift regelt die Aufgabenverteilung der antragsaufnehmenden Stellen sowie die Zuständigkeit der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zahlung der KLG-Leistung. Dabei wird aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung kein Bescheid bei uneingeschränkter Bewilligung erteilt (Abs. 4).

Die Klägerin war aus Sicht des Senats auch nicht überfordert, eine Hinterbliebenenrente anzugeben, die sie laufend seit 30 Jahren bezogen hat. Ihr musste auch klar sein, dass sie keinen Anspruch auf Kindererziehungsleistungen für 6 Kinder hatte. Ein Vertrauensschutz kann ihr daher nicht zugebilligt werden. Als im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X bösgläubig zu Unrecht bereicherte Versicherte haftet die Klägerin auf Erstattung der ihr zu Unrecht gezahlten Leistung aus der Sozialversicherung. Ein Ausnahmefall derart, dass die Beklagte von einer vollen Rückforderung absehen konnte, ist nicht gegeben. Die Begründung im Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 17. Oktober 1997 trägt die getroffene Entscheidung auch unabhängig von der Frage, ob überhaupt Ermessenserwägungen anzustellen waren (vgl. dazu BSG, Urteil vom 30. Oktober 1997, Az.: 4 RA 71/96). Der wirtschaftlichen Lage der Klägerin und ihrem fortgeschrittenen Lebensalter ist durch Aufrechnung in Höhe eines Betrages von monatlich 500,00 DM Rechnung getragen. Dies belegt auch zur Überzeugung des Senats die Berechnung und Begründung im Bescheid der Beklagten vom 23. April 1997. Ob darüber hinaus die Vorschrift des § 76 Abs. 2 SGB IV zur Anwendung kommt, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Schließlich scheitert auch eine Rückforderung nicht an den in § 45 SGB X normierten Fristen, insbesondere auch nicht an der 10-Jahresfrist des § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X.

Die Berufung der Klägerin konnte damit keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da es an den Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG fehlt.
Rechtskraft
Aus
Saved